Ich möchte jenseits von unseren Scherzen "schönste Kleinstadt" etwas sehr sachlich und ernsthaft richtig stellen: Mir fiel auf, dass offensichtlich viele die Dimension nicht einschätzen können - das ist aus der Ferne ja auch schwierig. Man sehe mir aber bitte nach, dass ich keine Dienstgeheimnisse verraten werde. Ich denke, dass meine Informationen trotzdem ein abgerundetes Bild ergeben.
Bei uns im Westen haben sich für solche Spektakel längst Vereine gebildet um solche Historie abzuarbeiten und werden nur am Rande von der Verwaltung unterstützt. Ihr bräuchtet ein Luther Geschichts-Verein in den sich dann die intellektuelle Elite einbringen kann.
Es tur mir leid, ich muss das richtigstellen. Du beschreibst ein Stadtfest, Herr Krampe nennt es gar Dorfkirmes. Unser Stadtfest heißt "Luthers Hochzeit", findet jährlich statt, hat in drei Tagen 100.000 Besucher (bei 50.000 Einwohnern) und wird zu den 10 schönsten Stadtfesten in Deutschalnd gezählt. Dieses Fest wird von bald 100 Vereinen und der Stadt getragen. Das ist alles schon ein ordentlicher Haufen Holz, wir sind also festerfahren. Wir machen das nicht zum ersten Mal.
Das Jahr 2017 (500 Jahre Reformation) ist eine völlig andere Liga: Wie 1967 (450 Jahre Reformation) und 1983 (500. Geburtstag Luthers) ist das ein
nationales Fest. Das bedeutet unter anderem, dass der Reformationstag 2017 ausnahmsweise bundesweiter Feiertag sein wird. Das bedeutet, dass wegen der hohen Liga mehrere Organisatoren am Start sind: Die Bundesrepublik Deutschland, das Bundesland Sachen-Anhalt (und Sachen, Thüringen), die EKD (Evangelische Kirche in Deutschland), die Stiftung Luthergedenkstätten, der Landkreis und die Lutherstadt Wittenberg als kleinstes Licht am Baum.
Das Festjahr findet bundesweit statt, sogar Herr Krampe konnte bis dahin folgen: Da wird auch Torte verteilt, viele wollen etwas davon. Die bedeutendsten Dinge passieren aber tatsächlich in Wittenberg, das ist auch naheliegend: Hier war eine der Residenzen des wichtigsten Kurfürsten, hier war die bedeutendeste Universität dieser Zeit, hier lehrten Luther und Melanchthon. Von hier ging die Reformation und damit der wohl wichtigeste Impuls für die beginnende Neuzeit aus. Das ist auch der Grund, warum die Stadt gleich
vier UNESCO-Welterbestätten hat - und momentan eine riesige Baustelle ist.
Im Festjahr wird es eine Vielzahl an Veranstaltungen geben, mehrere Pavillons, ein Panometer-Rundbild von Prof. Asisi, zu ihm siehe:
http://www.asisi.de/de/homepage.htmlDas Festjahr wird gekrönt von Reformationstag, vermutlich verrate ich nicht zu viel, wenn ich den Bundespräsidenten erwähne. Und obwohl der nationale Kirchentag in Berlin stattfindet, wird der Abschlussgottesdienst in bzgw. bei Wittenberg sein, dazu unten.
Zur angeprochenen Frage der Organisation: Wie gesagt: Da organisieren mehrere Organisationen. Um die Dimension klarzustellen: Allein die EKD hat derzeit (!) 50 Mitarbeiter fest vor Ort, das werden im Laufe der Zeit noch deutlich mehr.
Also Vereine gibts genug die da mitmischen und was sagen wollen. Auch von Seiten der Kirche her. Aber da wird wohl der Wittenberger mehr wissen.
Das tue ich gern.
Hinweis für Dich: Die örtlichen Vereine haben mit dem Reformationsjahr weniger zu tun. Sie haben zu tun mit einzelnen Veranstaltungen. Und "Luthers Hochzeit" findet ja auch 2017 statt, da sind alle im Boot.
