Gründe:
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Der am 3. Mai 2017 sinngemäß gestellte Antrag,
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die mit Bescheid vom 13. Februar 2017 verfügte vorläufige Dienstenthebung auszusetzen,
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hat keinen Erfolg.
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Nach § 63 Abs. 1 LDG NRW kann die Aussetzung einer gemäß § 38 Abs. 1 LDG NRW verfügten vorläufigen Dienstenthebung beim Gericht der Hauptsache beantragt werden. Die mit Bescheid vom 13. Februar 2017 verfügte vorläufige Dienstenthebung des Antragstellers ist nicht auszusetzen, weil keine ernstlichen Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen (§ 63 Abs. 2 LDG NRW).
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Gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW kann die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde einen Beamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird.
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Die materielle Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung hängt demgemäß von der Prognose ab, ob das Disziplinarverfahren voraussichtlich zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führt. Ernstliche Zweifel im Sinne von § 63 Abs. 2 LDG NRW sind daher zu bejahen, wenn nicht überwiegend wahrscheinlich ist, dass das gegen den Antragsteller geführte Disziplinarverfahren zu seiner Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen wird.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. Oktober 2016 – 3d B 1064/16.O -, juris, Rn. 9 (zu §§ 38, 63 LDG NRW); Bayerischer VGH, Beschluss vom 20. April 2011 - 16b DS 10.1120 -, juris, Rn. 34; OVG Bremen, Beschluss vom 16. Mai 2012 - DB B 2/12 -, juris, Rn. 19 m.w.N. (jeweils zu §§ 38, 63 BDG).
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Da im gerichtlichen Verfahren nach § 63 LDG NRW für eingehende Beweiserhebungen kein Raum ist, muss das Gericht anhand einer ihrer Natur nach nur summarisch möglichen Beurteilung des Sachverhalts auf der Grundlage des aktuellen Sach- und Streitstandes entscheiden, ob die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis wahrscheinlicher ist als eine unterhalb der Höchstmaßnahme liegende Disziplinierung.
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OVG NRW, Beschlüsse vom 26. Oktober 2016 – 3d B 1064/16.O -, juris, Rn. 11, und vom 14. November 2007 - 21d B 1024/07.BDG -, juris, Rn. 4.
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Nach diesen Maßgaben ist es derzeit wahrscheinlicher, dass der Antragsteller aus dem Beamtenverhältnis entfernt wird als eine unterhalb der Höchstmaßnahme liegende Disziplinierung. Es besteht die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der Antragsteller ein Dienstvergehen begangen hat, das aufgrund der Schwere des Pflichtenverstoßes und der Würdigung seines Persönlichkeitsbildes voraussichtlich seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zur Folge haben wird.
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Es besteht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der Antragsteller gegen die politische Treuepflicht nach § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG verstoßen hat. Diese Norm fordert, dass Beamtinnen und Beamte sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.
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Die politische Treuepflicht gebietet, dass der Beamte den Staat und seine Verfassungsordnung bejaht, sie als schützenswert begreift, sich zu ihnen bekennt und aktiv für sie eintritt. Die Treuepflicht fordert vom Beamten, dass er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, dessen Organe und Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren.
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Vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975 – 2 BvL 13/73 –, juris.
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Dies ist nicht gewährleistet, wenn ein Beamter als „Reichsbürger“ oder Anhänger der „Reichsbürgerbewegung“ die Geltung des Grundgesetzes und die verfassungsmäßigen Strukturen der Bundesrepublik Deutschland in Frage stellt.
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Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 22. März 2017 – 3d B 296/17.O –, juris, Rn. 7; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21. Mai 2015 – 10 M 4/15 u.a. –, juris, Rn. 24; VG Magdeburg, Urteil vom 30. März 2017 – 15 A 16/16 –, juris, Rn. 45 ff.; VG München, Beschluss vom 20. Juni 2016 – M 5 S 16.1250 –, juris, Rn. 26.
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Der Antragsteller ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Anhänger der „Reichsbürgerbewegung“. Hierfür sind folgende Feststellungen maßgeblich: Der Antragsteller stellte mit einem auf den 25. August 2016 datierten Schreiben an das Einwohnermeldeamt der Stadt N. einen „Antrag auf Einbürgerung in den Staat Preußen“ und einen Antrag auf Wiedereinbürgerung in den Staat Preußen. Zur Begründung führt er unter anderem aus: „Die BR(v)D (Bundesrepublik von Deutschland) war und ist kein Staat“ (Seite 1). Der Antragsteller gibt an, er sei nicht im Besitz eines Personalausweises der BR(v)D (Bundesrepublik von Deutschland - Seite 6). Zudem gebe er mit dem Antrag seinen Reisepass zurück „als willentlichen Ausdruck einer „Inbesitznahme“ der mir zustehenden Staatsangehörigkeit im Staate Preußen“. Die weiteren Ausführungen von insgesamt elf Seiten entsprechen dem Gedankengut der sog. Reichsbürger.
