Autor Thema: Na geht doch - Urteil des OLG München  (Gelesen 3932 mal)

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Na geht doch - Urteil des OLG München
« am: 28. November 2016, 21:52:20 »
Da gibt es ein wunderschönes Urteil vom OLG München vom 24.06.2015, 5 OLG 15 Ss 196/15. Ist das veröffentlicht? Findet das wer? Ist nämlich wirklich schön. Sonst muss ich einen Weg zum einscannen finden.
« Letzte Änderung: 28. November 2016, 21:54:42 von hair mess »
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Offline Noldor

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Re: Na geht doch - Urteil des OLG München
« Antwort #2 am: 28. November 2016, 22:11:34 »
Schaut gut aus. Das Urteil bekam ich heut dienstlich auf den Tisch. Aber ich fand es nicht im Netz. Ich such da sonst nur selten.
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Re: Na geht doch - Urteil des OLG München
« Antwort #3 am: 29. November 2016, 18:59:18 »
Das Originalurteil liest sich aber dann doch besser, vor allem braucht man sich nicht diese Kommentare antun.
Ich hab das in ausgedruckter Form ohne Link auf dem Schreibtisch. Ein Link wäre wirklich schön.
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Offline hair mess

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Re: Na geht doch - Urteil des OLG München
« Antwort #4 am: 1. Dezember 2016, 00:09:44 »
So, das ist der Text.
Allerdings kann ich es nicht schön. Mach so was zu selten.
Zitat
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN
__________________________________________________________________________
______________________________________________________________________
Aktenzeichen: 5 OLG 15 Ss 196/15
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts München hat in dem Strafverfahren gegen
M.
wegen
versuchter Erpressung u.a.
aufgrund der Hauptverhandlung in der öffentlichen Sitzung vom 24. Juni 2015,
an der teilgenommen haben:
1. als Richter der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht S. sowie der Richter am Oberlandesgericht
Dr. K. und die Richterin am Oberlandesgericht H.
2. Oberstaatsanwalt T.
als Beamter der Staatsanwaltschaft,
3. Rechtsanwälte R. und K.
als Verteidiger
4. Justizangestellte K.
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
I. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München I vom
21. Januar 2015 mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
II. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts München I zurückverwiesen.
G r ü n d e :
I.
Das Amtsgericht München verurteilte den Angeklagten mit Urteil vom 16. Juli 2014 wegen
versuchter Erpressung unter Einbeziehung der durch das Urteil des Amtsgericht München
vom 26. Juni 2013, Az 836 Cs 112 Js 141221/13 verhängten Strafe unter Auflösung der dort
gebildeten Gesamtstrafe von 75 Tagessätzen zu einer Ge-samtgeldstrafe von 130 Tagessätzen
zu 40 € und wegen versuchter Erpressung und Beleidigung zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe
von 5 Monaten mit Bewährung. Auf die Berufung des Angeklagten hob
das Landgericht München I das Urteil des Amtsgerichts auf, sprach den Angeklagten aus
Rechtsgründen frei, verwarf die Berufung der Staatsanwaltschaft als unbegründet und legte
die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse
auf.
1. Das Landgericht hat zunächst unter Ziffer I seines Urteils den vom Amtsgericht verurteilten
Sachverhalt dargestellt.
2. Zum Tatgeschehen hat die Strafkammer selbst unter Ziffer IV folgende Feststellungen
getroffen:
,, Der Angeklagte räumt den äußeren Sachverhalt ein, so wurden die Schreiben vom
05.04.2013 (BI. 23 d.A.), vom 09.04.2013 (BI. 35 d.A.) und vom 22.10.2013 (BI. 69 d.A.) in
der Hauptverhandlung verlesen und der Angeklagte erkannte seine Urheberschaft an.
Der Angeklagte trägt jedoch vor, er sei Bürger des Staates Preußen und erkenne die Bundesrepublik
Deutschland nicht an und könne daher die Tätigkeit der Gerichtsvollzieher nicht
als hoheitliches Handeln akzeptieren. Er wisse, dass für ihn die Pflicht bestehe, keine Straftaten
zu begehen und er wolle durch diese Schreiben niemanden persönlich beleidigen. Ziel
dieser Schreiben sei lediglich, seine eigene persönliche Meinung zum Ausdruck zu bringen.
Den Gerichtsvollzieher Philipp habe er auch ein-mal persönlich im Amt aufgesucht und das
diesem gegenüber zum Ausdruck gebracht.
Der Gerichtsvollzieher H. gab an, dass er vom Angeklagten mit einer Menge von Schreiben
überzogen worden sei und nicht gewusst habe, wie darauf zu reagieren sei. Daher habe er
