Autor Thema: AG Weimar vom 08.04.2021, Anwendung § 1666 BGB Kindeswohl gegen Maskenpflicht an Schulen  (Gelesen 46323 mal)

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Offline Judge Roy Bean

„… mit denselben Methoden“ - gerade darin sehe ich das Problem, und das war für mich der Anlass, mich in die Diskussion einzuschalten.

Die Entscheidung des OLG Frankfurt dürfte ja juristisch nicht zu beanstanden sein, aber

 - die abenteuerliche Festsetzung des Verfahrenswerts auf astronomische Höhen durch das AG Leipzig,
 - die aus meiner Sicht nicht überzeugende Begründung der Kostenauferlegung auf einen Dritten durch das AG Garmisch-Partenkirchen,
 - die „kreative“ Begründung der Zulässigkeit eines Rechtsmittels trotz Para. 57 FamFG durch das OLG Jena,

all das macht mir wirklich Kummer, weil es der vom gewünschten Ergebnis geleiteten Methodik, wie sie das AG Weimar angewandt hat, entspricht und meinem Verständnis von seriöser Rechtsfindung zuwider läuft.
Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und trotzdem den Mund halten (Karl Valentin).

Um etwas zu gelten, müssen sich Nullen immer hübsch rechts halten (Adolf Glaßbrenner).
 
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Offline Judge Roy Bean

Inzwischen ist die Entscheidung des OLG Jena auf beck-online im Volltext veröffentlicht: BeckRS 2021, 11310. Ich habe Auszüge in der beck-community gelesen (in beck-online komme ich von zu Hause mit dem Smartphone nicht) und referiere mal kurz:

Der Freistaat Thüringen hat es tatsächlich mit der außerordentlichen Beschwerde wegen greifbarer Gesetzeswidrigkeit versucht. Die hat das OLG unabhängig von den allgemeinen Bedenken schon deshalb als unzulässig angesehen, weil eine Rechtsschutzmöglichkeit (allerdings nicht in der nächsten Instanz) durch den Antrag auf mündliche Verhandlung vor dem AG Weimar bestehe.

Nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz hat das OLG die Beschwerde des Freistaats Thüringen dann als solche nach Para. 17 a Abs. 4 GVG angesehen (woran der Beschwerdeführer also selbst nicht gedacht hatte). Der Freistaat hatte nämlich noch kurz vor Erlass der Entscheidung den Rechtsweg gerügt. Das AG Weimar hätte demnach vorab hierüber entscheiden müssen.

Es folgen Ausführungen, dass Para. 1666 Abs. 4 BGB das Familiengericht nicht zu Maßnahmen wie vorliegend erlassen ermächtige.

Ich stoße mich nach wie vor daran, dass eine Vorabentscheidung sinnlos erscheint, wenn gar keine Verweisung an ein Gericht eines anderen Rechtszugs in Betracht kommt (so zutreffend OLG Karlsruhe, hier schon thematisiert). Mein Lieblingsthema „keine Vorabentscheidung in Eilsachen“ will ich nicht mehr breittreten, will ja niemanden langweilen.
« Letzte Änderung: 27. Mai 2021, 20:00:22 von Judge Roy Bean »
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Offline FST

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OLG Jena, Beschluss vom 14.05.2021 - 1 UF 136/21:
https://openjur.de/u/2341563.html

Tja, wer ist denn zuständig? Das OVG Niedersachsen sieht das so:
https://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE210002040&psml=bsndprod.psml&max=true
« Letzte Änderung: 3. Juni 2021, 00:46:18 von FST »
 
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Offline Judge Roy Bean

Ganz einfach: Für Maßnahmen bei Kindeswohlgefährdung nach Para. 1666 BGB ist das Amtsgericht - Familiengericht - zuständig. Es ist eben nur nicht befugt, Maßnahmen gemäß Para. 1666 Abs. 4 BGB gegen den Schulträger zu treffen. Die Entscheidungen des OLG und des OVG widersprechen sich insoweit nicht.
« Letzte Änderung: 3. Juni 2021, 12:13:31 von Judge Roy Bean »
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Offline Gerichtsreporter

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Die Entscheidung aus Niedersachsen wird verständlich, wenn man sich die Entscheidung vom OLG Karlsruhe anguckt. Wenn das Familiengericht sich nicht für zuständig hält, dann hat es das Verfahren einzustellen, aber nicht zu verweisen. Weil es keinen Antrag sondern nur eine Anregung gibt. Das Verfahren wäre von Amts wegen einzuleiten. Wenn aber das angeregte Gericht gar nicht zuständig ist, dann kann es auch kein Verfahren einleiten. Und ohne Verfahren keine Verweisung.
« Letzte Änderung: 3. Juni 2021, 11:25:29 von Gerichtsreporter »
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Offline Judge Roy Bean

