Ich frage mich, ob die Leute nicht grauenvoll naiv sind. Da gibt es ja noch so manche andere "Lustichheit", z. B. die 100-Werteinheiten-Briefmarke, die man auf die Lebenderklärung pappen soll u. dgl.
Im Grunde streben sie wohl eine Art Landkommune an, die vor allem auf Tausch beruhen soll.
Doch auch da sehe ich eine reichliche Naivität. Es ist ja nicht so, dass es keine Landkommunen gäbe. Auch die Idee, zu tauschen statt zu kaufen, hatten Andere auch schon. Inzwischen gibt es auch Tauschbörsen, über die man "Zeitguthaben" tauschen kann, etwa nach dem Grundsatz "Tausche Kinderhüten heute gegen Einkaufen für Oma morgen". Das Problem bei "Zeitguthaben" ist nur, dass es keine Garantie gibt, dass sie später auch wirklich eingelöst werden können. In der Arbeitswelt tritt dieses Problem schon lange immer wieder auf. Zum Beispiel sollten Überstunden grundsätzlich durch entsprechende Freizeit ausgeglichen werden. Nach wie vor werden aber die meisten Überstunden gleich welcher Art nicht durch Freizeit ausgeglichen, sondern werden bezahlt oder bleiben ohne Ausgleich.
Wenn man auf die Gründe schaut, die für Überstunden verantwortlich sind, erklärt sich dies auch leicht. Ein häufiger Grund ist Erkrankung anderer Mitarbeiter, deren Aufgaben dann durch die nicht erkrankten Mitarbeiter übernommen werden müssen. Da es in den meisten Fällen nicht möglich ist, dass die genesenen Mitarbeiter die ausgefallene Arbeitszeit gleichsam "nacharbeiten", bleibt ein zeitlicher Ausgleich schwierig oder unmöglich. Die Fälle, in denen erkrankte Mitarbeiter endgültig ausfallen (etwa weil sie dauerhaft arbeitsunfähig bleiben), brauche ich nicht gesondert zu besprechen, da ein zeitlicher Ausgleich dann offensichtlich unmöglich ist.
Bei der Polizei einer an dieser Stelle ungenannt bleibenden Stadt, die aus bestimmten Gründen überdurchschnittlich viele internationale Konferenzen und Anlässe zu bewältigen hat, trat vor einigen Jahren der Fall ein, dass sämtliche Polizisten so viele Überstunden gesammelt hatten, dass sie ein ganzes Jahr hätten frei nehmen können, um die Mehrarbeit auszugleichen. Das war offensichtlich praktisch undurchführbar, weshalb die Stadt die aufgelaufenen Überstunden nach und nach durch finanziellen Ausgleich "abstotterte".
Es ist ja auch nicht so, dass es solchen "Zeittausch" nicht schon gäbe. Im Gegenteil helfen sich Menschen im Rahmen des Machbaren gegenseitig aus. Aber so, wie sich die "Eidgenossen" das vorstellen, wird es wohl nicht funktionieren.
Überhaupt vermute ich, dass ihnen eines Tages das Finanzamt Nachhilfeunterricht erteilen und die Bedeutung des Begriffs "geldwerte Leistung" darlegen wird.