die Schreiben an die Dienstvorgesetzte weitergeleitet. Ihm sei schon klar gewesen, dass
diese Schreiben auf die Rechtmäßigkeit der Zwangsvollstreckung keinen Einfluss ausüben
konnten, da der Angeklagte die hierfür vorgesehenen Rechtsbehelfe nicht erhoben habe.
Ebenso sei ihm bewusst gewesen, dass die behaupteten Schadensersatzforderungen nicht
wirksam gewesen seien, es könne ja nicht richtig sein, dass man sich mit derartigen Forderungen
konfrontiert sehe. Er habe gewusst, dass der Angeklagte keine Chance gehabt hätte,
mit diesen Forderungen durchzukommen. Er habe sich durch diese Briefe auch nicht unter
Druck gesetzt ge-fühlt, sondern die Zwangsvollstreckung weiterbetrieben. ·
Ebenso äußerte sich der Gerichtsvollzieher P., auch ihm sei klar gewesen, dass in den
Schreiben kein rechtlicher Einwand gegen die Zwangsvollstreckung vorgetragen wurde, so
dass er deswegen die Zwangsvollstreckung weiterführte. Er habe sich zwar darüber Gedanken
gemacht, inwieweit die Schadensersatzforderungen durchsetzbar seien, aber es sei ihm
klar gewesen, dass der Angeklagte damit rechtlich nicht durch-kommen würde. Soweit ihm
vorgeworfen wurde, "er betreibe eine Täuschung im Rechtsverkehr" fühle er sich zwar als
Gerichtsvollzieher angegriffen, hätte jedoch keinen Strafantrag gestellt.
Er könne sich erinnern, dass der Angeklagte ihn einmal persönlich aufgesucht hätte und dabei
im Umgang sehr höflich gewesen sei. Dabei hätte ihm der Angeklagte erklärt, dass er
Bürger Preußens sei, darin sehe er eine andere Meinung, und dies sei für ihn auch irgendwie
okay.
Der Polizeibeamte B. konnte lediglich berichten, dass er aufgrund des erlassenen Durchsuchungsbeschlusses
beim Angeklagten durchsucht hätte und dabei verschiedene Leitzordner
sichergestellt habe. Den Inhalt dieser Leitzordner hätte er jedoch nicht überprüft. ‘‘
3. Die Strafkammer sprach den Angeklagten aus rechtlichen Gründen frei, weil sie in dem
festgestellten Tatgeschehen keine Straftat sieht.
Die Strafkammer hatte bereits Bedenken, inwieweit die Zeugen sich durch die Bezichtigung
auf Schadensersatzansprüche unter Druck gesetzt fühlten.
Im Übrigen führte die Kammer folgendes aus:
,, Unabhängig davon, sieht die Kammer im Rahmen der Verwerflichkeitsprüfung des § 253
Abs. 2 StGB die Tat nicht als rechtswidrig an. Bei verfassungskonformer Auslegung des §
253 Abs. 2 StGB indiziert nicht bereits die Begehung der Tat deren Rechtswidrigkeit. Vielmehr
ist die vom Gesetzgeber angesichts der Weite des Tatbestands als korrektiv vorgesehene
Verwerflichkeitsklausel des Absatzes 2 bei der Drohungsalternative unter Berücksichtigung
aller Umstände zu überprüfen. (Vgl. BVerfGG 73, 206).
Die Verwerflichkeit des Tuns muss sich aus einem groben Missverhältnis von Zweck und
Mittel ergeben. Nachdem jedoch beide Gerichtsvollzieher übereinstimmend, unabhängig
voneinander, vortrugen, dass die Bezichtigung auf die Schadensersatzansprüche für sie
zwar lästig gewesen sei, ihnen jedoch letzten Endes klar war, dass der Angeklagte diese
Ansprüche nicht hätte durchsetzen können, haben nach Ansicht der Kammer diese Schreiben
nicht die Grenze zur Strafbarkeit erreicht.
Die querulatorischen Schreiben des Angeklagten mögen zwar das übliche Maß im Umfang
überschritten haben, dies allein genügt jedoch nicht, daraus eine Strafbarkeit zu konstruieren.
Ebenso wenig sieht die Kammer den Straftatbestand der Beleidigung gemäß § 185 StGB
darin erfüllt, dass der Angeklagte den Gerichtsvollzieher Philipp der Täuschung im Rechtsverkehr
bezichtigte. Diese Äußerung ist nach Ansicht der Kammer als Wert-urteil einzustufen
und diese Äußerung fällt daher (noch) in den Schutzbereich des Grundrechts auf Meinungsfreiheit.
Mit dieser Äußerung hat der Angeklagte seine Meinung kundgetan, und damit seine
subjektive Beziehung zum Inhalt seiner Aussage zum Ausdruck gebracht. Die Kammer stuft
die Äußerung als Werturteil bzw. als Meinungskundgabe ein und sieht daher diese Äußerung
durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Der Persönlichkeitsschutz des Gerichtsvollziehers Philipp
muss demgegenüber zurücktreten. Im Rahmen der Meinungsfreiheit ist dem Angeklagten
zuzubilligen, dass er bei seinem Kampf um das Recht seine Rechtsposition entsprechend
darlegen darf.‘‘
Hiergegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung materiellen
Rechts rügt.
Das Landgericht habe entgegen § 267 Abs. 5 StPO keinerlei Feststellungen zum Tatgeschehen
getroffen, sondern lediglich eine Zusammenfassung der Einlassung des Angeklagten
und der Angaben einzelner Zeugen wiedergegeben.
Überdies sei auch die vom Landgericht vorgenommene Auslegung der Verwerflichkeitsklausel
