Ich vermisse professionelle Distanz. Und zwar nicht auf Seiten von
@stk. Okay, vielleicht ein ganz klein bisschen. Aber es ist bei weitem nicht so schlimm, wie hier immer geschrien wird. Wirklich.
Aber im Einzelnen:
Ich versuche mich mal an einer ausführlichen Rezession.
Es fängt schon gut an:
Doch was am Tattag wirklich geschah, liegt auch nach fast 40 Verhandlungstagen im Dunkeln.
denn rein von dem was Steffen Könau (@stk) selbst geschrieben hat ist dem absolut nicht so. Der Tatablauf lässt sich selbst aus seinen meist sehr stark zu Ursaches Vorteil geschriebenen Artikeln herleiten.
Als "ganz großen Bahnhof" würde ich die Prozessauftakt auch nicht bezeichnen, da hat jemand ein fehlerhaftes und mMn* auch veraltetes Sprichwort verwendet. Ich hätte hier ja eher von "ganz großem Kino" gesprochen.
(Wen interessiert worin ich den Unterschied der Sprichworte sehe möge mir eine PN schreiben, lieber Steffen auch dir gebe ich so gerne Nachhilfe)
Adrian Virgil Ursache, 42, geboren in Rumänien, aufgewachsen in Süddeutschland und der Liebe ins Burgenland hinterhergezogen, fühlt sich im Recht, als er im August 2016 mit einem Revolver in der Hand SEK-Männern entgegentritt, die die gerichtlich verfügte Räumung des Familiengrundstückes sichern sollen. [sic!]
2 grobe Rechtschreibfehler enthält (wer bitte liest Steffens Artikel Korrektur?)
Ich habe jetzt dreimal genau gelesen und die Rechtschreibfehler nicht gefunden. Und ich halte mich für halbwegs fit in Sachen Orthographie, das gehört u.a. zu meiner Tätigkeitsbeschreibung…
Wo sind die Fehler?
Dann folgt eine tatsächlich sachliche Erläuterung warum selbst wenn die Polizei zuerst geschossen hat es keine Notwehr von Ursache war. Aber ich kann mir nicht helfen ich spüre in diesem Abschnitt einen gewissen Widerwille zwischen den Sätzen.
Kann mir wer sagen woran das liegt?
Ich würde sagen: Vorurteile. Ich lese diesen Widerwillen nämlich nicht.
Da in einem reißerischen Artikel über eine Regierungverschwörung gegen einen gut aussehenden Fußballtorwart der mal Schönheitskönig war die Wörter "Kuriosum" und "Paradoxon" nicht fehlen dürften wird im nächsten Satz über die Flugbahnen der Geschosses von Ursache spekuliert.
In einer chaotischen Situation wo jemand vermutlich im Fallen eine Waffe feuert muss man natürlich Alles genau nachvollziehen können, dass man das nicht Tat ist dann möglicherweise ein Anzeichen für eine Verschwörung.
Zunächst: Ich finde das nicht reißerisch.
@stk enthält sich hier übrigens ganz deutlich einer Wertung des Geschehens. Er stellt die Tatsachen fest (Der Beamte
hat sich ganz links von Ursache befunden. Ursache
behauptet, er habe sich nach rechts gedreht. Die Geschosse vom Beamten
haben Ursache von rechts getroffen.) und stellt dann anschaulich dar, warum es so nicht gewesen sein kann. Ich lese da weder etwas von Regierungsverschwörung, noch von sonstigen Vermutungen, die
@stk vielleicht angestellt hat oder auch nicht. Er stellt lapidar fest, dass der exakte Tathergang hier nicht festgestellt wurde. Er vermutet nichtmal (was naheliegt), dass Ursache einfach die Tatsachen nicht korrekt darstellt (um nicht zu sagen: lügt). Sondern er stellt schlicht und einfach Fakten dar.
Ich halte es für unredlich, ihm vorzuwerfen, dass er das in einer sprachlich "ansprechenden", weil jedenfalls anschaulichen Form tut. Denn die MZ ist eben auch eine "Ware" die verkauft werden muss. Die wenigsten Leser dürften studierte Germanisten sein. Der Wurm muss dem Fisch schmecken.
Hier vermissen ich die üblichen Ausrufezeichen und Einselfer der Verschwörungstheoretiker zu denen [stk] wohl nun gehört!(einself)
Gegen diesen möchte ich
@stk explizit und deutlich in Schutz nehmen. Verschwörungstheorien in dem Sinne, wie wir sie hier im Forum ansonsten behandeln, sind in seinem Artikel nicht zu erkennen. Derartige Vorwürfe hat er nicht verdient. Gerade gegenüber einem Journalisten und das ist
@stk, und – entgegen in diesem Forum wohl beliebten Ausführungen kein schlechter! – ist das wirklich ehrenrührig.
Das folgende dumme Geschwätz zum Thema des Revolvers hat Steffen wohl nur eingebunden um die Worte "zentralen Rätsel" unterzubringen.
