Horst Mahler mag in diesem Umfeld agiert haben, er war aber auch schon vor dem Deutschen Herbst eher national bzw. ultrakonservativ verortet. Auch seine Mitgliedschaft in der Studentenverbindung „Landsmannschaft Thuringia“, lassen linke Wurzeln nicht gerade vermuten, denn diese Karnevalsvereine sind nicht unbedingt ein Hort linker Gesinnung.
Dass die politischen Extreme nicht weit auseinander liegen, konnte man schon immer daran festmachen, dass sie zu Freiheitsrechten im Allgemeinen und der Meinungfreiheit Anderer ein eher angespanntes Verhältnis haben.
"Seid ihr von der judäischen Volksfront?" - "Judäische Volksfront? Quatsch, wir sind die Volksfront von Judäa!"
Mit dem Thema des Verhältnisses von Freiheitsrechten würde ich in diesem Kontext etwas aufpassen, weil man das mMn nicht so ganz zu Ende gedacht ist. Ich würde vielleicht eher mit "Freiheitsbegriffen" arbeiten und wenn man sie die ansieht und dabei ehrlich zu sich selbst ist, wird man zu dem Schluss kommen, das weder das rechts Spektrum, noch das Linke und genau so wenig, die sogenannte politische Mitte da ein allumfassendes Bild vorweisen können, an das sie sich auch konsequent halten.
- Das Freiheitsbild der rechten ist rassistisch/völkisch konnotiert, von dem her braucht man sich da mit der Frage der Akzeptanz allgemeiner Freiheitsbegriffe nicht näher zu befassen, die sind nicht vorhanden.
- Auf der linken Seite sieht es so aus, das auf Grund des Paradigmas Klassengegensätze die Freiheit der kapitalistischen Klasse mit der der arbeitenden Klassen unvereinbar ist, insofern auch hier kein allumfassender Freiheitsbegriff.
- Was nun die sogenannte politische Mitte (soll nicht abwertend sein, ich halte das halbkreisförmige Modell nur für unpassend) anbetrifft, bejaht diese zwar innerhalb der eigenen Gesellschaft einen mehr oder minder allgemeingehaltenen Freiheitsbegriff, ist sich aber gleichsam nicht zu schade ihre wirtschftlichen Existenzbedingungen an Strukturen zu binden, die diesen Begriff negieren. D.h. die politische Mitte Europas bejaht zwar einen allgemeinen Freiheitsbegriff, ist sich aber nicht zu schade diese Freiheit mit der Unfreiheit der afrikanischen und asiatischen Gesellschaften zu erkaufen.
Insofern sehe ich zwei Freiheitsbegriffe, die auf Partikuarinterssen bauend vertreten werden (rechts und links) und einen der zwar Allgemeingültigkeit beansprucht, der aber, sobald man die Grenzen Europas süd- oder ostwärts verlässt sich als nicht mehr gültig erweist. Soweit zummindest, wenn man es theoretisch konsequent betreibt.
Bei Persohnen wie Mahler, die ihre eigene Zuordnung zu einem Spektrum ein oder mehrmals verändert haben würde ich daher eher der Überlegung nachgehen wollen, wie sehr sie einer Denkrichtung tatsächlich konsequent anhingen oder in wie weit es sich einfach um Radikalinskis handelt, die auf vulgärer Ebene theoretisch verkümmerten Verschnittmengen einer tieferen Strömung als modischer Konjunktur folgen. Das gestaltet sich sicherlich etwas komplizierter, könnte aber helfen eine Frage zu beantworten, die ich in diesem Kontext um das Phänomen zu verstehen für nicht ganz unwesentlich halte, nämlich der Frage, ob es sich hier um Überzeugungstäter mit entsprechendem theoretischen Hintergrund handelt, die auf Grund ideologischer Überschneidungen die Fahnen wechseln. Oder aber, ob es sich dabei schlicht um Opportunisten handelt, die mit den theoretischen Vorlagen, denen zu folgen sie vorgeben so wenig vertraut sind, dass sie gewissermaßen ideologisch abwaschbar sind, respektive die Abgrenzungen der eigenen Ideologien überhaupt nicht kennen, ich glaube da meinen persönlichen Erfahrungen nach eher an letzteres, wobei ich an der Stelle einräumen muss, dass ich mich in der rechten Szene nicht auskenne. Menschen die sich "links" geben kenne ich hingegen eine ganze Menge, nur von Theorie hat von denen kaum jemand eine Ahnung. Die Hälfte hat ihren Marx nicht gelesen und von der anderen Hälfte hat ihn ein Ordentlicher Teil entweder nicht verstanden, oder aber hat ihn zwar verstanden, ist aber nicht in der Lage zu verstehen, dass die Welt mittlerweile 150 Jahre weiter ist und man an diversen Stellen einfach irrtümliche Annahmen konstatieren muss und das vor allem für die heutige Zeit nicht mehr übernehmen kann. Die letzte Gruppe ist da sicherlich ein anderes Phänomen, was aber die ersten beiden betrifft, wenn man natürlich keine Ahnung vom eigenen Theoretischen Gedankengebäude hat, dieses mehr aus modischem Interesse vertritt und dem entsprechend diesem Gedankengebäude Richtungen und Fragmente zusetzt, die dort qua theoretischer Grundlage eigentlich nichts verloren haben, wird das was dabei heraus kommt sehr schnell kompatibel mit anderen Gedankengebäuden, von denen sich die eigentliche Theorie eigentlich sehr scharf abgrenzt.
Insofern ist mir ein paraphrasiertes (rechts und links sind sehr ähnlich, nahezu gleich etc.) wesentlich zu einfach gedacht, auf theoretischer Ebene grenzen sie sich stark von einander ab, dass der Bruch eigentlich nicht zu übersehen ist und die Ähnlichkeiten zur moralischen Unvollkommenheit der politischen Mitte sollte man da auch nicht ganz außer Acht lassen, konsequent durchdacht existieren auch die. Ich denke, bei solchen Persönlichkeiten und dem, was bei ihnen als Schwanken wahrgenommen wird, handelt es sich weniger um die grundlegende Ähnlichkeit der politischen Richtungen, als viel mehr darum, dass diese Leute keine der damit verbundenen Anschauungen mehr als nur oberflächlich konsumiert haben, somit ihre Inhalte nicht verifizieren und widererkennen können und daher eher wahllos modischen Konjunkturen hinterherpendeln.
Das wäre zumindest mein Gegenentwurf dazu.
Betreffender Unperson wünsche ich ein langes Sitzen.