Autor Thema: OVG NRW, 20 B 822/18 Beschluß 26. 6. 2019, RD verliert Waffenberechtigung  (Gelesen 1111 mal)

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Das übliche: Wer der Reichsbürgerbewegung nahesteht, verfügt nicht über die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit, die Behörde hat hier keinen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum


Zitat
Oberverwaltungsgericht NRW, 20 B 822/18
Datum: 26.06.2019
Gericht: Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper: 20. Senat
Entscheidungsart: Beschluss
Aktenzeichen: 20 B 822/18
ECLI: ECLI:DE:OVGNRW:2019:0626.20B822.18.00
 
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 22 L 110/18
 
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 9.500,-- Euro festgesetzt.


Spoiler
1
Gründe

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Die Beschwerde des Antragstellers mit dem sinngemäßen Antrag,

3
unter Änderung des angefochtenen Beschlusses die aufschiebende Wirkung seiner Klage (VG Düsseldorf 22 K 19521/17) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23. November 2017 hinsichtlich der Regelung unter Nr. 1 anzuordnen und hinsichtlich der Regelungen unter Nr. 2 wiederherzustellen,

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hat keinen Erfolg.

5
Die vom Antragsteller mit der Beschwerde vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen eine Änderung des angegriffenen Beschlusses nicht.

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Die Erwägungen, mit denen der Antragsteller der Auffassung des Verwaltungsgerichts entgegentritt, die Begründung des Antragsgegners für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der unter Nr. 2 des angegriffenen Bescheides getroffenen Maßnahmen genüge den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, greifen nicht durch.

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Zweck dieses Begründungserfordernisses ist es, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes im Bewusstsein des Ausnahmecharakters der den Wegfall der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs nach § 80 Abs. 1 VwGO bewirkenden Vollziehungsanordnung anzuhalten, dem Betroffenen die Kenntnis der für die Vollziehungsanordnung maßgeblichen Gründe zu vermitteln und ihm so die Rechtsverteidigung zu ermöglichen und die Grundlage für eine ordnungsgemäße gerichtliche Kontrolle dahin zu bieten, ob das die Vollziehungsanordnung rechtfertigende besondere Interesse auch vorliegt. Aus der Begründung muss mithin nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt. Demgemäß genügen pauschale, nichtssagende formelhafte Wendungen dem Begründungserfordernis regelmäßig nicht. Allerdings kann sich die Behörde auf die den Verwaltungsakt selbst tragenden Erwägungen stützen und darauf Bezug nehmen, wenn - wie es im Waffenrecht unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr der Fall sein kann - die den Erlass des Verwaltungsaktes rechtfertigenden Gründe zugleich die Dringlichkeit der Vollziehung ergeben.

8
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Juni 2017 ‑ 20 B 752/16 ‑; Nds. OVG, Beschluss vom 19. März 2002 - 11 MB 102/02 -, juris.

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§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verpflichtet die Behörde außerdem nicht, eine Begründung zu geben, die ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zutrifft oder eine gerade im Einzelfall bestehende konkrete Gefahr darlegt. Gerade dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung vielmehr darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass diese Interessenlage nach ihrer Auffassung auch im konkreten Fall vorliegt. Das kommt insbesondere im Bereich des Sicherheitsrechts in Betracht.

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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Juni 2017 ‑ 20 B 752/16 ‑, m. w. N.

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Außerdem ist das Begründungserfordernis nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO formeller Natur. Es kommt nicht darauf an, ob die gegebene Begründung richtig oder tragfähig  in dem Sinne ist, dass die angeführten Gründe den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen.

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Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Juli 2017 ‑ 20 B 361/17 ‑, m. w. N. und 29. Juni 2017 ‑ 20 B 752/16 ‑, m. w. N.

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Ob der angeordnete Sofortvollzug Bestand hat, ist vielmehr im Rahmen der vom Verwaltungsgericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO eigenständig anzustellenden Interessenabwägung zu beurteilen.

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Ausgehend davon genügt die in dem angefochtenen Bescheid enthaltene Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung noch den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. In der Begründung weist der Antragsgegner darauf hin, die öffentliche Sicherheit gebiete, dass nur solche Personen Schusswaffen besitzen dürften, die über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügten, und es könne nicht hingenommen werden, dass durch die Erhebung einer Klage und eines sich daran anschließenden, womöglich lange währenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens der Antragsteller trotz Unzuverlässigkeit weiterhin den Besitz über Waffen und über die betreffenden Erlaubnisurkunden ausübe. Damit hat der Antragsgegner nachvollziehbar die Erwägungen dargestellt, die ihn zur Anordnung des Sofortvollzuges bewogen haben. Diese sind mit Rücksicht darauf, dass der Antragsgegner darauf abgestellt hat, der Antragsteller sei unzuverlässig, auch hinreichend einzelfallbezogen.