Ich möchte mal eine andere Interpretationsmöglichkeit des "dummen Geschwätzes" anbieten, das
@stk hier verfasst hat:
Wie soll Ursaches Revolver als Beweis dafür dienen, dass aus ihm nicht geschossen wurde?
Eines der zentralen Rätsel. Bei einem Revolver(...)
Wie soll Ursaches Revolver als Beweis dafür dienen, dass aus ihm nicht geschossen wurde? (Das ist) eines der zentralen Rätsel.
Ich formuliere mal um: Eines der zentralen Rätsel ist, wie Ursaches Revolver als Beweis dafür dienen soll, dass aus ihm nicht geschossen wurde?
Das ist wirklich eines der zentralen Rätsel und zwar der Verteidigungsstrategie. Denn ob aus dem Revolver geschossen wurde oder nicht, sollte sich anhand forensischer Untersuchungen (Schmauchspuren etc.) nachweisen lassen. Und ansonsten ist die Sache tatsächlich etwas rätselhaft. Letztlich gibt es zwei Möglichkeiten: Aus der Waffe wurde nicht geschossen, oder aus der Waffe wurde geschossen und danach die Trommelstellung verändert. Auf letztere Möglichkeit geht
@stk sogar ein und gibt wieder, dass es die Polizisten wohl nicht gewesen sein dürften (würde auch keinen Sinn machen).
Ein Fanboy würde hier die Schlussfolgerung ziehen, also sei aus dem Revolver nicht geschossen worden. @stk lässt die Sache einfach offen. Er spekuliert nicht einmal, ob Ursache bewusst manipuliert habe, oder die Trommelstellung im Laufe seines Zubodengehens manipuliert wurde, oder beim Sichern der Person (ich an Stelle der Beamten hätte die Waffe erstmal von ihm entfernt), oder... Die Wiedergabe von Fakten nennt sich "Bericht" und ist Aufgabe der Presse.
Wobei ich mich frage aus welchem Zusammenhang er die Worte des LKA-Waffenexperten gerissen gar die wohl waren: "Da stimmt irgendetwas nicht."
Wieso muss das aus dem Zusammenhang gerissen worden sein? Ich habe die Aufnahmen von der Tatortsicherung gesehen. Die sind nur Minuten nach der Schießerei entstanden. Klar ist, dass die Waffe nicht in einem Zustand unmittelbar nach Schussabgabe aufgenommen wurde. Dazu passt die Trommelstellung einfach nicht. Gleichzeitig soll aus der Waffe ein Schuss abgegeben worden sein. Wäre ich der LKA-Waffenexperte, hätte ich an dieser Stelle gesagt: "Da stimmt irgendetwas nicht."
Ich habe dazu übrigens inzwischen meine eigene kleine Verschwörungstheorie. Die werde ich hier aber nicht ausbreiten. Am Ende übernimmt sie die versammelte Fanbase von Ursache noch und das wäre wirklich misslich.
Aber auch ich bin der Auffassung, dass hierzu nicht ausreichend aufgeklärt wurde. Was wirklich nicht für die sachsen-anhaltinische Polizei spricht.
Hier kann man glauben, dass Adrian Virgil Ursache in Steffen Könau einen richtigen Fanboy gefunden hat! Es werden die großartigen Verdienste die keiner berücksichtigt hat von Adrian Virgil Ursache nochmal erwähnt und auch, dass er "glücklich verheiratet mit einer früheren „Miss Germany“ und Vater zweier Söhne [sic!]" ist darf man nicht vergessen zu erwähnen.
Ich lese hier nichts von Fanboytum. Ich lese auch keine großartigen Verdienste. Das könnte aber auch daran liegen, dass ich nicht viel auf schönes Aussehen gebe. Oder, drastischer formuliert, mit "Schönheitskönigen" und "Schönheitsköniginnen" nur Mitleid habe, weil ihr einziges "Kapital" erstens nicht selbst erarbeitet und zweitens vergänglich ist. Sie also effektiv im Leben nichts haben. Gleiches gilt für sein Scheitern als "Telefonverkäufer" und "Solarunternehmer". Das erregt in mir eher Mitleid als Verdienst. Und selbst wenn man es als Verdienst sehen wollte, selbst wenn man das für "etwas erreichtes" hielte – betont es doch nur umso mehr (ebenso wie übrigens die Familie), wie verantwortungslos er vorging. Anstatt seiner Frau (ebenfalls
TaugenichtsSchönheitskönigin) und seinen beiden Söhnen aus der wirtschaftlichen Not zu helfen, wie es die Gesellschaft insbesondere von Männern (und erst recht von solchen "Prachtexemplaren", um SDs Wortwahl zu nutzen) erwartet, liefert er sich lieber eine Schießerei mit der Polizei.
