Autor Thema: Freistaat Preussen  (Gelesen 105052 mal)

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Offline Reichsschlafschaf

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Re: Freistaat Preussen
« Antwort #555 am: 12. April 2023, 07:36:06 »
Das RSS hatte solch eine Begegnung im vergangenen Jahr, erinnerlich im Juni, Schauplatz war Doberlug-Kirchhain („DoKi“), gar nicht weit vom fürstlichen Drehna weg.

Das RSS photographierte in der Karl-Liebknecht-Straße eine Aufschrift auf einem Kfz, welche es vom Reim her bemerkenswert fand, sah sich allerdings bald einem tobenden Muskelpaket gegenüber, welches ihm erklärte, hier sei ein Verbrechen unvorstellbaren Ausmaßes geschehen, das RSS habe nicht das Recht private Dinge abzulichten.

Das Muskelpaket erklärte weiterhin, es habe nunmehr das Recht, das RSS auf den Boden zu werfen und festzunehmen, wollte dies allerdings nicht alleine vornehmen, sondern rief einen Kameraden zu Hilfe und die beiden versicherten sich gegenseitig ihrer hoheitlichen Rechte.

Da das brave RSS nunmehr zwei Muskelpaketen gegenüberstand, deren Hände in den Taschen deutlich zuckten, um in Aktion treten zu können, behielt das RSS demonstrativ die Ruhe und die Hände schön herabhängend, um nicht vollkommen überflüssige Gewaltakte zu provozieren.

Ungefragt eröffneten die beiden Wutwichtel dem RSS, man habe keine Verfassung, Deutschland sei besetzt und die Polizei nur eine Firma. Dem RSS kam das seltsam bekannt vor.

Da man mit dem RSS aber so nicht weiterkam, rief man merkwürdigerweise eben jene Firma zu Hilfe, von der man vor kurzem noch erfahren hatte, sie habe keine Hoheitsrechte, welches Eintreffen das RSS auch ruhig abwartete.

(Da es schon um 9.00 h ein heißer Tag war, erklärte das RSS, doch lieber im Schatten auf das Eintreffen zu warten, wurde dabei von den Wutwichteln engstens begleitet, jedoch nicht daran gehindert.)

Dem bunt in Blau und komplementärem Gelb angemalten Firmenauto mit einem lustigen blauen Licht auf dem Dach entstieg dann eine Art Schrank von einem Schergen des Systems, der versuchte aus den beiden wiederum tobenden Wutwichteln eine Schilderung der unvorstellbaren Vorgänge zu erhalten.

Da wohl keine befriedigende Antwort erfolgte, wandte sich der schrankartige Scherge an das RSS, frug nach Namen, Adresse und einer Schilderung des Vorgangs.

Das RSS erklärte nun dem Firmen-Schergen ruhig zunächst Namen und Adresse und trug vor, man habe es hier ganz offensichtlich mit Reichsbürgern zu tun, welche vom RSS abweichende Ansichten über Staatsform, Besatzungsstaus und Firmenzugehörigkeit des Schranks hätten, was alsbald bei beiden Muskelpaketen wütendes Toben und Heulen verursachte, was aber – wohl angesichts des Schranks – nicht in irgendwelche körperlichen Aktionen mündete.

Das RSS hatte den Eindruck, dem Firmenschrank seien die beiden Wutmännchen bereits bekannt und es erklärte sich ruhig und zuvorkommend bereit, die Ablichtung, die es lediglich zu privaten Zwecken angefertigt habe, selbstverständlich und gerne zu löschen, was man auch früher schon hätte haben können, wenn man nur freundlich genug darum gebeten hätte.

Der Firmenschrank überzeugte sich von der Löschung, war‘s zufrieden und bedeutete anschließend den Wutwichteln ihre Entbehrlichkeit, was bei diesen zunächst Verblüffung über nicht erfolgte Firmenaktionen auslöste (man hatte wohl mindestens eine Verhaftung oder ähnliches erwartet), und dann dazu führte, daß sich die Wutwichtel trollten.

Man ging anschließend  seiner Wege, ein jeglicher in eine andere Richtung und der Schrank fuhr in seinem bunten Auto zufrieden von hinnen.