des § 253 Abs. 2 StGB unzutreffend ebenso wie die Auslegung des § 185 StGB.
II.
Die zulässige Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, da der Freispruch sachlichrechtlicher
Überprüfung nicht standhält.
1. Die Urteilgründe genügen nicht den Anforderungen an die Feststellungen zum Tatgeschehen
bei einem Freispruch aus rechtlichen Gründen (§ 267 Abs. 5 Satz 1 StPO).
Bei einem Freispruch aus rechtlichen Gründen muss die Begründung des Urteils so abgfasst
sein, dass das Revisionsgericht überprüfen kann, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen
sind. Deshalb hat der Tatrichter in der Regel nach dem Tatvorwurf und der Einlassung des
Angeklagten zunächst in einer geschlossenen Darstellung die erwiesenen Tatsachen darzulegen
und dann zu erörtern, aus welchen Gründen das Gericht sie nicht für strafbar hält (Kuckein
in Karlsruher Kom-mentar, StPO,7. Auflage, § 267 Rdn. 42; Meyer-Goßner/Schmitt,
StPO, 58. Auflage § 267 Rdn.34; BGH, GA 1974, 61).
Vorliegend fehlt völlig eine geschlossene Darstellung derjenigen Tatsachen, die die Strafkammer
für erwiesen hält. Der Schilderung des vom Amtsgericht verurteilten Tatgeschehens
folgt unmittelbar die Einlassung des Angeklagten. Anschließend werden die Aussagen der
Zeugen dargestellt.
Bei der Einlassung des Angeklagten wird auf die Schreiben vom 5. April 2013, vom 9. April
2013 und vom 22. Oktober 2013, welche offenbar die Tathandlungen dar-stellen sollen, Bezug
genommen, ohne den Inhalt dieser Schreiben mitzuteilen. Derartige Bezugnahmen auf
Aktenteile sind unzulässig (BGH, NStZ-RR 2003, 99), die Ausnahmeregelung des § 267 Abs.
1 S. 3 StPO greift nicht ein. Aus den weiteren Ausführungen im landgerichtlichen Urteil ergibt
sich nur, dass es um Schadensersatzforderungen geht. Ohne genaue Kenntnis vom Inhalt
der Schreiben ist eine rechtliche Prüfung, ob sich der Angeklagte als Verfasser der Schreiben
straf-bar gemacht hat, nicht möglich. Dem Revisionsgericht ist es verwehrt, den relevan
ten Sachverhalt selbst aus den Akten zusammenzusuchen. Gegenstand der sachlich- rechtlichen
Überprüfung ist nur die Urteilsurkunde selbst ( BGHSt 35, 238, 241; Meyer-
Goßner/Schmitt aaO § 337 Rdn. 22, 23).
Aus den Zeugenaussagen der Gerichtsvollzieher entnimmt die Kammer im Rahmen der
Verwerflichkeitsprüfung des § 253 Abs.2 StGB, dass die Taten hinsichtlich der versuchten
Erpressungen nicht rechtswidrig waren bzw. dass keine Beleidigung vorliegt. Der für die
Kammer festgestellte Sachverhalt wird nicht geschildert.
III.
1. Das angefochtene Urteil war daher einschließlich der zugrunde liegenden Feststellungen
aufzuheben (§ 353 StPO).
2. Die Sache war nach § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts München
I zurückzuverweisen.
IV.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
1. Die vom Landgericht vorgenommene Auslegung der Verwerflichkeitsklausel des § 253
Abs. 2 StGB ist rechtsfehlerhaft, soweit die Verwerflichkeit mit der Begründung verneint wird,
die Gerichtsvollzieher hätten die Drohungen mit Schadensersatzansprüchen lediglich als
lästig empfunden. Dies ist für die Frage der Verwerflichkeit einer Nötigungs- bzw. Erpressungshandlung
nicht maßgebend.
Zum einen sind Nötigungs- bzw. Erpressungshandlungen gegenüber Amtsträgern grundsätzlich
als verwerflich anzusehen, insbesondere wenn der Amtsträger zu einer rechtswidrigen
Diensthandlung genötigt werden soll. Die Freiheit amtlicher Entschließung muss grundsätzlich
gesichert sein (BayObLSt 1988, 7ff, zitiert über juris Rdn. 27; Fischer, StGB, 62. Auflage,
§ 240 Rdn. 52).Der Gerichtsvollzieher ist insoweit ein Amtsträger gemäß § 11 Abs. 2 StGB
(Fischer, aaO, § 113 Rdn.3).
Zum anderen liegt ein untauglicher, aber gleichwohl strafbarer Versuch vor, wenn eine an
sich tatbestandsmäßige Drohung nicht zu dem vom Täter angestrebten Erfolg führt, weil das
Opfer sie nicht ernst nimmt (Fischer, aaO, § 22 Rdn. 39 ff m.w.N.).
2. Auch die vom Landgericht vorgenommene Auslegung des § 185 StGB ist zu beanstanden.
Die Annahme, dass ein Täter ein Werturteil abgibt, lässt den Tatbestand des § 185 StGB
nicht entfallen. Eine Auseinandersetzung damit, ob dieses Werturteil ehrverletzend, insbesondere
eine Schmähkritik ist, findet im landgerichtlichen Urteil nicht statt.
S. Dr. K. H
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Re: Na geht doch - Urteil des OLG München
« Antwort #5 am: 1. Dezember 2016, 07:56:02 »
Ein - zurecht - schöner Tritt in den Hintern der LG-Richter!
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Offline hair mess

