@theodoravontane @bollmann Ich drösel mal auf. Da stand (Auszug):
Sie hatte gegen den Strafbefehl Einspruch erhoben, weshalb es überhaupt zu der Verhandlung gekommen war. Angesichts ihrer finanziellen Verhältnisse riet [der Richter] der 57-Jährigen, Ihren Einspruch auf die Geldstrafe über 120 Tagessätze à 50 Euro, also 6000 Euro, einzuschränken. [...] Letztlich verurteilte sie der Richter zu 90 Tagessätzen à 15 Euro, insgesamt 1350 Euro, die sie in Raten zu 60 Euro bezahlen kann. Außerdem muss sie [...] die Kosten des Verfahrens tragen.
Ursprünglich wurd ein Strafbefehl über 120 TS à 50 EUR verhängt. Daraufhin hat die Angeklagte Einspruch erhoben. Deswegen kam es zur Hauptverhandlung. Ergebnis der Hauptverhandlung war eine Geldstrafe von 90 TS à 15 EUR, zzgl. Verfahrenskosten.
"Strafbefehl" ist eine Verfahrensart, um Strafverfahren abzukürzen.
Dabei beantragt die Staatsanwaltschaft beim zuständigen Amtsgericht den Erlass eines Strafbefehls. Ganz konkret: Das Gericht bekommt einen Urteilsentwurf mit Beweismitteln und Strafvorschlag. Es kann nun entscheiden, den Strafbefehl nicht zu erlassen und das Verfahren einzustellen (was effektiv einer Nichteröffnung der Hauptverhandlung im Zwischenverfahren gleichkommt), den Strafbefehl zu erlassen oder aber das Hauptverfahren zu eröffnen (womit das Strafbefehlsverfahren effektiv zum Zwischenverfahren wird und das Strafverfahren seinen regulären Gang geht). Entscheidet das Gericht auf Erlass des Strafbefehls, gibt es einen gelben Brief an den Angeklagten. Weder Staatsanwaltschaft noch Gericht haben den Angeklagten hiervor zu Gesicht bekommen. Wenn der Angeklagte nicht bei der Polizei war und/oder einen Anhörungsbogen (etc.) nicht ausgefüllt hat, weiß die Justiz nichts um die persönlichen Verhältnisse. Dann wird grob über den Daumen gepeilt, dieser mit Pi multipliziert und in Neumarkt kamen dabei dann als Durchschnittswert ein TS von 50 EUR dabei herum.
Hätte die Angeklagte den Strafbefehl akzeptiert und keinen Einspruch erhoben oder aber wäre nach Einspruch nicht zur Hauptverhandlung erschienen (womit der Strafbefehl zu Verwerfen gewesen wäre), wäre das Strafverfahren damit rechtskräftig abgeschlossen worden. Also ganz ohne Verhandlung, was der Justiz Zeit und Geld spart. In den klaren Fällen leichter Kriminalität (plakatives Beispiel: Ladendiebstahl mit Videobeweis) kann man damit sehr effektiv Akten schließen, ohne dass man "eindeutige Fälle" stundenlang verhandeln muss. Die Justiz ist eh überlastet.
In dem Moment, wo ein Angeklagter Einspruch erhebt, geht das Strafverfahren "ganz normal" mit der Hauptverhandlung weiter. Der Strafbefehl wird effektiv zur Anklageschrift, sondern ändert sich großartig nichts. Es gibt rechtliches Gehör und die ganze Klaviatur rechtsstaatlicher Garantien. Man muss "nur" sagen, dass man sie in Anspruch nehmen will.
Man kann den Einspruch beschränken. Z.B. auf bestimmte Taten, wenn mehrere im Strafbefehl abgeurteilt werden sollen, oder einfach nur die Strafe (bei Geldstrafen nach Anzahl und/oder Höhe der Tagessätze). Je "kleiner" die Sache in der Verhandlung wird, desto weniger muss der Richter am Ende des Tages ins Urteil schreiben. Das spart vmtl. Prozesskosten (ich kenne die Tabellen nicht), in jedem Falle schafft es Wohlwollen bei Gericht.
Hier ist genau das passiert. Am Ende des Tages standen dann 15 EUR als TS, weil die Angeklagte Hartz4 bezieht. Mit der Ratenzahlung stottert sie übrigens über fast zwei Jahre ab. Ganz schön teures Vergnügen, diese Hetze.