;)
Merke: Es genügt natürlich nicht, dämlich zu sein. Es soll schon auch jeder davon wissen!

„Nur weil es Fakt ist, muß es noch lange nicht stimmen!“ (Nadine, unerkannte Philosophin)
 

Offline Anmaron

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Re: Freistaat Preussen
« Antwort #556 am: 12. April 2023, 07:44:04 »
Was das wieder kostet!
Wer sich politisch nicht engagiert, hilft im Grunde jenen, die das Gegenteil von dem wollen, was man selber für wichtig und richtig hält. (Alain Berset)
Die Demokratie ist so viel wert wie diejenigen, die in ihrem Namen sprechen. (Robert Schuman)

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Re: Freistaat Preussen
« Antwort #557 am: 12. April 2023, 10:40:22 »
Und wieder bewahrheitet sich die Rechtsfinder'sche Weisheit zur Bildung des Polizisten mittlerer Art und Güte: Könnte er Jura, wäre er kein Polizist.

Natürlich gibt es keinen Anspruch darauf, eine Ablichtung eines auf der Karosserie eines im öffentlichen Raum abgestellten Fahrzeuges aufgebrachten Aufklebers entfernen zu lassen. Wusste mal wieder keiner, erst Recht natürlich weder die Reichsbürger noch die Polizisten.

Das letzte Mal aber, dass der Rechtsfinder einen Wortmarkenbüttel freundlich nach einer Rechtsgrundlage seiner beabsichtigten Handlungsaufforderungen gefragt hat, wurde dies mit der Androhung von Freiheitsentziehung und Strafverfolgung ("Wenn Sie mir hier als Schutzpolizist meine Arbeit erklären wollen, ist das eine Beleidigung!") quittiert. Weswegen sich am Ende des Tages dann eben doch die Intelligenz der Gewalt beugt.

Und so haben die Feinde der Demokratie am Ende des Tages doch einen Sieg errungen, wenn auch, ohne es wirklich zu merken. Schade.
Eine von VRiBGH Prof. Dr. Thomas Fischer erfundene Statistik besagt, dass 90% der Prozessgewinner die fragliche Entscheidung für beispielhaft rechtstreu halten, 20% der Unterlegenen ihnen zustimmen, hingegen von den Verlierern 30% sie für grob fehlerhaft und 40% für glatt strafbar halten.
 

Offline Pirx

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Re: Freistaat Preussen
« Antwort #558 am: 13. April 2023, 01:22:07 »
In DoKi befindet sich ja auch eine Flüchtlingserstaufnahme. Da müssen sich die Indigenen schützen! Deswegen sind da auch eine ganze Menge braune Schrankwände unterwegs.
Der einzige mir persönlich bekannte Doberluger Reichi ist allerdings schlaff in jeder Beziehung. Jedoch hat der mir mal großes Vergnügen bereitet, denn vor ein paar Jahren hat die Stadt den Markt umfangreich renoviert. Die Kosten wurden auf die umliegenden Grundstücksbesitzer umgelegt. Auch wenn ich sowas persönlich als nicht gerecht empfinde, konnte ich eine helle Freude nicht unterdrücken, als besagter Reichi im Falsett über seinen Umlagebescheid jammerte. Endlich war die BRD GmbH tatsächlich mal so ein Scheißverein, wie er vorher immer verkündet hatte. Seine Überraschung war also vollkommen unverständlich.  :dontknow:
 
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Offline R. Kimble

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Re: Freistaat Preussen
« Antwort #559 am: 4. August 2024, 16:00:12 »
Reichsbürger-Prozess: Urteil gegen krude Staatsbastler aus Pliening - „Keine Ahnung von nichts!“
Der Richter: „Die so genannte Reichsbürgerszene ist eine Plage“,

Die Mühlen der Justiz mahlen langsam aber gründlich. Mit dem Prozess dürfte das Thema "Freistaat Preussen" beendet sein. Auch wenn wir damit alte Stammkunden verlieren, die Depperten sterben nicht aus.

