Autor Thema: Der Volksleerer - Nikolai Nerling  (Gelesen 1771535 mal)

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Re: Der Volksleerer - Nikolai Nerling
« Antwort #11760 am: 28. November 2020, 19:33:05 »
Siehste? Und so führt ein Mangel an Phantasie zu Verschwörungstheorien über korrupte Strafverteidiger. Schande. Selbst hier...! >:D >:D :dance: :naughty: :whistle:
Eine von VRiBGH Prof. Dr. Thomas Fischer erfundene Statistik besagt, dass 90% der Prozessgewinner die fragliche Entscheidung für beispielhaft rechtstreu halten, 20% der Unterlegenen ihnen zustimmen, hingegen von den Verlierern 30% sie für grob fehlerhaft und 40% für glatt strafbar halten.
 
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Offline Vollmond

Re: Der Volksleerer - Nikolai Nerling
« Antwort #11761 am: 28. November 2020, 21:10:12 »
Die Gedenkstätte sieht das Urteil eher positiv.


Zitat
Die Höhe der Geldstrafe liegt unter dem Betrag des Dachauer Urteils, dies ist aber ausschließlich auf die vom Gericht als verschlechtert angenommene Einkommenssituation des Angeklagten zurückzuführen.

https://www.kz-gedenkstaette-dachau.de/nachrichten/hohe-geldstrafe-fuer-rechtsextremen-videoblogger/
 
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Re: Der Volksleerer - Nikolai Nerling
« Antwort #11762 am: 28. November 2020, 23:15:35 »
Zitat
Die Gedenkstätte bedauert außerordentlich, dass das das Gericht in seinem Urteil hinter den Forderungen der Staatsanwaltschaft zurückbleibt und prüft die eigenen rechtlichen Möglichkeiten. Rechtsmittel gegen dieses Urteil sind möglich.

Ich glaube, die Gedenkstätte sieht das Urteil am Ende nicht wirklich positiv - auch wenn das zu Beginn des Statements anders klingt.
 
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Offline SchlafSchaf

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Re: Der Volksleerer - Nikolai Nerling
« Antwort #11763 am: 28. November 2020, 23:19:18 »
Bei aller Verachtung für den Volllooser, ich hätte mich schwer gewundert wenn er dafür eine Gefängnisstrafe ohne Bewährung bekommen hätte.
Dazu ist er noch nicht oft genug verknackt worden
« Letzte Änderung: 28. November 2020, 23:40:12 von SchlafSchaf »
An Rüdiger Hoffmann: Der Faschist sagt immer, da ist der Faschist  (in Anlehnung an die Signatur des geschätzten MitAgenten Schnabelgroß)

Wir kamen
Wir sahen
Wir traten ihm in den Arsch
 
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dtx

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Re: Der Volksleerer - Nikolai Nerling
« Antwort #11764 am: 29. November 2020, 00:38:53 »
...

Ich glaube, die Gedenkstätte sieht das Urteil am Ende nicht wirklich positiv - auch wenn das zu Beginn des Statements anders klingt.

Das sehen andere Geschädigte zwar genauso, aber die richterliche Unabhängigkeit ist eben nicht mit einem Freibrief zur Willkür zu verwechseln.

 
 
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Re: Der Volksleerer - Nikolai Nerling
« Antwort #11765 am: 29. November 2020, 01:27:48 »
die richterliche Unabhängigkeit ist eben nicht mit einem Freibrief zur Willkür zu verwechseln.

ganz genau! Deswegen verstören mich ja immer solche Aussagen, dass Politiker zur Verantwortung gezogen werden. Ohne jetzt Jurist zu sein, sehe ich in unseren Gesetzen nicht, dass ein Verkehrsminister für eine Entscheidung in Sachen Infrastruktur, zB, persönlich haftbar gemacht werden kann.

Die Leute, die eine solche Willkür fordern würden aber schon einen einfachen Abgeordneten für das einfache Hand heben köpfen, wenn es denn nicht in ihrem Sinne gewesen wäre.
"gott erhalte putin. und zwar bald."

