Autor Thema: Sächsische Verhältnisse und ungelöste Probleme  (Gelesen 61666 mal)

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Re: Sächsische Verhältnisse und ungelöste Probleme
« Antwort #150 am: 3. September 2019, 14:50:29 »
Meine Gedanken zu Dunkeldeutschland und Faschismus: Die AfDer werden nicht als Nazis wahrgenommen, sondern als "Gegenspieler" der anderen Parteien. Die "Nazikeule" war in der DDR-Bildung deutlich anders ausgeprägt als im Westen. Faschisten waren immer all jene, die gegen die DDR waren. Die Massenvernichtung von Minderheiten spielte gegenüber den inhaftierten Kommunisten nur eine untergeordnete Rolle, die KZ auf DDR-Staatsgebiet waren ja auch "alte" KZ, in denen vor allem die politischen Gefangenen saßen. Später kamen Kriegsgefangene/politische aus den besetzten Gebieten dazu. Die Rolle der Kommunisten in den Lagern, ihre Geheimorganisation und die Karriere nach der Befreiung stand immer im Vordergrund.

Ebenfalls im Vordergrund stand in der Propaganda die personelle Kontinuität 3.Reich und BRD, das was Ackerfurchenpatriot Rüdi immer mit Globke hervorholt. Faschisten waren die Bösen auf der anderen Seite der Mauer. Im Osten gab es keine Faschisten. Punkt. Ein wirkliches Nachdenken darüber, wie man ohne Kontinuitäten einen Staat weiter führt gab es nicht, genausowenig wie einen Aufstand der Jugend gegen die belasteten Eltern (aka 68). Ein Punkt, der die Verschleierung der eigenen Biografien im Osten erleichterte waren die enormen Migrations- und Fluchtbewegungen, erst vor den Russen, dann die Vertreibungen und schliesslich die "Rübermacher" (vor Mauerbau). Da war soviel Bewegung und alte soziale Bindungen waren nicht mehr. Es gab deutlich mehr Annonymität, neue Nachbar, völlig unbekannte Menschen. Die Stadtplanungspolitik (Neue Viertel statt wiederaufbau) begünstigte das Ganze noch. Meines Wissens nach wusste die Stasi einiges, hat dies auch als Kompromat benutzt, aber öffentliche Prozesse wie in der BRD gab es nicht/durfte es nicht geben. Deshalb wurde auch die Hooligan- und Skinbewegung nie an die große Glocke gehangen. Nazis waren immer die anderen, die ausserhalb der DDR im Westen lauerten.

Daher wirkt das Nazi-Argument im Osten anders, es wird als reiner Propagandabegriff gesehen, also als politische Diffamierung. Wirkliches Wissen über Faschismus, wie er aussieht und sich äussert wurde von der "antifaschistischen" Arbeiter- und Bauern-Partei nie verbreitet. Man wäre ja zu leicht auf den Trichter gekommen, dass es große Schnittmengen zwischen Faschismus und Totalitarismus gibt und die DDR/der Ostblock bis zur Halskrause drinsteckt (im Totalitarismus). Daher wurden Nazis immer mit dem Dritten Reich und der BRD dargestellt, über Kontinuitäten (bspw. wurde "Kongo-Müller" propagandistisch massiv ausgeschlachtet). "Ossis" können daher keine Nazis sein und die AfD bastelt daher auch an ihrem Ost-Image, weil sie darüber eine fest geschlossene Basis in den ostdeutschen Bundesländern aufbauen kann. Im Westen geht das nicht so einfach, dort erkennen die Menschen die einzelnen Elemente deutlich besser, sind sensibler für die Rhetorik und die "Altparteien"/gesellschaftlichen Organisationen haben eine deutlich bessere Verankerung in der Gesellschaft. Letzteres fehlt meiner Meinung nach vor allem auf dem ostdeutschen Land. Die SED_Massenorgas wurden zu Recht zerschlagen, aber nur wenig konnte da nachrücken... wo im Westen DRK, THW, DLRG, Sportvereine etcpp seit Jahrzehnten etabliert sind hängen solche Vereine/Verbände immer von Einzelpersonen ab. Daher haben es die Rechten auch relativ einfach mit Vereinen etc zu punkten. Sie stoßen in ein Vakuum, was dort leider verständlicherweise existiert, vor.
 