Spoiler
Reichsbürger-Prozess: Urteil gegen krude Staatsbastler aus Pliening - „Keine Ahnung von nichts!“
Stand:04.08.2024, 09:37 Uhr

Vier „Reichsbürger“, die ihren eigenen Pseudo-Staat gegründet haben, wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt. Sie haben Pässe und Führerscheine gefälscht und sich als Behörden aufgespielt. In Pliening im Kreis Ebersberg saß die „Ministerpräsidentin“.

Pliening/München – Das Landgericht München II hat eine Gruppe von Reichsbürgern wegen Urkundenfälschung und Amtsanmaßung zu Bewährungsstrafen zwischen 15 Monaten und zwei Jahren verurteilt. Die drei Männer und eine Frau hatten jahrelang an ihrem eigenen Staat gebastelt. Das Quartett hatte sich auf kindlich anmutende Weise eigene Behörden gezimmert, mitsamt eigenen Fahrzeug-Zulassungen und Steuernummern. Damit wollten sie den vorherrschenden Staat ad absurdum führen und vielleicht auch eine Menge Geld an selbigem vorbeimogeln. Von der Landshamer Wohnung der Hauptangeklagten aus, die sich auch als Ministerpräsidentin bezeichnete, wurden zahlreiche Urkunden für den „Bundesstaat Bayern“ verkauft.

300 gefälschte Urkunden verkauft – Steuernummer vom „Bundesstaat Bayern“ kostet Anhänger den Job
Doch ganz so harmlos war ihr Treiben nun auch nicht. Denn als Teil der Reichsbürgerszene hingen sie einem ideologischen Gedankengebilde nach, das „die Gesellschaft infrage“ stelle, sagte Vorsitzender Richter Thomas Lenz in seiner Urteilsbegründung. Letztlich sei diese Ideologie dazu geeignet, die Gesellschaft zu spalten, führte der Richter aus. Und das mache diese Menschen so gefährlich.

Genau diese Entwicklung lässt sich momentan an einem anderen Prozess gegen die Reichsbürger-Szene erkennen. Unter enormen Sicherheits-Vorkehrungen wird dort gegen die Mitglieder jener Vereinigung um Prinz Reuß verhandelt, die sich tatsächlich an Umsturzplänen beteiligt hatten. Im Prozess gegen die Plieninger Community hingegen wurde bereits am zweiten Verhandlungstag das Überwachungs-Personal abgezogen. Offenbar waren die 55-jährige gelernte Bürokauffrau und ihr zwei Jahre älterer Lebensgefährte noch zu sehr mit der Bildung einer „administrativen Regierung“ beschäftigt gewesen. In den Jahren der Erstehung hatten sie knapp 300 Urkunden an ihre neuen Zöglinge verkauft. Auch Steuernummern hatten sie vergeben, die ein Anhänger offenbar bei seinem Arbeitgeber abgab und für den Schnickschnack sofort die Kündigung kassierte.
Dessen ungeachtet, stellte das Quartett Reisepässe und Führerscheine oder auch Staatsangehörigkeits-Ausweise her. Die hatten sie über eine Website des angeblichen Bundesstaats angefordert. Die Bundesrepublik sahen sie nicht als Träger hoheitlicher Gewalt an. Und sie hielten ihn auch nicht als weisungsbefugt für die Bürger ihres „Volksstaates“.

Bewährung dank Geständnis – Richter liest Pseudo-Staatsgründern die Leviten
Aufgrund ihrer frühen Geständnisse kamen die Angeklagten mit Bewährungsstrafen davon. Damit ersparten sie dem Gericht eine umfangreiche Beweisaufnahme mit langwierigen Zeugenvernehmungen. Gericht und Staatsanwaltschaft stützten sich auf eine detailgenaue Dokumentation der Polizei sowie die Beweise, die bei insgesamt fünf Durchsuchungen in Landsham gefunden worden waren. Mildernde Umstände ließ der Richter walten, weil die vier Angeklagten bis dahin einen „eigentlich vernünftigen Lebenswandel“ geführt hatten und nicht durch Vorstrafen aufgefallen waren. Allerdings scheute sich Richter Lenz auch nicht, die Bewährungsstrafen mit deutlichen Worten zu begründen. „Die so genannte Reichsbürgerszene ist eine Plage“, sagte er. Es sei ja nicht von Haus aus strafbar, unsinnige Ideen zu entwickeln, etwa, „wenn Leute, die keine Ahnung von nichts haben“, die absurde Idee von einem neuen Staat kreierten. Aber die Angeklagten seien Teil einer Gesamtszene gewesen, die „unter dem Strich eine Belastung darstellt.“