(danke an @siemers auf twitter für diesen wunderschönen tweet)
 
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Re: Der Volksleerer - Nikolai Nerling
« Antwort #11766 am: 29. November 2020, 15:14:33 »
Der Volksnervling hat gerade ein Prozessvideo veröffentlicht. Konnte erst nur einen Teil anhören. Bonmot: Das Rechtsmittel gegen den Strafbefehl sei ein voller Erfolg gewesen, da die Geldstrafe um die Hälfte reduziert worden sei.

Was der Leerer offenbar nicht weiß: Ein Einspruch gegen den Strafbefehl, beschränkt auf die Höhe des Tagessätze, hätte es auch getan und hätte nicht die (hohen) Anwalts- und die (eher niedrigen) Gerichtskosten produziert.
 
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Re: Der Volksleerer - Nikolai Nerling
« Antwort #11767 am: 29. November 2020, 16:19:29 »
Jetzt sollte man noch die Mehrkosten wissen und das aufrechnen.
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Re: Der Volksleerer - Nikolai Nerling
« Antwort #11768 am: 29. November 2020, 16:20:29 »
Endstation Rechts berichtet über den Prozess:
https://www.endstation-rechts.de/news/berufungsprozess-nikolai-nerling-wegen-volksverhetzung-verurteilt.html

Nichts, was man hier nicht schon gelesen hätte.
Niemand sollte diskreditiert werden, weil er anderer Meinung ist. Aber wer Blödsinn erzählt, hat kein Recht darauf, ernst genommen zu werden.
 
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Re: Der Volksleerer - Nikolai Nerling
« Antwort #11769 am: 29. November 2020, 16:44:06 »
Radlmaier hat jetzt auch endlich seinen Bericht für die SZ geschrieben:


Zitat
Volksverhetzung an der KZ-Gedenkstätte Dachau

Das Unsägliche und das Unsagbare

Der manipulative Auftritt des selbst ernannten "Volkslehrers" Nikolai Nerling vor Schülern an der KZ-Gedenkstätte Dachau erfüllt den Tatbestand der Volksverhetzung. Dieses Urteil bestätigt das Landgericht im Berufungsverfahren. Der rechtsextreme Blogger kündigt Revision an
Spoiler
Von Thomas Radlmaier, München/Dachau

 
Am Freitagvormittag schreitet eine 16-jährige Schülerin in den Saal B275 des Landgerichtes München. Im Zeugenstand nimmt sie Platz und spricht aus, was in diesem außergewöhnlichen Prozess gesagt werden muss. Dass sie und andere Schulkameraden im Februar 2019 im Rahmen eines Seminars die KZ-Gedenkstätte Dachau besuchten, den Ort, an dem die Nazis mehr als 41 5000 Menschen umbrachten. Dass die Angeklagten, Nikolai Nerling und dessen Kameramann, auf die Gruppe zukamen. Dass Nerling, der sich als der "Volkslehrer" in der rechtsradikalen Szene Deutschlands einen Namen gemacht hat, zu ihnen sagte: "Wir sollen nicht alles glauben, was uns hier erzählt wird." Richter Johannes Feneberg fragt, wie sie diese Aussage damals interpretiert habe. Die Schülerin antwortet, Nerling habe auf die NS-Zeit angespielt. "Ich habe es als Verleumdung des Holocaust interpretiert, auch wenn das Wort Holocaust nie gefallen ist."

Es sind die Zeugenaussagen von 16- und 17-Jährigen, die diesen Prozess gegen einen der bekanntesten Rechtsextremisten Deutschlands viele Stunden später am Freitagabend entscheiden werden. Um 22.07 Uhr erheben sich die Anwesenden im Saal B275, und Richter Johannes Feneberg verkündet das Urteil. Das Landgericht München verurteilt den rechtsextremen Videoblogger Nikolai Nerling wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 6000 Euro (150 Tagessätze). Richter Feneberg spricht Nerling schuldig, bei seinem Besuch der KZ-Gedenkstätte Dachau im Februar 2019 den Holocaust gegenüber der Schülergruppe geleugnet zu haben. Nerling wisse normalerweise, sich an der Grenze des Sagbaren zu bewegen, sagt Feneberg. "In diesem Fall wusste er es nicht." Nerling habe zu den Schülern gesagt, sie sollten nicht alles glauben, was erzählt werde. Vor dem Hintergrund des Ortes und der Umstände sei klar, dass das, was man nicht glauben solle, sich auf den Holocaust beziehe. Zudem habe Nerling mit seinem Verhalten in der Gedenkstätte die Schüler eingeschüchtert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Nerling hat auf seinem Telegram-Kanal angekündigt, in Revision zu gehen.

