In gewisser Weise verstehe ich das jetzt sogar: er führt die Narkolepsie einer Tochter auf eine Impfung zurück.
Ob zurecht oder nicht, kann ich nicht beurteilen, aber er sieht das so.
Spoiler
Der Film ist in Teilen durchaus informativ, in Teilen aber auch plakativ und zu einseitig, weil Befürwortern der Kinder-Impfung nur wenig Raum gelassen und auf persönliche Erfahrungsberichte von an Corona Erkrankten komplett verzichtet wird. Ein wesentlicher Kritikpunkt der Filmemacher ist der gesellschaftliche und politische Druck, der ihrer Meinung nach während des Lockdowns und auch beim Thema Impfung aufgebaut werde.
Til Schweiger berichtet über Narkolepsie nach Schweinegrippe-Impfung
Til Schweiger, selbst vierfacher Vater, berichtet in dem umstrittenen Film davon, dass er sich und seine Kinder vor Jahren gegen die Schweinegrippe habe impfen lassen. Eine seiner Töchter habe danach eine Narkolepsie (Schlafkrankheit) entwickelt. Nachdem das Mädchen tagsüber immer müde gewesen sei, sei sie in einem Schlaflabor in Hamburg untersucht worden.
Dort sei die Diagnose Narkolepsie gestellt worden. "Ich habe damals meine Kinder schützen wollen, mit dem Ergebnis, dass ich eine meiner Töchter geschädigt habe. Das verzeihe ich mir eigentlich gar nicht", so Schweiger. Welche seiner drei Töchter betroffen ist, sagte er nicht.
In dem vom Robert-Koch-Institut und der Bundesgesundheitszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) herausgegebenen "Impfbuch für alle", das zur Corona-Impfung in deutschen Apotheken verteilt wird, findet sich zum Thema Schweinegrippe-Impfung folgender Eintrag: "Insgesamt waren gegen dieses Grippevirus fünf Impfstoffe zugelassen worden. Bei einem davon, Pandemrix, traten später Fälle von Narkolepsie auf - nämlich bei je einem von 181.000 geimpften Erwachsenen sowie bei je einem von 18.400 geimpften Kindern. Die Betroffenen leiden unter unkontrollierbaren Einschlafanfällen und häufigen Stürzen."
1300 bekannte Narkolepsie-Fälle
Es handelte sich laut "Ärzteblatt" bei der Narkolepsie um eine Autoimmunerkrankung, die gegen bestimmte Rezeptoren im Gehirn gerichtet war. Verantwortlich dafür seien Antikörper im Blut gewesen. Entscheidend ist hier der Zeitablauf: Die ersten Komplikationen gab es 2010, insgesamt wurden aber bis 2015 rund 1300 Fälle bekannt, so das "Ärzteblatt".
Spätere Erkrankungen erklärten Wissenschaftler in einer Hypothese damit, dass die sogenannte Blut-Hirn-Schranke, die normalerweise Antikörper nicht durchlässt, bei einer weiteren Erkrankung oder schweren Entzündung kurzzeitig durchlässig geworden sei. "Dieses Ereignis müsste nicht mit der Impfung zusammenfallen, da die Antikörper ja lebenslang im Blut vorhanden sind. Dies würde erklären, warum Geimpfte auch Jahre nach der Impfung noch an einer Narkolepsie erkranken können", so das Fachblatt weiter.
Corona für Kinder "absolut harmlos"?
Til Schweiger, dessen Auftritt in dem Film bereits im Vorfeld heiß diskutiert wurde, bezeichnet Corona für Kinder als "absolut harmlos". Diese Aussage ist problematisch.
Zwar sind bislang in Deutschland nur wenige Kinder an Covid-19 verstorben. Das RKI teilte im August auf Anfrage von FOCUS Online mit: "Bislang sind dem RKI 23 validierte Covid-19-Todesfälle bei unter 20-Jährigen übermittelt worden. Diese Kinder und Jugendlichen waren zwischen 0 und 19 Jahre alt. Bei allen 16 Fällen mit Angaben hierzu sind Vorerkrankungen bekannt." Zur Einordnung: Die Gesamtzahl aller offiziell als Corona-Toten registrierten Verstorbenen in Deutschland beträgt bislang rund 92.500.
