Sodele, da ja fast alle das wirklich gute Werk von Herrn Ginsburg gelesen zu haben scheinen, fällt meine pseudo-fachmännische Rezension etwas kürzer aus, aber bischen Lobhudelei aus Buchhändlerkreisen darf schon sein, finde ich!
Das Bibliographische vornweg:
978-3-360-01331-6 T. Ginsburg "Die Reise ins Reich" Eulenspiegel Verlag 17,99 Euro
Ich bin sehr froh, dieses Buch gelesen zu haben. Ja, zugegeben, als, mehr oder minder, aktiv mit-lesendes Element des SonnenStaatLandes hält sich der Kiefer-fällt-unkontrolliert-nach-unten-Faktor des Buches für mich in erstaunlichen Grenzen, aber ich darf schonmal attestieren, selten beim Thema "Nebenkulturen" und Verschwörungstheorien eine solch gelungene Balance zwischen Sachlichkeit und ungläubig-ironisierendem Humor erlebt zu haben. Man glaubt Herrn Ginsburg ohne Zweifel sowohl seine Abscheu und sein Unverständnis den kruden Theorien und Welten unserer Kunden gegenüber wie auch die ehrliche Sorge um so manche Gestalt, die er auf seiner Reise kennenlernen durfte. Die Beschreibungen um "Jimmy", eines von Rüdis "Opfern", zum Beispiel halte ich für sehr eindrücklich und, was den ekelerregenden "Charakter" des Rüden anbelangt, sehr entlarvend. Man ist manchmal fast in Gefahr, "et Rüdili" einfach als Lachnummer abzutun, nach der Lektüre des Buches fällt mir das nochmal schwerer, das ist gut.
Besonders gut fand ich folgende Passage, in der sehr prägnant nach den Ursachen der Reichi-Faszination geforscht wird. Allein für diese und ähnliche Zeilen lohnt es sich IMHO:
Vermutlich hat Dietmar recht. Es ist Nostalgie, allerdings nach einer BRD mit vollen Souveränitätsrechten, ohne Bespitzelung der Amerikaner, ohne Migranten, mit klar definierten nationalen Interessen und einer stahlharten Deutschen Mark im freien Wettbewerb. Heimweh nach einem Ort, der nirgends ist. Nostalgie nach einer zeit, die niemals war.
T. Ginsburg; "Reise ins Reich"; S. 196
Ansonsten? Erschreckend, wie vielfältig und, trotz Kinderkrankheiten, vernetzungswillig die Szene zu sein scheint. Es bleibt ein Streifzug durch die Szene unserer Kunden, wer eine erschöpfende Abhandlung lesen will mit tabelarisch dargestellten Statistiken und Verfassungsschutzbericht ist hier wohl falsch. Wer aber eine Idee von den Menschen hinter den Alu-Hüten und Truther-Sites bekommen möchte, der kommt wohl nicht drum'herum, diese Buch zu lesen.
Danke, Herr Ginsburg, ich habe es sehr genossen, Ihr Buch zu lesen!
4 1/2 Sterne von 6 wäre meine Bewertung
PS: Habe 5 Exemplare an meine örtliche Stadtverwaltung verkauft, wenn das nicht mal ne koole Sache ist!