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Re: Na geht doch - Urteil des OLG München
« Antwort #6 am: 1. Dezember 2016, 08:46:32 »
Ob das nicht eine gefakte Entscheidung des LG war, um hier mal die Entscheidung eines OLG zu bekommen?
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Re: Na geht doch - Urteil des OLG München
« Antwort #7 am: 1. Dezember 2016, 08:59:49 »
Nein, das ist echte? Unfähigkeit - siehe Verweis an andere Kammer.
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Offline Rima882

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Re: Na geht doch - Urteil des OLG München
« Antwort #8 am: 1. Dezember 2016, 14:04:39 »
Nein, das ist echte? Unfähigkeit - siehe Verweis an andere Kammer.
Na ja, ich darf mir den Hinweis erlauben, dass die Verweisung an eine andere Kammer des Landgerichts bei einer erfolgreichen Revision in Strafsachen eigentlich die Regel ist. An dieselbe Kammer des Landgerichts darf gar nicht zurückverwiesen werden. Als richtige Klatsche für die Vorinstanz gilt es in Fachkreisen erst, wenn das Revisionsgericht die Sache gleich an ein anderes Gericht zurückverweist. Das kommt aber bei einer erstmaligen Revision eigentlich nie vor.
Seinlassen ist das Sicheinlassen auf das Seiende.

