Prozessbericht - Des Widerspenstigen Widerrede
Nach der Mittagspause hatte sich die Schar der Zuschauer deutlich gelichtet. Nur Fitzeks Anhänger schienen noch vollzählig, waren dadurch in den deutlichen Mehrheit und dicht gedrängt beisammen. Bis einer von ihnen laut fragte: "Was sind eigentlich Paragraph 20 und 21?"
Alle Köpfe drehten sich zu ihm und jedes war ein großes Fragezeichen. Selbst Marco schaute sich von der Pressebank um, aber sah auch nur rätselratend zu den anderen. Bis ein wohl nicht dem KRD angehörender Zuschauer von der hinteren Reihe erklärte: "Da geht es um die Schuldunfähigkeit. Und um die eingeschränkte Schuldfähigkeit."
Die Pudel nickten, legten die Stirn in Falten und dann konnte man bei manchen regelrecht beobachten wie die Kugeln im Kopf langsam zu rotieren begannen:
Schuldunfähig? Eingeschränkte Schuld? Unschuldig? Ist das jetzt gut oder nicht? Wie nun?Als Fitzek und die Richter wieder in den Saal kamen, erklärte die RM (vorsitzende Richterin Mertens), dass seitens des Gerichts keine Fragen an den Gutachter bestünden. Die Staatsanwältin schloß sich dem an aber Fitzeks verbliebener Rechtsanwalt Kaufmann hatte eine Frage:
AK: "Die Mail an Gantz, die sie zitiert haben. Wo stammt die her?"
GL (Gutacher Langer): "Die habe ich der Website KRD-Blog entnommen."
AK (Anwalt Kaufmann): "Wer ist der Herausgeber von diesem Blog? Es wäre doch möglich, dass dieser Brief nicht von Fitzek stamme."
GL: "Moment. Ah, das weiß ich jetzt nicht. Aber das KRD-Blog ist eindeutig in Verbindung mit dem Königreich. Und es gibt für mich auch sonst keinen Grund daran zu zweifeln, dass der Brief von Herrn Fitzek ist."
RM: "Haben Sie weitere Fragen?"
AK: "Nein."
PF (Peter Fitzek): "Ich habe eine Menge Fragen."
RM: "Bitte."
PF: "Der Gutachter hat eine Menge Behauptungen aufgestellt aber selbst gesagt wie unsicher er sich sei, weil es keine Exploration gegeben hat. Das ist natürlich keine gute Grundlage. Ich hätte also den Vorschlag (mit einem Seitenblick zur Richterbank) also, natürlich nur wenn sie damit einverstanden sind. Man könnte doch jetzt hier die Befragung durch den Gutachter nachholen. Und da viele Zeugen, die mich viel länger kennen als der Gutachter, heute hier sind..."
RM (unterbricht): "Herr Fitzek! Eine Exploration findet hier nicht statt!"
PF: "Natürlich. Ich meinte doch nur, dass der Gutachter seine Fragen stellen kann."
RM: "Eine Exploration findet hier nicht statt. Sie hatten die Gelegenheit dazu. Sie haben die Exploration abgelehnt."
PF: "Sicher. Ich dachte aber, dass die Personen, die mich wirklich gut kennen, eine andere Sicht auf die Aussagen des Gutachters..."
RM: "Herr Fitzek. Sie können dem Gutachter jetzt Fragen stellen oder eine Gegendarstellung zu dem Gutachten abgeben. Was wollen sie?"
PF: "Ich möchte einen Gegenerklärung abgeben und dazu Zeugen befragen, die wahrheitsgemäß über meinen Charakter Auskunft geben können."
RM: "Zeugen sind keine Sachverständigen."
PF: "Aber sie kennen mich doch wirklich besser als der Gutachter Herr Langer. Sie oder der Herr Langer können sie dann auch gerne über mich befragen. Sie sind heute hier anwesend."
RM: "Herr Fitzek. Sie wissen wie Zeugen geladen werden."
PF: "Sie wollen also keine Zeugen?"
RM: "Sie können beantragen, dass Zeugen angehört werden."
PF: "Och nö. Keine Lust."
Fitzek beginnt dann damit, dass die fehlerhaften Einschätzungen des Gutachters daran liegen könnten, dass die Rechtsanwälte ihm geraten hätten sich zurück zu halten und deswegen könne er hier nicht ganz echt sein. Und natürlich hätte er Empfindungen wie Angst, weil das System ihn schließlich mit Buße, Rache und Strafe bedrohe.
RM wirft ein: "Keine Rache!"
Sie weist den Vorwurf der Rache vehement zurück und verweist sogar auf eine Inschrift an dem Gerichtsgebäude, dass jegliche Rache als neues Unrecht brandmarkt.
Fitzek findet das gut und lobt das Gebäude, wobei er anfügt, dass man sich doch sehr fragen müsse, warum solche Gebäude heute nicht mehr gebaut würden.
RM fragt Fitzek erneut, ob er nun Fragen stellen wolle oder eine Erklärung abgeben will.
PF: "Keine Fragen."
