Ein etwas ausführlicherer Bericht bei der NRZ.
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GERICHT
Anklage: „Reichsbürger“ wollten Finanzamt Dinslaken abzocken
Anja Hasenjürgen
24.01.2018 - 17:53 Uhr
Dinslaken/Voerde/Hünxe. Angeklagte aus Voerde, Hünxe und Gelsenkirchen sollen versucht haben, das Finanzamt um 63 000 Euro zu erleichtern. Auch Hünxe war betroffen.
Ausgerechnet das Finanzamt Dinslaken und die Gemeinde Hünxe sollen zwei Männer aus Hünxe und Gelsenkirchen sowie eine Frau aus Voerde versucht haben, über den Tisch zu ziehen. Nun müssen sich die Mitglieder des „Vereins für bioenergetisches Leben“, die den Reichsbürgern nahe stehen sollen, vor dem Dinslakener Amtsgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage wegen gemeinschaftlich begangenen, gewerbsmäßigen Betrugs sowie wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz.
Falsche Schecks zu Lasten des Finanzamts
Im Mai vergangenen Jahres hatte ein Sondereinsatzkommando (SEK) das ehemalige Restaurant „3 Linden“ in Drevenack gestürmt und den Bewohner festgenommen. Der heute 54-Jährige hatte schon zwei Monate zuvor unangemeldeten Besuch von der Polizei – die an diesem Tag sechs Waffen der Marke Eigenbau, dazu Schwarzpulver und Munition sichergestellt hatte. Die Waffen, so stellte sich heraus, waren mit Schrotmunition funktionstüchtig. Auch die Wohnung der 39-jährigen Angeklagten aus Voerde durchsuchten die Beamten und stellten entsprechendes Beweismaterial sicher.
Die beiden Männer und die Frau, so gibt Thomas Hubert, Sprecher des Amtsgerichts Dinslaken wieder, sollen versucht haben, Gelder für den „Verein für bioenergetisches Leben“ zu generieren. Sie sollen Verrechnungsschecks mithilfe einer Steuersoftware für Firmen erstellt haben. Dabei ging es offenbar um angebliche Lohnzahlungen an Vereinsmitglieder. Scheckaussteller war laut Thomas Hubert der Verein, Begünstigte waren Vereinsmitglieder – und das belastete Konto war das Konto der Finanzverwaltung Dinslaken.
Hünxe sollte 172 000 Euro zahlen
Ingesamt neun Schecks über jeweils 7000 Euro sollen die Angeklagten eingereicht haben. Tatsächlich wurde das Geld zunächst vom Konto der Finanzkasse Dinslaken abgebucht. Die Mitglieder, so soll der Plan gewesen sein, sollten das Geld dann an den Verein weiterleiten, so Hubert. „Die Auszahlung war aber nicht von langer Dauer“, so der kommissarische Leiter des Amtsgerichts. Nach wenigen Tagen „ist aufgefallen, dass keine Ansprüche bestehen“. Die Gelder wurden zurückgebucht, „es ist also kein Schaden entstanden.“
Auch bei der Gemeinde Hünxe versuchte der Verein, Geld einzutreiben. Im Dezember 2016 landeten mehrere Forderungen in Höhe von insgesamt 172 872,25 Euro auf dem Schreibtisch des Hauptamtsleiters Klaus Stratenwerth. Der Verein forderte für 25 Mitglieder eine „Leibrente in Verbindung mit einer Geldrente für Menschen aus Fleisch und Blut ohne Ansehen der Person, lebendig und beseelt“. Plus zehn Prozent preußische Umsatzsteuer. Jeweils 6914,89 Euro pro Person verlangte der Verein.
Die Gemeindeverwaltung Hünxe, die auch zuvor schon ähnliche Zuschriften, etwa mit dem Verweis auf ein beigelegtes Amtsblatt aus dem Deutschen Reich, bekommen hatte, unternahm erst einmal nichts – wie gewöhnlich in solchen Fällen, so Stratenwerth. Der Verein, so erklärt er sich die krude Logik, erkenne die Bundesrepublik Deutschland nicht an und meint nun, der Staat müsse ihnen etwas zurückzahlen.
Im Januar kamen sogar Mahnungen
Als aber dann im Januar die Zahlungen angemahnt wurden, schaltete die Gemeinde die Ermittlungsbehörden ein. Die prüften den Fall – und befanden ihn für nicht strafrechtlich relevant – im Gegensatz zu den falschen Verrechnungsschecks aus Dinslaken.
Wann das Verfahren in Dinslaken beginnt, steht noch nicht fest. Das Amtsgericht rechnet mit einem Prozessauftakt in diesem Frühjahr.