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dtx

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Re: Sächsische Verhältnisse und ungelöste Probleme
« Antwort #151 am: 3. September 2019, 15:15:14 »
Meine Gedanken zu Dunkeldeutschland und Faschismus: Die AfDer werden nicht als Nazis wahrgenommen, sondern als "Gegenspieler" der anderen Parteien. Die "Nazikeule" war in der DDR-Bildung deutlich anders ausgeprägt als im Westen. Faschisten waren immer all jene, die gegen die DDR waren.

Du warst nie in der DDR. Auf die Idee, bspw. einen Republikflüchtigen nicht als solchen, sondern als Faschisten zu bezeichnen, wäre keiner gekommen, wenn der Betroffene keiner war. Und es gab auch andere Leute, die mit der DDR-Führung uneins waren (bspw. Pazifisten), aber sich zu Recht hätten gegen diese Verleumdung wehren können. Und unter den Christen gab es solche, die sich mit der SED-Parteiführung arrangiert hatten und in der Blockpartei waren und solche, die gegen die Staatsführung opponierten. Der geringste Teil der Gegner waren Faschisten und auch nur die wurden als solche bezeichnet und behandelt.

Kommen wir wieder in die Gegenwart zurück:

Die AfD Sachsen hat (durch Dummheit oder notorische Streitlust, je nachdem) offenbar zumindest einen Sitz eingebüßt und jetzt wird orakelt, weshalb sich der Verfassungsgerichtshof von seinen bisherigen Entscheidungsgründen distanzieren sollte:

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-will-in-sachsen-wegen-gekuerzter-wahl-liste-klagen-a-1284828.html

https://www.heise.de/tp/features/Sachsen-AfD-will-Rechtsweg-ausschoepfen-4512235.html
« Letzte Änderung: 3. September 2019, 16:12:59 von dtx »
 
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Re: Sächsische Verhältnisse und ungelöste Probleme
« Antwort #152 am: 3. September 2019, 15:46:05 »
Faschisten waren immer all jene, die gegen die DDR waren

Die DDR war in manchen Teilen Eine Fortsetzung des dritten Reiches.

Man hatte Eine führende Partei
Man hatte Massenorganisationen
Man hatte uniformierte Jugendorganisationen
Man hatte Aufmärsche und Fahnenappelle und Parteitage.
Man hatte seinen Antisemitismus, auch wenn der jetzt Antizionismus hiess. Im Alltagsgebrauch war es das Gleiche.

usw.

kurz, man fand sich schnell zurecht, weil hat irgendwie alles beim Alten geblieben war, auch wenn die Fahnen jetzt anders aussahen und die Thematik jetzt eine andere war.

Gerade die mittleren Funktionäre und die Masse der unbedeutenden Parteimitglieder fanden in der SED oder den Blockparteien schnell eine neue Heimat und wurden auch gerne genommen, in der richtigen Annahme, dass diese Mitläufer keinerlei Schwierigkeiten machen würden. Gut, sie mussten zum Denunzieren halt eine andere Telefonnummer wählen.

Und da, wie richtig dargestellt, offiziell die Nazis alle im Westen sassen und die 16 Millionen DDR-Bürger 1945 alle mit Ulbricht eingeflogen worden waren, brauchte sich die DDR nicht mit der NS-Vergangenheit beschäftigen. Man war sauber und rein.

Und so ist es bis heute geblieben. Viele Menschen im Osten haben sich nicht sonderlich geändert. Der rote Lack aus DDR-Zeiten ist halt ab, nun schimmert das Braune wieder durch. Dazu noch eine Prise deutscher Tugenden wie zum Beispiel chronische Unzufriedenheit und Angst vor allem, was anders ist und voila! Fertig ist der AfDler von heute.

