Du hast nicht ganz verstanden, wie Journalismus heutzutage funktioniert. Und das kann man Dir auch nicht übel nehmen. Um etwas zu recherchieren und zu hinterfragen, braucht man Zeit und Leute mit Sachverstand. Beides kostet Geld, das am Gewinn der Anteilseigner fehlt.
Ganz klar: Durch das Vordringen der elektronischen Medien, die nicht selten kostenfrei genutzt werden können, sowie der sozialen Netzwerke hat sich der Kostendruck auf die Medienunternehmen gewaltig erhöht. Da muss gespart werden und das geschieht dann unter anderem bei der Qualität des Personals. Natürlich kann ein Journalist in der Regel nicht mehr Expertise in einem bestimmten Bereich haben als die Experten eben dieses Bereiches. Aber man kann doch erwarten, dass der Journalist in der Lage ist, Dinge so zu recherchieren und ggfs. Auskunftspersonen entsprechend zu befragen, dass er selbst in etwa versteht, worum es geht, und dass er diese Informationen dann verständlich an den Leser, Zuschauer, Hörer usw. weitergibt.
Was geschieht stattdessen: Es werden irgendwelche Praktikanten oder Billiglohn-Journalisten beschäftigt, die gerade bei aktuellen Ereignissen nicht etwa selbst vor Ort sind, sondern bei Facebook, Twitter usw. die Mitteilungen von journalistischen Amateuren zu den betreffenden Ereignissen verfolgen und meist ungefiltert weitergeben. Um die Kompetenz vieler Journalisten ist es auch nicht gut bestellt. Zu den relativ wenigen Fachgebieten, von denen ich relativ viel verstehe, gehört auf Grund früherer Tätigkeit und eines sehr ausgeprägten hobbymäßigen Interesses das Eisenbahnwesen. Was z.B. nach dem Zugunglück von Bad Aibling durch - meist selbst ernannte - journalistische Bahnexperten an komplett sachkundefreien Erklärungen, Ferndiagnosen und Spekulationen veröffentlicht wurde, ließ einem die Haare zu Berge stehen
und lässt befürchten, dass die Sachkunde bei anderen Sachgebieten, von denen ich weniger verstehe, ähnlich schlecht ist.
All dies dürfte neben schwerwiegenden Fehlern der Medien bei einzelnen Ereignissen (z.B. die Hitlertagebücher des "Stern", Silvester 2015 in Köln), mit dazu beigetragen haben, dass das Vertrauen in die Medien in den letzten Jahren tendenziell eher gelitten hat.