Noch so ein armes, unverstandenes Aluhut-Corona-Wichtelchen. Sich gegen Heidi Mund zu positionieren....ne, da wäre er ja "isoliert" worden. Deshalb jammert er jetzt lieber, dass er von "den Linken" nicht mehr gemocht wird.
Na ja, und klar: Nichtdenkseiten, RT und Rubikon sind natürlich absolut seriöse Quellen, immerhin schreiben sie genau das, was so ein armes, unverstandenes Aluhut-Corona-Wichtelchen wie Hajo Köhn dann eben lesen möchte.
Spoiler
Corona-Kritiker in Frankfurt : Das Vertrauen verloren
Von Alexander Jürgs
-Aktualisiert am 30.05.2020-09:01
Sie fühlen sich diffamiert: als Reichsbürger, als Verschwörungstheoretiker, als Spinner und Aluhüte, als Unverbesserliche. Am Samstag gehen die Kritiker der Corona-Maßnahmen wieder in Frankfurt auf die Straße. Was sind das für Menschen?
Da ist die Frau, die in einer Kindertagesstätte arbeitet und die sagt, dass sie sich Sorgen um die Kinder macht. Dass die Isolation den Kleinen nicht guttut, dass Kinder es brauchen, ihre Freunde zu treffen und zu spielen. Und dass es unverantwortlich sei, ihnen das über einen so langen Zeitraum zu verweigern.
Da ist die Ärztin, die von ihrem schwerbehinderten Sohn erzählt, der in einem Wohnheim lebt und den sie über Wochen nicht besuchen durfte. Weil er nicht verstehen konnte, dass er seine Mutter nicht mehr sehen darf, hat er angefangen, sich selbst zu verletzen. Da ist der Zahnarzt, der sagt, dass er sich gegen die Lobbyisten der Pharmaindustrie engagieren will, der davon erzählt, wie er in den sozialen Medien nach Gleichgesinnten suchte und sich ärgerte, als seine Posts bei Facebook und Nebenan.de gelöscht wurden.
Da ist die Frau, die behauptet, das Virus sei bloß ein Vorwand, um Impfungen und eine Impfpflicht durchzusetzen. Und da ist der Bankkaufmann, der sagt, dass die Corona-Maßnahmen übertrieben seien, dass man besser gezielt die Risikogruppen schützen müsse, statt ein ganzes Volk einzuschränken. Da ist der Mann, der sich darüber beklagt, dass die „Tagesthemen“ einem Interview mit Bill Gates so viel Zeit eingeräumt haben und dass andere, kritische Stimmen in den Medien dagegen kein Gehör fänden. Und da ist schließlich einer, der vergleicht den Mundschutz mit einem Maulkorb. „Die Grundrechte werden missachtet.“
Sie fühlen sich diffamiert
Sie fühlten sich abgestempelt, sagen die gut 20 Menschen, unter ihnen mehr Männer als Frauen, die zu dem Treffen in einem Weinkeller nahe der Freßgass’ gekommen sind, um zu planen, wie es weitergehen soll mit den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen. Sie fühlen sich diffamiert: als Reichsbürger, als Verschwörungstheoretiker, als Spinner und Aluhüte, als Unverbesserliche. Sie erzählen von Nachbarn, von Freunden und von Familienmitgliedern, die nicht verstehen können, warum es sie „zu diesen Demos“ zieht.
Kaum einer von ihnen war zuvor politisch engagiert, erst die Corona-Krise hat sie dazu gebracht, auf die Straße zu gehen. Häufig fällt an diesem Abend der Satz, dass ihnen das Vertrauen in den Staat, in die Politik verlorengegangen ist. Manche werden schnell laut und aufbrausend, wenn sie sprechen, machen aus ihrer Empörung kein Geheimnis. Andere sind abwartender, ruhiger, melden sich nur selten zu Wort.
Der Kopf der Gruppe, der selbst nicht so genannt werden möchte, ist Hajo Köhn, ein eloquenter Redner, ein einnehmender, auch humorvoller Mann, 67 Jahre alt, Rentner. Er meldet die Demos an, er spricht dort, führt Regie. Köhn gehört nicht zu jenen, für die politisches Engagement Neuland ist. Er war in der Occupy-Bewegung aktiv, er hat im globalisierungskritischen Netzwerk Attac mitgearbeitet, hat mit anderen die Frankfurter Proteste gegen das Freihandelsabkommen TTIP auf die Beine gestellt. Er hat auch eine Gruppe ins Leben gerufen, die sich „Neue Geldordnung“ nennt. Ziel der Initiative ist es, Ideen für eine gerechtere Finanzordnung zu entwickeln. Köhn sagt von sich, dass er ein Linksliberaler sei.
