Den "Bock zum Gärtner" machen, wohl nicht nur ein Problem in der Berliner Staatsanwaltschaft, sondern auch bei der Polizei. Wenn der "Rechtsextremismus"-Beauftragte Stefan Kollmann (PMS rechts) einen Flüchtling zusammenschlägt und rassistisch beleidigt, ist das nicht nur ein typischer "Einzelfall", sondern auch ein Grund zu versuchen, dass die Sache vielleicht doch im Sande verlaufen könnte.
Spoiler
Berliner Polizei Rechtsextremismus-Ermittler wegen Angriffs auf Ausländer vor Gericht
12.08.20 | 21:51 Uhr
Der Berliner Polizei droht Ärger wegen möglicher ausländerfeindlicher Straftaten in den eigenen Reihen. Nach einer Attacke auf einen Afghanen steht ein Beamter vor Gericht. Er kommt just aus der Gruppe, die rechtsextreme Übergriffe aufklären soll. Von René Althammer und Jo Goll
Am Amtsgericht Tiergarten wird zurzeit ein Verfahren gegen einen Berliner Polizeibeamten geführt - wegen gemeinschaftlich begangener und gefährlicher Körperverletzung. Er wird verdächtigt, mit zwei weiteren Mittätern einen Afghanen verprügelt zu haben. Brisant: Nach Informationen des rbb und der "Berliner Morgenpost" war der Beamte bis 2016 Angehöriger der "Ermittlungsgruppe Rechtsextremismus" (EG Rex), die die Aufklärung der rechtsextremen Anschlagsserie in Berlin-Neukölln unterstützen soll. Darüber berichtet auch die Plattform "Recherche030" [recherche030.info].
Ansprechpartner für Opfer
In der Hufeisensiedlung in Berlin-Neukölln ist der Mann bekannt. Die Sozialarbeiterin Christiane Schott engagiert sich gegen Neonazis im Bezirk - ihr Haus wurde immer wieder beschädigt, sie wird bedroht. Der Polizeibeamte K. war lange einer ihrer Ansprechpartner, sie hatte seine Handynummer und hat mit ihm Informationen über die rechtsextreme Szene im Bezirk ausgetauscht.
Jetzt musste sie erfahren, dass gegen den Beamten ein Strafverfahren läuft, weil er gemeinsam mit zwei anderen Tatverdächtigen im Jahr 2017 einen afghanischen Staatsbürger zusammengeschlagen haben soll. Außerdem soll er das Opfer rassistisch beleidigt haben, wie Zeugen aussagten.
Christiane Schott ist schockiert, als sie davon erfährt. Sie habe immer öfter den Eindruck, dass die Opfer jahrelang von Menschen umgeben waren, die Kontakt zur rechten Szene hatten, sagt sie. Sie fragt sich, ob das der Grund ist, warum die Ermittlungen in Neukölln, bei denen es um über 70 Straftaten geht, bislang zu keinem Ergebnis geführt haben.
K. soll derzeit weiter im Polizeidienst sein
Der Vorwurf gegen den Beamten: Er soll am 5. April 2017 gemeinsam mit zwei weiteren Tatverdächtigen den damals 26-jährigen afghanischen Mann zusammengeschlagen haben. Die Tat ereignete sich nach einem Fußballspiel am S-Bahnhof Karlshorst. Der polizeiliche Staatsschutz hatte seinerzeit wegen "Angriff und Beleidigung mit fremdenfeindlichem Hintergrund" die Ermittlungen aufgenommen.
Aus Polizeikreisen heißt es, der Beamte sei weiterhin im Dienst. Ein eingeleitetes Disziplinarverfahren wurde ausgesetzt, da das Strafverfahren zwischenzeitlich eingestellt worden war, weil das Opfer nicht in Deutschland weilte. Anfang Januar 2020 wurde das Gerichtsverfahren wieder aufgenommen.
Polizei-Pressesprecher Cablitz: "Vorwürfe wiegen schwer"
Lisa Jani, Pressesprecherin für das Amtsgericht Tiergarten, sagte dem rbb, einzelne Zeugen hätten während der bisherigen Verhandlungen ausgesagt, dass es auch "rassistische Beleidigungen" des Opfers durch den Polizisten gegeben haben soll. Diese wurden von der Staatsanwaltschaft jedoch nicht zur Anklage gebracht.
Thilo Cablitz, Pressesprecher der Berliner Polizei, teilte auf Anfrage mit, dass er sich "aus persönlichkeits- und datenschutzrechtlichen Gründen nicht im Detail zu Einzelpersonen einlassen kann". Der Verdacht und der Vorwurf "wiegen so schwer, dass die Behördenleitung das Disziplinarverfahren an sich gezogen hatte und die Polizei Berlin den Verlauf des Strafverfahrens eng begleitet sowie den Ausgang verfolgt".
Sendung: Abendschau, 12.08.2020, 19.30 Uhr