Die Richter besprechen sich, dass Gutachter Langer noch nicht entlassen wird, damit er etwaig neue Erkenntnisse aus der Erklärung Fitzeks noch anfügen kann.
Fitzek legt mit einer neuer Taktik los. Er spricht ganz leise und zuerst auch langsam. Er bezieht sich auf die ihm attestierte narzisstische Persönlichkeitsstörung und bezweifelt, dass die vom Gutachter genannten fünf Punkte auf ihn zutreffen würden.
RM: "Neun Punkte. Es waren neun Punkte von denen acht nach Meinung des Gutachters zutreffen."
PF: "Es sind fünf Punkte. Mit jeweils wieder fünf Unterpunkte. Also fünf mal fünf."
Allgemein irritierte Blicke.
Fitzek geht nahtlos dazu über die seiner Meinung nach attestierten Punkte einzeln zu zerpflücken. Er sähe nicht, dass er seine eigene Leistung in den Vordergrund stellen würde. Er würde nicht übertreiben. Er würde sich immer um Bescheidenheit bemühen. Er widerspricht insbesondere der Folgerung, dass die Krönungszeremonie seiner Persönlichkeit entsprechen würde. Er hätte das doch selbst kritisch gesehen. Er wäre von anderen gedrängt worden und hätte letztlich halt keinen anderen Weg gesehen.
RM hakt hier ein und meint, dass er die Krönung doch durchgeführt habe.
PF: "Ja. Das ist eine Darstellung. Das heißt aber nicht, dass es mir Spaß gemacht hat."
RM: "Ein Mensch, der bescheiden ist, stellt sich doch nicht so hin."
PF: "Ich fand es doch auch nicht gut."
Er habe nur versucht Systemmängel zu beseitigen. Er habe den Menschen alles umsonst gegeben. Er habe die Grundlagen und die Infrastruktur aufgebaut. Diese Leistung dürfe er doch benennen. Er habe mit dem Max-Planck-Institut für internationales Recht die rechtlichen Grundlagen Deutschlands geprüft und den dringend notwendigen Handlungsbedarf erkannt. Er habe Behörden in Wittenberg und anderswo selbstlos zu helfen versucht. Aber diese völlig kostenlose Hilfe sei immer wieder abgelehnt oder sogar bekämpft worden.
RM: "Und deshalb sind sie König geworden?"
PF: "Nein. Aber jetzt werde ich schon wieder unterbrochen."
Fitzek wiederholt sein Evangelium von der Genese des Königreichs in epischer Breite. Wie er völlig selbstlos eine Räterepublik habe aufbauen wollen aber dann erkannte, dass die Menschen wegen mangelndem Bewusstsein auf einer Führung bestehen. "Die Leute wollen einen Führer! Die Leute sagen: »Wenn's läuft, mach' ich mit.«"
Deswegen habe er sich widerstrebend der Anforderung gestellt. Er wollte auf keinen Fall König werden. Er hätte nur die Notwendigkeit gesehen die bestehenden Strukturen zu überwinden, weil die hiesige Demokratie (eigentlich Dorfherrschaft) doch römischen Herrschaftsverhältnissen entsprechen würde.
Und bei der Würde des Menschen sei doch nicht wichtig in welchem Artikel der Verfassung sie stehe. Er würde Würde nur daran messen wie sie umgesetzt würde. Und da könne man doch im jetzigen System an sehr vielen Stellen kaum von Menschenwürde sprechen.
Über den Vorwurf der Diskriminierung durch den Artikel "Deutsche dürfen gegenüber Ausländern nicht benachteiligt werden." könne er wirklich nur lachen. Dies sei der einzige Artikel in seiner Verfassung, der eben nicht von ihm stamme. Den hätte "ein Rechtsanwalt, ha ha, da sehen sie mal," ein Rechtsanwalt namens Rico Schuhmann in die Verfassung eingefügt.
PF: "Ich diskriminiere nicht! Ich bin nicht jemand, der andere verurteilt. Und das kann ich beweisen. Nehmen wir jemand, den sie kennen. Den Zeugen Olaf Grau. Der hat hier ausgesagt, dass er das Gebäude für 230.000 EUR gekauft hat, das er mir später für 1.4 Millionen EUR verkauft hat. Wusste ich nicht! Dabei hatte ich ihn gefragt. Ich hab ihn gefragt wieviel das Gebäude gekostet. Aber der Herr Grau wollte es mir nicht sagen. Er hat nur von einem chinesischen Investor erzählt, der es haben wollte."
Er, Fitzek würde so etwas natürlich niemals machen. Er würde auf die Frage nach dem Kaufpreis immer wahrheitsgemäß antworten und nichts verschweigen.
PF: "Aber wer bin ich, dass ich Herrn Grau bewerte? Ich habe gemerkt, dass es alles schon seine Richtigkeit hat. Denn wenn er das Gebäude von dem Herrn Grau für, sagen wir mal, 300.000 EUR gekauft hätte, wäre es natürlich längst abgezahlt gewesen und dann hätte die BaFin es vollständig pfänden und verwerten können. Verstehen sie? So hat es alles seinen Sinn."