Das Berufungsverfahren gegen Nerling und seinen Kameramann dauert an beiden Verhandlungstagen bis in die späten Abendstunden. Einerseits der ständigen Pausen wegen, in denen Justizbeamte die Fenster öffnen, damit sich die Aerosole im Saal verflüchtigen. Andererseits weil das Gericht den Verteidigern bei der Befragung der Zeugen äußert viel Zeit einräumt und auf einige Anträge penibel eingeht. Es ist der Versuch, zumindest in diesem heiklen Prozess keine Verfahrensfehler zu begehen. Rechtlich bewegt sich diese Verhandlung ohnehin auf einem heiklen Gebiet.


 
Immerhin der Sachverhalt ist unstrittig: Nerling und sein Kameramann waren im Februar 2019 nach Dachau gekommen, um gegen den angeblichen "Schuldkult" zu filmen. Dabei erkannte ihn eine Referentin der Gedenkstätte, die gerade eine Schulklasse über das Gelände führen wollte. Sie hatte ihn zuvor auf einer rechtsextremen Demo in Bielefeld beobachtet, über die sie als Journalistin berichtete. Anschließend alarmierte sie die Verwaltung der Einrichtung und musste die Schülergruppe kurz alleine lassen. Währenddessen schlug Nerling das Tor des ehemaligen Konzentrationslagers mit der zynischen Aufschrift "Arbeit macht frei" zu und rief den Schülern dahinter zu, dass sie jetzt eingesperrt seien. Eine Respektlosigkeit und Verhöhnung nicht nur der mehr als 41 500 Menschen, welche die Nazis in dem KZ Dachau umbrachten, sondern auch aller anderen Opfer des Nationalsozialismus. Mehrere Schüler belasten Nerling in der Verhandlung schwer. Sie berichten, Nerling habe zu ihnen gesagt, sie sollten nicht alles glauben, was ihnen in der KZ-Gedenkstätte erzählt werde. Eine 16-Jährige sagt sogar, Nerling habe zu ihnen gesagt: "Wir sollen uns hier nicht manipulieren lassen, weil das meiste ist eh Quatsch, was hier passiert ist." Zwar hat Nerling laut den Schülern niemals die Worte "Holocaust", "Schoah" oder "Gaskammern" verwendet noch konkrete Opferzahlen genannt. Doch mehrere Jugendliche geben in ihren Zeugenaussagen an, sie hätten die Aussagen so interpretiert, als beziehe sich Nerling darin auf die Verbrechen des Nationalsozialismus und besonders in den Konzentrationslagern.

Es ist die klassische Methode von Nikolai Nerling und anderen Rechtsextremen: In der Öffentlichkeit robben sie sich an den Grenzen des Sagbaren entlang. Sie machen Anspielungen, nennen Stichworte, stellen suggestive Fragen oder geben Leugnern der Schoah eine Bühne. Sie selbst leugnen den Holocaust nicht explizit, weil dies strafbar wäre. Doch ihr Publikum weiß genau, was gemeint ist.

Die Verhandlung vor dem Landgericht kreist um die Frage, ob Nerlings Verschleierungsaussagen rechtlich als Volksverhetzung und damit Holocaustleugnung zu werten sind, auch wenn er Worte wie "Holocaust" oder "Schoah" nicht explizit sagt. Das Amtsgericht Dachau hatte diese Frage im Dezember 2019 bejaht und ihn auch wegen Hausfriedensbruch zu einer Geldstrafe in Höhe von 10 800 Euro verurteilt. Auch Nerlings Kameramann wurde damals in Dachau der Beihilfe zur Volksverhetzung schuldig gesprochen. Gegen das Urteil war Nerling rechtlich vorgegangen.


