Ein ehemals "erfolgreicher Gastronom"? Na ja: "Wer nix wird, wird Wirt...", sieht man ja auch an unserem Paradeexemplar Gerd Peifer.
Natürlich ist er kein "Reichsbürger", sondern nur einer, der unangenehme Fragen stellt. Deshalb wird er demnächst auch dem Revierleiter einen Brief schreiben und ihn mal aufklären.
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ÄRGER MIT DER POLIZEI
Ueckermünder Reichsbürger sieht sich als Opfer von Polizeigewalt
In Ueckermünde gibt es immer wieder Ärger zwischen einem Mann und Polizisten, die ihn als „Reichsbürger“ einschätzen. Zuletzt eskalierte die Situation erneut bei einer Kontrolle. Was steckt hinter den Fällen?
Ueckermünde.
Sein abgelegenes Grundstück am Stadtrand von Ueckermünde ist geschützt vor neugierigen Blicken. Hinter dem Eingangstor, den Holz- und Gitterzäunen, den Bäumen und Sträuchern sehen Spaziergänger nur ein paar Dachziegel des Hauses. Am Postkasten steht mit S. ein anderer Nachname als im Reisepass des Bewohners (56). Dort beginnt sein Familienname mit H. Wer klingelt, kann durch eine Kamera beobachtet werden, und etwas versteckt steht ein stillgelegter blauer Mercedes, der vor anderthalb Jahren einen Polizeieinsatz auslöste. Für die Polizei ist klar, dass sich hier ein Reichsbürger verschanzt hat. Der Nordkurier trifft den Mann in Ueckermündes Altstadt. Er beginnt das Gespräch mit einer Selbsteinschätzung: „Wer sagt denn, dass ich Reichsbürger bin? Ich war noch nie auf einer Demo, bin in keiner Gruppe organisiert, habe keine politische Ideologie. Ich bin lediglich einer, der unangenehme, kritische Fragen stellt und nicht bereit ist, Steuern zu zahlen, wenn mit dem Geld so viel Mist gebaut wird.“
Früher war er ein erfolreicher Gastronom
Früher zahlte er jede Menge Steuern, war erfolgreich in der Gastronomie, zog mit seinem Umzug im Jahr 2016 nach Ueckermünde und dem Verkauf seines Geschäfts aber einen Schlussstrich unter diese Vergangenheit. Seitdem ist H. polizeilich nicht gemeldet und streifte seine Zugehörigkeit als Bürger der BRD so ab, als sei sie ein Mantel, den man an der Garderobe abgeben könnte. Beim Verfassungsschutz werden solche Leute als „Selbstverwalter“ eingestuft. Viermal krachte es bisher zwischen ihm und Polizisten, die als Beamte der Strafverfolgungsbehörde allerdings nur äußerst konsequent ihren Job machten.
Zuletzt am 22. August gegen 23 Uhr, als er mit seiner Lebensgefährtin (46) und den beiden Hunden mit dem Fahrrad auf dem Heimweg war. Zu diesem Zeitpunkt stellte laut Polizeibericht eine Streifenwagenbesatzung H. als Fahrradfahrer fest, der mit seinem „unbeleuchteten Fahrrad auf dem Gehweg Schlangenlinien fuhr“. „Das mit dem Licht stimmt“, räumt H. ein. Das mit den „Schlangenlinien“ nicht: „Wir waren am Strand, kamen von Freunden. Ich hatte Alkohol getrunken, aber ich bin auch ein erwachsener Mann, hatte keine Ausfallerscheinungen.“ Den von den Polizisten angebotenen Atemtest lehnte H. ab, auch ausweisen wollte er sich nicht. „Ich bin doch auf dem Revier bekannt, tue doch keinem was“, habe er den Polizisten gesagt.
Polizisten brachten ihn in Handschellen in die Klinik
Seine Lebensgefährtin bestätigt das ebenso wie den weiteren Verlauf: „Wir boten an, die Räder nach Hause zu schieben, doch einer der Polizisten pochte auf seine Position.“ Auch H. blieb stur, verlangte von den uniformierten Beamten, sich zu identifizieren: „Ihre Namen und Dienstnummern wollten sie nicht sagen, machten zur Identifizierung lediglich das Blaulicht an.“
Was dann geschah, bleibt nebulös. „Während der Kontrolle beleidigte er die Polizeibeamten und griff diese unvermittelt an. Dabei verletzte er einen Polizisten leicht“, heißt es im Polizeibericht. H. dagegen: „Ich habe nicht geschlagen, getreten oder brachiale Gewalt angewandt, sagte ihnen nur, dass ich wegen eines kaputten Fahrradlichtes nicht festgenommen werden kann, nicht angefasst werden möchte und mich dagegen wehren würde.“
Am Ende des Konfliktes fixierten ihn sechs Beamte am Boden, brachten H. in Handschellen ins Klinikum, wo er die Entnahme einer Blutprobe ebenfalls verweigerte. Im Polizeibericht heißt es: „Die Blutprobe wurde unter Anwendung von körperlichem Zwang durch die Beamten durchgesetzt. Im Anschluss wurde der Reichsbürger aus den polizeilichen Maßnahmen entlassen.