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Die Einwände des Antragstellers gegen die vom Verwaltungsgericht nach § 80 Abs. 5 Satz  1 VwGO zu seinen Lasten vorgenommene Interessenabwägung verfangen nicht. Das Verwaltungsgericht hat sich daran orientiert, dass die Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers offen seien und von ihm kein das vorrangige Vollziehungsinteresse überwiegendes Aussetzungsinteresse dargelegt sei. Weder der unter Nr. 1 des angegriffenen Bescheides verfügte Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse des Antragstellers noch die Anordnungen zur dauerhaften Unbrauchbarmachung der Waffen und Munition oder deren Überlassung an einen Berechtigten sowie zur Rückgabe der Waffenbesitzkarten und des Kleinen Waffenscheins (Nr. 2 des Bescheides) erwiesen sich als offensichtlich rechtswidrig oder als offensichtlich rechtmäßig. Zugunsten des öffentlichen Interesses falle die vom Waffenbesitz ausgehende erhöhte Gefahr für die Allgemeinheit ins Gewicht. Es bestehe ein überragendes Interesse der Allgemeinheit daran, das mit dem Waffenbesitz verbundene erhebliche Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten und nur bei Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienten, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeglicher Hinsicht ordnungsgemäß umgingen. Vom Antragsteller würden keine Umstände geltend gemacht, die ein dem auch nur gleichwertig gegenüberstehendes Interesse an der Aussetzung der Vollziehung aufzeigten. Es sei ihm zumutbar, das als Freizeitaktivität ausgeübte Jagen vorläufig nur in dem Umfang zu betreiben, der keine Erlaubnis zum Besitz erlaubnispflichtiger Waffen voraussetze. Auch wenn der Antragsteller schon 83 Jahre alt sei, könne er mit den in seinen Waffenbesitzkarten eingetragenen 13 Schusswaffen trotz vermutlich reduzierter körperlicher Fähigkeiten ganz erheblichen Schaden anrichten.

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Dem setzt der Antragsteller mit seiner Beschwerde nichts Durchgreifendes entgegen.

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Insbesondere bezeichnet er weder substantiierte Anhaltspunkte dafür, dass das Verwaltungsgericht die Erfolgsaussichten seiner Klage zu gering eingeschätzt hat, noch verdeutlicht er Umstände, die mit genügendem Gewicht dafür sprächen, das öffentliche Vollzugsinteresse des Antragsgegners trotz des Fehlens sich abzeichnender offensichtlicher Erfolgsaussichten des Widerspruchs hinter dem Aufschubinteresse der Antragsteller zurücktreten zu lassen.

18
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zumindest offen sind.

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Der Antragsteller zeigt nichts dafür auf, dass der Bescheid des Antragsgegners wegen formeller Rechtswidrigkeit aufzuheben sein könnte.

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Entgegen seiner Ansicht genügt der Bescheid den Begründungsanforderungen gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG NRW. Nach dieser Vorschrift muss die schriftliche Begründung nur die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe enthalten, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Dem ist der Antragsgegner im vorliegenden Bescheid gerecht geworden, indem er in der schriftlichen Bescheidbegründung unter Benennung der herangezogenen Rechtsgrundlagen die für den Bescheiderlass maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen, namentlich seine Einschätzung, dass der Antragsteller dem Spektrum der "Reichsbürger/ Selbstverwalter" zuzuordnen und deshalb waffenrechtlich unzuverlässig sei, mitgeteilt hat. Darauf, ob die Begründung des Bescheides dessen Erlass materiell-rechtlich rechtfertigt und trägt, kommt es für die formell-rechtlichen Anforderungen nach § 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG NRW nicht an.

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Ebenso wenig verfängt es, wenn der Antragsteller geltend macht, seine Einwendungen im Rahmen der Anhörung nach § 28 VwVfG NRW seien unberücksichtigt geblieben. Allerdings spricht die Begründung des Bescheides, wonach der Antragsteller auf die mit behördlichem Schreiben vom 26. Oktober 2017 gegebene Möglichkeit zur Stellungnahme zum in Aussicht gestellten Bescheiderlass nicht reagiert habe, dafür, dass der Antragsgegner die mit anwaltlichem Schriftsatz vom 14. November 2017 geltend gemachten Einwendungen des Antragstellers beim Erlass des Bescheides nicht berücksichtigt hat. Selbst wenn dies einen Mangel der Anhörung nach § 28 VwVfG NRW begründete, führt dies nicht zum Erfolg der Klage des Antragstellers.

