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Gem. § 2 der Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger (HebBO NRW) sind diese verpflichtet, ihren Beruf entsprechend dem jeweiligen Standard der medizinischen, psychologischen, soziologischen und geburtshilflichen Erkenntnisse gewissenhaft auszuüben, sich über die für die Berufsordnung geltenden Vorschriften zu unterrichten und diese zu beachten. Danach ist die Durchführung von Normalgeburten bei Schädellage eine im Rahmen dieser Aufgaben ausgeführte Tätigkeit. Die Durchführung von sog. Risikogeburten, u.a. Beckenendlagengeburten - der im vorliegenden abzuurteilenden Fall gegebenen Geburtslage, worauf im einzelnen noch eingegangen wird - ist nur in Dringlichkeitsfällen, d.h. soweit das rechtzeitige Aufsuchen einer Klinik infolge überraschenden Einsetzens der Geburtswehen oder der Feststellung erst im Rahmen des fortgeschrittenen Geburtsverlaufs nicht mehr möglich ist, zulässig. Hebammen haben nach § 3 der Berufsordnung auf Regelwidrigkeiten und Risikofaktoren zu achten und ggf. für ärztlichen Beistand zu sorgen. Das Behandeln pathologischer Vorgänge bei Schwangeren, Gebärenden, Wöchnerinnen und Neugeborenen ist Ärztinnen und Ärzten, vorbehalten.
Bei der Beckenendlage oder auch Steißlage handelt es sich um eine Normabweichung der Kindslage (Poleinstellung), bei der nicht der Kopf, sondern das Beckenende des ungeborenen Kindes vorangeht. Dabei befindet sich der Kopf am oberen Rand der Gebärmutter; das Kind liegt im Mutterleib mit dem Kopf nach oben. Der führende Teil ist der Steiß bzw. die Beine des Kindes in verschiedenen Variationen.
Eine spontane Geburt - und nicht zwingend ein Kaiserschnitt - ist auch bei dieser Kindslage grundsätzlich möglich, gestaltet sich aber deutlich schwieriger und ist mit weitaus höheren Risiken verbunden, weil der Geburtskanal durch das Becken des Kindes für das einfache Passieren des Kopfes nicht genug geweitet wird. Gleichzeitig wird die Versorgung des Kindes über die Nabelschnur beim Durchtritt des Kopfes durch das Becken behindert. Bei der spontanen Beckenendlagengeburt ist vor allem eine Gefährdung des ungeborenen Kindes zu befürchten. Die Risiken liegen insbesondere in einer hypoxischen Gefährdung (Sauerstoffunterversorgung) des Kindes, da die Nabelschnur häufiger als bei der Schädellage komprimiert wird und es häufiger zu Nabelschnurvorfällen kommt, und es gerade in der Austreibungsphase signifikant häufiger zu einem protrahierten Geburtsverlauf kommt, da die Beinhaltung zu einem Schienungseffekt der fetalen Hüfte führt, wodurch es zu einer Pendelbewegung des Steißes kommt, was häufig verhindert, dass sich die vordere fetale Gesäßhälfte unter der Symphyse in das kleine Becken vorschiebt. Zu befürchten sind zudem kindliche Geburtsverletzungen des Skelettsystems und des peripheren Nervensystems. Unter der Geburt ist insbesondere eines Hochschlagen der Arme des Kindes eine lebensbedrohliche Komplikation, da dadurch die Geburt des Kopfes behindert wird und die Arme erst manuell gelöst werden müssen, wobei die zuvor genannten Komplikationen bis hin zum Tod des Kindes unter der Geburt eintreten können. Bei der spontanen Beckenendlagenentbindung ist die Erfahrung und das praktischtechnische Können des Geburtshelfers von erheblicher Bedeutung, der insbesondere auch unterstützende Handgriffe zur Entwicklung des Kopfes, wie den nach Veit-Smellie und den Bracht-Handgriff beherrschen muss, um eine mögliche Unterversorgung des Kindes möglichst kurz zu halten. Da bei dieser Kindslage deutlich häufiger mit dem Auftreten von Komplikationen und dem Erfordernis eines sekundären Kaiserschnitts, unter Umständen auch eines Notkaiserschnitts, zu rechnen ist, soll die Geburt nach den berufsrechtlichen Vorschriften der Hebammen und sämtlichen Leitlinien und Empfehlungen zur außerklinischen Geburtshilfe nur unter klinischen Bedingungen erfolgen.
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(Hervorhebung durch mich). Der Punkt war wohl der, daß die Frau sowohl approbierte Ärztin, als auch ausgebildete Hebamme war und deshalb glaubte, diese Risikogeburten alleine bewältigen zu dürfen, was rein formell und in diesem Punkt auch so gewesen sein mag.
Nur hatte ich das von ihrem Auftritt
bei Jo bei der Neubronner damals (am 21.6.2016) so in Erinnerung (keine Ahnung, ob da gelogen wurde oder ich mir das jetzt nur eingebilde), daß sie die Facharztausbildung
für Gynäkologie und Geburtshilfe absolviert habe, die üblicherweise fünf Jahre dauert. Nun ist sie aber "nur" Praktische Ärztin gewesen, was einerseits bedeutet, daß sie für das Gebiet, auf dem sie arbeitete, keine Facharztausbildung hat (es gibt ja auch ein paar Ärzte anderer Fachrichtungen als Allgemeinmedizin und Interne, die sich entschließen, eine Hausarztpraxis betreiben), andererseits aber auch, daß sie alles durfte, wovon sie meinte, genügend Expertise zu haben. Und wenn da nach ihrer Meinung die Geburtshilfe bei Risikofällen dazugehörte, dann wäre das wohl auch zutreffend gewesen, wenn sie sich an die (von ihr mit aufgestellten) Regeln gehalten hätte und wenn in etwaigen Ausnahmefällen, wo sie das einmal nicht machte, die Kinder dennoch gesund und munter durch die Welt laufen würden. Wenn also ein "Praktiker" Dinge macht, die er nicht kann, sei es, weil es ihm an den Kenntnissen und Fertigkeiten oder an der nötigen Einrichtung sowie dem Beistand eines Anästhesisten fehlt, dann gehört ihm zum Schutze der Patienten die Approbation entzogen.
Denn zumindest soweit dürfte sie damals
dem Jo der Neubronner frech Halbwahrheiten aufgetischt haben, als sie behauptete, einer Klinik würden aus Todesfällen und Behinderungen kein Strick gedreht - denn das gilt mit Sicherheit nur unter der Bedingung, daß die Geburtshilfeabteilung der Klinik die Spielregeln penibel eingehalten und das auch dokumentiert hat. Schließlich sähe eine Klinik ja schon dann alt aus, wenn sie sich vorm Sozialgericht ohne ordentlich geführte Krankenakte mit der Kasse um die Behandlungskosten streiten wollte (was dort übrigens wesentlich häufiger vorkommt, als Verfahren von Hartz IV-Anwärtern gegen ihr Jobcenter wegen vorenthaltener Stütze). Interessant ist auch, daß dieses Interview nun nicht mehr beim Jo zu finden ist, denn der hat noch wesentlich ältere "Schätzchen" online ...
P.S. Besten Dank an
@Gutemine für das Verlinken des Urteils (LG Dortmund, Urteil vom 01.10.2014 - 37 Ks 3/11)