In der Klinik wollte er sich aus dem Staub machen
Weiterhin wird gegen ihn Strafanzeige erstattet. Er wird sich wegen Trunkenheit im Verkehr, Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung und Beleidigung verantworten müssen.“
H. sieht sich als Opfer von Polizeigewalt: „Die Handschellen waren so stark angezogen, das tat richtig weh.“ Fast wäre ihm im Klinikum sogar noch die Flucht gelungen, doch er schaffte es nur bis zum Flur.
Was gegen H. vor Gericht verhandelt wird, ist offen. Im März 2019 war er am Steuer seines Mercedes erwischt worden, der weder TÜV noch Versicherung hatte. Bei der Kontrolle mussten die Beamten die Beifahrerscheibe einschlagen, um H. aus dem Wagen zu bekommen. H. hatte die Kräfte als „Angestellte der Firma BRD“ bezeichnet, die kein Recht auf eine Kontrolle hätten. Zur Identifizierung legte er Papiere aus Liechtenstein vor. „Das waren keine Fantasie-Dokumente, wie die Polizei behauptet, sondern die waren echt.“ Damals standen gegen ihn ähnliche Vorwürfe im Raum. Widerstand gegen die Staatsgewalt etwa und Verstoß gegen das Waffengesetz wegen eines gefundenen, aber verbotenen Einhandmessers. Übrig blieb nur eine Verurteilung wegen der fehlenden Haftpflicht von 800 Euro.
Der Ueckermünder will den Polizisten einen Brief schreiben
„Anklage wegen Widerstandes haben wir nicht erhoben, weil der Verdächtige keine aktive Gewalt anwendete. Er zappelte nur leicht, bewegte die Arme“, sagt der Neubrandenburger Oberstaatsanwalt Gerd Zeisler. Die Geldstrafe, so Zeisler, sei „in Vollstreckung“. H., der nicht vor Gericht erschien und auch keinen Anwalt hat: „Bei mir ist bisher in der Sache nichts und niemand aufgetaucht.“
Jetzt überlegt H., der Leitung des Polizeireviers Ueckermünde einen Brief zu schreiben: „Darin würde ich die Leitung daran erinnern, dass sie die Verantwortung dafür trägt, was die teilweise noch jungen Polizisten auf der Straße machen.“
Und noch etwas zu unserem "Reichsbürger-Kinderklau-Opfer" Ralf Hillen. Die erwähnten Videos über seine "Flucht" nach Bad Laasphe in Österreich oder Österreich in Bad Laasphe zu Manuel Sprenger sind übrigens wirklich herzallerliebst.
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Reichsbürger soll in die Psychiatrie
Aktualisiert: 18.09.20 05:11
Todesdrohung gegen OB Mucke
Von Manuel Praest
Wuppertal Die Aktion hatte Anfang des Jahres für Aufsehen gesorgt: SEK-Kräfte stürmten ein Haus in Bad Laasphe (Kreis Siegen-Wittgenstein) und nahmen einen 52-Jährigen fest, der in Verdacht steht, unter anderem Wuppertals Oberbürgermeister Andreas Mucke mit dem Tode gedroht zu haben. Wann vor dem Wuppertaler Landgericht gegen den der Reichsbürgerszene zugeordneten Mann verhandelt wird, stehe noch nicht fest, so ein Sprecher. Allerdings wird es ein sogenanntes Sicherungsverfahren geben, wie Oberstaatsanwaltschaft Wolf-Tilman Baumert auf Anfrage unserer Redaktion bestätigt. Ziel sei, dass der 52-Jährige in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen wird.
Grund für die Festnahme, bei der auch ein Messer und ein Gewehr sichergestellt wurden, waren damals Droh-E-Mails. Über Monate gingen diese nicht nur an Mucke. Sondern unter anderem auch an Leitung und Mitarbeiter des Jugendamtes. Hintergrund war wohl ein Sorgerechtsstreit. Da die Drohungen teilweise sehr konkret waren und der Verdächtige als ehemaliger Sportschütze über eine gewisse Sachkunde im Umgang mit Schusswaffen verfügt, erfolgte schließlich der polizeiliche Zugriff.
Vor dem Landgericht sind es mehr als 30 Straftaten, die dem Beschuldigten vorgeworfen werden, unter anderem Beleidigung und üble Nachrede. Außerdem soll er seiner ehemaligen Lebensgefährtin nachgestellt haben.
Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit des mehrfach vorbestraften Mannes, der aktuell wegen anderer Vergehen im Gefängnis sitzt, waren schon früher aufgekommen. Von dem Vater existieren zum Teil wirre Youtube-Videos, in denen er gegen den Staat, Migranten und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wetterte. Immer wieder inszenierte er sich als ein Justizopfer, zweifelte die Rechtmäßigkeit der bundesdeutschen Justiz an und hoffte auf ein Eingreifen der US-Behörden.
Mann täuschte vor, sich nach Österreich abgesetzt zu haben
Vor der Festnahme hatte er in einem Video vorgetäuscht, sich nach Österreich abgesetzt zu haben. Vergeblich, das SEK stellte ihn in Bad Laasphe im Haus eines Mannes, der ebenfalls der Reichsbürgerszene zugeordnet worden war. Unter seiner Anhängerschaft im Netz machten danach wilde Verschwörungstheorien die Runde. Etwa die, dass der „Scheinstaat BRD“ Söldner engagiert habe, die den Wuppertaler schnappen sollten.