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Dies folgt hinsichtlich des verfügten Erlaubniswiderrufs bereits aus § 46 VwVfG NRW. Danach kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 VwVfG NRW nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind hinsichtlich des verfügten Erlaubniswiderrufs erfüllt. Der Bescheid ist nicht nach § 44 VwVfG NRW nichtig. Weder ist der in Rede stehende Anhörungsmangel ein offensichtlicher, besonders schwerwiegender Fehler im Sinne von § 44 Abs. 1 VwVfG NRW noch erfüllt er einen Nichtigkeitstatbestand gemäß § 44 Abs. 2 VwVfG NRW. Da es sich bei dem Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse auf der Grundlage von - wie hier - § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG um eine gebundene Entscheidung handelt, ohne dass der zuständigen Behörde Ermessen zusteht, ist es ferner ausgeschlossen, dass sich ein Anhörungsmangel auf die Entscheidung, die waffenrechtlichen Erlaubnisse zu widerrufen, ausgewirkt hat. Vorstehendes gilt ebenso für die auf der Grundlage von § 46 Abs. 1 WaffG im Bescheid verfügte zwingende Anordnung, die über die widerrufenen Erlaubnisse ausgestellten Urkunden, d. h. die betreffenden Waffenbesitzkarten und den betreffenden Kleinen Waffenschein, der zuständigen Behörde zurückzugeben.

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Ob im Hinblick auf einen etwaigen Anhörungsmangel die Voraussetzungen von § 46 VwVfG NRW zudem hinsichtlich der im Bescheid auf der Grundlage von § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG verfügten Anordnung, die betreffenden Waffen unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen und dies der zuständigen Behörde nachzuweisen, trotz des insoweit grundsätzlich für die Behörde bestehenden Ermessens vorliegen, kann dahinstehen. Jedenfalls ist ein eventueller Anhörungsmangel unbeachtlich, wenn die Anhörung bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Klageverfahrens nachgeholt wird (§ 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG NRW). Allerdings erscheint zweifelhaft, ob die Anhörung bereits - wie der Antragsgegner in der Beschwerdeinstanz geltend macht - in einer den Anforderungen von § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG NRW genügenden Art und Weise nachgeholt worden ist, und zwar auch unter Berücksichtigung des bisherigen Schriftsatzwechsels der Beteiligten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Eine Heilung eines Anhörungsmangels tritt nämlich nur dann ein, wenn die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird. Diese Funktion besteht nicht allein darin, dass der Betroffene seine Einwendungen vorbringen kann und diese von der Behörde zur Kenntnis genommen werden, sondern schließt vielmehr ein, dass die Behörde ein etwaiges Vorbringen bei ihrer Entscheidung in Erwägung zieht. Eine funktionsgerecht nachgeholte Anhörung setzt daher voraus, dass die Behörde sich nicht darauf beschränkt, die einmal getroffene Sachentscheidung zu verteidigen, sondern das Vorbringen des Betroffenen erkennbar zum Anlass nimmt, ihre Entscheidung noch einmal auf den Prüfstand zu stellen und zu erwägen, ob sie unter Berücksichtigung der (nunmehr) vorgebrachten Tatsachen und rechtlichen Erwägungen an ihrer Entscheidung mit diesem konkreten Inhalt festhalten will und das Ergebnis der Überprüfung mitteilt.

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Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2015 ‑ 7 C 5.14 -, BVerwGE 153, 367.

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Bei der im Rahmen der Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage ist aber zu berücksichtigen, dass ein möglicher Mangel der Anhörung vom Antragsgegner noch ohne größeren Aufwand geheilt werden kann.

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Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 30. Juni 2016 - 20 B 1408/15 -, juris; Schemmer in BeckOK VwVfG, § 45 Rn. 42.2., m. w. N.

27
Dies ist nach dem Vorstehenden in Anbetracht dessen, dass das Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht noch nicht abgeschlossen ist, der Fall. Es ist auch davon auszugehen, dass der Antragsgegner von dieser Möglichkeit angesichts der vorstehenden Hinweise auf die Anforderungen an die Nachholung einer ordnungsgemäßen Anhörung Gebrauch machen wird.

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Der Antragsteller legt mit seinem Beschwerdevorbringen ferner nichts dar, was die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, der Bescheid des Antragsgegners sei auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht offensichtlich rechtswidrig, entscheidend infrage stellt.

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Dies gilt für den verfügten Erlaubniswiderruf.

30
Dabei ist rechtlich nichts dagegen zu erinnern, dass das Verwaltungsgericht anstelle der prognostischen Einschätzung der Behörde eine eigenständige Beurteilung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit des Antragstellers vorgenommen und zugrunde gelegt hat. Bei der Feststellung, ob eine Person waffenrechtlich im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG, § 5 WaffG zuverlässig ist oder nicht, steht der Behörde keinerlei Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zu und die behördliche Entscheidung ist im Hinblick darauf (verwaltungs-)gerichtlich vollumfänglich überprüfbar. Obliegt dem (Verwaltungs-)Gericht aber eine uneingeschränkte (Über‑)Prüfung, schließt dies nicht nur diesbezügliche eigene Feststellungen ein, sondern gebietet solche sogar.

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Ebenso wenig greift es durch, wenn der Antragsteller sinngemäß geltend macht, allein die Bezeichnung eines Menschen als Reichsbürger bzw. dessen Zuordnung  oder Zugehörigkeit zur Gruppe, zur Gruppierung bzw. zum Spektrum der Reichsbürger bzw. Selbstverwalter genüge zur Feststellung waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit nicht.

