Prozessbericht vom 15.08.2017Jo Conrad und Angela Masch vor dem Amtsgericht Wittmund 9 DS 210 Js 15900/15 (1/17)
1. Verhandlungstag
Beteiligte:
- Richter am Amtsgericht M.
- Staatsanwalt L.
- Protokollantin
- Angeklagter Johannes Conrad
- Angeklagte Angela Masch
- Zeugin Pkin E.
- Zeuge KHK K.
- Zeuge R.
- Zeugin M.
- Zeuge L.
- Zeugin B.
Prolog
Bei schönstem Kaiser- oder zumindest Reichsdeutschenwetter empfängt Wittmund seine gebetenen Gäste – die Angeklagten – sowie die ungebetenen Prozessbeobachter aus dem Sonnenstaatland. Das Örtchen Wittmund ist ein kleines herausgeputztes Nest, das heute seinen großen Tag feiert.
Bereits auf der Straße vor dem Gericht staunt der Zaungast. Ein fast unübersehbarer Solidaritätszug quält sich durch das Örtchen, aufgeheizt durch viele Aufrufe von einflussreichen Unterstützern. Alle, alle sind gekommen.
Ganz vorne die Chemtrail-Aktivisten, zu erkennen an der gebückten Haltung, dem Bariumgeruch und dem flachen Atmen.
Danach die bunte Schar der Titelträger des VEKK, alle bestens bekannt aus Bewusst.tv – nur Prof. Dr. rer. nat. Hartmut Müller muss leider aus sicherer Entfernung per Gravitationswelle grüßen.
Es schließen sich die beamteten Professoren an, die Meyls und Turturs, teils in verwegenem Outfit. Meyl, reitend auf einer Skalarwellenhaubitze mit buntem Neutrinoschweif und Turtur als galvanische Zelle, von Magneten umkreist.
Die nächste Gruppe bilden die Rechtsgeleerten aus dem Naturrechts- und Youtubebereich. Sie repräsentieren immerhin den JWD Gerichtshof sowie weitere unaussprechliche Institutionen, die am Tag des reichsdeutschen Gerichts über unsere deutschen selbsternannten und BAR-Eid schwörenden „Richter“ herfallen werden.
Und wieder eine neue Gruppe, die Berichterstatter von Wake-, Jeet-, Bewusst-, Secret-, Knacki- und Sonstwas.tv. Das ist ein Klagen und Berichten, da bleibt kaum ein Auge trocken. Und dann die Wunderheiler, Impfgegner, germanische Scharlataneristen und Snake-Oil-Verkäufer, Dämmung-dämmt-nicht-Aktivisten – eine wahre hamersche Herde. Stimmgewaltig singen sie das Studentenmädchenlied und werfen mit Zuckerkügelchen. Wo soll man da anfangen? Am besten gar nicht.
Dann der Block der Indigo- und Kristallkinder mit ihren aufgekratzten Müttern samt Kinderklau-Aktivisten – kein schönes Bild. Jeder Zugfahrer kann ein Lied von den Bratzen singen.
Den Abschluss bilden die Universalverwirrten: Freie Energie, gefälschtes Mittelalter, hohle und flache Erde, Global Scaling, Anti Relativisten, von Alien Entführte, d. h. Geferstelte, usw. usf.
Alle, alle sind erschienen, um heute zum Jo und Angela zu halten. Na ja fast alle, d.h. eigentlich keiner, denn die Straße ist noch leer, aber ich darf ja auch mal ein bisschen träumen.
Der Morgen
Das Gericht ist altehrwürdig. Vergleicht man es mit dem in Alt Moabit, wo die TTA-Festspiele stattfanden, ist es verschlafen und hat wohl mit wirklich gefährlichen Menschen bisher eher wenig zu tun gehabt. Der Platz vor dem Gericht füllt sich mit den Unterdrückten dieser Welt. Aus allen Geltungsbereichen und Gauen kommen sie angetröpfelt. Die aufgebrezelten alten Jungfern, die Sandalen mit Socken Herren – leider manchmal etwas schluffig. Und die entrechteten Väter, die hier aber leider aufs falsche Pferd – sorry Angela – gesetzt haben. Von der Prominenz sind Berni und Ur-Altnickel zu erwähnen. Der Rest eine Mischung aus diversen SSL-Spionen und Laufpublikum.
Um 9 Uhr soll das Event starten und um 8:30 Uhr öffnen sich endlich die Gerichtstüren. Nun hasten alle vom gegenüberliegenden Bäcker zum Gericht. Geschätzt ca. 40 Personen wollen jetzt die Reise nach Jerusalem – darf man das in den Kreisen so schreiben – spielen. 30 Plätze gibt es aber nur. Die Spione kommen alle rein – früher Vogel fängt den Reichi. Aber mit dem früh und regelmäßig hat es unsere Kundschaft es ja eh nicht so.
