Irgendwo wurde auch schon mal über den seinerzeit saftigen Preis, den das KRD für diese dann nur einmal genutzte Krönungshalle gezahlt haben sollte, diskutiert. Die gesamte Vorgeschichte dieser Immobilie nach 1990 würde mich auch mal interessieren und ob da auch wieder G&L ihre Finger im Spiel hatten, denn so kann man "es" ja schließlich auch machen und das ganz ohne goldene Kloschüsseln.
Fangen wir also mit dem ersten Weltkrieg an. Im damals selbstständigen Piesteritz wurden die
Reichsstockstoffwerke gegründet: Anorganischer Dünger für die Landwirtschaft und Ausgangsstoff für Sprengstoffe. Im örtlichen Sprachgebrauch ist das das Südwerk, es liegt südlich der Bahnstrecke Roßlau-Falkenberg. Direkt am Rand (aber ein Nachwendebau) liegt die ehemalige "Staatskanzlei", zunächst Firmensitz der Firma
Lauer. In DDR-Zeit hieß das Werk
VEB Stickstoffwerk Piesteritz. Der Name täuscht etwas: Wie bei Chemiewerken üblich, waren das eine ganze Anzahl von verschiedenen Werken an einem Standort und mit einer Firma.
Anfang der 1970er Jahre entstanden nördlich der Bahnanlage weitere Chemieanlagen: Ammoniak, Harnstoff, Salpetersäure, Edelgase. Das war keine kleine Investition: Einige Anlagen wurden aus Japan gekauft, sie sind in Betrieb und gelten wegen der ständigen Anpassung als hochmodern. Im Zuge dieser Investitionen wurden eine Vielzahl an Begleitbauten errichtet, wir kommen zur "Krönungshalle". Das Gebilde ist (man sieht das auf den Fotos und Videos nicht) eine dreischiffige Halle - oder sagen wir besser: drei verbundene Hallen. Eine davon ist -sagen wir so- unterkellert. Das alles ist auch nicht so ganz klein, leider etwas abgewohnt. (Im letzten Verkaufsprospekt sind unten mehrere Risse, da sieht man das ganz gut; vielleicht kann das jemand nochmals verlinken.) Das gesamte Gebilde war die
Hauptwerkstatt der Stickstoffwerke.
Zur eigentlichen Frage mein Anteil:
Mit der Wende kam die komplette Industrie der DDR in die Hand der
Treuhandanstalt, das komplette Unternehmen firmierte um in Stickstoffwerke AG. Gleichzeitig wurden erste, völlig unrentable Anlagen und auch die größten Dreckschleudern abgerissen. Die Aufgabe der Treuhandanstalt bestand in der Privatisierung der Unternehmen. Das gestaltete sich bei den großen Chemieunternehmen Mitteldeutschlands als undurchführbar, daher (ähnlich Buna und Leuna) wurde der attraktive Anteil verkauft - hier an
SKW Trostberg. Dieser Anteil firmierte nach Besitzerwechsel um in
SKW Piesteritz GmbH. Mehrere weitere privatisierbare Anteile wurden an andere Unternehmen verkauft: Auf dem Gelände der VEB Stickstoffwerke arbeiten heute sicher 15 verschiedene Chemieunternehmen.
Die Treuhandanstalt wurde relativ schnell abgewickelt, die Restarbeiten erfolgten über die
TLG. Da wurden die Reste dann (so mein Eindruck) mehr oder weniger verramscht. Die Hauptwerkstatt kam nach meiner Erinnerung der damaligen Gerüchtelage an ein Berliner Unternehmen, welches das aber nicht verwerten konnte oder wollte. Dann verliert sich die Spur. - Erst mit der lustigen "Krönung" rieb sich halb Wittenberg verwundert die Augen: Heh, das ist doch die Hauptwerkstatt der Stickstoffwerke? Wie kommt der denn da ran?