Aber jetzt spricht man ja schon davon, es dürfe keine "Privilegien" für Geimpfte geben - wobei diese "Privilegien" nichts anderes wären als die Aufhebung der in diesen Fällen unnötigen Grundrechtseinschränkungen.
Hmmmjaaain …
Ich hab da in die eine wie die andere Richtung Bauchschmerzen.
Natürlich ist es nicht in Ordnung, Grundrechte einzuschränken, wenn es keinen vernünftigen Grund gibt. Andererseits ist es eine Sache der Gleichbehandlung.
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Nicht nur das. Wenn niemand infektiös wäre, gäbe es keine Verbreitung des Erregers und die Kontaktbeschränkungen wären obsolet. Wollte man jemanden von den Beschränkungen ausnehmen, müßte man sich sicher sein, daß er nicht infektiös ist und das auch bleibt.
Nachdem Leute mehrfach erkrankten, was sich zweifelsfrei nur dann nachweisen ließ, wenn sich die Virenstämme unterschieden, ist das Thema "Immunitätsausweis" für Genesene durch (man wird annehmen dürfen, daß es noch viel mehr Rezidive gab, die einfach nicht aufgefallen sind). Ob eine Impfung "lediglich" eine (schwer verlaufende) Neuerkrankung vermeidet oder auch dafür sorgt, daß eine geimpfte Person niemanden anstecken kann, nachdem sie einer hinreichenden Menge Viren ausgesetzt war, ist m. E. nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Also gibt es auch noch keine gesicherten Erkenntnisse, auf Grund derer man jemanden von den Kontaktbeschränkungen ausnehmen könnte. Und solange es keinen sachlichen Grund für eine ungleiche Behandlung gibt, gibt es auch keine Ungerechtigkeiten gegenüber Leuten, die sich impfen lassen wollen, aber erst später an der Reihe sind.
Im Tagesspiegel ist ein Artikel erschienen, der sich mit der Mutation des COVID-Erregers beschäftigt und anhand statistischer Abschätzungen aufzeigt, welche Konsequenzen ein weiteres Vordringen des neuen Typs haben dürfte und was sich daraus für die erforderlichen Schutzmaßnahmen ergibt.
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Wer sagt denn, daß er nicht schon längst da (viel weiter verbreitet, als angenommen) ist? Die Briten scheinen mit ihrem staatlich finanzierten Gesundheitswesen die Möglichkeit zu haben, die Tests sehr viel gründlicher auszuwerten. Beauftragt man dagegen private Labore, können und werden die nicht mehr tun, als der Auftraggeber bereitwillig zahlt. Und das ist nun mal möglichst wenig ...
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Aus meiner beruflichen Tätigkeit kann ich die mathematischen Abschätzungen nachvollziehen und schätze sie als seriös ein.
Nach diesen Abschätzungen droht ein Szenario, welches geradezu Wasser auf die Mühlen der Cov♥♥♥en sein wird, denn für Unbedarfte sieht es demnächst so aus, dass mit der Verschärfung der Maßnahmen die Infektionszahlen steigen. Dass die notorischen Wahrheitsverdreher diesen Zusammenhang für ihre verquerten Argumente einsetzen werden, ist klar.
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Welchen Zusammenhang? Daß schärfere Kontaktbeschränkungen die Verbreitung des Virus weiter beschleunigen, behauptet ja noch nicht mal die Kundschaft.
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Dem Bashing der Politik, man habe mal wieder an der falschen Stelle gespart, mag ich mich nicht anschließen, denn die Produktion von Impfstoffen wäre auch nicht höher, wenn die EU die mehrfache Menge davon bei allen weltweit tätigen Entwicklern geordert hätte.
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Zum einen darf man bei einer gemeinsamen Bestellung aller 27 EU-Staaten nicht darüber hinweggehen, daß ein beträchtlicher Teil der Gemeinschaft nur kleckern und nicht klotzen kann. Da ist es schon ein gewaltiger Unterschied, ob eine Dosis 15 Euro oder knapp zwei Euro kostet. Wer das nicht einssieht, muß sich fragen lassen, ob er Bobbeles Beispiel wirklich so toll findet.
Zum anderen hat die Forderung der WHO, man müsse auch Menschen in der sogenannten Dritten Welt Zugang zu Impfstoffen gewähren, zwangsläufig zu Folge, daß die EU ihre Möglichkeiten, den Markt abzuräumen, nicht ausschöpfen sollte.
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Unausweichlich erscheint aber, dass wir zeitlich mit der Impfung gegen den neuen Erregertypus ins Hintertreffen geraten werden, wenn der Impfbeginn sich unnötig verzögert oder die Zulassung von Impfstoffen zu lange dauert. Hier ist eine provisorische Zulassung besser, als das komplette Verfahren zu durchlaufen, wenn man das gesamte Risiko vernünftig abschätzt.
Der Unterschied zwischen regulärer und Notzulassung sei dem Vernehmen nach (nicht nur) eine Haftungsfrage. Das Argument, bei einem derart schnell entwickelten Impfstoff keine Abstriche am Prüfverfahren machen zu wollen, ist schon deshalb überzeugend, weil die jetzigen Drängler die Ersten wären, die es der EU zum Vorwurf machen würden, ihnen nachgegeben zu haben.
Dabei ist die Aufregung schon insofern ein klassischer Johnson, als die Länder die Vaccine bei weitem nicht so schnell verimpfen, wie sie ihnen geliefert werden und, folgt man den Nachrichten aus Thüringen, die Bereitschaft, sich impfen zu lassen, deutlich zu wünschen übrig läßt:
https://www.tagesspiegel.de/politik/schicken-krankenhaeuser-bald-impfdosen-zurueck-bodo-ramelows-fast-verzweifelter-appell-an-die-klinikmitarbeiter/26769254.html