Ich will noch etwas vertiefen:

Es gibt Gerichtsverfahren, die nur auf Antrag eingeleitet werden („wo kein Kläger, da kein Richter“). Beispiel: Du verklagst deinen Mieter auf Mietzahlung. Reichst du die Klage beim unzuständigen Verwaltungsgericht ein, so hat dieses den Rechtsstreit an das zuständige Amts- oder Landgericht zu verweisen (Para. 17 a Abs. 2 GVG - für etwaige Klugscheixxer: Landgericht kommt natürlich nur bei Nicht-Wohnraummiete in Betracht).

Und es gibt Verfahren, die werden von Amtswegen eingeleitet, wie z. B. beim Familiengericht wegen Kindeswohlgefährdung. Da der Familienrichter natürlich kein Hellseher ist, der weiß, wo überall im Gerichtsbezirk Kindeswohlgefährdungen stattfinden, handelt er meist aufgrund von Mitteilungen, z. B. des Jugendamts, aber auch von Eltern, Verwandten, Nachbarn etc. Diese Mitteilungen sind bloße Anregungen ans Gericht, also keine „Anträge“ wie im ersteren Fall.

Ein solches von Amtswegen einzuleitendes Verfahren kann nicht gemäß Para. 17 a Abs. 2 GVG an ein anderes Gericht, das nur auf „Antrag“ tätig wird, verwiesen werden (da ja gar kein Kläger/Antragsteller da ist), und genau das war der Fehler des AG Syke. Geht es um die „Maskenpflicht“ in der Schule, hat das Familiengericht schlicht kein Verfahren einzuleiten, da es zu Maßnahmen gegen den Schulträger nicht befugt ist. Das Kind muss vielmehr gegen den Schulträger beim Verwaltungsgericht klagen. Die Anregung des Elternteils gegenüber dem Familiengericht ist nicht als Klage gegen den Schulträger vor dem „falschen“ Gericht anzusehen.

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Offline SchlafSchaf

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Das mutiert hier noch zu einer Jura-Vorlesung  ;D
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Wir kamen
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Offline Judge Roy Bean

Ich soll also nicht erhellen, warum im Fall des AG Syke das OVG und nicht das VG involviert war? Das hatte ich aus Vereinfachungsgründen weggelassen. :whistle:
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Offline Knallfrosch

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Ich soll also nicht erhellen,

Doch, ich bitte darum!
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Offline Judge Roy Bean

Na gut!

Das AG Syke hatte die Anregung nicht als Klage gegen den Schulträger, sondern als Normenkontrollantrag gegen das Land Niedersachsen wegen der einschlägigen „Corona-Vorschrift“ angesehen. Für solche Anträge sind nach Para. 47 VwGO die Oberverwaltungsgerichte zuständig, deshalb also die Verweisung ans OVG Lüneburg. Das ist aber aus den oben dargelegten Gründen ebenso fehlerhaft.
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Offline Sandmännchen

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Das AG Weimar hat in seinem länglichen Beschluss ausgerechnet die fehlende Brücke zum OLG Jena weggelassen: Dass der Rechtsweg durchaus von einem Verfahrensbeteiligten gerügt wurde. Das OLG fand das in seiner Pressemitteilung auch nicht relevant.

 :(
soɥdʎsıs sǝp soɥʇʎɯ ɹǝp 'snɯɐɔ ʇɹǝqlɐ –
˙uǝllǝʇsɹoʌ uǝɥɔsuǝɯ uǝɥɔılʞɔülƃ uǝuıǝ slɐ soɥdʎsıs sun uǝssüɯ ɹıʍ ˙uǝllüɟnzsnɐ zɹǝɥuǝɥɔsuǝɯ uıǝ ƃɐɯɹǝʌ lǝɟdıƃ uǝƃǝƃ ɟdɯɐʞ ɹǝp

P.S.: Cantor became famous by proving it can't be done.
 
