Ein sehr wichtiger Artikel zu einigen personellen Hintergründen der PEGIDA- Bewegung:
http://www.sz-online.de/sachsen/ein-ueberaus-wendiger-anwalt-3362390.html(und für Uneingeweihte: der im Text auch erwähnte "Wolle Förster" ist nicht nur Nachbarbesitzer, sondern umtriebiger Rotlichtkönig)
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Ein überaus wendiger Anwalt
Montag, 04.04.2016
Ein überaus wendiger Anwalt
Der Dresdner Jurist Frank Hannig half der Stasi und Pegida. Als Christdemokrat verklagte er die Kanzlerin. Und jetzt hilft er dem Fernsehmann Peter Escher.
Von Marta Orosz*, David Schraven* und Ulrich Wolf
Ein Robin Hood der Entrechteten? Ein Zampano der Anwaltsbranche? Oder einfach nur ein überaus flexibler Geschäftsmann? Das Leben des Dresdner Juristen Frank Hannig hat so manche Skurrilität zu bieten.
Ein Robin Hood der Entrechteten? Ein Zampano der Anwaltsbranche? Oder einfach nur ein überaus flexibler Geschäftsmann? Das Leben des Dresdner Juristen Frank Hannig hat so manche Skurrilität zu bieten.
© Sven Ellger
Sein Büro liegt inmitten der historischen Innenstadt Dresdens. Es ist überaus funktional eingerichtet. Sogar auf den Tischen liegen Stifte und Blöcke im rechten Winkel zueinander. Aus dem Fenster blickt Rechtsanwalt Frank Hannig auf die filigrane Frauenkirche, vor der sich seit anderthalb Jahren Tausende Pegida-Anhänger versammeln, wenn der Theaterplatz belegt ist.
Der 45 Jahre alte Jurist kennt sich mit der Bewegung aus. Er war es, der Pegida wieder auf die Beine half, nachdem sich das Organisationsteam Anfang 2015 im Streit getrennt hatte. Der Neustart manifestierte sich in der Gründung des Pegida-Fördervereins; er ist inzwischen zu einer wichtigen Stütze der Bewegung geworden.
Es ist der 5. März 2015, ein Donnerstag, als sieben Personen am frühen Nachmittag in der Töpferstraße 2 zusammenkommen. Es ist die Kanzleiadresse von Rechtsanwalt Hannig. Zu den sieben Leuten zählt auch das heutige Pegida-Führungstrio: Gründer Lutz Bachmann, sein Vertreter Siegfried Däbritz und die spätere Dresdner Oberbürgermeisterkandidatin Tatjana Festerling. Doch keiner von ihnen leitet die Gründungsversammlung, diesen Part übernimmt Hannig. Er führt auch Protokoll.
Der in Dresdner Gesellschafts- und Wirtschaftskreisen gut vernetzte Anwalt eröffnet um Punkt 14 Uhr die Versammlung. Er erläutert den Zweck der Zusammenkunft: die Gründung eines Fördervereins zur Akquise von Mitgliedern sowie zur Förderung politischer Bildung. Der neue Verein wird damit auch zu einer potenziellen Finanzierungsquelle.
Hannig tritt dem Verein nicht bei. Es könnte seinem Image schaden. So posiert er auf seiner Facebook-Seite staatstragend in schwarzer Robe. Seine Homepage ziert ein männlich-herb wirkendes Porträt von ihm im Halbschatten. Selbstbewusst verkündet der 1970 in Halle an der Saale geborene Mann: „Frank Hannig = Persönlichkeit + Strategie + Erfolg.“
Zu seinen Mandanten zählen etwa Defa-Star und Old-Shatterhand-Darsteller Jürgen Polzin oder Waldmensch Öff-Öff. Aber auch Dresdner Rotlichtgrößen sind darunter, Junkies, Messerstecher, Hooligans der verbotenen Gruppierung „Elbflorenz“. Hannig berät Existenzgründer und gestandene Firmenchefs. Mitunter greift er seinen Mandanten kräftig unter die Arme. So gründete er für den wirtschaftlich gescheiterten Dresdner Flughafengastronomen Roland Hess die Onlinefirma Die Canapémanufaktur GmbH in Radebeul.
