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Tatbestand
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Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückzahlung sämtlicher seit 1999 gezahlten kommunalen Steuern sowie die strafbewehrte Unterlassung sämtlicher zukünftiger Steuerforderungen.
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Der Kläger hat am 23. März 2017 beim Finanzgericht des Landes S.-A. Klage erhoben. Das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat mit Beschluss vom
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30. Juni 2017 den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Magdeburg verwiesen.
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Der Kläger hat sich ursprünglich gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Beklagten vom 23. März 2017 gewandt. Mit dieser Verfügung wollte die Beklagte öffentlich-rechtliche Forderungen aus Grundsteuern i.H.v. 1.625,27 Euro gegen den Kläger vollstrecken.
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Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung ist seitens der Beklagten am 31. August 2017 zurückgenommen worden, da die der Verfügung zu Grunde liegende Geschäftsverbindung zwischen der C.-Bank als Drittschuldnerin und dem Kläger beendet wurde. Bis zur Aufhebung der Verfügung hat die Drittschuldnerin 517,03 Euro an die Beklagte gezahlt. Daraufhin hat der Kläger die Rückzahlung des eingezogenen Betrages verlangt. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat der Kläger sein Begehren auf die Rückzahlung sämtlicher seit 1999 gezahlten kommunalen Steuern ausgeweitet.
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Der Kläger fordert bei verständiger Würdigung seines Klagebegehrens nunmehr, die Beklagte dazu zu verurteilen, an ihn sämtliche seit 1999 gezahlten Steuern i.H.v. insgesamt 1.800.000,00 Euro zurück zu zahlen. Weiterhin begehrt der Kläger Unterlassung weiterer Vollstreckungsmaßnahmen der Beklagten gegen ihn unter Androhung einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten sowie einer Strafzahlung i.H.v. 250.000 Euro.
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Ferner begehrt der Kläger Schadensersatz von der Beklagten i.H.v. 10.000 Euro wegen der erfolgten Vollstreckung. Außerdem begehrt der Kläger Strafzahlungen von jeweils 3.000 Euro für den Erlass von insgesamt 30 nichtigen Verwaltungsakten durch die Beklagte.
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Überdies verlangt der Kläger persönlichen Schadensersatz von zwei städtischen Bediensteten der Beklagten.
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Der Kläger behauptet, bei der Beklagten handele es sich um keine mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattete Behörde, sondern um ein Wirtschaftsunternehmen, welches nur privatrechtlich handeln könne. Die Beklagte sei 2006 von der Europäischen Union privatisiert worden. Die Beklagte sei demnach nicht befugt, öffentlich-rechtliche Forderungen geltend zu machen und zu vollstrecken. Vollstreckungsmaßnahmen der Beklagten und ihrer Bediensteten würden Straftaten in Form des Betruges und der Erpressung darstellen.
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Der Kläger hat ursprünglich beantragt,
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Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Beklagten vom 23. März 2017 aufzuheben.
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Der Kläger beantragt nunmehr,
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1. die Beklagte zur Rückzahlung sämtlicher seit 1999 gezahlter kommunaler Steuern in Höhe von 1.800.000 Euro zu verurteilen.
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2. die Beklagte unter Androhung einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten und Strafzahlung in Höhe von 250.000 Euro dazu zu verurteilen die Geltendmachung von Steuerforderungen gegenüber dem Kläger oder seinem Rechtsnachfolger zu unterlassen,
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3. die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 100.000 Euro zu verurteilen
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte tritt der Argumentation des Klägers entgegen und verteidigt die ergangenen Verwaltungsakte.
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Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist bereits unzulässig.
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1. Soweit der Kläger Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte oder ihre Bediensteten geltend macht, stellt dies eine unzulässige Klageänderung gem. § 91 Abs. 1 VwGO dar.
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Eine Klageänderung ist gem. § 91 Abs. 1 VwGO nur statthaft, wenn die übrigen Beteiligten zustimmen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.
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Die Beklagte hat der Klageänderung nicht zugestimmt. Das Gericht erachtet die Klageänderung für nicht sachdienlich, da für einen Schadensersatzprozess gegen die Beklagte oder ihre Bediensteten keine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte besteht. Die Klageänderung wäre somit nicht geeignet, einen Folgeprozess zu vermeiden.
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2. Sofern der Kläger statt der Aufhebung der ursprünglichen Pfändungs- und Überweisungsverfügung nunmehr Rückzahlung sämtlicher Steuern seit 1999 sowie einen strafbewehrten Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte geltend macht, ist die Klageänderung gem. § 91 Abs. 1 VwGO zulässig. Zwar hat die Beklagte der Klageänderung nicht zugestimmt, das Gericht erachtet die Klageänderung aber für sachdienlich, da hierdurch Folgeprozesse für die Zukunft vermieden werden können und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt.
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Die Klageanträge zu 1. und 2. sind mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig.
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Dem Kläger fehlt im Hinblick auf die Klage bereits ein schützenwertes rechtliches Interesse, da Basis sämtlicher Klageanträge allein die unsubstantiierte Behauptung fehlender Staatlichkeit der Beklagten ist.