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Der Antragsteller lässt bereits außer Betracht, dass dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts eine Feststellung, er sei den sogenannten Reichsbürgern oder Selbstverwaltern zuzuordnen bzw. zugehörig, nicht zu entnehmen ist. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht zugrunde gelegt, dass eine Person, die erklärtermaßen bundes- oder landesgesetzliche Vorschriften nicht als für sich verbindlich anerkenne, Anlass zu der Befürchtung gebe, sie werde die Regelungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen, und deshalb gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b WaffG unzuverlässig sei. Ausdrücklich hat es ferner angenommen, dass es dabei nicht darauf ankomme, ob eine Person den sogenannten Reichsbürgern oder Selbstverwaltern zuzuordnen sei, sondern darauf, ob die jeweilige Person die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugne und somit die Geltung des Grundgesetzes und der Gesetze sowie die Legitimität staatlicher Institutionen und ihrer Repräsentanten negiere. Indem das Verwaltungsgericht vor diesem Hintergrund festgestellt hat, gewisse Anhaltspunkte sprächen dafür, dass dies auf den Antragsteller zutreffe, hat es für seine Beurteilung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit des Antragstellers erkennbar nicht maßgeblich auf eine Zugehörigkeit bzw. Zuordnung zu einer bestimmten Gruppierung abgestellt. Vielmehr hat es diese Einschätzung darauf gestützt, dass der Antragsteller ein Verhalten gezeigt hat, das in verschiedener Hinsicht Verhaltensweisen der sogenannten Reichsbürger entspricht und mithin eine mit der Haltung derselben vergleichbare Einstellung des Klägers nahelegt.

33
Vorstehendes steht im Einklang damit, dass jedenfalls solche Personen, die ihren Äußerungen und/oder ihrem sonstigen Verhalten nach erkennbar die Existenz und staatliche Hoheitsgewalt der Bundesrepublik Deutschland und/oder ihrer Bundesländer und damit die geltende Rechtsordnung offensiv ablehnen und/oder ignorieren, keine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass sie die bestehenden waffenrechtlichen Vorschriften beachten und insbesondere mit Waffen und Munition sorgsam umgehen und diese Gegenstände sorgfältig verwahren werden (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b WaffG). Wer erklärtermaßen bundes- oder landesgesetzliche Vorschriften nicht als für sich verbindlich anerkennt und sich deshalb nicht verpflichtet sieht, die darin enthaltenen, dem Schutz der Allgemeinheit dienenden Regelungen zu beachten, gibt Anlass zu der Besorgnis, dass er die geltenden Bestimmungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen wird.

34
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Juli 2018 ‑ 20 B 1624/17 ‑, juris,  und vom 15. September 2017 ‑ 20 B 339/17 -, juris, jeweils m. w. N.

35
Ein solches kann bei Personen anzunehmen sein, die der sogenannten Reichsbürgerbewegung zuzuordnen sind.

36
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Juli 2018 ‑ 20 B 1624/17 ‑, a. a. O.; Bay. VGH, Beschlüsse vom 9. Februar 2018 ‑ 21 CS 17.1964 ‑, juris, und vom 25. Januar 2018 - 21 CS 17.2310 -, juris.

37
Dabei kann dahinstehen, ob die anerkannten Voraussetzungen für die Feststellung waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG allein mit Rücksicht auf die Zugehörigkeit bzw. Zuordnung einer Person zu einer bestimmten Gruppe

38
-     vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2015 - 6 C 1/14 -, NJW 2015, 3594 -

39
insoweit schon deshalb nicht zum Tragen kommen können, weil es sich bei den sogenannten Reichsbürgern nicht um eine klar organisierte oder hinreichend strukturierte Personengruppierung handelt.

40
Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10. Oktober 2017 ‑ 1 S 1470/17 -, VBlBW 2018, 150.

41
Unter dem Begriff der sogenannten Reichsbürger wird eine Vielzahl von Personen schlagwortartig erfasst, die sich zwar teils gleicher oder ähnlicher Argumentations- oder Verhaltensmuster bedienen, die aber dessen ungeachtet sich teils in den jeweils vertretenen Ansichten und in den nach außen gezeigten Verhaltensweisen unterscheiden und auch als Einzelperson in Erscheinung treten.

42
Vgl. Verfassungsschutzbericht 2017 des Bundes, S.   90; Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen 2017, S. 88 ff.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10. Oktober 2017 ‑ 1 S 1470/17 ‑, a. a. O.

43
Die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b WaffG einer Person ist mit Blick auf ihr eigenes Verhalten aber jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn sie der Ideologie der Reichsbürgerbewegung entsprechend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkennt.

44
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Juli 2018 ‑ 20 B 1624/17 ‑, a. a. O.,  und vom 15. September 2017 ‑ 20 B 339/17 -, a. a. O., jeweils m. w. N.; Bay. VGH, Beschlüsse vom 9. Februar 2018 ‑ 21 CS 17.1964 ‑, a. a. O., m. w. N., und vom 25. Januar 2018 - 21 CS 17.2310 -, a. a. O.; Nds. OVG, Beschluss vom 18. Juli 2017 - 11 ME 181/17 -, NJW 2017, 3256; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10. Oktober 2017 - 1 S 1470/17 -, a. a. O.

