Ich stell das mal hier her, bitte allenfalls verschieben.
Nur für Männer und Weiber!
Ein neues besonders perfides Heilsversprechen macht aktuell in der Staatsverweigerer-Szene die Runde. Es wendet sich an Verzweifelte, denen eine Zwangsvollstreckung und Delogierung droht. Mit dem Versprechen diese bei “einem der höchsten Gerichte der Welt” erfolgreich zu bekämpfen wird leichtgläubigen Betroffenen der letzte Euro aus der Tasche gezogen.
Wie fast schon üblich wird dabei mit szenetypischem pseudojuristischen Geschwurble, größenwahnsinnigen Pseudolegitimationen und fantastischen Zahlen operiert. Zum Ziel sind Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Bank für Tirol und Vorarlberg (BTV) und zwei deutsche Amtsgerichte auserkoren.
Rädelsführer ist der deutsche Ulrich Schulz - und er gibt sich noch eine Spur deutscher als deutsch. Schulz lebt im Glauben, Privatsekretär von König Stefan dem I. von Preussen zu sein. 2016 hatte sich der Heizungs- und Lüftungsbauer Stefan Ratzeburg vor Reichsbürgern zum König von Preussen und des Regenten des “Interim-Staates Germanitien” selbst ernannt.
Im Frühjahr 2017 kam es zu einem ersten Showdown im Phantasiereich, König Stefan der I. widersetzte sich der Räumung seiner zwangsversteigerten Liegenschaft nahe Dortmund und wurde dabei schwer verletzt. Annähernd zwei Jahre hatte der Eigentümer erfolglos versucht den König samt Entourage aus dem ersteigerten Haus zu klagen. Zum finalen Räumungstermin lagen wohl auf beiden Seiten die Nerven blank, der König wurde mit einer Kettensäge verletzt und verlor beinahe beide Unterarme.
Der Täter wurde wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt, der König blieb dem Verfahren fern und kündigte stattdessen an eine Klage beim High Court of England and Wales einzubringen. Seither wird dieser Zwischenfall in der Reichsbürger-Szene als Attentat auf ihren König vermarktet, vor allem vom Wortführer der Bewegung, dem königlichen Privatsekretär Schulz.
Wie sein König ist auch Schulz eine originelle Persönlichkeit. Nachweise über Ausbildung und berufliche Tätigkeit lassen sich keine finden, wozu aber auch. Der Mann ist immerhin nicht nur Privatsekretär des Königs, sondern auch sein Aussenminister und Diplomat im Auftrag der UNO.
Sein angeblicher Diplomatenstatus ist ihm wichtig, daraus leitet er ab, dass er über nationalem Recht stehen würde und daher für seine Handlungen nicht belangbar sei. Mit bombastisch gestaltetem Internetauftritt behauptet Schulz deutscher Repräsentant des “Büro für internationale Kontrolle von Steuerbehörden” (OITC Germany), einer angeblichen Einrichtung der Vereinten Nationen, zu sein. Seit 1995 sei der US-Kambodschanische Doppelstaatsbürger Ray C. Dam “von den Nationen der Welt” als Leiter des weltweit agierenden OITC eingesetzt.
Die Webeite des OITC wird seit Ende 2009 nicht mehr aktualisiert, was damit zusammenhängen mag, dass Dam 2010 in Kamodscha wegen dieser Vorgänge inhaftiert wurde. Seit bestehen wird das OITC weltweit mit Betrugsfällen in Zusammenhang gebracht.
Am Internetauftritt der Pseudoorganisation wird verlautbart, dass allfällige Anfragen ob der Legitimität sinnlos sind, man folge dem Konzept der plausible deniability, nur wenige Staatsoberhäupte seien eingeweiht. Wer dennoch nachfragt wird umgehend beschuldigt Teil einer vermeintlichen zionistischen Verschwörung zu sein. Es liegt aber auch ohne entsprechende Antwort der Protagonisten auf der Hand, dass es sich beim OITC um ein Hirngespinst handelt.
Dieser Einschätzung folgten auch Banken und Gerichte, diverse Drohungen des Diplomaten und königlichen Privatsekretär waren fruchtlos und letzlich ist auch er mit einer Zwangsvollstreckung konfrontiert. Schulz reagiert darauf regelkonform – allerdings nach seinen eigenen Regeln.
