@aargksGibt es für die Festsetzung der Gesamtstrafe eine neue Hauptverhandlung ?
Juristische Standardantwort: Es kommt darauf an. Wann immer es möglich ist, wird die Gesamtstrafe in dem zeitlich letzten Strafverfahren und auf Grund der dortigen Hauptverhandlung gebildet. Es werden dann alle Strafen, die bis dahin rechtskräftig verhängt wurden und die einbezogen werden müssen, einbezogen. Ist das nicht möglich, z.B. weil zum Zeitpunkt der letzten Hauptverhandlung noch irgendwo ein anderes Verfahren anhängig ist, wird die Gesamtstrafe nachträglich durch Beschluss, also ohne neue Hauptverhandlung, gebildet.
Zur "Berechnung" der Gesamtstrafe hat
@Tuska schon alles gesagt. Das bedeutet, dass es der Pudelkönig mit den Verurteilungen dieses Jahres nach heutigem Stand schon locker auf ungefähr sechs Jahre Gesamtfreiheitsstrafe bringen könnte. Allerdings sind alle drei Urteile noch nicht rechtskräftig.
Wie kann das hier ablaufen: Wenn ich das richtig sehe (man kann bei diesem Angeklagten ja leicht den Überblick verlieren), wird es aus der beim AG Wittenberg im März 2017 entschiedenen Sache (Fahren ohne Fahrerlaubnis usw.) noch ein weiteres Berufungsverfahren beim Landgericht Dessau-Roßlau geben. Aber selbst wenn bis dahin die Revision im Untreueverfahren des LG Halle erledigt, also verworfen oder zurückgewiesen ist, wird das Landgericht Dessau-Roßlau die Gesamtstrafe nicht bilden können. Denn im dortigen Verfahren, das ja beim Amtsgericht Wittenberg begann, können höchstens vier Jahre Freiheitsstrafe verhängt werden. Die Strafgewalt des Berufungsgerichts dürfte also nicht für die fällige Gesamtstrafe ausreichen. Also wird diese Gesamtstrafe nachträglich durch Beschluss gebildet.
Falls die Revision im Untreueverfahren beim Bundesgerichtshof Erfolg haben sollte, womit wir im Interesse des dann mit der Sache befassten neuen Gerichts erstmal nicht rechnen wollen, kommt es wahrscheinlich zu einer neuen Hauptverhandlung bei einer anderen Strafkammer des LG Halle (oder eventuell einem anderen, vom Bundesgerichtshof bestimmten Landgericht, letzteres kommt bei erstmaliger Revision aber eher selten vor). Ein glatter Freispruch im Revisionsverfahren ist möglich, aber ebenfalls eher selten. Wenn dann bei der neuen Hauptverhandlung alle anderen Verfahren rechtskräftig abgeschlossen sind, kann die Gesamtstrafe in diesem neuen Verfahren gebildet werden. Anderenfalls müsste es wieder die nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe durch Beschluss geben.
Für die nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe durch Beschluss ist - wie schon
@vollstrecker zutreffend ausgeführt hat - nach § 460 StPO das Gericht zuständig, welches die höchste Einzelstrafe verhängt hat. Das ist hier das Landgericht Halle, das dem Pudelkönig im Untreueverfahren zu drei Jahren und acht Monaten Freiheitsstrafe verholfen hat.
Edith:
@Tuska hat wie immer vollkommen Recht. Die Zuständigkeit des LG Halle ergibt sich aus § 462a Abs.3 StPO, in § 460 StPO ist nur das Verfahren als solches geregelt.
@WittenbergerDas beim AG Neustadt/Rbge. begonnene Verfahren befindet sich ja in der Berufung beim Landgericht Hannover und ist dort nach § 154 StPO vorläufig eingestellt worden, weil die drei Monate Freiheitsstrafe gegenüber all den anderen Strafen ja kaum ins Gewicht fallen. Wenn es tatsächlich zu einer Gesamtstrafe in der Größenordnung von fünf bis sechs Jahren kommt, dürfte es dort zur endgültigen Einstellung kommen.
Über das Verfahren in Hof liegt uns offenbar kein Update vor. Rechtskräftig abgeschlossen ist es offenbar nicht. Ich könnte mir vorstellen, dass es auch dort zur vorläufigen Einstellung nach § 154 StPO kommen wird oder schon gekommen ist.