45
Entscheidend ist, ob die Person ein Verhalten an den Tag legt, das Anlass zu der Besorgnis gibt, dass sie die bestehende Rechtsordnung einschließlich der geltenden waffenrechtlichen Bestimmungen für sich nicht als verbindlich erachtet und nicht strikt befolgen wird.

46
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Juli 2018 ‑ 20 B 1624/17 ‑, a. a. O.,  und vom 15. September 2017 ‑ 20 B 339/17 -, a. a. O.

47
Daran ändern die an die Mitgliedschaft in bestimmten Organisationen anknüpfenden Unzuverlässigkeitskriterien im Sinne von § 5 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 WaffG nichts. Die einzelnen Merkmale des § 5 Abs. 1 und 2 WaffG stehen nebeneinander. Für § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b WaffG ist vorliegend nicht die Zugehörigkeit zu einer Gruppe entscheidend, sondern das Vorliegen von mit der gedanklichen Nähe zu einer solchen Gruppe einhergehenden Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Betroffene mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren wird.

48
Vor diesem Hintergrund setzt der Antragsteller der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass verschiedene Umstände, namentlich die von ihm in seinem "Antrag auf Selbstauskunft aus dem Register Entscheidungen in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten" sowie auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises und Eintragung in das besagte Register gemachten Angaben, auf eine solche Einstellung des Antragstellers hindeuteten, nichts Durchgreifendes entgegen.

49
Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht darauf, dass der Antragsteller Verhaltensweisen gezeigt hat, die Züge des Auftretens sogenannter Reichsbürger tragen, weshalb es naheliegt, er habe eine vergleichbare, die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und die geltende Rechtsordnung ablehnende Einstellung.

50
Personen, die der Reichsbürger-Szene zuzuordnen sind, sind dafür bekannt, dass sie sich gegenüber Behörden explizit auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 oder die Verfassung des Deutschen Reiches von 1919 ("Weimarer Reichsverfassung") beziehen und sich beispielsweise als Staatsbürger des Freistaats oder Königreichs Preußen bezeichnen. Außerdem beantragen Reichsbürger vielfach die Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises. Dieses amtliche Dokument der Bundesrepublik Deutschland, mit dem der Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit dokumentiert wird, wird im (Rechts-)Verkehr nur in seltenen Fällen als ein über den Personalausweis hinausgehender Beleg der deutschen Staatsangehörigkeit benötigt. Die Beantragung eines solchen Staatsangehörigkeitsausweises durch sogenannte Reichsbürger beruht darauf, dass in der Reichsbürger-Szene die Behauptung kursiert, das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in seiner Fassung vom 22. Juli 1913 sei unverändert gültig und daher müsse man, um der Staatenlosigkeit und dem damit einhergehenden "Sklavenstatus" zu entgehen, nach den damaligen Gesetzen einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragen.

51
Vgl. die - auch auf der Hompage des Ministeriums abrufbare - Broschüre des Ministeriums des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen, "Reichsbürger und Selbstverwalter - erkennen, einordnen, richtig handeln", Stand: September 2017, S. 8 f.

52
Außerdem bezeichnen sich sogenannte Reichsbürger vielfach als "natürliche Person im Sinne des § 1 BGB", wohingegen diejenigen, die die Bundesrepublik Deutschland für existent halten, von ihnen als "juristische Personen" oder - wegen des "Personalausweises" - als Personal der "BRD GmbH" tituliert werden, die aus ihrer Sicht allein den Gesetzen der "BRD GmbH" unterworfen seien.

53
Vgl. Caspar/Neubauer, LKV 2012, 529; dieselben in Wilking, Brandenburgisches Institut für Gemeinwesenberatung, Reichsbürger, Ein Handbuch, 3. Auflage, S. 152 f.; Amt für Verfassungsschutz Thüringen, Reichsbürger ‑ Querulanten oder Verfassungsfeinde ? -, S. 9.

54
Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse sprechen zunächst die vom Antragsteller in seinem Antrag auf Registrierung im Register "Entscheidungen in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten" (EStA) vom 18. August 2018 gemachten Angaben dafür, dass er dem Spektrum der Reichsbürgerbewegung zuzuordnen ist, jedenfalls aber sich deren die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und die geltende Rechtsordnung ablehnende Haltung zu eigen gemacht hat. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, hat er darin angegeben, Deutscher "durch Abstammung aus den Bundesstaaten gemäß Rustag 1913" zu sein und "die Natürliche Person nach Art. 2 (2) GG begründen" zu wollen. Insbesondere Letzteres deutet mit Blick auf die Sinn- und Zweckfreiheit eines solchen Ansinnens darauf hin, dass der Antragsteller den in der Reichsbürgerszene vertretenen Ansichten anhängt. Dazu passt es, dass er als Staat seiner Geburt "Deutsches Reich" angegeben hat.