Doch die, die er eigentlich als seine politischen Verbündeten sieht, haben sich, seit er bei den Protesten gegen die Corona-Maßnahmen mitmischt, gegen ihn gewandt. Das Attac-Netzwerk hat Köhn ausgeschlossen und dazu auch eine Pressemitteilung verschickt. Bei seinen Kundgebungen gibt es regelmäßig Proteste von linken Gruppierungen und der Antifa. Seine Kritiker sagen, Köhn mache gemeinsame Sache mit Menschen, die politisch weit rechts stehen.
Gemeinsame Sache mit Rechten?
Dass solche Aktivisten bei den Frankfurter Protesten gegen die Corona-Regeln dabei waren, dass sie diese auch maßgeblich geprägt und angeführt haben, kann niemand leugnen. Der Erste, der schon im April mit einer Handvoll Demonstranten an der Alten Oper gegen die Maßnahmen agitierte, war Henryk Stöckl, ein Youtuber, der für Björn Höcke und den mittlerweile aufgelösten AfD-Flügel schwärmt. In einem seiner Videos behauptete er, dass hinter der Corona-Krise ein perfider Plan stecke: Ein eigentlich harmloses Virus werde aufgebauscht, um davon abzulenken, dass es 2020 sowieso zu einem desaströsen, weltweiten „Finanz-Crash“ gekommen wäre, den die Mächtigen nun der Pandemie in die Schuhe schieben können. Youtube hat Stöckls Video wegen solcher und anderer Falschbehauptungen längst gelöscht.
Doch nicht nur er setzt auf die Corona-Proteste, sondern auch die rechtspopulistische Aktivistin Heidi Mund. Bekannt wurde sie, als sie 2015 einen Frankfurter Pegida-Ableger ins Leben rief, auf ihren Demos wurde scharf gegen Muslime gehetzt. Dass Hajo Köhn am 9. Mai gemeinsam mit Mund bei einer Kundgebung an der Hauptwache auftrat, nehmen ihm seine Kritiker besonders übel.
„Sie nehmen uns die Freiheit zu reden“
Im Netz findet sich noch immer ein Video, das Ausschnitte dieser Protestaktion zeigt. Darin sieht man Heidi Mund, die sich in Rage redet, die in ihrer Rede suggeriert, dass Deutschland auf dem direkten Weg in eine Diktatur sei. „Sie nehmen uns zuerst die Freiheit zu reden, dann haben wir Angst, etwas zu sagen, und dann geht es weiter und weiter, bis sie uns knüppeln und ins Gefängnis bringen.“ Hajo Köhn steht daneben, ohne einzugreifen, mit keinem Wort widerspricht er. War das ein Fehler? „Zu behaupten, wir stehen mit einem Bein in der Diktatur, ist natürlich Unsinn“, sagt Köhn heute. „Doch in dem Moment, in dem ich dort stand, war meine Einschätzung: Wenn ich jetzt eingreife, wenn ich mich jetzt positioniere, dann werde ich isoliert. Ich muss erst einmal dafür sorgen, dass eine nächste, angemeldete Kundgebung stattfindet, dann erst kann ich klar Position beziehen.“ Dass er damit den Zorn seiner früheren Attac-Mitstreiter auf sich zog, könne er deshalb sogar nachvollziehen.
