Liebes Tagebuch,
da mir keine schlechtere Idee für ein neues Video eingefallen ist, rede ich mal wieder über mich, mich, mich. „Ich bin wieder da und berichte in diesem Video über die Gründe meiner Rückkehr aus Brasilien. Über das Unangenehme, was mich hier auch erwarten wird, spreche ich in einem anderen Video“ hielt ich als Teaser für ausreichend interessant oder was meinst du? Hallo? Wieso antwortest du nie?
Klaro, ich erzähle erst einmal von der lustigen Sause zu meiner Begrüßung. Im Video rede ich zwar von einem „wunderschönen völkischen Fest, mit Tänzen und Gesang und sehr guten Gesprächen,“ aber du weißt so gut wie ich, dass ich mit Axelander nur Kartoffelbrei gegessen habe. Hihi. „Ich kann jedem nur empfehlen, an solchen Veranstaltungen teilzunehmen, wenn sie sich denn bieten. Man muss halt auch ein bisschen wissen, wie man da ran kommt.“ Meinst du, ich hätte noch sagen sollen, dass man das Kartoffelbreipulver bei Aldi im Regal findet? Ich mein, meine Kameraden sind schließlich nicht die allerhellsten, manch einer verwechselt sogar den rechten Arm mit dem linken.
Da ich gern ein Held wäre, säusel ich davon, dass ich natürlich nur nach Deutschland zurückgekehrt bin, um aus dem Geschehen berichten zu können, also aus dem Krieg, in dem wir uns derweil befinden. „Ich hätte es nicht ausgehalten, in Brasilien zu sitzen und zu erleben, was hier passiert und das aus der Ferne zu kommentieren […].“ Natürlich habe ich in Brasilien viele Freunde gefunden, ich hätte auch einen Job gefunden, bezahlt sogar!, na ja, du kennst die Wahrheit: von wegen neue Freunde oder ein Job in Aussicht, ich war einfach pleite und habe zudem das Kitzeln von Axelanders Bartstoppeln vermisst und außerdem: „Unsere Haut ist einfach nicht für die Sonne da unten gemacht.“
Meinst du, es ist jemandem aufgefallen, dass mir in einem gänzlich unpassenden Kontext – ich schwallte gerade über die Vorzüge der dt. Sonne – das Wort „Beschneidung“ in einen Satz gerutscht ist?
„Und ich hatte richtig Lust, ein paar Kerzen aufzustellen […] und Weihnachten nachzufeiern.“ Ich habs dann aber gelassen; wer soll mir schon etwas schenken oder Zeit mit mir verbringen? Ok, Nahrath hätte ich fragen können, aber den müsste ich auch dafür bezahlen, dass er mit mir Zeit verbringt. Reden wir über etwas anderes.
Ich sagte zwar mal, dass all die „Spaziergänge“ nichts bewirken würden, das hält mich aber nicht davon ab, heute das Gegenteil zu behaupten. Ein Glück, dass mich ohnehin niemand ernst nimmt.
Wie du weißt, ist keine Geschichte von mir vollständig, wenn ich nicht das Opfer geben kann. Also erzähle ich eine weitere Story, die Münchhausen als zu unglaubwürdig verworfen hätte. [langweilig, daher nicht notiert, Anmerkung der Pausenaufsicht].
Füllwörter für die mir keine ganzen Sätze eingefallen sind: Ich, ich, ich, „deutsches Leben in Deutschland,“ „deutsche Kultur,“ ich, ich, ich, ich, „die Antifa ist eine schlimme Terrorgruppe,“ ich, ich, ich, „deutsche Straßen,“ ich, ich, ich, „meine Arbeit.“
So, liebes Tagebuch, ich freue mich, dass du mir zuhören durftest. Ich gehe jetzt das Holzbein von Opa Nerling polieren; wenn du wüsstest, was das Bein alles erlebt hat, Normandie, fast die Gustloff, Rheinwiesenlager, aber du kennst die ganzen Lügengeschichten ja schon...
Tüdelü!
Zur Desinfektion ein wenig finnischer Noise: Karjalan Sissit mit „Vittumainen Yksinäisyys“