55
Für eine mit der Reichsbürgerbewegung übereinstimmende Einstellung des Antragstellers gegenüber der geltenden Rechtsordnung sprechen ferner - wie das Verwaltungsgericht zu Recht angeführt hat - die von ihm in seinem Antrag auf Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises vom 19. September 2016 gemachten Angaben. Insbesondere hat er darin erneut ausgeführt, "die Natürliche Person nach Art. 2 (2) GG begründen" zu wollen. Außerdem - auch darauf hat das Verwaltungsgericht zutreffend verwiesen - hat er sich in diesem Antrag ausdrücklich darauf bezogen, aus dem Bundesstaat Preußen abzustammen und Reichsangehöriger "des Deutschen Reiches nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz RuStaG" vom 22. Juli 1913 zu sein. Damit einhergehend hat er unter der Rubrik "Geburtsort (Kreis, Land)" des beigefügten Antragsformulars nicht nur seine Geburtsstadt "Düsseldorf-Benrath" benannt, sondern auch die Angabe "Preußen" gemacht.

56
Darauf, dass der Antragsteller sich eine der Reichsbürgerbewegung entsprechende, die Bundesrepublik Deutschland und die geltende Rechtsordnung ablehnende Haltung zu eigen gemacht hat, deuten ferner die Angaben des Zeugen L.      gegenüber der Polizei, wonach der Antragsteller Mitte August 2016 lange auf ihn eingeredet habe und ihn für die Reichsbürgerbewegung habe gewinnen wollen. Zutreffend verweist das Verwaltungsgericht schließlich darauf, dass der Antragsteller unter seinem Briefkopf dem Zeugen ein Schreiben übermittelt hat, dem die für Reichsbürger typische Auffassung zu entnehmen ist, "man sei keine natürliche Person", solange man diese nicht insbesondere durch Ausstellung eines "gelben Scheins", d. h. eines Staatsangehörigkeitsausweises, begründet habe.

57
Die vorstehenden Umstände stellen gewichtige Gründe dar, die dafür sprechen, dass der Antragsteller unzuverlässig im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b WaffG ist. Wenn das Verwaltungsgericht den Einlassungen und Erklärungen des Antragstellers für sein aufgezeigtes Verhalten nicht die Bedeutung beigemessen hat, dass damit die aufgrund seines Auftretens begründeten Zweifel an seiner waffenrechtlichen Zuverlässigkeit ausgeräumt seien, setzt der Antragsteller dem nichts Durchgreifendes entgegen.

58
Dafür genügt sein pauschaler Verweis darauf, er und seine Ehefrau hätten in ihren eidesstattlichen Versicherungen vom 11. Januar 2018 substantiiert dargelegt, dass er - der Antragsteller - kein Reichsbürger bzw. Selbstverwalter sei und der Rechtsordnung die Geltung nicht abspreche, nicht. Damit zeigt das Beschwerdevorbringen substantiiert nichts auf, was die eingehende Würdigung der "gesamten umfangreichen Einlassungen des Antragstellers durch seinen Bevollmächtigten im Verwaltungsverfahren", im Klageverfahren sowie erstinstanzlich im vorliegenden Eilverfahren durch das Verwaltungsgericht in der Begründung des angefochtenen Beschlusses infrage stellte.

59
Insbesondere zu der tragenden Begründung des Verwaltungsgerichts für seine Annahme, das Vorbringen des Antragstellers sei fragwürdig, weil dieser keine einzige schlüssige Geschichte geschildert habe, sondern verschiedene Hintergründe der Anträge auf Erteilung einer Selbstauskunft aus dem Register Entscheidungen über Staatsangehörigkeitsangelegenheiten und auf Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises sowie des an den Zeugen L.      gerichteten Schreibens angegeben worden seien, verhält sich das Beschwerdevorbringen nicht. Es gibt begründeten Anlass, an der Glaubhaftigkeit eines Vorbringens zu zweifeln, wenn es mit Rücksicht auf unterschiedliches und inkonsistentes Vortragsverhalten unstimmig ist.

60
Wenn der Antragsteller ferner geltend macht, er sei 1935 in einer Region geboren worden, die formal-juristisch von 1933 bis 1945 als Preußen bezeichnet und dessen Qualität als Land auch durch die nationalsozialistischen Gleichschaltungsgesetze formell nicht aufgelöst worden sei, und bei ihm seien die Sprachmuster und die Definition des Geburtslandes andere, vermag dies für sich betrachtet allenfalls nachvollziehbar erscheinen lassen, weshalb er bei seinem formularmäßigen Antrag auf Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises unter der Rubrik "Geburtsort (Kreis, Land)" die Angabe "Preußen" gemacht hat. Dies erklärt jedoch nicht seine aufgezeigten sonstigen, im Zuge der genannten behördlichen Antragstellungen gemachten Angaben, die für seine Zuordnung zum Spektrum der Reichsbürger oder aber jedenfalls für seine damit vergleichbare, die geltende Rechtsordnung ablehnende Haltung sprechen. Gleiches gilt für sein Vorbringen, wenn er sich bemühe, sachlich korrekte Angaben zu seinem konkreten Herkunftsland zu machen, sei das keineswegs reichsbürgerlich, sondern der bloße Wille, nicht als "NS-Befürworter abgestempelt" zu werden und sich möglichst in jeder Form vom Staatsanspruch des national-sozialistischen Regimes zu distanzieren.

