Wer die verschiedenen Stränge zum KRD aufmerksam verfolgt hat, weiß, dass es entsprechende Überlegungen immer wieder gegeben hat. Da und dort schien auch die Vermutung durch, dass entsprechende Mitteilungen an Behörden gingen.
Zunächst ist es natürlich so, dass das Strafrecht verschiedene Formen der Tatbegehung kennt. Es gibt Täter, Haupttäter, Mittäter, Helfer, Anstifter usw. Weiter gibt es strafbare Handlungen, die durch Tun begangen werden, und solche, die in einem Nicht-Tätig-Werden bestehen, im so genannten Unterlassen.
Gerade bei komplexen Wirtschaftsdelikten ist die Lage natürlich oft einmal unübersichtlich und nicht von Anfang an auszumachen, wer Anstifter, Täter oder Haupttäter ist und wer nur in anderer Weise beteiligt war. Grundsätzlich ist bei jedem Beteiligten danach zu fragen, welchen Grad der Beteiligung und vor allem welche Schwere der Schuld er aufwies.
In entsprechend großen und unübersichtlichen Gebilden wie z. B. einem Komplex von Scheinfirmen zur Geldwäsche oder in einem "Strukturvertrieb" mit Pyramiden-Charakter stellt sich bei manchen Beteiligten die Frage, ob sie nun Mittäter, unwissende Rädchen in einem System, das sie weder beherrschten noch auch nur durchschauten, oder sogar Opfer waren. Nehmen wir eine Pizzeria, in der durchaus Essen gekocht, serviert und verkauft wird: Es mag dort Angestellte geben, die einfach nur ihren Job als Koch, Kellner usw. machen. Mit der Geldwäsche, die im Hinterzimmer bei der Abrechnung der Bareinnahmen getätigt wird, haben sie nichts zu tun und können davon oft gar nicht wissen. Die Hintermänner sind bei solchen Geschäften oft auch sehr diskret und treten auch den Angestellten gegenüber gar nicht in Erscheinung.
Anders sieht es hingegen beim Strohmann-Geschäftsführer aus: Wer ganz offiziell als Geschäftsführer tätig ist, trägt die Verantwortung - muss sie tragen. Die Einwendung, man sei ja nur pro forma Geschäftsführer gewesen, habe aber nichts gemacht und von nichts gewusst, sticht dann nicht. Auf ein solches Arrangement darf man sich gar nicht einlassen. Zumindest hätte man die Pflicht, wenn man das Geschäft nicht aktiv steuert, wenigstens zu überwachen und gegen Unregelmäßigkeiten einzuschreiten.
Beim KRD ist es natürlich so, dass die Fäden immer irgendwie zum OS laufen. Fatzke kann sich da nicht herausreden, zumal wenn er allein Verfügungsberechtigung über Konten hatte.
Aber da gibt es ja immer noch die Strohmann-Geschäftsführer, die noch nicht einmal versucht haben, irgendwie steuernd auf die Geschäfte einzuwirken. Weiter gibt es "Amtsleute im Staatsdienst" u. dgl., die stets gemacht haben, was Fatzke wollte, und die auch jetzt noch versuchen, in diesem Sinne weiter zu machen. Es gab diejenigen, die Verträge mit Kunden und Anlegern unterzeichneten und die "Produkte" des KRD und seiner verschiedenen Entitäten bewarben.
Alle diese Leute werden schwerlich ihren Teil der Verantwortung einfach leugnen oder auf Fatzke bzw. den innersten Kreis abschieben können.
Allerdings haben wir es hier schon mit einem Geflecht verschiedener sich überlagender Geschäfte und Konstrukte (m. W. ist ja nie eine Rechtsform gültig zustande gekommen) zu tun, sodass es wohl noch einige Zeit dauern dürfte, bis die juristische Abwicklung aller Geschäfte und Verfahren abgeschlossen sein wird - von den ziemlich sicher zu erwartenden Berufungen, Revisionen usw. ganz zu schweigen.