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Es ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass Anspruch auf Rechtsschutz nur derjenige hat, der schutzwürdige Interessen verfolgt. Rechtsmissbrauch dagegen verdient und erhält keinen Rechtsschutz. Das allgemeine Prinzip, dass jede an einen Antrag gebundene gerichtliche Entscheidung ein Rechtsschutzbedürfnis voraussetzt, soll den Missbrauch prozessualer Rechte verhindern. Dadurch sollen gerichtliche Verfahren unterbunden werden, in denen der Rechtsschutzsuchende eine Verbesserung seiner Rechtsstellung unter keinen Umständen erreichen kann, das Rechtsschutzbegehren mithin nutzlos ist. Eingaben, die ausschließlich auf querulatorischen Motiven beruhen, sich in Beleidigungen erschöpfen oder denen aus anderen Gründen kein ernsthaftes Begehren in der Sache zu entnehmen ist und bei denen gerichtlicher Rechtsschutz nur für unnütze, sinnlose und unlautere Zwecke in Anspruch genommen wird, sind rechtsmissbräuchlich (vgl. FG Münster, Urteil vom 14. April 2015 – 1 K 3123/14F, Rn. 24, m.w.N., juris; Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 31. März 2004 – 2 K 92/04, Rn. 18, juris).
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So verhält es sich auch im Streitfall. Der schriftliche Vortrag des Klägers enthält kein sachlich nachvollziehbares Begehren, welches nicht allein durch querulatorische Motive begründet wäre.
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Die Klage fußt insoweit allein auf der klägerischen Behauptung, bei der Beklagten handele es sich um keine Behörde, sondern um eine Firma, die kein Recht habe Steuern einzutreiben, und ihre Bediensteten würden durch die Vollstreckung angeblich bestehender Forderungen Straftaten zu Lasten des Klägers begehen.
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Der Vortrag des Klägers entbehrt dabei jeglicher Tatsachenbasis.
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Die Beklagte stellt als Gemeinde einen elementaren Teil der staatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland dar, vgl. Art. 28 Abs. 2 GG. Ihr steht gem. Art. 28 Abs. 2 GG ein Recht auf Selbstverwaltung zu. Gem. §§ 61 Nr. 1 Alt. 2, 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist die Beklagte beteiligten- und prozessfähig. Dass ihr hoheitliche Befugnisse zustehen, steht damit außer Frage. Insofern ändert auch der von dem Kläger vorgelegte Eintrag in einer Online-Datenbank, welcher die Beklagte unter einem "eingetragen Firmennamen" führt, nichts. Es ist augenscheinlich so, dass dort sämtliche juristische Personen, welche am Wirtschaftsleben beteiligt sind, als "Firmen" geführt werden, weil eine eigene Kategorie für staatliche Akteure nicht existiert.
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Auch das Argument, die Beklagte sei 2006 durch die Europäische Union privatisiert worden, entbehrt jeglicher Tatsachenbasis. Ein solcher Rechtsakt der Europäischen Union existiert schlichtweg nicht. Ferner ist nicht verständlich, warum der Kläger, wenn nach seiner Ansicht die Beklagte erst 2006 privatisiert wurde, Steuern seit dem Jahr 1999 zurückfordert. Wäre sein Argument logisch beständig, so dürfte er sich eigentlich nur gegen die Steuerforderungen ab 2006 wenden.
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Dem Kläger geht es offensichtlich nicht darum, ernsthafte, rechtlich auch nur annähernd begründbare Einwände gegen die Rechtmäßigkeit des Handelns der Beklagten vorzubringen, sei es durch Einwände gegen die Art und Weise der Vollstreckung oder auch gegen die der Vollstreckung zu Grunde liegenden Steuerbescheide. Ziel scheint vielmehr allein zu sein, die Befugnis zum hoheitlichen Handeln der Beklagten sowie deren Existenz an sich zu delegitimieren und deren Bedienstete unter Drohungen mit haltlosen Schadensersatzforderungen und Strafanzeigen von sämtlichen gegenwärtigen und zukünftigen Maßnahmen zu Lasten des Klägers abzubringen. Die Klage selbst stellt sich dabei bloß als ein weiteres Mittel zur Erreichung dieses Zwecks dar.
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Die Klage ist auch unter einem weiteren Gesichtspunkt rechtsmissbräuchlich. Laut dem Kläger seien die staatlichen Gerichte durch Aufhebung des § 15 GVG abgeschafft worden und würden private "Ausnahmegerichte" darstellen, deren Richter nur als Privatpersonen handelten. Der Umstand, dass der Kläger bei einem, seiner Sicht nach nicht legitimierten Gericht klagt, stellt ein widersprüchliches, mithin rechtsmissbräuchliches Verhalten dar. Derjenige, der einem Gericht die Funktion abspricht, überhaupt Recht zu sprechen, kann nicht gleichzeitig den Rechtsschutz dieses Gerichtes beanspruchen (vgl. FG Münster, Urteil vom 14. April 2015 – 1 K 3123/14F, Rn. 29 ff., juris; Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 09. Oktober 2013 – 4 K 1406/13, Rn. 8, juris).
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Es ist im Übrigen auch nicht damit zu rechnen, dass der Kläger eine Entscheidung des Gerichts überhaupt akzeptieren würde. Dies folgt unter Anderem daraus, dass der Kläger bereits vorab, ohne dass eine Entscheidung ergangen oder ersichtlich wäre, angekündigt hat, gegen das Gericht bei der amerikanischen Militärgerichtsbarkeit sowie einem sogenannten "Gerichtshof der Menschen" vorzugehen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 39 Abs. 1, 52 Abs. 3 S. 1 GKG. Das Gericht ist insoweit an die bezifferten Anträge des Klägers gebunden.