May war ja ursprünglich (zumindest offiziell) gegen einen EU-Austritt. Mit einem "unzumutbaren" Austrittsabkommen könnte sie also einen Umschwung erzeugen, zumal der EuGH ja die Türen für einen rechtzeitigen Rückzug aus dem Austritt weit geöffnet hat.
Allerdings hatte May nach dem Referendum getönt, der Austritt solle "hart" werden und einen klaren Strich ziehen. Das vorliegende Austrittsabkommen zieht einen solchen klaren Strich zwischen GB und EU eindeutig nicht, "hart" im Sinne eines "harten Brexit" ist es wohl auch nicht. Somit wäre auch möglich, dass May einen "harten Brexit" auf dem Wege der Ablehnung dieses Abkommens erzwingt. Die Abstimmung wurde ja bereits verschoben, je mehr Zeit vergeht und je näher der Austrittstermin rückt, desto weniger Alternativen gibt es. Kurz: Tut sich in GB nichts, kommt es automatisch zum "harten Brexit".
Nun stellt sich eine Frage nach der (ungeschriebenen) britischen Verfassung: Der staatsrechtlichen Theorie nach kann das Parlament im Grunde machen, was immer es will. Somit könnte eine Mehrheit auch ohne weiteres das Ergebnis des Referendums ignorieren und den Rückzug aus dem Austritt erzwingen. Die Regierung müsste dann rechtzeitig vor Wirksamwerden des Austritts eine entsprechende Erklärung gegenüber der EU abgeben.
Allerdings stellt sich in der Praxis die Frage, ob ein zweites Referendum nicht zumindest politisch erforderlich wäre. Dafür wird allerdings allmählich die Zeit knapp. Erst müsste ein solches Referendum nämlich angeordnet werden, was wieder einen Parlamentsbeschluss erfordert. Dann braucht es einen gewissen Vorlauf zur Vorbereitung (in manchen Ländern schon drei Monate!). Da ein Referendum in GB nicht aus sich heraus wirkt, müsste danach das Parlament wohl erneut und verbindlich entscheiden.
Noch erscheint das zeitlich möglich, doch die Zeit wird allmählich knapp.