Basierend auf Ausführungen seines in der Anonymität verharrenden Mitstreiters “Ayon” wird der High Court of England and Wales kurzerhand zu einem der drei “höchsten Gerichte der Welt” erklärt. Festgehalten sei dies im “International Commercial Law Contract” von 1863. Das Wort Contract hat “Ayon” allerdings dazu erfunden, bei dem Dokument handelt es sich lediglich um ein juridisches Lehrbuch von Leone Levi aus dem 19 Jahrhundert, das weder einen Vertrag darstellt, noch anderweitig verbindlichen Charakter hat.
Der laut “Ayon” enscheidende Hinweis, dass es sich um einen verbindlichen Vertrag handeln würde und somit der High Court of England and Wales das Gericht sei dem die ganze Welt untersteht kam – wie kann es anders sein – von der CIA. In der szenetypischen Sprache liest sich das wie folgt: “Es gibt also eine Stelle, welche für Männer und Weiber zuständig ist. […] vielen Dank, Jungs [CIA], für die „etwas andere Bestätigung“!”.
Mit diesem “Wissen” gewappnet reicht Schulz eine Zivilklage gegen Merkel, die BTV und zwei deutsche Amtsgerichte in der Höhe von 208 Millionen Euro beim High Court of England and Wales ein. Mit verdichtetem Rechtsempfinden sehr optimistisch wird dieser Vorgang nun als finaler Ausweg für all jene angepriesen, die sich mit einer Zwangsvollstreckung konfrontiert sehen. Man muss sich lediglich als Nebenkläger Schulz anschließen.
Beworben wird das mit vollmundigen Versprechungen auf einer eigenen Webseite und diversen Youtube-Videos. Schulz verlautbart darin in einem Nebensatz, dass bereits 40 Millionen Euro Verfahrenshilfe vom High Court of England and Wales zugesagt sind – alleine auf Nachfrage beim Gericht wird das nicht bestätigt. Hilfreich sei auch eine Mitgliedschaft im in der Schweiz registrierten Verein “Verein zur Förderung der zentraleuropäischen Kulturen” um 80 Euro. Als Kontakt des Vereines ist wiederum Schulz geführt und im geschlossenen Forum der Webseite tummeln sich etliche verzweifelte Leichtgläubige aus Deutschland und Österreich, die gerne diesen Obulus entrichten.
Nun könnte sich der High Court of England and Wales tatsächlich nach dem Criminal Justice Act von 1993 für Betrugsfälle ausserhalb seiner Jurisdiktion für zuständig erklären – so diese auf nachvollziehbaren Fakten basieren. Da dies hier selbstverständlich nicht der Fall ist landen die von Schulz und Sektenjüngern zugesandten Klagsformulare dort wo sie hingehören – im Reißwolf.
Obgleich der Beitritt zu Nebenklage fleissig beworben wird, scheint man das Scheitern im Königreich schon zu ahnen. In einem weiteren Schritt der Verzweiflung wird angekündigt eine “Strafanzeige bei Interpol” einzubringen. Interpol ist allerdings nur ein internationaler Zusammenschluss von Polizeibehörden, nimmt selbst keine Anzeigen an und verfügt auch über keinerlei Ermittlungskapazitäten.
Parallel dazu will man sich um Hilfe an den US Botschafter in Berlin, Richard Grenell, wenden: “Er scheint einer der Guten zu sein der den Daumen auf unseren Politkaspern hält.”. Passenderweise hatte Grenell als freier Autor der Rechtsaußen-Plattform Breitbart zugearbeitet, dürfte in der königlichen Version der Realität also tatsächlich ein “Guter” sein. Wie zu erwarten wird das ebensowenig erfolgreich sein wie es das Hilfeansuchen an in Deutschland stationierte US-Truppen um militärische Unterstützung war.
Die angefragte Bank für Tirol und Vorarlberg möchte zu diesen Vorgängen keine Stellungnahme abgeben. Verständlich, dass man sich in der realen Welt lieber mit der Realität befasst.