Der Anteil von Kindern und Jugendlichen, die ins Krankenhaus müssen, ist ebenfalls sehr gering - es sind in seltenen Fällen aber eben auch Komplikationen möglich wie das "Pädiatrische Inflammatorische Multiorgan-Syndrom" (PIMS). Auch das "Long Covid"-Syndrom kann bei Kindern auftreten.
Dazu sagt die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin: "Die Datenlage zu dieser Frage ist noch nicht ausreichend, um eine klare Bewertung vornehmen zu können. Die Daten bislang weisen darauf hin, dass auch Kinder ein Long-Covid-Syndrom entwickeln können (man sieht ein solches ‚Syndrom‘ bei Kindern auch nach anderen Virusinfektionen, also ist dies nicht unerwartet), jedoch wohl seltener; die Beurteilung der Schwere ist noch unklarer."
Mediziner empfiehlt Impfung "für normales Leben"
In dem Film "Eine andere Freiheit" kommen nicht nur Kritiker der Kinder-Impfung zu Wort, sondern auch - wenn auch durch eine bewusste Auswahl eher wenige - Befürworter. Etwa Jugendliche, die sich bereits haben impfen lassen und ihre Beweggründe erklären. Auch Mediziner, die Kindern und Jugendlichen die Impfung empfehlen, werden interviewt. Der bekannteste ist Reinhold Kerbl, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde.
Kerbl befürworte die Impfung vor allem, weil sie einem Jugendlichen "ein möglichst normales Leben ermöglichen würde, dass er normal in die Schule gehen kann, dass er zum Schul-Skikurs mitfahren kann, dass er in die Diskothek gehen kann, dass er im Restaurant sitzen kann, dass er nach Amerika fahren kann." Diese Gründe seien "mindestens so wichtig, wie vor einer Infektion geschützt zu sein".
Kerbl betont, dass es bislang bei Impfungen nur sehr selten schwere Nebenwirkungen gegeben habe - der Pandemrix-Fall sei in den vergangenen Jahren "eigentlich der einzige Fall" gewesen.
Kerbl sprach sich im August in einem Interview mit der österreichischen Nachrichtensendung "Zeit im Bild" prinzipiell für eine Kinder-Impfung auch bei 5- bis 12-Jährigen aus, sobald für diese ein Impfstoff zugelassen sei. Aus seiner Sicht könne man darauf nur verzichten, wenn alle Erwachsenen sich impfen ließen. Kerbl geht davon aus, dass im Herbst und Winter die Zahl schwerer Covid-Erkrankungen bei Kindern zunehmen werde, dies aber für das Gesundheitssystem kein Problem werden dürfte. Auch "Long-Covid" spielt laut Kerbl bei Kindern keine große Rolle.
Stiko gibt Impfempfehlung für Kinder ab
Die deutsche Impfkommission Stiko empfiehlt die Corona-Impfung seit einigen Wochen ebenfalls für Kinder und Jugendliche von 12 bis 17 Jahren (Details dazu lesen Sie hier). "Nach sorgfältiger Bewertung neuer wissenschaftlichen Beobachtungen und Daten kommt die Stiko zu der Einschätzung, dass nach gegenwärtigem Wissenstand die Vorteile der Impfung gegenüber dem Risiko von sehr seltenen Impfnebenwirkungen überwiegen", so die Experten.
Sie betonen allerdings auch: "Unverändert soll die Impfung nach ärztlicher Aufklärung zum Nutzen und Risiko erfolgen. Die Stiko spricht sich ausdrücklich dagegen aus, dass bei Kindern und Jugendlichen eine Impfung zur Voraussetzung sozialer Teilhabe gemacht wird."