« Antwort #6073 am: 29. August 2019, 09:50:35 »
Leider hinter einer Paywal
Guggen wir mal:

Was Richterin, Staatsanwalt und Verteidiger nicht wussten: Der Mann hatte auch gar nicht vor zu kommen. Trotz Vorladung zur Hauptverhandlung im Celler Amtsgericht blieb der Angeklagte dem Prozess fern – zumindest zunächst. Denn die Richterin wies die ortsansässige Polizeidienststelle an, den Mann mit Polizeigewalt vor Gericht zu stellen. Und so geschah es. Mit fast eineinhalbstündiger Verspätung konnte die Vorsitzende Richterin dann die Hauptverhandlung eröffnen.
Aus \"System Deutschland\" ausgetreten:
Aber schon bei der Feststellung der Personalien gab der Angeklagte zu verstehen, dass er das Gericht nicht anerkannte, dass er sich auch nicht setzen wolle und „aus dem System Deutschland“ ausgetreten sei. Eine Haltung, die \"Reichsbürger\" an den Tag legen. Die Richterin ließ sich nicht provozieren und entlockte dem Angeklagten alle notwendigen persönlichen Daten und überließ der Staatsanwaltschaft das Verlesen der Anklageschrift.
Zweimal Autofahren ohne Führerschein sowie unerlaubtes Führen eines Titels inklusive Dokumentenfälschung – so lauteten die Vorwürfe.
Verteidiger nicht akzeptiert:
Der Angeklagte machte deutlich, dass er persönlich Stellung nehmen wolle und seinen anwesenden Verteidiger nicht akzeptiere. Wer in dem Gerichtssaal glaubte, dass er die Taten bereute oder sich schuldig fühlte, sah sich getäuscht. Im Gegenteil. Der Angeklagte holte zu einem Rundumschlag gegen den Rechtsstaat Deutschland, gegen die Gerichtsbarkeit und gegen „das System“ aus (gemeint war der deutsche Staat und die demokratische Staatsform). Zudem behauptete er mehrfach, dass er sehr wohl eine „europäische Fahrerlaubnis“ habe, jedoch keinen „Führerschein“ – wie die Polizei ihn forderte. Außerdem genieße er „diplomatische Immunität“ – und bezog sich auf den gefälschten Ausweis, den ein Zeuge als „Phantasie-Dokument“ bezeichnete.
Nach eigenen Regeln gehandelt:
Die vier geladenen Zeugen bestätigten die Anklagepunkte der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte selber hat die Taten ja auch nicht geleugnet. Er behauptet jedoch, nach anderen – von ihm erfundenen – Regelungen gehandelt zu haben. Ein Schuldbewusstsein war nicht erkennbar.
Fünf Monate auf Bewährung:
Das Plädoyer der Staatsanwaltschaft fiel entsprechend aus. „Angesichts der bewiesenen Straftaten, der zahlreichen vorherigen Strafen sowie der völligen Uneinsichtigkeit fordere ich fünf Monate Freiheitsstrafe ohne Bewährung sowie die Übernahme der Prozesskosten für den Angeklagten“ – so der Staatsanwalt. Das Urteil wurde vom Gericht dann auch entsprechend verkündet: Fünf Monate Freiheitsstrafe, die allerdings für eine Bewährungszeit von drei Jahren ausgesetzt wird sowie die Übernahme der Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist nach einer Woche rechtskräftig. Der Verurteilte kündigte gleich darauf an, dass er Berufung einlegen werde.
Das mit der Diplomatischen Immunität hat ja schon bei Bobbele Becker nicht funktioniert ...

„Nur weil es Fakt ist, muß es noch lange nicht stimmen!“ (Nadine)
„Wenn die verdorbenen Leute sich zusammentun und dadurch eine Macht werden, dann müssen die anständigen Leute nur das gleiche tun. So einfach ist das. (Leo Tolstoi, Krieg und Frieden)
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