Schade, dass das mit dem Haftbefehl nicht geklappt hat. Aber trotzdem: Läuft perfekt für unseren Kommissar Mimimi.
Ein Jahr und einen Monat ohne Bewährung....da müsste doch eine Gesamtstrafe gebildet werden, oder? Die Münchner Bewährung dürfte ja noch laufen.
Spoiler
Amtsgericht Weiden verurteilt Thüringer TV-Journalist aus der "Reichsbürger-Szene" zu Haft
Der Staat wehrt sich
Wie viel muss sich der öffentliche Dienst von einem amtsbekannten Querulanten gefallen lassen? Nicht alles. Ein "freier TV-Journalist" aus Thüringen kassiert am Donnerstag vom Weidener Amtsgericht eine Haftstrafe ohne Bewährung. Er soll Justizmitarbeiter beleidigt und ihnen gedroht haben.
Da der 44-jährige Angeklagte der Reichsbürger-Szene zugeordnet wird, wurde die Sicherheit im Justizgebäude erhöht. Die Weidener Polizeiinspektion verstärkte mit knapp einem Dutzend Beamten die Justizwachtmeister. Es gab eine zweite Einlasskontrolle am Sitzungssaal, bei der auch der blasse Thüringer einen gültigen Ausweis vorlegte. Zu seinem Begleiter sagte er: "Und wer zahlt das alles? Der Steuerzahler."
Tauziehen um Personalien
In der Verhandlung war die Kooperationsbereitschaft schon bei der Abfrage der Personalien aufgebraucht. "Wie ist Ihr Vorname?", fragte Richter Dr. Alexander Wedlich. Antwort des Angeklagten: "Als Journalist oder als Privatperson?" Das Spiel wiederholte sich drei Mal, dann drohte Wedlich mit der Inhaftierung bis Verhandlungsende. Staatsangehörigkeit? "Ungeklärt", beharrte der 44-Jährige, bis Pflichtverteidiger Rouven Colbatz seufzend einräumte: "Dann sag's halt ich: deutsch."
Der Angeklagte protestierte gleich Zu Beginn gegen die Verlesung seines Bundeszentralregisters ("entspricht nicht der Grundwahrheit") und forderte die Löschung sämtlicher persönlicher Daten aus den Datenbanken der Justiz. Bei missbräuchlicher Verwendung stellte er 125 000 Euro Schadensersatz in Aussicht.
Und flugs war 44-Jährige wieder in dem Fahrwasser, das ihn vor das Weidener Amtsgericht gespült hat. Die Staatsanwaltschaft warf ihm Beleidigung und versuchte Nötigung vor. Ende 2016 soll der Angeklagte bei einer Justizangestellten am Weidener Landgericht angerufen haben. "Das ganze Gespräch war ein Brüllen und Schreien", erinnerte sich die 40-Jährige an den Anruf mit Dresdner Vorwahl. Der Sprecher habe keinen Namen genannt, sondern sich als "Vertreter von amnesty international" vorgestellt und eine Auskunft zu einem laufenden Zivilverfahren gefordert. Die bekam er - mit Verweis auf das laufende Verfahren - nicht. Er habe sie dann "bestimmt 35 Mal" gefragt, ob sie das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland anerkenne. Am Ende fragte er: "Haben Sie sich schon vom Amtsarzt untersuchen lassen?"
In den Folgetagen bombardierte der Angeklagte den Weidener Landgerichtssprecher per E-Mail mit einem "Fragenkatalog" zur "Loyalität des Landgerichts zum Grundgesetz". Der Richter antwortete mit einem Zwei-Zeiler und erntete folgende Antwort: "Kann es sein, dass Sie eine antidemokratische Neigung in sich tragen?" Es folgte noch ein "eher fruchtloses" Telefonat, so der Justizsprecher im Zeugenstand, dass er schließlich beendet habe. 15 Minuten später hatte der Richter die nächste Mail im Postfach: Wenn der Fragenkatalog jetzt nicht endlich beantwortet werde, würden die Dienstaufsicht eingeschalten und 5000 Euro Schadensersatz verlangt.