Wohl bekomms!

Die Erfahrung lehrt uns, dass Liebe nicht darin besteht, dass man einander ansieht, sondern dass man gemeinsam in gleicher Richtung blickt.
Antoine de Saint-Exupéry (1900-44), frz. Flieger u. Schriftsteller
 
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Re: Sächsische Verhältnisse und ungelöste Probleme
« Antwort #153 am: 3. September 2019, 16:24:01 »
Ähm, meine Geburtsurkunde sowie div. Schulzeugnisse sagen was anderes ;)

Du hast insofern recht, als das dies etwas zu grob verallgemeinert war, Republikflüchtlinge oder "Abweichler" waren nicht automatisch Faschisten. Als Faschisten und Imperialisten wurden immer (feind)staatliche Akteure betitelt, also BRD, USA und auch mal GB. Mit dem "geringsten Teil" kann ich mich so nicht anfreunden, die propagandistische Linie war doch immer, dass die größere Bedrohung von aussen kam. Über "feindlich-negative Elemente" wurde nicht viel öffentlich gesagt, das erledigte die Mundpropaganda. Letztendlich ging es mir auch nicht um eine dezidierte Betrachtung des Umgangs der DDR mit ihren "Feinden", sondern um die Rezeption des Faschismus-Begriffes in der Bevölkerung. Dieser lag (und liegt) auf der Linie der SED und nicht auf einer wissenschaftlichen Definition jenseits dessen, was die Komintern so vorgegeben hat (Faschismus als Endform des Kapitalismus).
 
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Re: Sächsische Verhältnisse und ungelöste Probleme
« Antwort #154 am: 3. September 2019, 16:25:13 »
"Der Westen" räumt mit dem Mythos der "Protestwählerschaft" auf:

https://www.derwesten.de/politik/sachsen-wahl-nur-die-abgehaengten-waehlen-afd-die-wahrheit-sieht-ganz-anders-aus-id226960227.html

Da muß man ihm wohl Recht geben, die Ergebnisse geben das moralische Ruhekissen nicht mehr her.

Ähm, meine Geburtsurkunde sowie div. Schulzeugnisse sagen was anderes ;)

Du hast insofern recht, als das dies etwas zu grob verallgemeinert war, Republikflüchtlinge oder "Abweichler" waren nicht automatisch Faschisten.

Auch nicht unautomatisch. Man war fast immer sehr wohl in der Lage zu sehen, weshalb jemand die Partei- und Staatsführung kritisierte. Nun gab es allerdings auch Leute, denen es gar nicht schlecht ging und die schlichtweg Haß schoben. Aber auch die hätte man nicht als Faschisten oder Nazis betitelt.

Als Faschisten und Imperialisten wurden immer (feind)staatliche Akteure betitelt, also BRD, USA und auch mal GB.

Nö. Im Falle der BRD hat es dafür aber insoweit Gründe gegeben, als dort tatsächlich eine Reihe Altnazis in gehobene(n) Positionen verblieben bzw. kamen. Diese Leute als Faschisten zu bezeichnen war folglich nicht falsch.

Über "feindlich-negative Elemente" wurde nicht viel öffentlich gesagt, das erledigte die Mundpropaganda.

Ach so.
« Letzte Änderung: 3. September 2019, 16:46:30 von dtx »
 
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Re: Sächsische Verhältnisse und ungelöste Probleme
« Antwort #155 am: 3. September 2019, 16:43:17 »
Und der Postillon so:

Zitat
Berlin (dpo) - Erst vor wenigen Tagen hatte Polens Präsident Andrzej Duda die Forderungen seines Landes nach deutschen Reparationen für den Zweiten Weltkrieg erneuert. Nun kommt überraschend der historische Durchbruch: Deutschland hat sich spontan bereit erklärt, die östlichen Teile Sachsens und Brandenburgs an Polen abzutreten.
"Wir wollen damit unseren Beitrag leisten, Deutschland und Polen endgültig auszusöhnen", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Die genauen Gebiete, die künftig unter polnischer Verwaltung stehen, wurden aus Gründen der Übersichtlichkeit auf der Karte blau eingefärbt und befinden sich weitgehend an der bisherigen deutsch-polnischen Grenze.

