Offenbar geht es noch verstrahlter als Donald.
Spoiler
Wegbereiter für Trump
Nun könnte die Zeit des 69-Jährigen auf der nationalen Bühne abgelaufen sein. Zum Verhängnis geworden ist King eine Aussage gegenüber der «New York Times»: «Weisser Nationalismus, weisse Suprematie, westliche Zivilisation – weshalb sind diese Begriffe anstössig geworden?» Die Frage war wohl rhetorisch gemeint, doch für einmal war es zu viel. Am Montag entzogen die Republikaner King die Sitze im Justiz- und im Landwirtschaftsausschuss. Führende Parteivertreter forderten ihn auf zurückzutreten. Am Dienstag verabschiedete das Repräsentantenhaus in seltener Einmütigkeit mit 421:1 eine Resolution, die weissen Nationalismus und weisse Suprematie als «hasserfüllte Ausprägungen von Intoleranz» geisselte. Selbst King, der Adressat der Resolution, stimmte dafür.
Das Ironische am Sturz von Steve King ist, dass er zu dem Zeitpunkt erfolgt, zu dem seine politischen Kernanliegen die Agenda der Republikanischen Partei dominieren. Als King 2006 eine Grenzmauer forderte, war er ein politischer Aussenseiter. Teile der Republikaner, darunter Präsident George W. Bush, versuchten damals eine Reform der Einwanderungsgesetze aufzugleisen, die die Partei weniger immigrationsfeindlich erscheinen lassen sollte. Ziel war, für Hispanics wählbar zu werden. Mittlerweile befinden sich die Republikaner im Fahrwasser von Präsident Trump, der gegen Migranten aus Zentralamerika hetzt und Milliarden für Grenzbefestigungen fordert.
Steve King sieht sich selber als Wegbereiter des Präsidenten. Kurz nach dessen Amtsantritt wurde er ins Weisse Haus eingeladen, wo Trump sich brüstete, mehr Geld als jeder andere für Kings Wahlkampagnen gesammelt zu haben. Die angebliche Antwort des Abgeordneten: «Ja, Herr Präsident, aber ich habe auch Ihre Migrationspolitik während vierzehn Jahren auf ihre Marktfähigkeit getestet. Das muss etwas wert sein.»
Prügelknabe King
Die politische Nähe zu Trump war für King zuletzt aber nicht nur ein Vorteil. Die Republikaner mucken zwar kaum auf gegen den Präsidenten, viele glauben aber, dass seine harte Einwanderungspolitik und seine oft an Rassismus grenzende Rhetorik viele Wähler in der politischen Mitte vergrault haben – und der Partei die Niederlage in den Zwischenwahlen beschert haben. Auch King wäre im November beinahe abgestraft worden: Er rettete sich in seinem erzkonservativen Wahlkreis in Iowa mit nur drei Prozentpunkten Vorsprung vor dem demokratischen Herausforderer über die Ziellinie.
Kommentatoren warfen den Republikanern vor, in King einen Prügelknaben gefunden zu haben, der es ihnen ermögliche, sich von rechtsextremen Tendenzen zu distanzieren. Gegenüber den Aussagen des Präsidenten, der seinen Wahlkampf einst begonnen hatte, indem er Mexikaner als «Vergewaltiger» bezeichnete, würden sie sich hingegen taub stellen.
Tatsächlich verging seit Kings erstmaliger Wahl ins Repräsentantenhaus 2002 kaum ein Jahr, in dem dieser nicht mit rassistischen Äusserungen aufgefallen wäre. So behauptete King etwa 2006, papierlose Immigranten würden täglich 25 Amerikaner töten. Das war nachweislich falsch, doch King sprach von einem «Holocaust in Zeitlupe». In den letzten Jahren suchte der Abgeordnete die Nähe europäischer Rechtspopulisten wie Geert Wilders, Heinz-Christian Strache oder Marine Le Pen. Während eines Treffens mit Wilders und Frauke Petry in Amsterdam 2016 twitterte King, der «kulturelle Selbstmord durch demografischen Wandel» müsse ein Ende haben.
Trump mag sich nicht äussern
Die meisten Republikaner taten Kings Aussagen über die Jahre als jene eines wirren Hinterbänklers ab. Die Präsidentschaftskandidaten der Partei hingegen hofierten den Abgeordneten regelmässig, weil er den konservativsten Wahlkreis in Iowa vertritt. Im ländlich geprägten Teilstaat findet traditionell die erste Vorwahl statt, in der erste Weichen für die Präsidentschaftsnomination gestellt werden. King galt in Iowa als einflussreiche Stimme.
Frühere Präsidentschaftskandidaten stimmten in den letzten Tagen in den Chor ihrer Parteikollegen ein, die King verurteilten. Der texanische Senator Ted Cruz bezeichnete Kings Äusserung gegenüber der «New York Times» als «dämlich», «verletzend» und «falsch». Mitt Romney, der 2012 gegen Barack Obama verloren hatte, forderte King auf, seinen Sitz für jemanden zu räumen, der für amerikanische Werte einstehe.
Nur einer mochte King nicht verurteilen. Präsident Trump, von dem es heisst, er klinge häufig wie ein Echo des gefallenen Abgeordneten, sagte am Montag, er habe die Angelegenheit nicht verfolgt.