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Der Rechtsanwalt und Chef der rechtsextremistischen Vereinigung Pro Chemnitz, Martin Kohlmann, hat angekündigt, juristisch gegen das Stadtteilmagazin BISS vorgehen zu wollen. Man prüfe rechtliche Schritte, weil in dem Heft persönliche Daten veröffentlicht würden, sagte er am Freitag der "Freien Presse".
Hintergrund sind zwei Beiträge in der aktuellen Ausgabe (Januar/Februar) des Magazins. In einem der beiden Texte geht es um eine Immobilie an der Frankenberger Straße in Ebersdorf, in der nach verschiedenen Medienberichten ein rechter Szenetreff etabliert werden soll. So heißt es in einem Blog der Wochenzeitung Die Zeit, drei Personen, die der Rocker- und der Neonazi-Szene nahestehen, hätten das Haus vor einigen Jahren erworben. Eine dort ansässige Immobilienfirma habe zudem Verbindungen in die rechte Szene.
In dem zweiten Artikel im BISS wird auf eine Flyer-Aktion in Hilbersdorf aufmerksam gemacht. Im Dezember landeten Flugblätter einer offenbar linken Gruppierung in den Briefkästen der Anwohner des Stadtteils, die vor zwei nach Hilbersdorf gezogenen Neonazis warnten. Einer dieser Männer, ein bekannter Rechtsextremist, hatte zuvor auf einem rechten Chat-Kanal angekündigt, dass er von Dortmund nach Chemnitz zieht. Hier soll er für Martin Kohlmann arbeiten. Der Beitrag im BISS nennt unter anderem den Vornamen der Männer, die Straßen, in denen sie wohnen und eine E-Mail-Adresse, an die Informationen über rechtsextreme Aktivitäten gesandt werden können.
Einige Läden und Vereinsstätten, in denen das Magazin ausgelegt wurde, erhielten nun einen Brief von Kohlmann. In dem Schreiben, das "Freie Presse" vorliegt, spricht der Pro-Chemnitz-Chef in seiner Funktion als Anwalt, in Bezug auf den Beitrag über die Flyer-Aktion von Denunziation, Stasi-Methoden und Hetze. Weiter heißt es: "Wir jedenfalls denken, dass ein freundliches und friedliches Miteinander im Stadtteil eine solche Hetze nicht verträgt und möchten Sie auffordern, den BISS bis zur rechtlichen Klärung dieser Vorfälle, die von uns eingeleitet wurde, nicht weiter auszulegen. Sicherlich möchten Sie sich nicht zum Handlanger von möglicherweise kriminellen Strukturen machen." Verantwortliche Redakteurin des Magazins ist Margitta Zellmer. Sie habe noch keine Post von Kohlmann erhalten und wisse auch nicht, welche Schritte er einlegen wolle. Sie stehe hinter den Beiträgen und sehe keine Veranlassung, die Magazine wieder einzusammeln. "Wir waren ja auch moderat und haben nicht die vollen Adressen der Personen genannt", sagt Zellmer. Sie sehe es als ihre Verantwortung, auf Entwicklungen in den Stadtteilen aufmerksam zu machen.
BISS (Bürger informieren sich selbst) ist eine Stadtteilzeitung für den Brühl, Ebersdorf und Hilbersdorf. Sie erscheint seit 1997, aktuell in einer Auflage von 3000 Stück. Zellmer betont, dass die Stadtteilzeitung parteipolitisch neutral agiere. So habe man in den vergangenen Jahren immer davon abgesehen, Anzeigen, Bürgersprechstunden oder Artikel von Abgeordneten zu veröffentlichen.