Die Regierung geht davon aus, dass die Bürger vor Ort mit dem Staatenwechsel einverstanden sein werden. Zuletzt zeigten sie große Unzufriedenheit mit der in Deutschland vorherrschenden Politik. Ihnen dürfte daher entgegenkommen, dass sie künftig von der polnischen rechtsnationale Partei PiS regiert werden.

Neben Polen fordert auch Griechenland Reparationen wegen deutscher Greueltaten im Zweiten Weltkrieg. Laut Regierung wolle man dieses Thema direkt nach der Landtagswahl in Thüringen angehen.
ssi, dan; Idee: Dirk

https://www.der-postillon.com/2019/09/reparationen-polen.html




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Re: Sächsische Verhältnisse und ungelöste Probleme
« Antwort #156 am: 3. September 2019, 18:47:19 »
Ist das jetzt diese kreative Rechtschreibung und Grammatik, vor der die ächten Teutschen uns immer warnen?





HoGeSatzbau dazu
Zitat
Liebe/r Grünauer Zettelschreiber/in,

vielen Dank für Deinen Zettel. Ein Stück Toilettenpapier mit Blümchenaufdruck hätte nicht inhaltsvoller sein können (vor dem Abwischen).

„Gam[e] […]
  • ver[!] (Besser: „Aus die Maus“. Ähnlich sinnlos metaphorisch aber wenigstens deutsch)


Grünau hat begriffen[,] das euch linksradikale[,] […]cheiß […][N]ach[…][f]olge[…][p]artei [der] SED […][niemand] braucht.

Grünau muss wieder […][d]eutsch werden[,] und nicht mehr als […][a]s[…]oziales Vi[e]rtel gelten.“

Wir können den Wunsch total nachvollziehen, besonders dann, wenn man direkt und unmittelbar betroffen ist.

Anstatt anderen Menschen aber solche Zettel zu schreiben, würden wir vorschlagen beim Inhalt eben dieser Zettel anzusetzen. Hier ist es nämlich auch noch ein langer Weg, weg von asozial, hin zum Deutsch.

In diesem Sinne,
frohe Selbstveränderung.
Deine #HoGeSatzbau
(keine Ahnung, warum das durchgestrichen erscheint)



Florian Schröder macht zu den Wahlen klare Ansagen:



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Re: Sächsische Verhältnisse und ungelöste Probleme
« Antwort #157 am: 3. September 2019, 19:19:15 »
Da muß man ihm wohl Recht geben, die Ergebnisse geben das moralische Ruhekissen nicht mehr her.
Der Westen spricht von 70%, die die AfD wegen des politischen Programms gewählt haben und 28% Protestwählern. Die Frage ist halt, wie viele von den 70% glauben den (ok, ich darf dir ja nicht mehr mit "lügen" antworten) Beschwichtigungen von Gauland und Weidel trotz Urban, Kalbitz, Bernd und co.. Das alte Spiel: "Anständig, intelligent, Nazi: wählen Sie höchstens zwei!". Optimist der ich bin denke ich das dürften etwa die Hälfte der 70% sein, vielleicht etwas weniger. Damit kommt man unter den AfD Wählern auf ca. 40% "intelligente Nazis", also gemessen an den wiederum 27% AfD Wählern in Sachsen die von mir postulierten 10-15% Menschen mit geschlossen rechtsextremem Weltbild.
Und ganz offfen und hart, die gab es schon immer. Die gab es schon vor über 25 Jahren zu Zeiten der "ersten" Flüchtlingskrise und dem damaligen Einknicken meiner SPD  :facepalm:. Ich durfte die selbst kennen lernen. Ich war in der Zeit Student und habe in den Semesterferien bei Daimler Benz im Ersatzteillager gearbeitet. Die Gruppe, in der ich eingestetzt war bestand aus etwa 10 Leuten. Davon war einer ein echter Nazi, der keine Probleme damit hatte entsprechend rum zu schwadronieren und einem, der einfach "nur" die Naziparolen geglaubt hat, also 10% echt und 10% Mitläufer.
So schlimm es ist, diese 10% sind verloren. Ich kann hoffen die "anderen" 10% zu erreichen, denke aber das Konservative das besser können. Ich möchte mich lieber um den Rest kümmern. Es steht genug Arbeit an zu verhindern dass die 10% zusätzliche 30% der Gesamtbevölkerung erreichen. Da ist es natürlich sehr hilfreich wenn auf einmal ein CDU Verband wie der im Harz um die Ecke kommt und sagt man müsse ja mal mit der AfD reden  :scratch:
« Letzte Änderung: 3. September 2019, 19:22:09 von Rolly »
Da kann man doch sagen: "Beim SSL haben wir etwas gelernt!"
https://www.youtube.com/watch?v=9uZLrHiCMhQ
 
