Polizei-Einsatz in MittbachEx-Anwalt: Zwangsräumung im zweiten Anlauf
Mittbach - Eine Zwangsräumung hielt den Ort Mittbach bei Isen auf Trab: Es war bereits der zweite Versuch der Justiz, einen Ex-Anwalt aus seinem Heim zu bekommen. Dieser ist bei Gericht nicht nur durch seine Schulden bestens bekannt.
In der kleinen Ortschaft Mittbach bei Isen regt sich morgens um 7 Uhr normalerweise recht wenig. Am Mittwoch war alles anders: So mancher Autofahrer, der an der Einmündung zur Wendelsteinstraße vorbeikam, hielt kurz an und warf einen Blick durch die Fensterscheibe. Zu sehen gab es eine Menschenmenge aus rund 30 Personen. „Wir sind das Volk“, skandierten ein paar von ihnen. Und in Richtung Polizei: „Ihr geht gegen das eigene Volk vor. Ihr seid gegen die Seele der Menschen.“ Vor der aufgebrachten Schar hatte die Polizei zwei Autos quer über die Straße geparkt und so den Weg abgesperrt.
"Deutschland ist offensichtlich im Krieg"
Der Grund für die Menschenansammlung fand sich 50 Meter weiter die Wendelsteinstraße hinauf: Der Gerichtsvollzieher war gekommen, um im Einfamilienhaus eines hoch verschuldeten Ex-Rechtsanwalts eine Zwangsräumung durchzuführen. Völlig zu unrecht, wie der betroffene 52-Jährige befand. Aus diesem Grund hatte er an Unterstützer appelliert, vorbeizukommen. Denn: „Deutschland ist offensichtlich im Krieg“, schrieb er in seiner Einladung. Außerdem sprach er darin von „Raub und gegebenenfalls Raubmord“.
Der 52-Jährige ist bei Polizei und Gericht wahrlich kein Unbekannter und hat auch mit rechtsgerichteten Äußerungen von sich Hören gemacht (siehe unten). Sein Anwesen wurde auf Beschluss des Landshuter Amtsgerichts zwangsversteigert, nachdem er den Forderungen seiner Gläubiger nicht nachgekommen war. Schon im Oktober sollte das Haus zwangsgeräumt werden. Das gestaltete sich aber schwierig. Denn rund 50 Unterstützer hatten sich dort versammelt. Die Räumung wäre so laut Hans-Peter Kammerer vom Polizeipräsidium Oberbayern Nord „nur mit Zwangsmitteln möglich gewesen“. Der Einsatz wurde abgebrochen.
Außerdem war die Rechtsgrundlage nicht ganz klar. Denn der Ex-Anwalt berief sich darauf, dass er an einen gemeinnützigen Verein untervermietet habe. Bei diesem handelt es sich nach Auffassung des Amtsgerichts Erding aber nur um eine Person – den 52-Jährigen.
Knapp 50 Polizisten im Einsatz
Nach den Erfahrungen beim ersten Anlauf erhielt der Gerichtsvollzieher beim zweiten Räumungsversuch zahlreiche Unterstützung von der Polizei. Schon beim ersten Versuch mussten Polizeibeamte hinzugezogen werden. Von der einsatzleitenden Polizeiinspektion Dorfen war ein Dutzend Beamter vor Ort, vom Kommissariat für Staatsschutz der Kripo Erding fünf Beamte und von den Einsatzzügen Erding und Flughafen 30 Kräfte.
Die Räumung lief verhältnismäßig ruhig ab. Im Haus befanden sich diesmal nur der Ex-Anwalt, seine Frau, die beiden 13-jährigen Zwillingstöchter und eine weitere Tochter (3). Einsatzleiter Ulrich Milius berichtet, er habe vor der Räumung auf den 52-Jährigen eingeredet. Er wolle doch sicher nicht, dass seine Kinder mit ansehen müssen, wie ihr Vater von der Polizei hinausgetragen werde. Dazu kam es dann nicht. Trotzdem habe dem Ex-Anwalt bis zum Schluss die Einsicht gefehlt, berichtet Milius.
Polizeichef erleichtert
Der Dorfener PI-Leiter ist froh, dass sein Team weder bei dem Ex-Anwalt noch seinen Unterstützern Zwang anwenden musste. „Gerade am Anfang wurde viel krakeelt“, sagt Milius. Die zahlreichen Einsatzkräfte seien deswegen notwendig gewesen. Gegen 11.30 Uhr hatte sich die Unterstützertraube aufgelöst. Die Menschen waren unter anderem aus Ebersberg, Straubing, Mühldorf, Landshut und Altötting angereist.
Die PI Dorfen ließ danach zur Sicherheit noch zwei Streifen vor Ort. Die Räumungsarbeiten, zu denen zwei Umzugswagen angerückt waren, dauerten laut Milius’ Schätzung gestern Nachmittag mindestens bis 18 Uhr.
Der 52-Jährige und seine Familie kommen bei Nachbarn unter. Die Gemeinde hat ihnen außerdem ein Unterkunftsangebot gemacht. Ob er darauf eingeht, ist offen.
Er nennt sich "Linksanwalt"
Dem Mittbacher ist 2010 die Anwaltszulassung entzogen worden. Vor Gericht ist er kein Unbekannter. Vor einer Verhandlung im November 2014 sprach er zum Beispiel unter anderem vom „Fortbestehen des Deutschen Reiches und der Bundesrepublik als Scheinstaat“. Damals wurde er wegen Missbrauchs der Berufsbezeichnung und Beleidigung zu einer Bewährungsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Er hatte im Rahmen des gegen ihn laufenden Zwangsversteigerungsverfahrens in einem Schreiben an das Landshuter Landgericht eine Rechtspflegerin als „Tatrechtspflegerin“ und „abhängige, ja hörige ♥♥♥ der Banken und vermeintlicher Gläubiger“ verunglimpft.
Seitdem ihm das Gericht verboten hat, sich in seinem Briefkopf als „Rechtsanwalt a. D.“ zu bezeichnen, nennt sich der Mittbacher „Linksanwalt“. Nächste Woche muss sich der 52-Jährige wieder vor dem Amtsgericht verantworten. Dann geht es um Beihilfe zur üblen Nachrede.
Markus Schwarzkugler
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