Hannig ist sein Leben lang umtriebig. In dem Jahr, in dem die DDR zusammenbricht, ist er 19 Jahre. Trotz seiner Jugend hat er zu dieser Zeit bereits eine ansehnliche Stasi-Vergangenheit. Seine Akte umfasst 120 Seiten. Demnach hat Hannig schon als Schüler unter dem Decknamen „Starter“ eifrig Mitschüler und Freunde bespitzelt. Über das private Bekenntnis eines Bekannten, der sich gerade von seiner Freundin getrennt hat, teilt Hannig mit: „Er hatte fast ständig Tränen in den Augen und erzählte, dass er sehr viel getrunken hat.“ Er berichtet über eine Kirchengruppe, weil er deren Mitglieder verdächtigt, in der „Opposition“ zu sein, denunziert mehrere Schüler als „aktive Christen“. Offiziell leitet Hannig ein „Agitatorenkollektiv“. Er absolviert Vorbereitungskurse für die Einstellung als hauptamtlicher Stasi-Mann.
Im März 1989, so steht es in der Akte, lobt sein Stasi-Anwerber: „In Diskussionen kommt ein klarer Klassenstandpunkt zum Ausdruck. Er steht hinter der Politik unseres Staates. Er vertritt offen sein Berufsziel als Offizier und bereitet sich selbst intensiv darauf vor.“ Am 1. September 1989, wenige Wochen vor dem Mauerfall, tritt Hannig als Offiziersschüler in die Stasi ein. Er wird der Hauptabteilung „Kader und Schulungen“ zugeordnet, Dienststelle „Ermittlungen“. Hannig soll Kriminalistik lernen.
Der Zusammenbruch der DDR bereitet den Plänen ein Ende, dem Hang zum Kriminalistischen aber bleibt er auch in den neuen Verhältnissen treu. Hannig studiert Jura, wird Rechtsanwalt, gründet in Dresden eine Kanzlei. Er tritt der CDU bei und engagiert sich: als Präsident des Handballclubs Dresden, als Sprecher der Gewerbetreibenden in Heidenau, als Vorsitzender der Bürgerinitiative „Mügeln ohne Müll und Lärm“. In der nordsächsischen Kleinstadt tritt er sogar als Bürgermeisterkandidat an, scheitert aber. Hannig zeigt sich auf den großen gesellschaftlichen Partys Dresdens, posiert mit Models wie Gina Lisa Lohfink, heiratet im Sommer 2014 auf Schloss Wackerbarth eine 19 Jahre jüngere Frau. Bei den Dresdner Filmnächten wirbt er für seine Kanzlei mit einem Spot, in dem eine blutverschmierte Frau mit einer Kettensäge durch die Gegend stapft. „Darf ein Anwalt das?“, fragt die Bild-Zeitung.
Der sonst so selbstbewusst und selbstsicher auftretende Anwalt verliert die Contenance, wenn man ihn auf seine Stasi-Zeit anspricht. Sein Gesicht läuft rot an. Ist es Scham? Ist es Wut? „Ich war im Wachregiment Feliks Dzierzynski“, sagt Hannig. Deshalb habe er eine Stasi-Akte. „Die kriege ich nie wieder los, ja, mit 18 Jahren ist das halt so. Dieses Schicksal teile ich mit vielen jungen DDR-Bürgern.“
Anfang 2010 schafft es der Anwalt in die überregionale Presse. Der Grund ist seine Anzeige gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel wegen des Kaufs von Schweizer Steuer-CDs. Er, der seine Mitschüler bespitzelte, sieht darin eine „Aufforderung zum Denunziantentum“. Für die Bundesregierung sei das „moralisch ein Armutszeugnis“. Dass er zu dieser Zeit CDU-Mitglied ist, stört ihn nicht. Er erklärt mit Verweis auf die beiden deutschen Diktaturen: „Der Zweck heiligt nicht die Mittel.“ Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer hingegen reagiert seinerzeit gereizt. Er sieht in Hannigs Anzeige „ein gutes Stück Populismus“. Das Verfahren gegen Merkel wird später eingestellt, Hannig verließ die Christdemokraten.