 
Im Berufungsverfahren halten die Anwälte der Angeklagten lange Plädoyers, in denen sie vor allem das Urteil des Dachauer Amtsgerichts als unrechtmäßig darstellen. Dieses sei eine "Abstrafung für die Gesinnung meines Mandanten", sagt Nerlings Anwalt. Die Verteidiger sprechen von einem "politischen Prozess". Die Medien hätten eine "Empörungswelle" losgetreten und so öffentlichen Druck auf die Gerichte aufgebaut, die deshalb gar nicht anders könnten, als ihre Mandanten zu verurteilen. "Wir machen hier kein Gesinnungsstrafrecht", hält ihnen Feneberg später entgegen. Es sind Verschwörungsmythen, die vor allem in den Echokammern Anklang finden sollen, die Nerling mit seinem Videos bedient. Die Anwälte plädieren auf Freispruch. Dagegen fordert der Staatsanwalt eine sechsmonatige Haftstrafe für Nerling. "Dachau ist das zweitbekannteste KZ nach Auschwitz. Es ist ein Symbol für den Holocaust an sich", sagt er. Es sei schwierig, Nerlings Äußerung gegenüber den Schülern anders zu verstehen.

Schließlich wird Nerling wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt, die geringer ausfällt als beim Urteil des Amtsgerichtes. Im Berufungsverfahren folgt das Landgericht dem Amtsgericht Dachau damit nur bedingt. Zwar ist Nerling nach wie vor schuldig, den Holocaust mit seiner Aussagen gegenüber den Schülern geleugnet zu haben. Doch es spricht ihn frei vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs. Der Hintergrund dazu wirft einige Fragen auf, auf die es in den nächsten Wochen Antworten geben muss. Die Gedenkstätte hatte im Februar 2019 bei der Polizei Dachau Nerling und seinen Kameramann wegen Hausfriedensbruchs angezeigt. Doch der dazugehörige Strafantrag der Gedenkstätte gegen Nerling ist verschwunden. Nur noch der Strafantrag gegen Nerlings Kameramann liegt vor.

Die Polizistin, die damals im Einsatz war, sagt vor Gericht: "Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass beide Anträge gestellt wurden." Wie es sein kann, dass ein Strafantrag nicht zu den Akten gelangt, könne sie sich nicht erklären. Doch dem Gericht unter dem Vorsitzenden Feneberg reicht diese Aussage nicht aus. "Der Strafantrag ist nicht da und wir wissen nicht, ob es ihn gab", sagt der Richter. Während Nerling vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs deshalb freigesprochen wird, wird sein Kameramann schuldig gesprochen. Er bekommt eine Geldstrafe in Höhe von 1500 Euro (50 Tagessätze). Anders als vor dem Amtsgericht Dachau spricht ihn das Landgericht aber frei, Beihilfe zu Volksverhetzung geleistet zu haben.


 
Die Angeklagten schweigen die meisten Zeit. Sie sitzen hinter Plexiglasscheiben, hören zu, was die Zeugen aussagen. Doch konkret zu den Vorwürfen wollen sie sich lange nicht äußern. Erst als ihnen Feneberg um kurz vor 20 Uhr das letzte Wort erteilt, beginnen sie zu sprechen. Der Kameramann distanziert sich von Nerling. Er habe die Zusammenarbeit mit dem "Volkslehrer" beendet, sagt er. Dessen Arbeit sei ihm zu politisch geworden. "Meine Motivation war es, kulturelle Videos zu machen", sagt er. Seine Stimme zittert. Das Gericht hält diese Aussage nicht für überzeugend. Nerling und sein Kameramann wollten gegen den "Schuldkult" filmen. "Das wird nicht zum kulturellen Video, nur weil das Wort Kult darin vorkommt", sagt Feneberg.

