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"Indigenes Volk der Germaniten"?
Viele Schriftstücke, die das Gericht nun mit Beginn der Beweisaufnahme verliest, erwecken jedoch einen anderen Eindruck. So habe Bianca W. 2022 die Löschung aller ihrer Daten beantragt, weil sie dem „indigenen Volk der Germaniten“ angehöre. 2018 habe sie sich geweigert, eine Geldstrafe zu zahlen, weil sie die Rechtmäßigkeit der Behörden anzweifelte. Die Strafe – 900 Euro – hatte sie wegen Verstoßes gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz erhalten, weil auf ihrem Grundstück zahlreiche Schusswaffen samt Munition sichergestellt worden waren. Der Besitz der Flinten, Büchsen, Pistolen und Revolver, augenscheinlich alles Jagdwaffen, war ihr bereits 2010 untersagt worden.
2013 wurde der Ärztin die Approbation entzogen, weil sie sich nicht gesundheitlich begutachten ließ. Auch diese Maßnahme der Aufsichtsbehörde war Folge des auffälligen Verhaltens der Moritzburgerin, die gegenüber Behörden behauptet habe, sie werde "im Einwohnermeldeamt als zwangsinternierte Person geführt".
2019 stellte ein Gerichtsvollzieher fest, dass Bianca W. über keinerlei Einkünfte verfügt haben soll. In dem Jahr hatte sie auch vier Bücher im Wert von 48 Euro bestellt hatte, ohne sie zu bezahlen. 2021 erhielt sie dafür per Strafbefehl eine weitere Geldstrafe über 900 Euro.
Über mehrere Stunden verliest das Gericht Korrespondenz von, mit und über die Angeklagte. Keine Zulassung, kein Einkommen, Ärger mit Behörden und Ämtern, Geldstrafen - die 66-jährige Ärztin muss sich auf einer sich immer schneller drehenden Abwärts-Spirale befunden haben. Das wird noch deutlicher, als am Nachmittag Dutzende Polizeifotos ihrer Wohnung gezeigt werden.
Fotos einer Messie-Behausung
Schlagartig deutlich leiser sind nun auch W.s Unterstützer angesichts dieser Durchsuchungs-Impressionen: Das Wohnhaus mit der ehemaligen Praxis im Erdgeschoss ist auf drei Etagen komplett vermüllt, eine verwahrloste Messie-Behausung. Die Räume, Flure und Treppen sind vom Keller bis zum Dach vollgestopft mit Taschen, Kisten und Behältnissen. Alle Räume, bis auf das Wohnzimmer im Obergeschoss.
Das gleiche Bild zeigt sich im zweistöckigen Nebengebäude des Grundstücks, dem sogenannten Gartenhaus. Wer es dort aushalten kann, muss Struktur und Kontrolle über sein Leben verloren haben.
Bei der Durchsuchung wurden knapp 20.000 Euro sichergestellt, Schusswaffen, Patronen, ein Elektroschocker, ein Teleskopschlagstock, Blanko-Atteste, mehrere Handys, mehrere Laptops, mehrere Festplatten, fremde Ausweise, mehrere entwendete Kfz-Kennzeichen-Tafeln mit Nummern aus Dresden, Erfurt und Polen.
Zunächst sicherten die Beamten auch Spuren und Beweise in zwei Autos auf dem Grundstück, einem VW Golf und einem Toyota. Dann fällt ihnen auch ein Ford auf, hinter einem Wall aus Rindenmulch, der auf die Ermittler wie eine Grundstücksgrenze gewirkt hatte. Auch in dem Ford fanden sich Gegenstände, der Ärztin, darunter der Elektroschocker und der Schlagstock.
Der Prozess wird fortgesetzt.