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dtx

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@Judge Roy Bean

U. a. zu den vielen Merkwürdigkeiten bei der Bemessung der Kosten durch das Familiengericht am AG Leipzig.
Wer kein Strafrichter ist und daher nicht am selben Tag entscheiden muß, sollte das vielleicht auch besser lassen. So gab es nicht nur eine Entscheidung, die selbst nach der Korrektur noch schwerlich vertretbar erscheint, sondern die auch sonst nach hinten losging:

https://haug-hoefer.de/maskenpflicht-bei-schuelern/

Eine mehr oder weniger geschickte Reaktion einer Landesärztekammer auf die "Ärzte für Aufklärung".
Man gewinnt tatsächlich nicht den Eindruck, daß der Justiziar die Berufsordnung schon gelesen und auch verstanden habe.
Zum einen durfte er wohl tatsächlich bezweifeln, daß sich das Verhalten des Kammermitglieds mit den in der Berufsordnung gestellten ethischen und fachlichen Anforderungen vereinbaren lasse. Zum andern muß man dann auch genau diese Möglichkeit auch nutzen und sich nicht selber was ausdenken. Sonst wird so eine Aktion zum Schuß in den Ofen:

https://haug-hoefer.de/aerztekammern-setzen-aerzte-unter-druck/

Die zahlenmäßig meisten Blogbeiträge befassen sich mit Corona-Maßnahmen. Daher auch zur Einschätzung dieser Kanzlei:

https://haug-hoefer.de/corona-kontaktverbot-verfassungswidrig-amtsgericht-weimar/

« Letzte Änderung: 6. Juni 2021, 22:45:15 von dtx »
 
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Online Reichsschlafschaf

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Oliver Garcia hat lange nichts von sich hören lassen. Jetzt aber hat er schon am 2. Juni etwas zur angeblichen Rechtsbeugung und anderen Aspekten in seinem Blog gebracht:


Zitat
Der Richter und sein Lenker – Von Rechtsbeugung und anderen schrägen Sachen

Oliver García

Als Anfang April ein Familienrichter am Amtsgericht Weimar per einstweiliger Anordnung zwei Weimarer Schulen verbot, ihren Schülern aufzugeben, gegen ihren Willen Masken zu tragen, Mindestabstände einzuhalten und an Coronavirus-Schnelltests teilzunehmen (Beschluß vom 8. April 2021 – 9 F 148/21), war die Aufregung groß. Der Beschluß ist vor drei Wochen vom OLG Jena aufgehoben worden, aus zutreffenden Gründen, wie ich finde (Beschluß vom 14. Mai 2021 – 1 UF 136/21). Das Hauptsacheverfahren ist noch vor dem Familienrichter anhängig. Aber anhängig ist seit Mitte April auch noch ein anderes Verfahren – ein Strafverfahren gegen den Familienrichter wegen des Verdachts der Rechtsbeugung. Solche (Vor-)Ermittlungsverfahren, angestrengt meist durch von der Rechtsprechung enttäuschte unterlegene Parteien, enden meist, bevor sie überhaupt beginnen. Doch hier (enttäuschte unterlegene Partei: Freistaat Thüringen) eskalierte der Fall: Am 27. April lief die Meldung über die Ticker, daß die Staatsanwaltschaft Erfurt das Dienstzimmer, die Privatwohnung und das Auto des Familienrichters durchsucht habe. Und weiter: „Die Ermittler haben das Handy und ‚weitere Beweismittel‘ des Richters beschlagnahmt.“

Ich wüßte nicht, daß so etwas schon einmal vorgekommen wäre in Deutschland: Daß ein Richter überzogen wird mit Durchsuchungsmaßnahmen im Zusammenhang mit seiner rechtsprechenden Tätigkeit (im Unterschied zu Korruptionsermittlungen). Das Auffällige ist aber auch, daß das Echo in der Medien- und Fachöffentlichkeit im Vergleich zu dem im Ausgangsfall so deutlich zurückbleibt. Die Brisanz liegt auf der Hand: Ein Richter trifft eine umstrittene Entscheidung gegen die Regierung und prompt steht der Staatsanwalt vor der Tür. Würde ein solcher Fall in Rußland spielen, gäbe es am nächsten Tag möglicherweise eine Sondersendung im deutschen Fernsehen. Im hiesigen Fall jedenfalls hat man von einem Ausschwärmen des investigativen Journalismus noch nichts bemerkt.

