Bei anderen würde man sagen, die sind kindisch, beim Söllner Hans ist es Kunst, oder so:
Spoiler
Söllner hatte bereits Covid-19. Zehn Tage lang sei er damals platt gewesen, hatte hohes Fieber, "mir ging es schlecht". Der Krankheitsverlauf: alles andere als locker. "Ich weiß, wovon ich spreche. Ich bin also weit davon entfernt, Corona infrage zu stellen", macht er im Vorfeld des Gesprächs klar. Querdenker? "Sicher nicht."
Mit Covid-19 zehn Tage "platt gewesen"
Aber sagen müsse man schon können, was einen beschäftigt, etwa das: "Wenn es dem Staat tatsächlich um die Gesundheit der Bürger ginge, dürfte es schon lange keinen Alkohol und keine Zigaretten mehr geben." Mit der Regierung steht Söllner schon seit langem auf Kriegsfuß. Mal läuft es besser, mal schlechter.
Aktuell ist er in jedem Fall genervt von der Situation, in der sich Musiker befinden, wenn sie Konzerte geben. "Ich bin ein Individuum, ich möchte Musik für alle machen", sagt er. Wo er ist, sei auch jeder andere willkommen.
Das sieht man auch an anderer Stelle: Hans Söllner ist häufig in Bad Reichenhall anzutreffen. Dort hat er sein Stammcafé, sitzt viel draußen. Er ratscht, manchmal beobachtet er auch nur Menschen. Man kann ihn ansprechen, muss sich nur trauen. Als er vergangenes Jahr als Oberbürgermeisterkandidat für Bad Reichenhall kandidierte, hatte er kein Wahlprogramm. Sein Vorschlag: sich treffen, zusammensetzen, dann kommen die Themen sowieso auf den Tisch. Er erhielt 8,4 Prozent der Stimmen.
"Mir ist wichtig, dass die Leute am Leben teilnehmen können"
Wenn Hans Söllner auf der Bühne steht, seine bissigen Lieder zum Besten gibt, begleitet von seiner Gitarre oder der Mundharmonika, "dann ist es mir wichtig, dass die Leute gut drauf sind und am Leben teilnehmen können". Zufriedene, verliebte, ausgeglichene Leute sind das, was ihm gefällt.
Lange Zeit fehlten die glücklichen Gesichter. Hans Söllner saß seit Beginn der Pandemie oft zuhause, sah sich in seinen Freiheiten beraubt, durfte nicht arbeiten. "Ich bin abhängig von dem, was ich tue, von meinen Konzerten", sagt er.
Nichtstun ist kein Modell: Er hat Kosten
Natürlich ist er durch das erste Jahr gekommen, er hat in der Vergangenheit gut mit seiner Musik verdient. Aber das Nichtstun sei kein Ewigkeitsmodell. Söllner hat zwei Kinder, beide in Ausbildung, das kostet. Sein Haus hat der 65-Jährige mittlerweile verkauft. Er betont, dass es ihm mit diesem Schritt gut gehe. Er wohnt nun zur Miete, in einem Anbau. "Mir reicht das", sagt er. Söllner hat keine Heizung, nur einen Holzofen, einen Garten, "da geht es mir richtig gut".
"Wichtig ist, dass man etwas Gutes zum Essen hat, keine Eier aus der Legebatterie, dass der Kühlschrank immer voll ist – und eine warme Bude." Söllner sagt, er sei angekommen, dort, wo er jetzt ist, er habe sich selbst "runtergefahren" in all den Monaten, hat seine Motorräder verkauft.
Zahlungen zu leisten hat er trotzdem: Das Auto braucht er, um zu Konzerten zu fahren, die Sekretärin zur Verwaltung und Organisation seines Künstlerlebens. "Mein Büro werde ich aber aufgeben – weil ich es mir nach so langer Zeit nicht mehr leisten kann."
Hans Söllner will versöhnen und nicht spalten
Der gebürtige Reichenhaller hat sich lange darauf gefreut, wieder Konzerte spielen zu dürfen. Und nun bereiten dem Liedermacher 2G und 3G+ Probleme – geimpft oder genesen, bei 3G+ steht das dritte G für "getestet" - das "+" für den PCR-Test. Unter diesen Voraussetzungen möchte Söllner keine Konzerte geben. Maskenpflicht? Dann lieber weniger Leute und ausreichend Abstand.
Im Gespräch unterstreicht er: "Ich bin auf der Welt, um die Menschen zu versöhnen, nicht zu spalten." Durch Maßnahmen, bei denen einzelne Gruppen nicht mehr dieselben Rechte haben, würde eine Spaltung aber vorangetrieben. Seinen Konzertbesuchern, die einen Schnelltest aus eigener Tasche zahlen, möchte er künftig die Hälfte der Kosten zurückerstatten. Zu seinen Lasten lieber Konzerte mit weniger Menschen stattfinden lassen, dafür mit viel Lebensfreude, schlägt er vor. Besser also zwei Konzerte hintereinander geben, als einige Leute im Vorfeld auszuschließen.
Sollte die 2G-Regelung "Gesetz werden, dann muss ich mit dem Musikspielen aufhören". Er werde dann lieber kleine Auftritte absolvieren, Wohnzimmerkonzerte zuhause bei den Leuten anbieten. Sollte es sich gar nicht mehr lohnen und könnte er Techniker, Veranstalter und das ganze Drumherum nicht mehr zahlen, "dann gehe ich besser in den Baumarkt und räume Regale ein – oder beantrage Sozialhilfe".
Die nächsten Konzerte, die er spielen wird, finden in Bogen statt, dann in Kelheim. In seiner Heimat, dem Berchtesgadener Land, ist bislang kein Auftritt geplant. "Ich wüsste nicht, wo ich für mein Publikum spielen könnte", sagt er.