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Gericht: Vier Polizisten und ein Reichsbürger
Zweite Verhandlungsrunde am Amtsgericht: Diesmal kommt der Angeklagte
Von Roberto Jurkschat
erschienen am 29.07.2016
Freiberg. Drei Jahre lang erschien der Angeklagte zu keinem der Verhandlungstermine, nun war der Mann aus dem Raum Flöha, geboren 1967, mit Stiefeln und langen Haaren, erstmals zur Verhandlung ins Amtsgericht gekommen. Nachdem der Staatsanwalt bereits vor zwei Wochen die Anklageschrift verlesen hatte, eröffnete Richter Jochen Sell gestern die Beweisaufnahme: Am 30. Oktober 2012 soll der Angeklagte gegen 20Uhr seinen Jeep in alkoholisiertem Zustand umgeparkt und dabei ein Stück Zaun auf seinem Grundstück beschädigt haben. Ein Nachbar, der schon zuvor im Zwist mit dem Angeklagten gelegen haben soll, habe das Manöver beobachtet und die Polizei verständigt.
Die beiden Beamten, die zuerst am Grundstück des Angeklagten eintrafen, wollten zunächst einen Atemalkoholtest durchführen. Gestern berichteten die Polizisten aber, dass sie am Grundstück des Angeklagten erst einen Mann mit "Hells Angels"-Kleidung antrafen, der sich als Security im Auftrag des Angeklagten ausgegeben habe. Er müsse gegen die Polizisten vorgehen, sollten diese das Gelände betreten - außerdem besitze der Angeklagte mehrere Kampfhunde, hieß es.
Daraufhin, so die Polizisten, riefen sie Verstärkung. Als schließlich sieben Beamten und drei Einsatzwagen vor Ort waren, seien nach einer Zeit der Anwalt und der Sohn des Angeklagten und schließlich auch der Angeklagte selbst aus dem Haus gekommen. Der Angeklagte, der den Reichsbürgern nahe steht, und sein Grundstück als "Reichsterritorium" beschildert hat, habe sich laut Zeugenaussage eines Polizisten mit einem ungültigen Pass ausgewiesen und nach Alkohol gerochen.
Als ein Polizist in Reichweite zum Angeklagten stand, habe er ihn am Arm gepackt, um ihn in den Polizeiwagen zu bringen. Dabei habe der Mann sich vehement gewehrt. Wie der Angeklagte schilderte, hätten die Polizisten bei diesem Zugriff keine Rücksicht auf seinen künstlichen Darmausgang genommen.
Diesen bemerkten die Polizisten aber nach eigener Aussage erst, während sie den Angeklagten auf dem Boden fixierten. Dabei soll sich ein Polizist an der Hand verletzt haben.
Hinweise, ob der Angeklagte betrunken gefahren ist, hatte sich Richter Sell vom Nachbarn versprochen, der aber gestern nicht erschienen war. Die Verhandlung soll nun am 18. August fortgesetzt werden. Dann werden weitere Zeugen vernommen.