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Re: Sächsische Verhältnisse und ungelöste Probleme
« Antwort #159 am: 3. September 2019, 21:44:59 »
Zitat
Kommentar zur Landtagswahl: Denn sie wissen, was sie tun

Prof. Dr. Anja Besand vom Lehrstuhl für Didaktik der politischen Bildung an der TU Dresden, hat in ihrem Facebook-Profil folgenden Text veröffentlicht, den wir hier mit ihrem Einverständnis wiedergeben.


Prof. Dr. Anja Besand ist Professorin für Didaktik der politischen Bildung an der Technischen Universität Dresden. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören fachdidaktische Kulturforschung, Medienforschung sowie die Auseinandersetzung mit Inklusion in der politischen Bildung. Foto: Benjamin Jenak

Am frühen Morgen nach der Wahl im Bundesland Sachsen kann man sich verwundert die Augen reiben – fast ein Drittel der Wähler*innen in diesem Bundesland hat sich für die AFD entschieden. Eine Partei, die mindestens in Teilen rechtsradikal ist und dabei hätte man einen hochkonservativen CDU Landesverband als Alternative gehabt. Man kann die Koffer packen – nicht wenige haben das schon getan – oder man kann sich den Staub aus dem Pelz klopfen und weiter machen. Weiter machen? Aber mit was? Mit Dialog und Bratwurstgrillen? Ich glaube nicht.

Im Folgenden möchte ich einige Gedanken zur Zukunft der politischen Bildung im Bundesland Sachsen zusammenstellen. Nicht alle stammen von mir – die besten kommen von Menschen, mit denen ich arbeite, diskutiere und die mir helfen, immer wieder einen neuen Anfang zu machen. Weil ich glaube, dass wir alle einen neuen Anfang brauchen und neu anfangen immer wieder schwierig ist, teile ich sie an diesem düsteren Morgen.

Was wir festhalten und von was wir ausgehen können: In Sachsen hat die AFD mehr als 27 % der Wähler*innenstimmen erhalten. Im ländlichen Raum sind die Zahlen bei weiten schlimmer. In vielen (wirklich vielen) Gemeinden hat die AFD nahezu 50 % der Wähler*innenstimmen erhalten. Jörg Schönenborn, der Chefwahlauswerter der ARD, sagt: Es sind insbesondere die schrumpfenden Gemeinden und Landstriche, in denen die AFD so stark ist.

Diesen Wähler*innen ist wohlbewusst, wen sie gewählt haben. Sie sind nicht dumm. Wir können und sollten sie ernst nehmen und nicht paternalistisch als fehlgeleitete Irre behandeln. Sie wissen, was die AFD ist und will und sie wollen das auch. Sie wollen Geflüchtete lieber im Mittelmeer ertrinken lassen, als sie in Sachsen aufzunehmen. Sie halten den Klimawandel für eine Erfindung von Greta Thunberg und die bundesrepublikanische Demokratie für eine Diktatur. Sie kennen auch die Geschichte und wissen, wohin das alles führen kann. Aber das ist ihnen alles lieber, als den Zumutungen einer globalisierten Welt ins Auge zu blicken, die Langsamkeit und Komplexität demokratischer Verfahren weiter zu ertragen.