61
Weitergehenden Aufschluss gibt es ebenso wenig, wenn der Antragsteller anführt, die Ermittlungsversuche des Verwaltungsgericht seien ungeeignet, sein sachliches Vorbringen zu erschüttern, und der Umstand, dass die Computerrecherchen des Verwaltungsgerichts andere Ergebnisse zeitigten als seine oder diejenigen seines Prozessbevollmächtigten, sei den Google-Suchalgorithmen, dem Nutzerverhalten der Netzwerkteilnehmer und den Sicherheitseinstellungen des Gerichtsnetzwerks geschuldet. Dieses Beschwerdevorbringen bezieht sich allein auf die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Erklärung, der Antragsteller sei bei der Internetrecherche zu Seiten mit reichsbürgerartigem Hintergrund gelangt und den dortigen Aussagen aufgesessen, sei nicht überzeugend. Damit betrifft dieser Einwand lediglich einen Teil der Begründung des Verwaltungsgerichts dafür, dass es die bisherigen Erklärungen des Antragstellers für sein Verhalten gegenüber dem Zeugen L.      nicht für überzeugend erachtet. Schon mit der weiteren, zur Stützung dieser Einschätzung angeführten, selbständig tragendenden Erwägung des Verwaltungsgerichts, es sei mangels ersichtlicher entsprechender Motivation des Zeugen L.      eher unwahrscheinlich, dass dieser falsche Angaben gemacht habe, setzt sich der Antragsteller im Beschwerdevorbringen nicht auseinander.

62
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Antragsteller ‑ bislang - weitere für sogenannte Reichsbürger charakteristische Verhaltensweisen nicht gezeigt haben mag. Zum einen müssen für eine Zuordnung zu dem Kreis von Personen, die unter der Sammelbezeichnung "Reichsbürger" zusammengefasst werden, nicht alle typischen Merkmale zugleich erfüllt sein.

63
Vgl. Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Juli 2018 ‑ 20 B 1624/17 ‑, a. a. O.; Bay. VGH, Beschluss vom 9. Februar 2018 ‑ 21 CS 17.1964 ‑, a. a. O.

64
Zum anderen sprechen seine beschriebenen Verhaltensweisen auch unabhängig davon, ob er dem Spektrum der sogenannten Reichsbürger zuzuordnen ist bzw. angehört, jedenfalls für eine damit vergleichbare, die geltende Rechtsordnung ablehnende Einstellung des Antragstellers. Dies gibt Anlass für die Annahme, dass er die geltenden waffenrechtlichen Bestimmungen für sich nicht als verbindlich erachtet.

65
Mit Blick auf das Vorstehende kommt es auch nicht darauf an, dass der Antragsteller und seine Ehefrau an Eides statt versichert haben mögen, er - der Antragsteller - sei kein Reichsbürger oder Selbstverwalter.

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Im Übrigen mag es zwar auf eine gewisse Rechtstreue hindeuten, wenn ‑ soweit ersichtlich - keine Verstöße des Antragstellers gegen jagd- oder waffenrechtliche Be-stimmungen festgestellt worden sind. Dies allein kann jedoch die Zweifel an seiner waffenrechtlichen Zuverlässigkeit, die durch sein aufgezeigtes Verhalten entstanden sind, bei der hier gebotenen summarischen Prüfung nicht entkräften.

67
Hat der Antragsteller nach alledem die vom Verwaltungsgericht tragend angeführten Umstände, die die Glaubhaftigkeit seines Vorbringens infrage stellen, nicht substantiiert erschüttert, verfängt ebenso wenig sein Einwand, das Verwaltungsgericht habe sich unter "Verkennung der Amtsermittlungsgrundsätze" und der von ihm - dem Antragsteller - erstinstanzlich formulierten Beweisantritte nicht mit den "eidesstattlichen Versicherungen der Betroffenen" sowie der Möglichkeit der Zeugeneinvernahme auseinandergesetzt. Mit Blick auf die vom Verwaltungsgericht aufgezeigten, vom Antragsteller auch mit seinem Beschwerdevorbringen nicht ausgeräumten Unstimmigkeiten in seinem Vortragsverhalten zeigt er substantiiert nichts auf, was im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Veranlassung zu weitergehenden Sachverhaltsermittlungen und ‑feststellungen gegeben hätte.

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Kein anderes Ergebnis folgt daraus, dass der Antragsteller geltend macht, das Verwaltungsgericht habe die Beurteilung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit mit derjenigen der waffenrechtlichen Eignung vermischt.

