Der Berliner Verfassungsschutz warnt mit einem neuen Video (siehe oben) vor der Szene der "Reichsbürger und Selbstverwalter". Dieses politische Milieu, das sich aus Verschwörungstheoretikern und Rechtsextremisten speist, sei im Jahr 2016 durch zunehmende Gewaltbereitschaft aufgefallen. „Vorläufiger Höhepunkt der Eskalationsspirale“, so der Verfassungsschutz, sei die Erschießung eines SEK-Beamten im Oktober 2016 in Bayern gewesen. Deshalb sei Aufklärung auch mit Hilfe von Internetfilmen dringend nötig.
Reichsbürger erkennen Existenz der BRD nicht an
So genannte Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Sie gehen davon aus, dass das Deutsche Reich bis heute fortbesteht. Daher sprechen sie dem Grundgesetz, Behörden und Gerichten jegliche Legitimität ab.
Laut Verfassungsschutz seien Anhänger dieser Szene "wegen ihrer absurd anmutenden Vorstellungen lange Zeit nicht selten belächelt und als Spinner abgetan" worden. Die Anwendung von Gewalt und der tödliche Einsatz von Waffen gegen Polizisten und Staatsbedienstete hätten jedoch deutlich gemacht, dass "eine solch oberflächliche Betrachtung und Bewertung" dem Gefahrenpotenzial der Szene nicht im Ansatz gerecht werde.
Aktionen legen staatliche Behörden lahm
Die Szene der Reichsbürger gewinnt nach Angaben des Verfassungsschutzes zunehmend Anhänger. Ihre Aktivitäten beschäftigen sowohl in Berlin als auch auf Bundesebene immer mehr staatliche Stellen. Immer öfter sehen sich Jobcenter, Gerichte, Gerichtsvollzieher und Polizisten damit konfrontiert, dass Verwaltungsakte als illegitim abgelehnt werden, dass mit kruden Begründungen versehene seitenlange Anträge den Geschäftsbetrieb lahmlegen und dass Staatsbedienstete verbal, aber auch körperlich aggressiv angegangen werden.
Schon 12.600 "Reichsbürger" unter Beobachtung
Bundesweit beobachtet der Verfassungsschutz derzeit rund 12.600 Reichsbürger. 700 besitzen einen Waffenschein, etwa 50 sollen laut Bundesinnenministerium im öffentlichen Dienst arbeiten.
Die beschriebene Entwicklung der Szene wirft Fragen nach dem richtigen Umgang mit Reichsbürgern auf. Zu diesem Zweck hat der Verfassungsschutz nun den besagten Kurzfilm und einen Flyer veröffentlicht, die aufklären und Handlungsempfehlungen geben sollen.
Ziel sei es, vor allem Menschen, die im beruflichen Kontakt mit der Szene stehen (müssen), über die Grundlagen des Reichsbürger-Denkens zu informieren und zu einem sicheren Auftreten gegenüber Reichsbürgern zu ermutigen.
Rechtsextremismus auf dem Vormarsch
Die Szene der Reichsbürger überschneidet sich personell mit dem herkömmlichen rechtsextremen Milieu in Deutschland. Auch dort ist ein Anstieg politisch motivierter Gewalttaten festzustellen.
Wie aus dem aktuellen Verfassungsschutzbericht hervorgeht, wurden im vergangenen Jahr bundesweit 1600 rechtsmotivierte Gewalttaten gezählt. Das waren fast 14 Prozent mehr als 2015 (1.408 Gewalttaten). Das Personenpotenzial der Szene stieg 2016 auf mehr als 23.000 Anhänger. Mehr als die Hälfte gilt als gewaltbereit.
– Quelle:
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