Im Bundesland steht uns eine schwierige Regierungsbildung bevor, in der Fraktionen mit einander ins Gespräch kommen müssen, die das in dieser Weise nicht geübt haben. Auf was werden sie sich verständigen können? Wahrscheinlich auf mehr politische Bildung.

Die politische Bildung soll richten, was die Politik nicht mehr erklären kann – vor allem im ländlichen Raum. Aber wie sollen wir junge Lehrer*innen motivieren in Umgebungen zu arbeiten, in denen die extreme Rechte die Oberhand haben. Wie sollen sie eine menschenrechtsorientierte politische Bildung machen, wenn Eltern gegen eben diese Bildungsangebote protestlaufen? Das kann bislang niemand so richtig erklären. Wir bieten ihnen einfach ein bisschen mehr Geld – Schmerzensgeld.

In der politischen Bildung im Bundesland Sachsen werden wir in den nächsten Jahren mehr Druck aushalten müssen. Druck von Seiten derer, die sich viel von politischer Bildung versprechen und die sie finanziell von innen und außen unterstützen werden und Druck von denen, die die politische Bildung als Bevormundung sehen, sie als Staatsbürgerkunde beschimpfen, ihre Position durch eine „bürgerliche Mitte mit Volksparteicharakter“ weiter legitimiert sehen und mit diesem Rückhalt in Zukunft noch stärker gegen politische Bildung vorgehen werden. Mit mehr Meldeplattformen, mehr Dienstaufsichtsbeschwerden, mehr kleinen Anfragen, mehr Shitstorms und mehr von etwas, was wir heute noch gar nicht kennen. Die politische Bildung in Sachsen wird dadurch stärker werden. Sie wird sich durch diese Angriffe und den Widerstand, der gegen sie vorgetragen wird, weiter qualifizieren.

Hoffentlich! Denn nicht wenige Akteure haben heute Angst. Angst, wie ihre Initiative/ ihr Träger in Zukunft dastehen wird. Wer ihnen beisteht, wenn sie angegriffen werden.

Helfen werden uns nur Solidarität und Netzwerke. Wir werden uns zusammenschließen und uns gegenseitig unterstützen müssen innerhalb des Bundeslandes und über das Bundesland hinaus. Wir sollten vorbereitet sein auf Angriffe und uns von diesen gleichzeitig nicht einschüchtern lassen.

Jetzt in den Kampfmodus zu verfallen bringt uns nicht weiter. Es hilft nichts, uns zu sehr auf die AFD und die rechten Netzwerke zu konzentrieren und ihre Angriffe persönlich zu nehmen. Es geht gar nicht um uns. Wir sind nur eine Projektionsfläche. An unserem Beispiel will man zeigen was passiert, wenn man widerspricht. Wir müssen sie vergessen und uns in unserer Arbeit auf die konzentrieren, die sich überhaupt noch erreichen lassen.

Wenn 30 % der sächsischen Bevölkerung rechtes Gedankengut schon in Ordnung finden oder das System als so korrupt wahrnehmen, dass ihnen jegliche Folgen ihres Handelns ganz egal sind, dann müssen wir die Menschen stärken, die in der täglichen Auseinandersetzung noch bereit sind so etwas wie Grenzen zu ziehen und sichtbar machen zu wollen.

Diese Gruppe muss ermutigt werden sich nicht zurückzuziehen, sich nicht von zu einfachen und sehr alten Antworten blenden zu lassen, für demokratische Werte einzustehen und Lust an politischer Einmischung zu behalten. Es geht um Mut, Empowerment und Hoffnung. Diese Haltungen müssen unsere Arbeit prägen und dazu dürfen wir uns selbst nicht einschüchtern lassen.

Wir dürfen nicht gehen, wir bleiben hier und wir zeigen, wie es geht.