Eine solche öffentliche Rolle hat der Jurist bei Pegida nie gespielt. Als Anwalt der Rechtspopulisten kommt er nur einmal wegen eines Urheberrechtstreits im Frühjahr vorigen Jahres in die Meldungsspalten. Die Macher der Pegida-Facebook-Seite hatten ein Bild eines Fotografen für eigene Werbezwecke ohne dessen Erlaubnis benutzt. Der Fauxpas kostete Pegida 3 000 Euro. Das Geld floss von einem Konto des Fördervereins bei der Volksbank Pirna. Es ist das Konto, das Hannig als Anwalt treuhänderisch für Pegida zu jener Zeit verwaltete. Monatelang waren darauf die Mitgliedsbeiträge gesammelt worden. Das offizielle Pegida-Konto ist bei der Ostsächsischen Sparkasse Dresden eingerichtet. Von da aus werden einmal mehr als 10 000 Euro auf das von Hannig verwaltete Treuhandkonto überwiesen. Warum? Wer oder was wird damit bezahlt? Hannig schweigt dazu. Anwaltsgeheimnis.
Im Oktober 2015 vertritt er eine Elterninitiative, die gegen eine Flüchtlingsunterkunft im Dresdner Stadtteil Prohlis protestiert. Die Notunterkunft könne die Sicherheit der Schulkinder gefährden, teilt er mit. Inzwischen aber, versichert Hannig, habe er sich von Pegida losgesagt und das Mandat für den Förderverein niedergelegt. Auch das Treuhandkonto führe er nicht mehr. Es ist nach Recherchen von SZ und Correctiv aufgelöst worden. Hannig sagt, er habe Pegida nur unter die Arme gegriffen, weil jeder einen Rechtsanwalt brauche. „Es ist mein Job, dafür zu sorgen, dass die Rechtsstaatlichkeit gewahrt bleibt. Ohne Ansehen sowohl von Hautfarbe, von Religion, von Geschlecht, aber eben auch von politischer Überzeugung und Anschauung.“
Das Bewahren der Rechtsstaatlichkeit als Motiv? Warum schreibt er dann in sozialen Netzwerken: „Merkt Ihr es denn immer noch nicht??? Wir haben unseren freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat bereits abgeschafft!“? Oder: „Ich denke: Was für Menschen mit Aufenthaltserlaubnis ein U-Haftgrund ist, muss für Asylbewerber ein Abschiebungsgrund sein! (…) Dringender Tatverdacht + Wiederholungs- oder Verdunklungsgefahr = RAUS!“
Stasi, CDU, Merkel, Pegida, Flüchtlinge – in jüngster Zeit hat sich Hannig zurückgehalten. Er hat ein neues interessantes Betätigungsfeld entdeckt und gemeinsam mit dem bekannten Fernsehmann Peter Escher die Firma Escher hilft GmbH gegründet. Das Unternehmen betreibt unter anderem Internetseiten „mit Inhalten zu allgemeinen Lebensfragen, dem Angebot allgemeiner Lebensberatung sowie der Produktion von internetbasierten Filmen“. Die Adresse der jungen Firma ist identisch mit der von Hannigs Kanzlei. Der 61-jährige Escher hat sein Büro gleich nebenan. Seit Ende November ist der neue Ratgeber online. Hannig führt das dort präsentierte juristische Expertenteam an, das mutmaßliche Fälle von Willkür jedweder Art untersucht, was Escher wiederum filmisch umsetzt.
Die Geschäftsidee scheint zu funktionieren. Zur Weihnachtsfeier kochte das zwölfköpfige Escher-Team mit dem Dresdner Nachtbar-, Werbe- und Gastronomie-Unternehmer Wolle Förster in dessen großer Sushi-Küche: Kürbissuppe, Schweinefilet und Vanille-Käse-Quark. Dazu gab’s Wein und viel Wodka. Und auf Facebook fragt Hannig: „Wer hat Lust, eine Woche mit uns zu segeln? Zwei Plätze auf meiner 18-Meter-Segeljacht in Kroatien sind frei!“
*Marta Orosz und David Schraven sind Mitarbeiter des Recherchezentrums Correctiv. Die Redaktion finanziert sich über Mitgliedsbeiträge und Spenden. Correctiv gibt seine Recherchen grundsätzlich kostenlos an andere Medien ab, ist unabhängig und nicht gewinnorientiert.