(Martin Heidegger)
 
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Re: Na geht doch - Urteil des OLG München
« Antwort #9 am: 1. Dezember 2016, 14:51:08 »
..
Als richtige Klatsche für die Vorinstanz gilt es in Fachkreisen erst, wenn...

Schonschon, es ist aber für die Kammer einigermaßen peinlich wenn das Revisionsgericht anmerkt:

Zitat
Vorliegend fehlt völlig eine geschlossene Darstellung derjenigen Tatsachen, die die Strafkammer
für erwiesen hält.

Das betrifft handwerkliche Mängel.

Nun ist es ja häufig so, dass der Berichterstatter (der das Urteil abfasst) in einer Kammer frisch aus dem Referendariat kommt. Dann sollte der (in der Regel erfahrene) Vorsitzende aber mal drüber schaun.
Auch die rechtliche Bewertung der Handlungen des Reichsdeppen - die das Revisionsgericht im Abschnitt IV zu steuern versucht - ist erstaunlich: Auch wenn die Gerichtsvollzieher den Deppen nicht ernstgenommen haben, handelte der immerhin nach seiner Vorstellung rechtswidrig: auch ein untauglicher Versuch ist regelmäßig strafbar.

Ich denke, dass sich bei der zurückzuverweisenden Kammer der Vorsitzende um den Fall kümmern wird und dass es dann für den Reichi nicht ganz so glimpflich abgehen wird.
In orientalischen und westlichen Schöpfungsmythen ist der Drache ein Sinnbild des Chaos, ein gott- und menschenfeindliches Ungeheuer

Und es erschien ein anderes Zeichen im Himmel, und siehe, ein großer, roter Drache, der hatte sieben Häupter und zehn Hörner Offenb. 12,3
 
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Re: Na geht doch - Urteil des OLG München
« Antwort #10 am: 1. Dezember 2016, 20:26:30 »
Das betrifft handwerkliche Mängel.

Nun ist es ja häufig so, dass der Berichterstatter (der das Urteil abfasst) in einer Kammer frisch aus dem Referendariat kommt. Dann sollte der (in der Regel erfahrene) Vorsitzende aber mal drüber schaun.
Auch die rechtliche Bewertung der Handlungen des Reichsdeppen - die das Revisionsgericht im Abschnitt IV zu steuern versucht - ist erstaunlich: Auch wenn die Gerichtsvollzieher den Deppen nicht ernstgenommen haben, handelte der immerhin nach seiner Vorstellung rechtswidrig: auch ein untauglicher Versuch ist regelmäßig strafbar.

Ich denke, dass sich bei der zurückzuverweisenden Kammer der Vorsitzende um den Fall kümmern wird und dass es dann für den Reichi nicht ganz so glimpflich abgehen wird.

Klar, das waren hier schon sehr deutliche Worte des OLG. Aber auch hierzu eine Anmerkung von mir: Das Urteil des Landgerichts samt seinen handwerklichen Mängeln ist sicher nicht durch irgendeinen jungen, unerfahrenen Berichterstatter verbockt worden, sondern durch den Vorsitzenden bzw. die Vorsitzende höchstselbst. Denn über Berufungen gegen amtsgerichtliche Strafurteile entscheidet beim Landgericht stets die Kleine Strafkammer, die in nahezu allen Fällen nur aus einem Berufsrichter, nämlich dem Vorsitzenden, und zwei ehrenamtlichen Richtern besteht (siehe § 76 GVG). Der Vorsitzende, mindestens ein Vorsitzender Richter am Landgericht (VRiLG) mit Besoldungsgruppe R 2, ist damit zugleich auch Berichterstatter/in und diejenige Person, die das schriftliche Urteil abfassen darf. Dieses Urteil enthält nebenbei nicht mal im Original die Unterschriften aller beteiligten Richter, die ehrenamtlichen Richter ("Schöffen") müssen nämlich nicht unterschreiben (§ 275 Abs.2 Satz 2 StPO).

