Aber jede Straßenverkehrs-OWi verfolgen, das kann er, der Staat. Aber das bringt ihm ja auch Knete und ansonsten kostet Rechtsstaat ja nur Geld ...
Richtig, "Rechtsstaat" kostet Geld!
Auf die Gefahr, mich jetzt bei Dir unbeliebt zu machen: Aber ich glaube dennoch nicht, daß das Eintreiben einer OWi etwas mit Rechtsstaat zu tun hat.
Denn unter einem Rechtsstaat versteht man, wenn der einzelne Bürger sich gegen übegriffiges Verhalten des Staates wirksam zur Wehr setzen kann.
Rechtsstaat ist eben nicht (wie Freisler es formulierte), wenn es im Staat Gesetze gibt. Deshalb war auch die DDR kein Rechtsstaat. Sondern - wie gesagt - trifft das nur zu, wenn der Bürger ein wirksames (!) Mittel hat, sich gegen den Staat zu wehren.
Der Begriff "Rechtsstaat" kommt also bei der OWi erst dann zur Geltung, wenn ein Bürger mit geringem Einkommen (Auszubildender, H4er etc.) vor Gericht einen Minderung der Zahlung erreichen kann.
Ansonsten wird der Begriff des Rechtsstaates derzeit in den Medien mißbraucht und verwendet, wenn eigentlich "Staat" oder "Bürokratie" die besseren Begriffe wären.
So ist es bei Peterle auch: Zum einem weiß ich viel zu wenig, um die Entscheidung als abgrundtief falsch beurteilen zu können. Da ich kein Jurist bin, fehlt mir schon von daher die Befähigung, und dann kennen wir die Begründung nicht.
Das Ergebnis ist für uns unbefriedigend, keine Frage.
Aber ich denke mir, es wird schon irgendwie zu vertreten sein, sonst wäre es nicht gemacht worden. Klingt halt etwas platt. Ja, kann sein, daß die StA, die dafür zuständig ist, zu überprüfen, ob es vertretbar ist, keine besondere Lust verspürt. Aber die Entscheidung scheint nicht kraß rechtswidrig zu sein, sonst würde die StA dagegen vorgehen..
Der demokratische liberale Rechtsstaat ist vermutlich nicht das beste aller Systeme. Nur hat bisher noch niemand etwas Besseres erfunden.
Menschen sind eben Menschen und machen Fehler. Bis hin zu der Lust, etwas einfach "vom Schreibtisch" zu haben.
In einer Monarchie (also einer echten) steht der Monarch als Souverän über dem Gesetz und ist nur Gott verpflichtet und verantwortlich.
Ein König hätte kurz nach Kenntnis der Entscheidung das Peterle wieder in den Knast geschickt und den Richtern einen Rüffel erteilt.
Dieses System befriedigt zwar im Moment, hat aber andere - noch viel größere - Unwägbarkeiten in sich. Weswegen die verbliebenen Monarchien - zumindest in Europa - eigentlich keine Monarchien sind, sondern präsidiale Demokratien. Nur daß der Präsident ein erblicher König ist ohne viel Möglichkeiten.
Mir stoßen auch sauer auf solche Vorgänge wie am LG Neubrandenburg, wo ein Beihelfer zum Holocaust angeklagt werden sollte und die gesamte Kammer (!) die Angelegenheit derart lange verschleppt, daß sie schließlich im vergangenen Jahr komplett, also die ganze Kammer (!) für befangen erklärt wurde. Ist offenbar einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik. Inzwischen ist die Sache wohl verjährt und der ehemalige SS-Mann kann nicht mehr angeklagt werden.
Man fühlt sich an Zustände der alten Bundesrepublik in den 50er Jahren erinnert, die man längst überwunden glaubte.
Dennoch meine ich, insgesamt arbeitet die Justiz in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle ordentlich und sauber.
Man kriegt halt von allem, was ordnungsgemäß läuft, nicht allzuviel mit.