Mit den Bewährungsstrafen dürfen sich die Angeklagten keinen Fehltritt mehr leisten. Schon beim kleinsten Vergehen wie der Verwendung bestimmter einschlägiger Begriffe wie „Volksstaat Bayern“, „Volksstamm der Germaniten“ oder „administrative Regierung“ gegenüber den staatlichen Behörden, kann die Bewährung sofort widerrufen werden.
[close]

https://www.merkur.de/lokales/ebersberg/pliening-ort377251/reichsbuerger-prozess-urteil-gegen-krude-staatsbastler-aus-pliening-keine-ahnung-von-nichts-93223723.html

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Re: Freistaat Preussen
« Antwort #560 am: 4. August 2024, 21:19:54 »
Die Mühlen der Justiz mahlen langsam (...) kamen die Angeklagten mit Bewährungsstrafen davon.
Das Problem, für die Kundschaft heisst das: Freispruch  :(
Angst und Unmöglichkeit sind aus meinem Wortschatz gestrichen
 
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Offline Gerntroll

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Re: Freistaat Preussen
« Antwort #561 am: 4. August 2024, 21:22:12 »
Auch wenn wir damit alte Stammkunden verlieren, die Depperten sterben nicht aus.

Korrekt! Jedoch glaube ich, dass wir den einen oder anderen bei irgendeinem neuen "Projekt" wieder sehen werden. Wer so tief in der AA steckt kommt da nur im Sarg heraus. Besonders wenn es sich "nur" um Bewährungsstrafen handelt.
Ich liebe Sarkasmus. Es ist wie jemandem die Tastatur in die Fresse zu hauen, nur mit Worten.
 
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Re: Freistaat Preussen
« Antwort #562 am: 4. August 2024, 22:08:53 »
Der vollständigkeit halber

Blöd hat schon früher über den Prozess berichtet
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Sie wollten den „Bundesstaat Bayern“ regieren:Falsche Ministerpräsidentin und ihr Kabinett vor Gericht
 
Die Mia-san-mia-„Ministerpräsidentin“ Monika S. beim Prozessbeginn vor dem Münchner Landgericht. Mit dieser „Bestallungs-Urkunde“ wurde sie zum Oberhaupt des „Reichsbürger“-Fantasiestaates ernannt
Andreas Bachner 18.07.2024 - 13:52 Uhr
München – Sie wollten mit dem „Bundesstaat Bayern“ und einem Staatenverbund das Deutsche Reich wieder auferstehen lassen! Jetzt sitzen die „Mia-san-mia-Reichsbürger“ auf der Anklagebank vor dem Landgericht München II – wegen Amtsanmaßung und Urkundenfälschung.
Die falsche Ministerpräsidentin Monika S. (55) und ihr „Kabinett“, ihre drei Komplizen, sollen 2015 den „Bundesstaat Bayern“ zusammen mit weiteren Mitgliedern aus der Taufe gehoben haben, sie hielten sich für legitime Teile einer administrativen Regierung.
„Bestrebung war die Wiederbelebung des Deutschen Reiches mit seinen 26 Gliedstaaten, wie sie in der Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 niedergelegt wurden“, so die Staatsanwaltschaft.
 
So sollte ein Reisepass des „Bundesstaates Bayern“ aussehen. Kostenpunkt: 79 Euro
Foto: Volksstaat Bayern
Zentraler Verwaltungssitz des Fantasie-Staates war eine kleine Gemeinde 20 Kilometer östlich von München
Monika S. wurde zur „Mia-san-mia-Ministerpräsidentin“ ernannt. Ihre Komplizen wurden etwa Minister der Bereiche „Äußeres“ und „Besonderes“. Zentraler Verwaltungssitz des Fantasie-Staates: Die Wohnung von „Präsidentin“ Monika S. in der Gemeinde Pliening-Landsham (5982 Einwohner), 20 Kilometer östlich von München.
 