Nun fragt sich der Laie sicher: "Urteil verfasst durch VRiLG (also durch einen Richter mit mehreren Jahren Berufserfahrung, Bewährung im Dienst und einer - im Richterdienst relativ seltenen - Beförderung) und dann schwere handwerkliche Fehler des Urteils - wie kann das sein ???" - Nun, das muss kein Widerspruch sein. Da Vorsitzende der Kleinen Strafkammer außer bei den mit den Schöffen durchgeführten Sitzungen Einzelkämpfer sind, eignen sich diese Positionen hervorragend für beförderte Vorsitzende Richter, die - sagen wir mal - wenig teamfähig sind, sonstige schwierige Persönlichkeiten sind oder mit denen der dienstliche Umgang aus sonstigen Gründen nicht ganz so leicht ist (ich will nicht sagen, dass die alle in solche Positionen abgeschoben werden, es ist aber oft so). Dort ist die Karriere dann auch häufig zu Ende. Wenn dies zu Frust führt und obendrein die Unterstützung durch einen zweiten Berufsrichter in der Kammer fehlt, schleichen sich relativ leicht Fehler in die schriftlichen Urteile ein.

Wir hatten in unserem "Kombinat Rechtspflege" (also der Kombination von Landgericht, Amtsgericht und Staatsanwaltschaft) Vorsitzende von Kleinen Strafkammern, die fast immer ausgezeichnete Entscheidungen getroffen haben, aber unfähig waren, diese "revisionsfest" zu Papier zu bringen. Da wurden die Urteile dann in der Revision am Fließband aufgehoben und zurückverwiesen und eine andere Strafkammer des Landgerichts hatte dann das Vergnügen, die Sache wiederaufzuarbeiten (wobei nicht selten das Gleiche herauskam wie im ersten Durchgang). Man muss allerdings auch sagen, dass das Revisionsrecht in Deutschland ziemlich formal und streng ausgestaltet ist und dass so manche Revisionsentscheidung gerade juristischen Laien, aber nicht nur diesen, schon arg spitzfindig erscheinen dürfte.

So ein Fall liegt hier aber nicht vor, denn hier ist das Urteil des Landgerichts nicht nur schlecht begründet, sondern einfach nur schlecht. Die Sache mit den festgestellten Tatsachen hätte man ja noch wirklich einfach vermeiden können, indem man nicht nur die Feststellungen des Amtsgericht wiedergibt, sondern irgendwo kurz erwähnt, dass dies auch die durch das Landgericht selbst festgestellten Tatsachen sind. Die rechtliche Beurteilung der Tat als straflos ist aber - noch dazu mit dieser Begründung - wirklich eher juristischer Sub-Standard.

Seinlassen ist das Sicheinlassen auf das Seiende.

(Martin Heidegger)
 
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« Antwort #11 am: 1. Dezember 2016, 21:20:13 »
So ein Fall liegt hier aber nicht vor, denn hier ist das Urteil des Landgerichts nicht nur schlecht begründet, sondern einfach nur schlecht. Die Sache mit den festgestellten Tatsachen hätte man ja noch wirklich einfach vermeiden können, indem man nicht nur die Feststellungen des Amtsgericht wiedergibt, sondern irgendwo kurz erwähnt, dass dies auch die durch das Landgericht selbst festgestellten Tatsachen sind. Die rechtliche Beurteilung der Tat als straflos ist aber - noch dazu mit dieser Begründung - wirklich eher juristischer Sub-Standard.
Deshalb erschien es mir so gewollt, gefaked, damit hier mal eine Entscheidung eines OLG bekommt.

Aber warum wurde es dann nicht sauber und auffindbar veröffentlicht?
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