Nehmen sich die Medien eines Falles an und bleiben sie dran, können sich neben Erkenntnisgewinn mitunter erstaunliche Konsequenzen ergeben. Man denke nur an den Wirbel, den es gab, als gegen das Online-Magazin netzpolitik.org ermittelt wurde, in dessen Konsequenz sogar der Generalbundesanwalt entlassen wurde. Es hat den Anschein, daß das Engagement der Medien nicht so sehr an übergeordnete Prinzipien wie dem Schutz der richterlichen Unabhängigkeit ausgerichtet ist wie an vordergründigen und kurzsichtigen Freund-Feind-Schemata.

Daß auch der vorliegende Fall eine politische Dimension hat, läßt sich nicht bezweifeln. Zum einen fällt ein Ermittlungsverfahren von vornherein unter die Berichtspflichten der Staatsanwaltschaft gegenüber dem Justizministerium. Zum anderen hat der amtierende Justizminister Dirk Adams (Grüne) bereits gezeigt, daß es durchaus zu seiner Amtspraxis gehören kann, in laufenden Verfahren bei der Staatsanwaltschaft die Zügel zu übernehmen. Vor zwei Jahren hat er – übrigens auch nach einem Mediensturm – in einer Krisensitzung zusammen mit dem Generalstaatsanwalt und der örtlichen Staatsanwaltschaft entschieden, daß ein Ermittlungsverfahren gegen das „Zentrum für politische Schönheit“ eingestellt wird (was sicherlich richtig war) und der ermittelnde Staatsanwalt gemaßregelt wird.

Ich halte es auch für mehr als eine Arabeske, daß unter den 11 Strafanzeigen gegen den regierungskritischen Richter, die laut Staatsanwaltschaft bei ihr vorlagen, zumindest eine von einem Regierungsabgeordneten stammt. Nun ist es generell ein merkwürdiger Volksbrauch, „Strafanzeigen“ zu erstatten zu öffentlichen Vorgängen, die bei der Behörde bereits mindestens genauso bekannt sind wie dem Anzeigeerstatter. Der Sache nach handelt es sich dabei ja nicht um „Anzeigen“ im Sinne von „zur Kenntnis bringen“, sondern um den Wunsch, daß eingeschritten wird, weshalb die Strafverfahrensrichtlinien auch vorsehen, daß dem „Anzeige“-Erstatter als Interessenten am Ende mitgeteilt wird, was aus der Sache geworden ist.

Gründe genug jedenfalls, sich im bescheidenen Rahmen dieses Blogs etwas näher mit dem Fall zu beschäftigen, bei allen Einschränkungen, die eine Ferndiagnose mit sich bringt. Ist bei diesen staatsanwaltlichen Ermittlungen alles im grünen Bereich oder haben wir es mit dem Anfangsverdacht eines Skandals zu tun?


Hier aus Platzgründen nur auszugsweise, vollständig im Blog:

https://blog.delegibus.com/4746
Merke: Es genügt natürlich nicht, dämlich zu sein. Es soll schon auch jeder davon wissen!

„Nur weil es Fakt ist, muß es noch lange nicht stimmen!“ (Nadine, unerkannte Philosophin)
 
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Offline Judge Roy Bean

Ich will mich auf das Thema Rechtsbeugung beschränken: Eine solche ergibt sich selbstverständlich nicht aus der Auslegung des Para. 1666 Abs. 4 BGB, Dritter könne auch der Schulträger sein. Denn immerhin der Wortlaut spricht dafür (wenn auch sonst nichts). Haariger wird die Allgemeinverbindlicherklärung für alle Schüler (die überhaupt nicht angehört wurden, da war das AG Weilheim etwas zurückhaltender).

Zusätzlich stellt sich die Frage: Wieso gab es die Durchsuchungen und Beschlagnahmen? Vermutlich nicht, um das herauszufinden, was ohnehin schon in dem Gerichtsbeschluss stand. Hier kann man als Außenstehender nur spekulieren: Der Richter wollte mit aller Gewalt seine rechtspolitische Meinung über die Verpflichtung zum Tragen eines MNS durchsetzen (womit er in eigener Sache vor dem Verwaltungsgericht zuvor gescheitert war). Evt. sieht die StA einen Anfangsverdacht dahingehend, dass er sich wegen atypischer Vorbefassung selbst hätte ablehnen müssen (wie im Fall des Freiburger Richters, der über eine sofortige Beschwerde entschied, die er zuvor für einen Bekannten als „Ghostwriter“ selbst verfasst hatte). Der Fall könnte insgesamt also facettenreicher sein.

« Letzte Änderung: 7. Juni 2021, 11:20:37 von Judge Roy Bean »
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Den Freiburger Richter kenne ich sogar.
Ich bremse nicht für Nazis!
 
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