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Er legt schon nicht dar, dass das Verwaltungsgericht insoweit unzutreffende Feststellungen getroffen hätte. Mit seinem Einwand bezieht der Antragsteller sich auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, es möge auch sein, dass er zwar nicht die Geltung der Rechtsordnung verneine und deshalb die Befolgung des Waffenrechts zweifelhaft sei, er jedoch eine Denkweise an den Tag lege, die alle Vorschriften und alle Vorgänge in seinem Sinne und nach seinen Vorstellungen entgegen den zutreffenden Gesetzeszielen oder den wahren Geschehensabläufen deute. Damit hat das Verwaltungsgericht indes lediglich eine weitere Möglichkeit angeführt, welche aus seiner Sicht die Annahme, dass der Antragsteller unzuverlässig ist, rechtfertigen könnte. Dies findet sich in der anschließenden Feststellung des Verwaltungsgerichts bestätigt, "dies könnte letztlich dazu führen, dass auf dieser Grundlage die sichere Befolgung waffenrechtlicher Vorschriften zweifelhaft ist" und die "Unzulässigkeit"        - gemeint Unzuverlässigkeit - sich daraus ergebe. Einer abschließenden Feststellung, dass der Antragsteller deshalb unzuverlässig sei, hat sich das Verwaltungsgericht auch insoweit enthalten. Schon deshalb ist weder etwas dargetan noch etwas ersichtlich, was diese Erwägung des Verwaltungsgerichts infrage stellte. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass die Unterscheidung, ob als solches in Betracht kommendes Verhalten des Betroffenen dessen persönliche Eignung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WaffG oder aber dessen Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ausschließt, vordringlich davon abhängt, ob ihm dieses vorzuwerfen und von ihm zu verantworten ist oder nicht. Mit seiner vom Antragsteller ebenfalls kritisierten Anmerkung, eine "beim Antragsteller etwaig vorliegende 'verquere Denkweise' und verzerrte Wahrnehmung könnte eine Erklärung für die hier im Streit stehenden Geschehnisse sein", zeigt das Verwaltungsgericht ebenfalls lediglich denkbare Ursachen für die in Rede stehenden Vorkommnisse auf, ohne diesbezüglich abschließende Feststellungen zu treffen.

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Unbeschadet des Vorstehenden unterliegt es entgegen der Auffassung des Antragstellers der (verwaltungs-)gerichtlichen Kontrolle eines Erlaubniswiderrufs nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG aber auch, ob dessen Voraussetzungen mit Rücksicht auf einen Wegfall der Eignung des Betroffenen gegeben sind.

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Setzt nach dem Vorstehenden der Antragsteller der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, die Erfolgsaussichten der Klage seien im Hinblick auf den verfügten Erlaubniswiderruf offen, nichts Durchgreifendes entgegen, gilt dies ebenso für die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass auch die unter Nr. 2 des angegriffenen Bescheides getroffenen weiteren Anordnungen weder offensichtlich rechtswidrig oder rechtmäßig seien.

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Ebenso wenig mit Erfolg wendet sich der Antragsteller gegen die vom Verwaltungsgericht in Anbetracht der angenommenen offenen Erfolgsaussichten der Klage zu Recht unabhängig davon vorgenommenen Interessenabwägung.

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Hinsichtlich des verfügten Erlaubniswiderrufs überwiegt wegen der mit dem Umgang mit Waffen verbundenen Gefahren für überragende Schutzgüter wie das Leben und die körperliche Unversehrtheit von Menschen das in § 45 Abs. 5 WaffG als besonders gewichtig anerkannte öffentliche Interesse daran, sofort vor einem ‑ potentiell - waffenrechtlich nicht zuverlässigen Waffenbesitzer geschützt zu werden, das gegenläufige Interesse des Antragstellers, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache die Waffen weiter benutzen zu dürfen. Es ist ihm zuzumuten, einstweilen über seine Waffen nicht verfügen zu können. Dazu, dass er beruflich oder aus sonstigen existentiellen Gründen darauf angewiesen sei, hat er nichts konkret vorgetragen. Auch aus seinem hohen Alter von inzwischen 84 Jahren folgt nichts anderes. Dies ändert nichts daran, dass - darauf hat das Verwaltungsgericht zu Recht abgestellt - von dem Antragsteller als - potentiell - unzuverlässigem Waffenbesitzer die beschriebenen Gefahren ausgehen. Vor diesem Hintergrund hat das Verwaltungsgericht auch hinsichtlich der unter Nr. 2 des angegriffenen Bescheides getroffenen Maßnahmen zu Recht die Interessenabwägung unabhängig von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zum Nachteil des Antragstellers ausfallen lassen, zumal diese Folgeanordnungen sicherstellen, dass der sofort vollziehbare Erlaubniswiderruf tatsächlich umgesetzt wird.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. Nrn. 1.5, 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
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Merke: Es genügt natürlich nicht, dämlich zu sein. Es soll schon auch jeder davon wissen!

„Nur weil es Fakt ist, muß es noch lange nicht stimmen!“ (Nadine, unerkannte Philosophin)