Er würde nicht übertreiben oder etwas erfinden. Er benennt nur "Fakten!" So habe er vor kurzen gegen einen Weltmeister im Judo gekämpft und erst in den letzten sechs Sekunden durch eine Kleinigkeit verloren, obwohl er vorher die ganze Zeit im Vorteil gewesen sei. Das dürfe er doch sagen, weil es richtig sei. "Ich will, dass die Dinge so sind wie sie sind."
Zur Biographie wolle er nachtragen, dass die Mutter durch eine Kinderlähmung gehbehindert gewesen sei. Dies habe sie stark eingeschränkt und erst in späteren Jahren habe er durch seinen Einfluss bewirken können, dass sie zuvor undenkbare Strecken von 10 Kilometern wieder problemlos habe zurücklegen können. Mittlerweile sei sie aber 77, was sie wieder einschränken würde. Demnächst werde sie operiert.
Sein Vater sei, - hier ziert er sich kurz - Baggerfahrer gewesen. Er habe zu viel getrunken. Dem sei auch mal die Hand ausgerutscht. Kurz danach spricht er schon von "allen möglichen Laster". Deswegen fände er auch Aschenbecher so widerlich.
Er hingegen hätte alle diese Laster nicht. Er könne sich genau an jedes einzelne Mal erinnern in dem er Alkohol getrunken hätte. Er würde dauerhaft 60 bis 120 Stunden in der Woche arbeiten und das mache ihm nichts aus. "Wer kann das sonst von sich sagen?"
Und er habe auch zwei Monate lang seine Ausgaben aufgeschrieben, um einmal selbst zu wissen wie viel Geld er für sich ausgäbe. "Wissen sie was da heraus gekommen ist?" 320-330 EUR Ausgaben im Monat. "Wie kann man da sagen, dass ich mich bereichern will?"
Die aneinandergereihte Monologe wurden von Fitzek in sich verstärkendem Stakkato vorgetragen. Außerdem sind es ohnehin meist die von ihm elliptisch wiederholten Versatzelemente, die unverdrossen zeigen, wie klug, überlegen und besser er die Welt mit dem KRD verändern würde. Die Ironie, die ihm selbst dabei völlig entgeht, ist, dass just dieser Vortrag und seine Form nahezu alle vom Gutachter genannten Punkte bestätigt und unterstreicht.
So erwähnt Fitzek unvermittelt, dass auch bei dem als Zeugen vernommenem Herrn Siebert, der ihm die Industriehallen verkauft hat, die hohe Diskrepanz zwischen dem Kauf- und dem Verkaufspreis der Hallen auffallend sei. Auch Herr Siebert habe damit ihm gegenüber hinter dem Berg gehalten.
Marco würde die Öffentlichkeit über KRD-Forschungsergebnisse informieren. Er erwarte grenzenlosen Einsatz von anderen, so wie er das auch von sich selbst tut. Aber er könne sich auch durchaus richtig einschätzen. Was er mache, seien doch nur Peanuts. So etwas wie die Stickstoffwerke Piesteritz, das sei richtig groß. Da würden hunderte von Personen arbeiten und die würden etwas schaffen. Er sei auch nicht jemand, der Frauen erobere. Da könne man seine Lebenspartnerin fragen. Er versuche nur jeden Menschen respektvoll zu behandeln. Das würde auch auf den vom Gutachter beschriebenen Fall bei ihrer ersten Begegnung zutreffen. Er sei halt altmodisch. Er habe ihm den Platz anbieten wollen.
Er habe auch Obdachlose ohne jegliche Fragen in das KRD aufgenommen. Da sei jemand mitten in der Nacht bei ihm eingezogen. Später habe er das nicht mehr gemacht, weil er gemerkt habe, dass es zu sozialen Spannungen führt. Manche Menschen seien eben so.
"Ich bin anders! Ich bin nicht besser oder schlechter! Ich bin anders! Ich werde bestimmt von jedem Menschen verstanden. Und wenn sie meinen, dass man solche Dinge schaffen kann, wie ich geschaffen habe wenn man nur »normal intelligent« sei, dann wäre das so." Er habe Intelligenztests gemacht bei denen er ganz andere Resultate erreicht habe.
RM hakt ein: "Was für Intelligenztests haben sie gemacht?"
PF: "Da gibt es zum Beispiel ein Buch mit einem IQ-Test."
RM: "Wie kommen die Ergebnisse zustande?"
PF: "Da gibt es Fragen, ein Zeitlimit und eine Bewertung."
RM: "Erfolgt die Auswertung unabhängig? Sonst können sie doch beliebig lange nach der Antwort suchen."
PF: "Wozu sollte ich mich selbst belügen? Das wäre widersinnig."
RM: "Es könnte dafür Gründe geben. Um sich zu erhöhen, um andere zu beeindrucken..."
PF: "Das wäre doch nicht sinnvoll. So bin ich nicht."
RM: "Sind sie zu einem IQ-Test durch Herrn Langer bereit?"
PF: "Ich kann ihnen meine Resultate nennen."
wird fortgesetzt