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Vgl. ausführlich Wilking (Hrsg.), „Reichsbürger“ – Ein Handbuch, abrufbar unter
http://www.verfassungsschutz.brandenburg.de/media_fast/4055/Reichsbuerger%20Ein%20Handbuch.pdf; Was sind „Reichsbürger“, abrufbar unter
http://www.verfassungsschutz.sachsen.de/download/Reichsbuerger_Broschuere.pdf; Werner, DRiZ 2016, 130; Caspar/Neubauer, LKV 2012, 529 ff.; Bundesministerium des Innern, Verfassungsschutzbericht 2016, Seiten 89 ff., abrufbar unter
https://www.verfassungsschutz.de/de/oeffentlichkeitsarbeit/publikationen/verfassungsschutzberichte.
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Der Antrag ist ebenso wie die beigefügte Begründung von dem Antragsteller unterschrieben.
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Unerheblich ist, dass der Antragsteller den Antrag im Januar 2017 zurückgenommen hat. Dies allein genügt angesichts der weiteren Indizien nicht, um sich glaubhaft vom Gedankengut der „Reichsbürgerbewegung“ zu distanzieren.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. März 2017 – 3d B 296/17.O –, juris, Rn. 7.
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Es kommt hinzu, dass der Antragsteller von seinem dienstlichen Email-Account am 27. Oktober 2016 eine Email an einen Mitarbeiter in Dezernat 24 des M. Nordrhein-Westfalen (M. NRW) schrieb, der Informationen zur sog. Reichsbürgerbewegung in das Intranet der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen einstellt. Der Antragsteller schrieb unter dem Betreff „Das Phänomen der Reichsbürgerbewegung“:
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„Guten Morgen!
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Dank für deinen guten Beitrag im Intrapol! Vielleicht noch zwei kleine Hintergrundinfo:
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1. Der Staatenbund „Deutsches Reich“ als Institution des Völkerrechtes ist zu keinem Zeitpunkt untergegangen und somit existent (BVerfG 2 BvF 1/73 Urteil vom 31.7.1973) Dies bedeutet, dass die Bundesstaaten des damaligen „Deutschen Reiches“ nach wie vor existent sind, jedoch derzeit handlungsunfähig sind.
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2. Spätestens nach dem Urteil des IGH Den Haag vom 3. Dezember 2012 Germany vs. Italy dürfte unwiderlegbar bewiesen sein, dass die BR(v)D (Bundesrepublik von Deutschland) kein Staat i.S. juristischer Definierung ist, sondern lediglich eine Verwaltungsmacht darstellt.“
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Der Antragsteller stellt damit die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und ihre verfassungsmäßigen Strukturen und Organe sowie ihre Legitimation in Abrede.
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Es ist auszuschließen, dass der Antragsteller nur „versehentlich“ in dieser Weise gehandelt hat. Denn die aufgrund des Beschlusses der Disziplinarkammer vom 23. November 2016 sichergestellten Unterlagen belegen, dass sich der Antragsteller umfassend mit der Ideologie der „Reichsbürgerbewegung“ beschäftigt hat. Exemplarisch sei zunächst auf die Zeitschrift „Heimat ist ein Paradies – Wege zur Wiedererlangung unserer Heimat und Rechtsfähigkeit“ verwiesen, die Gedankengut der sog. Reichsbürger enthält (Beiakte 4, Asservat Nr. 3). Gleiches gilt für die Ausführungen „Die BRD-Lüge“ (Beiakte 4, Asservat Nr. 20). Nicht zuletzt wird auf die handschriftlichen Aufzeichnungen des Antragstellers in seinem Notizbuch hingewiesen, die vom Ermittlungsführer im Vermerk vom 20. Januar 2017 auszugsweise wiedergegeben wurden (Beiakte Heft 1, Bl. 113 ff.). Diese Aufzeichnungen zeigen, dass sich der Antragsteller gedanklich mit typischen „Reichsbürger-Inhalten“ beschäftigt und sich diese zu Eigen gemacht hat. So schrieb er in der Nacht zum 25. November 2015: „Ich denke, dass wir alle „Bürger“ des „Deutschen Reiches“ sind und die BRD lediglich eine Geschäftsführung darstellt, die in ihren Rechten stark eingeschränkt ist.“
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Die Erklärung des Antragstellers, er sei weder „Reichsbürger“ noch Anhänger der „Reichsbürgerbewegung“ noch habe er sich jemals an Aktivitäten der „Reichsbürgerbewegung“ beteiligt, ist nicht geeignet, die Begründung, dass der Antragsteller Anhänger der „Reichsbürgerbewegung“ ist, zu entkräften.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. März 2017 – 3d B 296/17.O –, juris, Rn. 11.
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Der persönlich unterschriebene Schriftsatz des Antragstellers vom 17. Juli 2017 belegt durch Formulierungen und Argumentation vielmehr eindrücklich, dass der Antragsteller das Gedankengut der sog. Reichsbürger nach wie vor verinnerlicht hat und nach außen vertritt.
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Es ist demnach überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller gegen die politische Treuepflicht nach § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG verstoßen und dadurch ein sehr schwerwiegendes Dienstvergehen i.S.v. § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen hat.
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Nach einer Gesamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigenden Umstände wird der Antragsteller mit überwiegender Wahrscheinlichkeit aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Er dürfte nach § 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW durch das sehr schwerwiegende Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben. Von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelte persönlichkeitsbezogene Milderungsgründe, die einzeln oder in einer Gesamtbetrachtung zum Absehen von der Höchstmaßnahme führen können, liegen nach bisherigem Erkenntnisstand nicht vor.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 1 LDG NRW i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.