Der Virologe Alexander Kekulé hat in einem Zeitungsbeitrag die Studie seines Kollegen Christian Drosten zur Corona-Ansteckung von Kindern scharf kritisiert. Drosten reagiert prompt auf Twitter und schießt zurück.
In einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel" hat der Virologe Alexander Kekulé das Team um seinen Kollegen Christian Drosten scharf für eine Studie zur Ansteckung von Kindern mit dem Coronavirus kritisiert. Kekulé forderte, dass Drosten seine Studie zurückziehen solle.
Drosten reagierte prompt auf Twitter: "Kekulé macht Stimmung. Seine Darstellung ist tendenziös. Er kennt unsere Daten nicht und zitiert falsch", schrieb er auf dem Kurznachrichtendienst. Außerdem könne man Kekulé selbst nicht kritisieren, da dieser keine eigenen Publikationen vorzuweisen habe.
Kekulé macht Stimmung. Seine Darstellung ist tendenziös. Er kennt unsere Daten nicht und zitiert falsch. Kekulé selbst könnte man nicht kritisieren, dazu müsste er erstmal etwas publizieren.
https://t.co/0Grbgrmc09— Christian Drosten (@c_drosten) May 28, 2020
In einem weiteren Tweet wird Drosten nochmals deutlicher und schießt zurück: Kekulé habe sich mit seinem öffentlichen Verhalten selbst ins Abseits befördert, in der Wissenschaftsgemeinde spiele er keine Rolle.
So sieht es aus. Kekulé ist zum Glück bisher der Einzige, der sich so verhält. In unserer Community spielt er keine Rolle.
https://t.co/wAxgyrxG7Y— Christian Drosten (@c_drosten) May 28, 2020
Kekulé kritisiert Methodik der Drosten-Studie
In dem Gastbeitrag beanstandet Kekulé, dass ein Teil der Drosten-Studie "sowohl methodisch als auch bezüglich der Schlussfolgerung in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft" sei. Drosten und seine Kollegen wollten mit der Studie herausfinden, ob es einen Zusammenhang zwischen der Konzentration der Viren auf der Rachenschleimhaut und dem Alter der infizierten Person gibt.
Dazu untersuchte das Team bis Ende April 3.712 Proben von infizierten Menschen. Dabei zeigte sich, dass bei älteren Patienten die Viruskonzentration höher ist als bei jüngeren – das sei laut Kekulé das Gegenteil dessen, was sich Drosten und sein Team erhofft haben mussten.
In einem weiteren Schritt habe das Team paarweise Proben unterschiedlicher Altersklassen miteinander verglichen und keine signifikanten Unterschiede in der Viruslast feststellen können. Die Wissenschaftler folgerten daraus, dass sich die Viruskonzentration im Rachen von Kindern nicht erheblich von der älterer Probanden unterscheidet. Kinder seien also ebenso ansteckend wie Erwachsene. Kekulé kritisiert, dass das Ergebnis mit der gewählten Methodik der Studie nicht haltbar sei.
Kekulé: Drosten hätte Studie zurückziehen sollen
Das liege vor allem an den untersuchten Proben. Erstens seien "die mit Tupfern abgenommenen Proben nicht miteinander vergleichbar" und zweitens seien die Proben zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Krankheitsverlauf genommen worden. Um ein genaueres Ergebnis zu bekommen, hätte das Team um Drosten laut Kekulé sehr viel mehr Menschen untersuchen müssen. Gerade in der relevanten Altersklasse der unter Elfjährigen seien nur 49 Proben ausgewertet worden.
Drosten selbst kündigte im Zuge der Diskussion um seine Studie an, weitere Daten auswerten zu wollen und diese neu zu berechnen. Doch auch das könne die Untersuchung laut Kekulé nicht mehr retten. Er schreibt weiter: "Warum Drosten die Studie nicht einfach zurückzieht, ist schwer nachvollziehbar." Zudem habe Drosten mit seinem Verhalten der "Bild" unnötige Angriffsfläche geboten.
Die "Bild-Zeitung" hatte Drosten in einem umstrittenen Artikel fragwürdige Methoden und unsauberes Arbeiten vorgeworfen. Drosten selbst konterte in seinem NDR-Podcast und warf dem Boulevardblatt tendenziöse Berichterstattung vor. In den sozialen Medien und von anderen Virologen erhielt er dafür viel Zuspruch.