Auch wichtig ist die Verschwörungsthese, dass Virgil ein sexueller Übergriff angehängt wurde weil er einen Betriebsrat gründen wollte weshalb der arme Virgil, dann "Fachliteratur über Straf- und Völkerrecht [sic!]" gelesen hat ist sehr wichtig.
Dieser sexuelle Übergriff (für den Ursache iirc verurteilt wurde? Ich weiß es nicht mehr) war vermutlich der "Knacks" in Ursaches Leben, der ihn auf die schiefe Bahn zum Reichsbürger führte. Jedenfalls erinnere ich mich daran, dass er schon vorher als bedeutsam in Berichten auftauchte. Wenn Ursache durch die Verurteilung (ob nun zu Recht oder zu Unrecht ist für sein persönliches Empfinden tatsächlich völlig egal) psychisch derartig abrutschte, dass am Ende seines Weges diese Schießerei stand, dann ist das sehr bedeutend für die Berichterstattung. Denn das ist der Auslöser. Ursaches eigene Wahrnehmung (es sei ihm angehängt worden, weil er einen Betriebsrat habe gründen wollen) ist hierfür bedeutend. Und darum wird sie berichtet.
Außerdem: Bevor Du Satzbau bei einem Journalisten kritisierst, achte auf Deinen eigenen.
Es folgt nochmal eine Auflistung wie klug und eloquent (noch so ein Wort das wohl den Anteil akademischer Wörter erhöhen soll) doch ist. Deshalb ist Virgil auch eine große Nummer in der Reichsbürgerszene.
Nein, der Hinweis auf Ursaches Eloquenz soll nicht den Anteil der akademischen Wörter erhöhen, sondern darstellen, dass er tatsächlich eloquent ist. Man hätte auch redegewandt schreiben können, zugegeben. Aber eloquent steht im Duden. Ich halte es für übertrieben, ihm diese Wortwahl vorzuwerfen.
Genau aufgrund dieser Außenwirkung war Ursache tatsächlich eine große Nummer zu seiner Zeit. Er ist einer der sehr wenigen, der ohne großes Netzwerk (im Sinne von gezielt ihn fördernden Strukturen, ich halte ihn für einen nicht gesteuerten Einzeltäter) eine schier unglaubliche, dreistellige Anzahl von Unterstützern auf sein Grundstück mobilisierte. Das schaffen die wenigsten unserer Kunden. Gleichzeitig war Ursache, soweit selbst wir das nachvollziehen können, vergleichsweise kurz publikumswirksam in der Szene unterwegs.
Kurzum: Der Absatz hat seine Daseinsberechtigung, weil er das Geschehen zutreffend (und neutral) einsortiert.
Er selbst genießt die Anerkennung und versichert, dass er für seine Aufgabe, dem „System“ die Maske vom Gesicht zu reißen, auch zu sterben bereit sei.
Hiermit endet der Artikel dann unerwartet. Irgendwie hatte ich noch ein zusammenfassendes Fazit erwartet, dass die genannten Themen zusammenführt. So verbleibe ich verwundert über das plötzliche Ende und mit dem Gefühl, dass der rote Faden hier völlig fehlt etwas ratlos zurück.
Vielleicht überlässt
@stk dem Leser ja die Schlussfolgerung einfach selbst? Dass das wunderbar funktioniert hat, sieht man an den völlig unterschiedlichen Interpretationen, die Du und ich hier an den Tag legen. Du hältst ihn für einen Fanboy. Ich für einen neutralen Berichterstatter, der zwischen den Zeilen quasi alle kritisiert. Womit er übrigens Recht hat. Denn dieser Polizeieinsatz ist ja bekanntlich, ich werde nicht müde es zu betonen, nicht vollkommen reibungslos gelaufen.
Fazit:
Schlechter Artikel, der primär die Strategie der Verteidigung nachplappert und dem der rote Faden völlig fehlt.
Das sehe ich gänzlich anders. Die Notenvergabe ist übrigens wirklich übergriffig.
Journalistik - 5,0 (durchgefallen, keinerlei Neutralität bzw. Reflexion gewisser Behauptungen erkennbar, Kritik ist einseitig, es wird nur eine Sichtweise erläutert)
Das stimmt nicht. Ich halte das für sehr neutral, da er eben keine Position bezieht. Er stellt Tatsachen fest. Seine Kritik ist eben nicht einseitig. Er erläutert beide Sichtweisen. Das ist seine Pflicht als Journalist. Das als "durchgefallen" zu bezeichnen, halte ich für anmaßend.
Ich plädiere weiterhin dafür, die "Lügenpresse!"-Rufe unserer Klientel zu überlassen. Sachliche, inhaltliche Kritik an der Berichterstattung (vlg. den Revolver): Gerne. Aber in der gegebenen Form halte ich das für nicht mehr sachlich und für den hehren Anspruch, den wir hier an uns selbst haben ("Wir sind die Guten!") für zu kurz gegriffen. Ich bin enttäuscht.