Köhn will die Bewegung seriöser und bürgerlicher machen, die Extremen vom rechten und linken Rand möchte er „hinausdrücken“. Und deshalb kämpfe er nun darum, eine Führungsposition unter den Protestierenden einzunehmen. „Anders geht es nicht, solange das Ganze noch so fragil, aggressiv und zersplittert ist.“
Köhn war es auch, der dafür sorgte, dass nicht mehr in der Innenstadt, sondern an der Weseler Werft demonstriert wird, wo die Teilnehmer mehr Platz haben. Immer wieder fordert er bei den Kundgebungen die Demonstranten auf, sich an die Regeln zu halten, Abstand zu wahren, den Mundschutz zu tragen. Doch nicht alle folgten ihm. Die Polizei hat bei der Kundgebung am vergangenen Samstag deshalb mehrere Teilnehmer festgenommen. Köhn möchte auch nicht, dass populäre Verschwörungstheoretiker wie der Berliner Ken Jebsen bei den Demos auftreten. „Mit Rabatz erreicht man nichts.“
„Wir sind belogen worden“
Warum treibt das Corona-Thema ihn so um? Warum sind ihm die Demonstrationen so wichtig? „Auch ich habe einen Vertrauensbruch erlebt“, sagt Köhn. „Wenn man einem Virus einen Krieg erklärt, dann muss man sicherer dastehen. Doch wir sind belogen worden. Zu Beginn der Krise hieß es von Regierung und Robert-Koch-Institut: Wir haben alles im Griff. Doch das war falsch. Wir hatten gar nichts im Griff. Als ich das bemerkt habe, hat das vieles bei mir ausgelöst.“
Eingeschossen hat sich Köhn vor allem auf den Gesundheitsminister Jens Spahn. „Einem Herrn Spahn traue ich nicht, das sage ich ganz offen. Für mich ist das ein knallharter Pharmalobbyist. Der Mann zündelt, mit der App und einem Immunitätsausweis hebelt er den Datenschutz aus und setzt Grundrechte außer Kraft. Das passt nicht zu einer freiheitlich entwickelten Gesellschaft.“
Auf seiner privaten Facebook-Seite teilt Köhn auch Inhalte von sogenannten alternativen Medien wie dem Blog „Nachdenkseiten“ und dem Online-Magazin „Rubikon“, auch Beiträge des Nachrichtenportals „RT Deutsch“, das von der russischen Regierung finanziert wird, tauchen dort auf, genauso wie Polemiken gegen Bill Gates. Viele halten diese Quellen für unseriös. Dieses Pauschalurteil teilt Köhn nicht. „Wenn die Artikel gut recherchiert sind, dann kann ich sie auch teilen“, sagt er. „Mir geht es nicht darum, darauf zu achten, wer etwas sagt, sondern was jemand sagt.“
Den gleichen Weg wie Schweden einschlagen
Im Unterschied zu vielen anderen Kritikern der Corona-Maßnahmen warnt Köhn davor, das Virus zu bagatellisieren. „Natürlich ist Corona gefährlicher und tödlicher als die Grippe, wer etwas anderes behauptet, redet Unsinn“, sagt er. Trotzdem glaube er, dass man den Lockdown nie hätte ausrufen müssen. Deutschland hätte den gleichen Weg wie Schweden einschlagen sollen, wo nicht auf Verbote, sondern auf freiwillige Einschränkungen, auf das Verantwortungsbewusstsein des Einzelnen gesetzt wird. „Wir müssen die Risikogruppen schützen, ohne das ganze Land unter Quarantäne zu stellen.“
Köhn sagt, dass er jetzt nach vorne schauen wolle. Hat Frankfurt einen zukunftsfähigen Pandemieplan? Ist die Stadt gewappnet für den Herbst? Ist sie so vorbereitet, dass ein neuerlicher Lockdown verhindert werden kann? Und wer bezahlt am Ende für die Krise? Auf solche Fragen erwarte Köhn Antworten. Deshalb gehe er jetzt auf die Straße.
Dass die Corona-Maßnahmen beendet gehören, dass sie übertrieben waren, dass in der Krise falsche Prioritäten gesetzt wurden: Das ist der Konsens in dem Zirkel, der um Hajo Köhn entstanden ist. Am Samstag wollen sie wieder an der Weseler Werft demonstrieren, wollen sie wieder dafür sorgen, dass ihre Meinung gehört wird. Sie hoffen, dass sie dann nicht pauschal als Wirrköpfe abgekanzelt werden. Zu einem Dialog, versichert einer aus der Gruppe, seien sie bereit. „Wir sollten nicht mehr so viel übereinander, sondern mehr miteinander reden“, sagt Köhn. Ob sie das ernst meinen, ob sie auch offen sind für Gegenargumente, ob sie der Gegenseite wirklich zuhören, das müssen sie erst noch beweisen.