Möchtegern-„Ministerpräsidentin“ Monika S. (vorne l.) und ihr falsches Kabinett, die Angeklagten Kurt V. (M.) und Georg Z. (re.), vor Gericht mit ihren Verteidigern (hinten, v.l.) Heidi Pioch, Verena Kessinger, Birgit Schwerdt und Michael Adams
Foto: Rainer Fromm
Monika S. wurde laut Staatsanwaltschaft mit einer „sog. Bestallungs-Ukrunde zur Ministerpräsidentin ernannt“. Und weiter: „Mit diesen Urkunden wurde jeweils behauptet, die dort genannten Mitglieder des ‚Bundesstaates Bayern' seien Exekutivmitglieder eines rechtmäßig bestehenden Staatswesens und als solche zur Ausübung von hoheitlichen Rechten befugt.“
Den Reichsbürger-Reisepass gab es per Download-Antrag für 79 Euro, einen Führerschein für 25 Euro
Den Antrag zur Staatsangehörigkeit gab es per Download auf einer Homepage. So stellten die „Führungsmitglieder“ um Monika S. etwa sogenannte „Heimatscheine“, aber auch Führerscheine und Reisepässe für treue Reichsbürger aus – mit einem Wappen, dass dem Staatswappen des echten Freistaates Bayern zum Verwechseln ähnlich sah.
 
Der Führerschein des Fantasie-Staates: Mitglieder konnten im Internet Anträge für die Fake-Dokumente ausfüllen
Foto: Volksstaat Bayern
Natürlich nicht umsonst: Ein Reisepass kostete 79 Euro, ein Heimatschein 50 und ein Führerschein 25 Euro. Zusätzliche „Stempelgebühr“: 15 Euro.
Zudem erhoben sie laut Anklageschrift zehn Prozent Steuern auf die Einkünfte ihrer Staatenmitglieder. Ihre Verschwörungstheorien verbreiteten sie in einem „Extrablatt“ an die Mitglieder.

Seit Dienstag stehen die vier Oberhäupter des „Bundesstaates Bayern“ in München vor Gericht. Allerdings war ihr Staatenmodell nur überschaubar erfolgreich. In vier Jahren schlossen sich ihnen nur 23 Mitglieder an, sie nahmen 6734 Euro an Steuern ein. Die Staatskasse war mit 16 000 Euro gefüllt.
Fast 6000 Blanko-Bögen für Führerscheine und Reisepässe
Die Staatsanwaltschaft: „Die Angeklagten wollten sich so mit der Ausstellung unechter Urkunden längerfristig eine Einnahmequelle sichern.“ Bei Durchsuchungen wurden fast 6000 Blanko-Bögen für Führerscheine und Reisepässe gefunden.
Beim Prozessbeginn am Dienstag verlas die Staatsanwältin über drei Stunden die fast 50 Seiten fassende Anklageschrift. Die falsche Ministerpräsidentin und ihr Kabinett äußerten sich zunächst nicht zu den Vorwürfen. Bis Mitte August sind in München noch neun weitere Verhandlungstage angesetzt.
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https://www.bild.de/regional/muenchen/reichsbuerger-prozess-falsche-ministerpraesidentin-vor-gericht-669662a269c9df3181162ade

die ZEIT betreibt energieoptimierten Journalismus - man übernimmt einfach die DPA Meldung
Spoiler
Reichsbürger" vor Gericht:
Prozess um Urkundenfälschung für "Bundesstaat Bayern"
16. Juli 2024, 15:07 Uhr Quelle: dpa Bayern

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ZEIT ONLINE hat diese Meldung redaktionell nicht bearbeitet. Sie wurde automatisch von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) übernommen.