Grundlage unserer Arbeit sind dabei Menschenrechte. Das müssen wir immer klarstellen und damit wird automatisch klar: Die Arbeit der AFD steht zu vielen dieser Rechte in hoher Spannung.

Aber nicht nur die AFD verletzt Menschenrechte. Dass sich Ungerechtigkeiten vergrößern, ist keine Erfindung der AFD. Die politische Bildung muss helfen, Ungerechtigkeiten sichtbar zu machen, sie darf auch in Situationen, in denen das politische System von rechts in seinen Grundstrukturen in fragegestellt wird, nicht zur Legitimationsmaschine werden. Politische Bildung muss immer kritisch sein.
Quelle: https://www.flurfunk-dresden.de/2019/09/02/kommentar-zur-landtagswahl-denn-sie-wissen-was-sie-tun/?fbclid=IwAR2JjDekhFxdZ-S70EubOipeUejTQFztLj6_HRPoy5vd5yvRPnE2ALPvFIY, flurfunk-dresden.de/owy, 2. September 2019
« Letzte Änderung: 3. September 2019, 21:48:45 von x »
Kommen wir nun zu etwas völlig anderem.
 
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dtx

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Re: Sächsische Verhältnisse und ungelöste Probleme
« Antwort #160 am: 8. September 2019, 08:34:00 »
Off-Topic:
https://www.gmx.net/magazine/politik/npd-stefan-jagsch-spitze-gemeinde-hessen-gewaehlt-kritik-blackout-demokratie-33998628

Im Wetteraukreis ist der Vize-Landeschef der NPD, Stefan Jagsch, von Ortsbeiräten einstimmig zum Ortsvorsteher gewählt worden. Das mag daran gelegen haben, daß es seitens der Parteispitzen von CDU, SPD und FDP offenbar nur Koalitionsaussagen bezüglich der AfD gab. OT hier deshalb, weil sich das weder in Sachsen noch in Brandenburg, noch nicht einmal im Osten abspielte.

@A.R.Schkrampe
« Letzte Änderung: 8. September 2019, 08:37:33 von dtx »
 
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Offline Grashalm

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Re: Sächsische Verhältnisse und ungelöste Probleme
« Antwort #161 am: 8. September 2019, 08:47:43 »
Soviel zum Thema im Westen ist alles besser....
Vom SchlafSchaf gefressen.
 
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dtx

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Re: Sächsische Verhältnisse und ungelöste Probleme
« Antwort #162 am: 8. September 2019, 09:04:55 »
Off-Topic:
Soviel zum Thema im Westen ist alles besser....

Alles nicht. Aber über der durchaus wichtigen und zutreffenden Diskussion über die Verhältnisse in Sachsen könnte man ja geneigt sein, den Blick für den Rest Deutschlands zu verlieren.
 
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Offline kairo

Re: Sächsische Verhältnisse und ungelöste Probleme
« Antwort #163 am: 8. September 2019, 09:42:44 »
Off-Topic:
https://www.gmx.net/magazine/politik/npd-stefan-jagsch-spitze-gemeinde-hessen-gewaehlt-kritik-blackout-demokratie-33998628

Im Wetteraukreis ist der Vize-Landeschef der NPD, Stefan Jagsch, von Ortsbeiräten einstimmig zum Ortsvorsteher gewählt worden. Das mag daran gelegen haben, daß es seitens der Parteispitzen von CDU, SPD und FDP offenbar nur Koalitionsaussagen bezüglich der AfD gab. OT hier deshalb, weil sich das weder in Sachsen noch in Brandenburg, noch nicht einmal im Osten abspielte.

Und jetzt verlangt der SPD-Generalsekretär, die Entscheidund müsse sofort rückgängig gemacht werden. Ach, wie denn, und warum? Weil das Ergebnis nicht genehm ist? Der ist genau so ein Superdemokrat wie die Jungs von der AfD.

@A.R.Schkrampe
 
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Re: Sächsische Verhältnisse und ungelöste Probleme
« Antwort #164 am: 8. September 2019, 10:03:26 »
 
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