Im Gericht
Nun wird einzeln eingetreten. Alles auspacken und rein damit ins Schließfach. Papier und Stifte sind aber erlaubt. Auch hier zeigt sich der Unterschied. Die aalglatten professionellen SSL-Spione und der Rest der Meute, wortreich: „Sie haben Angst vor uns“ und „Faschismus“ maulend. Schnell noch den Perso kopieren lassen und schon geht es hoch zum Sitzungssaal.
Der Saal macht nichts Besonderes her. Messingkronleuchter mit echten! Glühbirnen – die Richter ziehen sich da noch echte Strahlung rein und wir müssen längst unterm Energiesparlicht darben. Dazu ein abgenudeltes Parkett, aber akzeptables Bankmaterial. An der Wand ein Gemälde „Schiff in nächtlicher Bucht“. Heissa, da erhob sich gleich eine ausführliche Seerechtsdiskussion. Die Fenster können leider nicht geöffnet werden, da unten Berni in seine Box brüllte. Damit nervt er übrigens ausschließlich die Angeklagten und die Reichis, die nun auch akustisch nichts verstehen. Gegen Ende des Prozess wird der Jo mehrfach anbieten, so lange aus dem Fenster zu schimpfen, bis da unter endlich Ruhe sei, doch dazu später mehr.
Nach dem alle Patz genommen haben, inklusive Jo – ich berichte doch nur - Conrad – mit Cargohose und lachsfarbigem Poloshirt und Angela Masch, die fleisch gewordene Kristallmutter im schicken schwarzen Zelt, könnte nun begonnen werden. Tja, hätte, hätte Fahrradkette, da auf der Fensterbank ein USB-Stick mit Aufnahmefunktion gefunden wurde. Also, alle noch mal raus bis vor die Tür und dann einzeln wieder rein. Der liebenswerte Oldie in Kordhose mit Hosenträgern: „Das Volk abstimmen lassen über das Urteil und dann eine Gegenanklage“ wollte nicht raus, textete den Richter an seinem Tisch zu und fing wieder von Brasilien, Nordkorea und Australien an. Der Gute hat sicher einen Globus zu Hause oder zumindest eine Scrabble-online-Hilfe. Die Gerichtstür verfehlte dann seine Nase nur knapp.
Nun einzeln wieder rein und hoch zum Saal. Das Volk ist immer noch empört: „Migranten kommen hier mit Koffern voller Bomben rein und wir werden durchsucht“. Dr. Wetzel im schicken Trachtenhemd glänzte hier und auch später durch fundierte Rechtsberatung: Ist ohnehin alles ungültig. Binnen einer Woche gibt es eine Anzeige beim OLG“. Tja das OLG, Ort der Reichihoffnung, siehe Fitzelchen.
Die Lügenpresse – Ostfriesische Zeitung und Harlinger Anzeiger - bekam zwei Einzelstühle mit Polstern – Skandal! Wir bekamen dieselben Plätze wie vorher und spitzten die Ohren. Selbst Altnickel regt sich über die hinteren Reihen auf, die meinten, es würden noch mehr Querulanten in den Saal passen. Der liebenswürdige Senior begleitete die Veranstaltung wieder mit „blanker Terror und Faschismus“. Ein weißhaariger Mittfünfziger steuerte noch: "Ich bin Ostfriese, niemand ist Herr, niemand ist Sklave“ bei. Ich hätte auch gerne was Sinnloses ausgerufen, musste aber mitschreiben. Die ♥♥♥en, die die vielen freien Plätze gesehen hatten, maulten jetzt über die Enge im Saal rum.
Mittlerweile war es 10 Uhr. Irgendetwas fehlt noch? Ja, die Angeklagten, die haben wir beim raus und rein doch glatt verloren. Staatsanwalt L. ist so freundlich sie zu suchen. Ihr Eintritt wird mit Beifall bedacht, auch von mir, denn ich freue mich, dass sie heute hier sind. Anwälte wurden nicht mitgebracht – schade – der Carl-Peter „Naturrechts“ Hofmann ist schon ein Knaller. Leider knallt er heute scheinbar wo anders. Aber, unsere Angeklagten sind auch gewaltig, bzw. wortgewaltig.
Was bleibt noch zu beschreiben? Der Richter M., ein netter älterer und sehr ruhiger Herr und der Staatsanwalt L., kurze weiße Haare, mit Humor und einer Prise Zynismus ausgestattet, würde also gut ins Sonnenstaatland passen.
Lesen Sie weiter – zweiter Teil dieses Reißers in Kürze.