"Reichsbürger" vor Gericht: Der Prozess gegen die vier Angeklagten hat am Dienstag am Landgericht München II begonnen.
Der Prozess gegen die vier Angeklagten hat am Dienstag am Landgericht München II begonnen. © Sven Hoppe/​dpa
Vier mutmaßliche «Reichsbürger» stehen seit Dienstag in München vor Gericht, weil sie falsche Urkunden für einen «Bundesstaat Bayern» erstellt und verkauft haben sollen. Die drei Männer und eine Frau hätten sich selbst für die administrative Regierung dieses nicht existierenden Bundesstaats gehalten, hieß es in der vor dem Landgericht München II zum Prozessauftakt verlesenen Anklageschrift. Das Quartett habe es deshalb als Aufgabe gesehen, den «Bundesstaat Bayern» seit Dezember 2015 von einer Gemeinde im Landkreis Ebersberg aus in wechselnder Besetzung zu verwalten.

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft gingen die Angeklagten davon aus, der «Bundesstaat Bayern» sei einer von fünf sogenannten Gliedstaaten des «Deutschen Reiches» gewesen, das sie wiederbeleben wollten. Dazu sollen sie sich selbst Urkunden ausgestellt haben, die sie als Hoheitsträger, zum Beispiel als vermeintliche Ministerpräsidentin, auswiesen. Sie sollen aber laut Anklage auch vermeintlichen Angehörigen des «Bundesstaats Bayern» falsche Urkunden wie «Heimatscheine» verkauft haben.

Bis Dezember 2020 sollen vermeintliche Angehörige demnach mindestens 299 unechte Urkunden beantragt haben. Für die Herstellung der falschen Dokumente hätten die Angeklagten mehrere Tausend Bögen Papier, Präge- und Stempelutensilien erworben. In der Anklageschrift sind mehrere Gelegenheiten aufgelistet, wann die Angeklagten ihre unechten Dokumente bei öffentlichen Stellen genutzt haben sollen, um ihre vermeintliche Staatsangehörigkeit zu beweisen. Auch eine Staatskasse sei eingerichtet worden.

Sogenannte «Reichsbürger» berufen sich grundsätzlich darauf, dass das 1871 mit einem Kaiser an der Spitze gegründete historische Deutsche Reich fortbestehe und nicht mit Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 untergegangen sei. Deshalb erkennen sie die Bundesrepublik Deutschland nicht an - und auch nicht deren rechtsstaatliche Strukturen wie Parlament oder Gesetze. Sie wollen auch keine Steuern, Bußgelder oder Sozialabgaben zahlen.

Weitere mutmaßliche «Reichsbürger» in München vor Gericht
Die sogenannten «Reichsbürger» sind keine einheitliche Bewegung: Einige sehen sich als Staatsoberhäupter ihres eigenen kleinen Reiches mit eigenen Ausweisen und Nummernschildern. Diese nennt der Verfassungsschutz Selbstverwalter. Das Bundesamt geht insgesamt von rund 23.000 Menschen aus, die der Szene angehören.

Vor dem Oberlandesgericht München läuft derzeit einer von drei großen Prozessen gegen die mutmaßliche «Reichsbürger»-Gruppe Reuß, die laut Anklage einen gewaltsamen Umsturz der Bundesregierung geplant und dabei bewusst Tote in Kauf genommen haben soll.

Schon lange vor dieser Gruppe waren die mutmaßlichen «Reichsbürger» rund um den «Bundesstaat Bayern» ins Visier der Ermittler geraten. Im September 2017 durchsuchten Polizisten sieben Objekte in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, auch bei Führungsmitgliedern der Gruppe.

Herrmann: nicht nur «harmlose Spinner»
«Uns geht es darum, diese bizarre Organisation mit allen Mitteln des Rechtsstaats dauerhaft zu zerschlagen», sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) damals. Es handle sich nicht nur um «harmlose Spinner»: «Da können richtig gefährliche Menschen dahinterstecken, die selbst vor Mord nicht zurückschrecken, um ihre kruden Ideen durchzusetzen.»

Für den Prozess gegen das mutmaßliche Führungsquartett hat das Landgericht München II insgesamt zehn Verhandlungstermine geplant. Mit einem Urteil wäre demnach Mitte August zu rechnen.

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https://www.zeit.de/news/2024-07/16/prozess-um-urkundenfaelschung-fuer-bundesstaat-bayern
« Letzte Änderung: 4. August 2024, 22:10:56 von R. Kimble »
 
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