Diese Frage sollte man vielleicht genauer ansehen:
Ein Parlament ist da, damit dort die Volksvertreter aller Parteien konstruktiv über Anträge, Ideen und Vorschläge beraten und abstimmen, um das Beste für das Volk zu tun. Und nicht um den Bundestag zu einer Bühne für den Politikkampf zu machen.
Das
kann man so sehen, ist aber nur
eine einzige Auffassung von Politik bzw. der Rolle eines Parlaments im Staat. Man kann Politik als eine Art "Problemlösen" verstehen. Es gibt aber noch viele abweichende Auffassungen, was Politik sei. Ich möchte zumindest zwei andere Gesichtspunkte erwähnen:
- Politik hat die Aufgabe, die - durchaus unterschiedlichen - Interessen innerhalb einer Bevölkerung eines Staates zu vertreten und auf friedliche Weise zu Kompromissen zu bündeln. Diese Sichtweise sieht Politik zuallererst als Interessenvertretung.
- Politik dient dazu, den Willen einer Mehrheit durchzusetzen. Dieses Verständnis von Politik berücksichtigt, dass es kein objektives Kriterium dafür gibt, was "das Beste" oder "das Gemeinwohl" sein soll, sondern dass hinter jedem Entscheid eine Absicht, also ein Wille steht, der sich in der Politik durch formale Beschlüsse z. B. im Parlament und durch die Machtmittel des Staates durchsetzt.
In der Phase die Weimarer Republik genannt wird, ging es am Ende soweit, dass vor wichtigen Abstimmung Reichstagsabgeordnete der NSDAP von Kommunisten ermordet wurden und kommunistische Reichstagsabgeordnete von der SA. Davon sind wir glücklicherweise weit entfernt aber dennoch hat in der Weimarer Republik alles damit angefangen, dass das Parlament als "Kampfarena" missbraucht wurde - wie heute.
Im ersten Satz wird eine Behauptung aufgestellt, die im zweiten Satz sogleich entkräftet wird. Davon abgesehen, stellt sich auch hier wieder die Frage, welche Sicht man auf die Arbeit eines Parlamentes hat. Mir scheint, dass in früheren Zeiten, etwa in den 1970er-Jahren, die Fetzen im Bundestag noch ganz anders Flogen als heute. Damals waren aber nur drei Parteien überhaupt vertreten, allerdings wurden die Gegensätze der politischen Meinungen zumindest verbal durchaus kräftig vertreten, wenn man an Leute wie Wehner oder Schmidt-"Schnauze" denkt. Demgegenüber erscheint der Bundestag heute manchmal sogar als sehr "brav".
Zudem darf man fragen, was die Wähler machen sollen, wenn sie zur Bundestagswahl gerufen werden. Sie können ja eigentlich nur darauf schauen, was die Abgeordneten gemacht haben, wofür oder wogegen sie gestimmt haben. Dann geben die Wähler eben denjenigen ihre Stimme, die am häufigsten für das eingetreten sind, was sie auch selbst wollen.
In der US-Verfassung gibt es eine Vorschrift, der zufolge bei manchen Abstimmungen ausdrücklich die Stimme jedes einzelnen Abgeordneten im "public record" vermerkt werden muss, sodass die Wähler jederzeit nachsehen können, wer wofür oder wogegen gestimmt hat. Diese Vorschrift stammt noch aus dem 18. Jahrhundert.
Entweder SPD oder CDU oder beide regieren, der Rest meckert aber stimmt nichtmal zu selbst wenn Vernünftige Anträge kommen, es könnte ja der Verdacht entstehen man mache sich mit der Regierung gemein...
Auch hier wieder die Frage: Woran misst sich, ob ein Antrag vernünftig sei oder nicht?
Wie bereits oben angedeutet, wissen Abgeordnete nicht nur in Deutschland, dass die Wähler beobachten, wofür oder wogegen sie gestimmt haben, und dass sie dies bei ihren Wahlentscheidungen berücksichtigen.
Wann wird der Bundestag zu einem Ort, an dem dafür gekämpft wird, die beste Lösung für das Volk zu erarbeiten, anstatt für die eigenen Prozente?
Auch hier stellt sich wieder die Frage, welches Bild von Politik man hat. "Das Volk" gibt es nun mal nur als Abstraktion, alle möglichen Gruppen und Schichten haben unterschiedliche Interessen, Vorlieben und Absichten. Daher ist es nicht möglich, etwas für "das" Volk zu tun, sondern immer nur etwas, was einer bestimmten Gruppe zugute kommt. In manchen Fällen sind die Interessen gegenläufig verteilt: Der Käufer freut sich über tiefe Preise, dem Verkäufer gefällt ein hoher Preis. Ein Preis kann aber nicht zugleich tief und hoch sein. Dasselbe gilt für Mieten, Zinsen, Renten, Löhne usw. Man kann sich in der Politik also immer nur auf die eine oder die andere Seite schlagen oder aber einen Kompromiss zu finden versuchen.
Es gibt daher auch kein Kriterium, nach dem objektiv bestimmt werden kann, was "die beste Lösung" sei, schon gar nicht für "das" Volk.
Dass Parteien und deren Abgeordnete in einem Parlament die Interessen derjenigen vertreten, die sie gewählt haben, ist daher nicht nur natürlich und vernünftig, sondern durchaus auch zum Funktionieren von Demokratie notwendig, denn je mehr Parteien untergehen, desto weniger unterschiedliche Interessen werden in der Politik vertreten.
Offenbar schwebt dem Fragesteller aber eher eine Einheitspartei vor, deren Abgeordnete das vorgeblich "Beste" für ein "Einheitsvolk" mit "Einheitsinteressen" verfolgen. Das gab's in Deutschland ja schon, mindestens zwei Mal, und beide Male kam es nicht gut heraus.