Der Provokateur
Maximilian Krah ist für drastische Ansagen bekannt. Er will für die CDU in den Bundestag. Doch dort ist schon jemand.
Von Andreas Weller
Maximilian Krah am Neumarkt – dieser Platz würde zu seinem Wahlkreis als Bundestagsabgeordneter gehören und seine Kanzlei befindet sich auch dort.
Maximilian Krah am Neumarkt – dieser Platz würde zu seinem Wahlkreis als Bundestagsabgeordneter gehören und seine Kanzlei befindet sich auch dort.
© Rene Meinig
Der 39-jährige Rechtsanwalt wird nicht müde zu sagen: „Ich bin nicht der Mann ohne Eigenschaften.“ Maximilian Krah will die CDU verändern, zurück zu einer klar konservativen Partei. Dafür müsse er in den Bundestag. Deshalb erklärt er nun Andreas Lämmel, der seit 2005 für die Dresder CDU im Bundestag sitzt, die Gegenkandidatur und einen „Mobilisierungskrieg“. Krah attackiert Lämmel auch für seine bisherige Arbeit als Dresdner Abgeordneter.
„Es kann nicht so weitergehen“, ist sich Krah sicher. „Wir reagieren nur noch und machen keine Politik für die Zukunft.“ Krah meint die CDU insgesamt. Das Thema, worauf jedes Gespräch unweigerlich komme, sei das der Flüchtlinge. „Eine unkontrollierte Einwanderung geht nicht!“ Da sei ihm die CDU zu weich. Dresdens Ruf habe in der öffentlichen Wahrnehmung gelitten, wegen Pegida und Übergriffen auf Asylunterkünfte. „Wir Dresdner sind in manchen Dingen anders als der Rest der Republik, wir sind halt besser.“ Das müsse man offensiv verteidigen. „Das ist durchaus auch Aufgabe eines Bundestagsabgeordneten aus Dresden. Und auch des Oberbürgermeisters“, sagt er. Aber der OB stehe gerade nicht zur Wahl. „Andreas Lämmel hat sich dazu nicht geäußert, ich habe ihn nicht in Talkshows gesehen, und es gibt auch kein Statement zur Einwanderung“, so Krah
Es sei nun an der Zeit, dass frischer Wind in die Politik komme. Vor vier Jahren hatte es Krah bereits mit einer Kampfkandidatur gegen Lämmel versucht und unterlag. Allerdings waren es nur elf Stimmen Unterschied, mit denen Lämmel zum Direktkandidaten im Wahlkreis Dresden 1 von den CDU-Mitgliedern gewählt wurde. Nun habe sich vieles in Deutschland und auch Dresden verändert. „Ich glaube, dass ich mit meiner Position in Dresden mehrheitsfähig bin“, so Krah. Doch was ist das für eine Position? Für viele ist er ein Provokateur, manche sprechen auch vom Rechtsaußen der CDU. So hat er sich auch gleich in der Nacht zu Freitag zu dem Anschlag in Nizza via Facebook geäußert. „Nizza ist eine wunderbare Stadt. Wenn wir uns die Unbeschwertheit des Lebens in Europa zurückerobern wollen, müssen wir als Erstes aufhören, uns über die Ursache des Terrors zu täuschen“, schreibt er und hat ein klares Feindbild: „Es ist eine gefährliche Interpretation des sunnitischen Islams. Seine Träger sind Immigranten, die Europa kulturell zerstören wollen. Sein Verbündeter ist der westliche Selbsthass und seine Political Correctness.“ Krah stuft die Willkommenskultur als gefährlich ein.
Vorwürfe, er sei rechtslastig, lässt er an sich abprallen. „Ich bin realistisch.“ Dennoch provoziert er immer wieder im sozialen Netz wie etwa mit: „Auch wenn Fakten keinen Refugees-welcome interessieren, sie helfen, die Argumente der Realisten zu verbessern. Also: Zwei Drittel der Migranten sind selbst in ihrer Muttersprache funktionale Analphabeten. Und damit absehbar lebenslang von Sozialtransfers abhängig, nicht integrierbar, aber anfällig für Radikalisierung. Tolle Aussichten!“ Solche Beispiele gibt es viele. Dazu zählt Krah zu dem Kreis um den ausgetretenen Pegida-Mitbegründer René Jahn, der auch mit hinter den Bürgerversammlungen in der Kreuzkirche stand. „Das war ein Versuch, zu deeskalieren. Erreicht wurde aber das Gegenteil, die Menschen in der Stadt haben sich nicht angenähert“, sagt Krah jetzt. Pegida sei anfangs das „Sprachrohr der Unzufriedenen“ gewesen, mit denen man sich auseinandersetzen musste. „Jetzt sind sie trotzig. Die Demonstrationen sind an einem Punkt, der dem Stadtfrieden nicht guttut. Man sollte das einfangen und beenden.“
Krah betont, er sei klar konservativ, aber nicht rechts. „Mit der NPD rede ich nicht.“ Allerdings müsse jeder, und vor allem die CDU, die AfD sehr ernst nehmen. „Das sind unsere stärksten Konkurrenten. Wenn die CDU Wahlkreise verliert, dann an die AfD. Deshalb müsse man sich die konservativen oder auch rechteren Positionen zurückerobern. Auch deshalb habe Krah mit seinem Ortsverband in Zschachwitz, dem er vorsteht, den Antrag „Zuwanderungswelle stoppen, Menschen vor Ort helfen“ zum Landesparteitag eingebracht. Das war der Gegenantrag zu „Solidarität leben, Integration ermöglichen, Zuwanderung steuern“ von der Bundespartei. Allein der Titel erklärt Krahs Sichtweise.
Ja, Krah polarisiere bewusst und wisse, dass das nicht bei jedem in der Partei gut ankommt. „Aber der Politikbetrieb wird immer homogener, während die Bevölkerung heterogener wird.“ Die Zeit sei vorbei, in der Politiker es sich herausnehmen können, keine Position zu beziehen, um nicht anzuecken. „Ich störe mit meiner Kandidatur das Modell der Funktionäre.“ Auch, dass er in der Partei als faul gilt, stört Krah nicht. „Ich weiß, mein Ortsverband ist vielleicht nicht der fleißigste, was Veranstaltungen anbetrifft. Aber wir sind der lauteste Verband.“ Der immer wieder mit Anträgen wie dem erwähnten provoziert.
Dieses Mal ist Krah sicher, es sei seine Zeit, weil er wie erwähnt nicht der Mann ohne Eigenschaften sei. Auf die Frage, was seine Eigenschaften sind, hat er selbstbewusste Antworten: „Man weiß bei mir, woran man ist. Ich passe meine Meinung nicht an, wie es gerade gewünscht ist. Ich kassiere lieber eine Niederlage, als mich zu verbiegen. Wer mich wählt, soll sich an meinen Positionen reiben. Ich will nicht das kleinere Übel sein, dann werde ich lieber nicht gewählt.“ Am 23. September kürt die CDU ihre Direktkandidaten für die Bundestagswahl 2017. Lämmel hat seine Kandidatur bereits erklärt. Im zweiten Dresdner Wahlkreis tritt Arnold Vaatz erneut an, wahrscheinlich ohne Gegenkandidaten.
Quelle:
http://m.sz-online.de/nachrichten/der-provokateur-3445022.html