Fakt dürfte werden das 2017 Ausnahmezustand herrschen wird, insbesondere was den Verkehr, speziell Parkplätze, betrifft.
Der Verkehr selbst ist an normalen Tagen beherrschbar. Man rechnet an normalen Tagen mit 6.000 bis 10.000 Besuchern (das ist allerdings auch eine große Zahl) von denen aber sehr viele mit Bussen kommen werden.
Angedacht soll sein, Teile der Elbbrücke als Parkfläche zu nutzen
Das Gerücht ist bekannt, aber es ist falsch. Am Reformationstag wird die Elbbrücke (vierspurig) gesperrt, das ist richtig. Auch alle Hauptstraßen werden nach jetziger Planung für Individualverkehr gesperrt, es wird Busshuttle mit Hunderten von Bussen geben.
Um es für nicht Ortskundige zu beschreiben: Der Abschlussgottesdienst wird südlich der Elbe auf den Elbwiesen stattfinden. Das bringt ein logistisches Problem mit sich: Es stehen nur zwei Elbquerungen zur Verfügung: Vockerode A9 mit 2x3 und Wittenberg mit 2x2 Fahrbahnen. Elbbrücke Wittenberg wird gesperrt, wobei die eine Seite dann Busshuttle, die zweite Seite Rettungsweg, BOS-Weg wird.
und evtl. auch der A9. Aber das ist nur Hörensagen und Latrinenpropaganda.
Nein, wird nicht gesperrt. Das war mal so beantragt, das orientierte sich am Papstbesuch in Erfurt, damals wurde die A38 zum Parkplatz. Das Bundesverkehrsministerium hat den Antrag für die A9 mit Hinweis darauf, dass die A9 gleich vier Europastraßen vereint, abgelehnt. Das macht die Sache schwieriger, da individuell Reisende nun von der Autobahn abfahren müssen. Das alles kann man genau berechnen, es gibt Zahlen für die Kapazität von Straßen. Nun sind andere Großparkplätze vor der Stadt geplant.
Man muss dazu wissen, dass Kirchentage anders funktionieren als ein Konzert der Stones oder ein Fußballländerspiel: Kirchentag ist christliche Gemeinschaft, da reisen die Teilnehmer in Gruppen an. Das macht die Sache wieder einfacher.
Definitiv mangelt es jetzt im "Normalzustand" schon an Parkmöglichkeit, und falls 2017 ein kleines Hochwässerchen die Elbwiesen blockiert, hat Fr. Käßmann ein Problem mit ihrem Gottesdienst und 100.000 Teilnehmern.
Die Planungsgrenze ist 300.000 Teilnehmer.
Frau Käßmann ist Botschafterin der EKD für das Reformationsjahr. Ob sie zum Gottesdienst predien wird steht alles andere als fest. Da wäre wohl eher an den Vorsitzenden des Rats der EKD zu denken.
Auf die Idee mit dem Hochwasser bist nicht allein Du gekommen. Es wird ein Ausweichplatz nördlich mit identischer Ausstattug vorbereitet. Das darf man sich durchaus komplex vorstellen: Da müssen Strom, Wasser, Abwasser, temporäre Straßen, Rettungswege, Sanitätszelte, mobile Funknetze und noch viel mehr hin. Und neuerdings braucht man für alles eine Baugenehmigung und möglichst ein Umweltgutachten.
Also sind schon Probleme da an denen die Verwaltung beteiligt ist.
Das ist richtig. So gesehen ist dieser Herr Fitzek eine lästige Laus. Nicht mehr.
Ich muss etwas klarstellen, für meine Freunde Punkt-Abzieher: Ich teile jede Kritik. Ich beschreibe lediglich Fakten. Aber ich verantworte diese Fakten nicht und rechtfertige sie auch nicht.
Da die Innenstadt und die Schlossstraße angesprochen wurde: Das sieht momentan etwas trübe aus, das ist bei uns aber normal: An Allerheiligen (dem Tag nach dem Reformationstag) klappen wir die Bürgersteige hoch. Und wir klappen sie erst Ostern wieder runter.