Dienstag, 18.07.2017
Kreislaufkollaps vor GerichtWegen der Zucht von Cannabis stand am Dienstag in Bautzen ein „Reichsbürger“ vor Gericht. Doch die Verhandlung endete ohne den 56-Jährigen.
Von Sebastian Kositz
Ein 56-Jähriger stand am Dienstag in Bautzen wegen Cannabis-Anbau vor Gericht.
© LausitzNews.de
Bautzen.
Kurz nach Verhandlungsbeginn war auch schon wieder Schluss: Mit großen Sicherheitsvorkehrungen hatte am Dienstagvormittag vor dem Bautzener Amtsgericht der Prozess gegen einen mehrfach vorbestraften „Reichsbürger“ aus Malschwitz begonnen. Doch die Staatsanwaltschaft konnte nicht einmal die Anklageschrift verlesen. Stattdessen mussten Sanitäter herbeieilen. Der 56-Jährige hatte über Kreislaufprobleme geklagt. Die Rettungskräfte brachten ihn deshalb schließlich in eine Klinik, die Verhandlung wurde unterbrochen.
Polizisten hatten im Oktober des vergangenen Jahres in einem Gewächshaus auf dem Grundstück des Malschwitzers etliche Cannabispflanzen sichergestellt. Experten nahmen die Zucht anschließend näher unter die Lupe und stellten in dem Grünzeug jede Menge des berauschenden Wirkstoffs THC fest. Deshalb musste sich der 56-Jährige nun wegen illegalen Drogenbesitzes vorm Amtsgericht verantworten.
Doch schon zum Prozessbeginn hatte der Mann sichtbar mit seinem Kreislauf zu kämpfen. Vor Gericht gab er an, von der mehr als vier Kilometer entfernten Ortschaft Niederkaina zu Fuß bis zum Amtsgericht an der Bautzener Lessingstraße gelaufen zu sein. Sein Auto sei liegengeblieben. In dem Wagen, so erklärte der 56-Jährige, befänden sich auch seine Tabletten gegen zu niedrigen Blutdruck. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Dr. Dirk Hertle entschied deshalb, die Sanitäter zu rufen.
Einigung auf Strafbefehl
Ob der Mann, der sich in der Vergangenheit selbst als „Reichsbürger“ bekannt hatte, nun noch einmal vor dem Amtsgericht erscheinen muss, liegt in seiner eigenen Entscheidung. Denn noch am Vormittag hatten sich Gericht, Staatsanwaltschaft und der Anwalt des 56-Jähriges einen Deal geschlossen. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ das Schöffengericht einen Strafbefehl über eine Freiheitsstrafe von einem Jahr – ausgesetzt zur Bewährung. Der 56-Jährige muss nun entscheiden, ob er den Strafbefehl akzeptiert oder dagegen in Widerspruch geht. In diesem Fall würde es erneut zu einem Prozess kommen.
Der Malschwitzer hat bereits ein Dutzend Vorstrafen auf seinem Konto. Zuletzt hatte er 56-Jährige vor gut einem Jahr auf der Anklagebank im Bautzener Amtsgericht Platz nehmen müssen. Weil er bei einer Verkehrskontrolle auf dem Rastplatz Wacheberg an der A 4 bei Vierkirchen einem Polizisten den verbotenen Hitlergruß gezeigt hatte, verdonnerte ihn Dirk Hertle zu 60 Tagessätzen zu je zehn Euro.
Wegen befürchteter Tumulte und möglicher Störer im Gerichtssaal waren die Sicherheitsmaßnahmen im Vorfeld des Prozesses verstärkt worden. Polizisten und Justizbeamte hatten den Eingang gesichert, Besucher genau durchgecheckt und unter anderem die Handys der Gäste vorübergehend einkassiert.