Vor Gericht stritt der Angeklagte den Telefonanruf ab. Die Mails räumte er ein. Eine Nötigung sah er nicht. "Das Recht auf Pressefreiheit wird in weiten Teilen der Welt brutal unterdrückt." Er habe nichts erpressen wollen, sondern seinen "ganz legalen" Informationsanspruch als Journalist "offiziell einklagen" wollen. So argumentierte auch Verteidiger Colbatz: "Sonst müsste jeder Anwalt wegen versuchter Nötigung vor den Kadi gezerrt werden." Der Staatsanwalt sah das anders. Es sei ja wohl nicht so, dass man "als Journalist überall anrufen kann und eine Antwort bekommen muss": "Presse- und Meinungsfreiheit haben Grenzen, und zwar genau dann, wenn die Menschenrechte anderer Personen verletzt werden."
Für den Staatsanwalt fiel ins Gewicht, dass der Thüringer einschlägig unter Bewährung stand. Das Bundeszentralregister weist seit 2012 zehn Einträge auf. Eine günstige Sozialprognose erkannte der Staatsanwalt nicht. Der 43-Jährige habe kein Einkommen, strebe dies auch nicht an, er bezieht aber auch keine Sozialleistungen. Wovon er lebe? Zitat: "Ich werde unterstützt von der Religionsgemeinschaft."
Colbatz forderte Freispruch. Der Staatsanwalt plädierte auf 1 Jahr 10 Monate und beantragte - erfolglos - einen sofortigen Haftbefehl wegen Fluchtgefahr. Der Strafrichter urteilte auf 1 Jahr 1 Monat - ohne Bewährung. Das Delikt der Beleidigung sei dem Angeklagten offenbar "nicht wesensfremd und entspricht seinem Charakter". Die versuchte Nötigung sah das Gericht als erfüllt an. Auf zulässige Presseanfragen gebe es rechtmäßige Auskunft. Aber nicht jede "unverschämte" Anfrage sei durch Meinungsfreiheit gedeckt.
Berufung angekündigt
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Pflichtverteidiger Colbatz kündigte für seinen Mandanten Berufung an. Dann würde erneut in Weiden - am Landgericht - verhandelt.
Presse- und Meinungsfreiheit haben Grenzen, und zwar genau dann, wenn die Menschenrechte anderer Personen verletzt werden.
Staatsanwalt
Deutschlandweit vor Gericht
Reichsbürger - oder "nur" notorischer Querulant? In der Vergangenheit trat der 44-Jährige des öfteren als Rechtsbeistand für "Reichsdeutsche" auf, unter anderem 2013 bei einem Gerichtsverfahren in Dresden, wo er als "Anwalt der Menschenrechte" angekündigt wurde und dann nicht kam. Auch in Weiden warf der Hauptschulabsolvent, der seinen Beruf mit "Programmierer und Kraftfahrer" angibt, mit Paragrafen nur so um sich. Einen Einblick in seine Unterdrückungsphantasien gibt sein Facebook-Account. Für den Prozess in München hatte das Landgericht einen psychiatrischen Gutachter bestellt. Der attestierte zwar narzisstische Züge, aber keine psychische Krankheit.
Mit dem 44-Jährigen beschäftigten sich seit 2012 Gerichte in Suhl, Roda, Jena, München, Rastatt, Mühlhausen, Leipzig und Erfurt. Die Verurteilungen erfolgten meist wegen Beleidigung, aber auch Nötigung, falscher Versicherung an Eides Statt, Verletzung des vertraulichen Wortes, Urkundenfälschung, Fahren ohne Erlaubnis. Sieben Mal wurde der Thüringer zu einer Geldstrafe verurteilt. 2014 sprach das Landgericht München eine Freiheitsstrafe von anderthalb Jahren auf Bewährung aus. (ca)