Um 19.50 Uhr bekommt schließlich Nikolai Nerling seine große Bühne. Auch bei ihm zittert die Stimme. Er habe den Menschen mit den "Anti-Schuldkult-Videos" etwas Gutes tun wollen. "Ich wollte ihnen das Gefühl der Schuld nehmen." Dann spricht er über seinen Vater. Dieser habe ihn antifaschistisch erzogen. Er habe gedacht, es sei nicht gut deutsch zu sein. Doch er habe begriffen, dass er sich dessen nicht zu schämen brauche. In seinem Schlussstatement geriert sich Nerling als Kämpfer für die Meinungsfreiheit. "Es ist schlimm, in der BRD rechts zu sein. Wenn Rechte ihre Meinung sagen, missbrauchen sie das Recht auf Meinungsfreiheit." Menschen wie er würden ums Überleben kämpfen. Er habe den Schülern nur sagen wollen: "Hinterfragt Dinge ganz generell." Zum Abschluss der großen "Volkslehrer"-Show rezitiert Nerling im Gerichtssaal das Knecht-Ruprecht-Gedicht: "Von draußen, vom Walde komm ich her..." Als Nerling fertig ist mit seinem Gedicht, wird im Saal noch einmal kräftig durchgelüftet.
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https://www.sueddeutsche.de/muenchen/dachau/volksverhetzung-an-der-kz-gedenkstaette-dachau-das-unsaegliche-und-das-unsagbare-1.5131712
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Re: Der Volksleerer - Nikolai Nerling
« Antwort #11770 am: 29. November 2020, 17:33:35 »
aus dem Artikel der Süddeutschen:
Zitat
Zum Abschluss der großen "Volkslehrer"-Show rezitiert Nerling im Gerichtssaal das Knecht-Ruprecht-Gedicht: "Von draußen, vom Walde komm ich her..."
 

Da kam wohl der Grundschullehrer in ihm durch. :facepalm:

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Re: Der Volksleerer - Nikolai Nerling
« Antwort #11771 am: 29. November 2020, 17:45:38 »
Zitat
Als Nerling fertig ist mit seinem Gedicht, wird im Saal noch einmal kräftig durchgelüftet.
;D

Nie geraten die Deutschen so außer sich, wie wenn sie zu sich kommen wollen. (Tucholsky)
Manchmal ist etwas leiser schon viel lauterer als laut.(G.H.)
 

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Re: Der Volksleerer - Nikolai Nerling
« Antwort #11772 am: 29. November 2020, 19:46:07 »
Zum Abschluss der großen "Volkslehrer"-Show rezitiert Nerling im Gerichtssaal das Knecht-Ruprecht-Gedicht: "Von draußen, vom Walde komm ich her..."
Da hat die Angst vor dem Knast aber schon ein paar Synapsen durchgezündet, wenn er sich mit Weihnachtsgedichten Mut zusprechen und das Unvermeidliche um ein paar Kindheitserinnerungen hinauszögern musste...

Was für ein erbärmlicher Feigling.

Off-Topic:
Ob ihm dabei aufgefallen ist, dass die bösen Kinder auf den rechten Teil bekommen?
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Re: Der Volksleerer - Nikolai Nerling
« Antwort #11773 am: 29. November 2020, 20:06:11 »
Also langsam aber sicher kriege ich auch einen ordentlichen Hals!!  :facepalm:

Nicht nur, dass Nikolai sein neues Video zum Prozess fahrend in einem Auto dessen Rücksicht mit einem Tuch verhängt ist, dreht, er ist auch noch nicht Mal angeschnallt dabei!

Und lehnt sich rechtlich sehr weit aus dem Fenster, indem er ein Buch in die Kamera hält, „indem schließlich nachzulesen sei, dass in Dachau keine Gaskammern gefunden worden seien.
Somit sei das kein Vernichtungslager gewesen, sondern nur ein Arbeitslager!“

Also wenn das keine Relativierung des Holocausts war, während mehrere Verkehrsregeln missachtet wurden, dann weiß ich auch nicht!

Hat jemand das Video gesichert?
 
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Re: Der Volksleerer - Nikolai Nerling
« Antwort #11774 am: 29. November 2020, 20:13:02 »
Also langsam aber sicher kriege ich auch einen ordentlichen Hals!!

Wie sagen die Qanon-Tr0ttel so schön: "Trust the plan."

Früher oder später wird er im Knast landen. Bis dahin zurücklehnen und die Show genießen. :happy1: Popcorn?
Frei nach Loriot: Ein Leben ohne Hut-Mops ist möglich - aber sinnlos.
 
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