Den netten Herren hatten wir im Forum auch schon zum Thema:
http://www.sz-online.de/nachrichten/grenzen-zu-merkel-weg-3364436.htmlSpoiler
Mittwoch, 06.04.2016
„Grenzen zu, Merkel weg“
Monatelang hetzte der Freitaler Dirk Jährling gegen Flüchtlinge. Jetzt bekommt er bei der AfD einen Job.
Von Andrea Schawe
Dirk Jährling avancierte vom Moderator der asylfeindlichen Demonstrationen zum Büroleiter der AfD in Freital.
© Egbert Kamprath
Freital. Ohne für jemanden oder etwas Partei zu ergreifen – das ist die Definition des Wortes unparteiisch. Manche in Freital scheinen das nicht so genau zu nehmen. Auf der Demonstration zum einjährigen Bestehen der sogenannten „Bürgerinitiative Freital“ im Februar hieß es zwar: „Wir sind nicht gespalten“ und „Wir bleiben unparteiisch“. Gleichzeitig rief René Seyfried, der ehemalige Oberbürgermeister-Kandidat der Initiative, die Wähler in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz auf, bei den Landtagswahlen im März ihr Kreuz bei der Alternative für Deutschland (AfD) zu setzen.
Auch Dirk Jährling sah bei der Demonstration am 26. Februar auf dem Platz des Friedens gemeinsame Ziele der Initiative mit Pegida und den Parteien AfD und NPD: „Grenzen schließen, Heimat erhalten, Kultur schützen und Merkel muss weg.“ Er hat auch allen Grund: Seit Montag ist er offiziell Leiter des Bürgerbüros des AfD-Landtagsabgeordneten André Barth in Freital. Die Räume auf der Dresdner Straße 234 wurden am Dienstag eröffnet.
Fest angestellt ist Jährling nach eigenen Angaben schon seit dem vergangenen Jahr. Demnächst werde er auch Mitglied des Vorstands des AfD-Kreisverbandes Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. „Wenn alles klappt“, sagt der Freitaler. Mitglied in der Partei ist er offiziell erst seit Februar dieses Jahres, der Antrag laufe aber seit Sommer 2015, sagt Dirk Jährling. Damals moderierte er noch die Demonstrationen der Initiative „Freital wehrt sich – Nein zum Hotelheim“, später umbenannt in „Freital steht auf“. Mitglied im Orga-Team sei er aber nicht gewesen, nur Sprecher. Seit März zogen jeden Freitag Hunderte Menschen durch die Stadt, grölten rassistische Parolen, warfen auch mal Böller oder zeigten Hitlergrüße. Sie skandierten „Wir sind das Volk“, „Grenzen dicht“, „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“ und „Merkel muss weg“. Mehrmals hielt Jährling Reden auf den Demonstrationen, in denen er gegen Asylbewerber und Andersdenkende hetzte. „Es soll keiner integriert werden wann versteht der rote Dreck das mal. Die sollen wieder nach Hause gehen“, schrieb er auch auf seiner Facebook-Seite.
Jede Menge Forderungen
Im September meldete er für die Initiative „Europa 2.0 – Für die Zukunft unserer Kinder“ in Freital Demonstrationen an. Fünf Wochen lang wurde gegen einen angeblich drohenden Bürgerkrieg protestiert. Ziele der Initiative waren „sichere Grenzen in Europa durch Aussetzung des Schengener Abkommens, ein Austritt aus der Nato und Schluss mit dieser desaströsen Asylpolitik“, sagte Dirk Jährling auf der ersten Kundgebung am 10. September. Auch die Einführung der D-Mark, das Brechen angeblicher Medienmonopole in Europa, die strikte Trennung von Staat und Religion, der Stopp des Geburtenrückgangs durch eine familienfreundliche Europapolitik sowie die Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene wurden gefordert.
Mit der Initiative wollte man „auf den Zusammenhang einer verfehlten Außenpolitik mit den hohen Asylbewerberzahlen hinweisen“, ausländer- oder asylfeindlich sei die Initiative aber nicht. „Jeder darf bei unseren Demos mitlaufen“, sagte Jährling im September. „Natürlich kommen auch Nazis.“ Denen habe man gesagt: „Ihr könnt mitlaufen, dürft aber keine ausländerfeindlichen Parolen grölen.“ Auch den Slogan „Wir wollen keine Asylantenheime“ würden die Ordner sofort unterbinden. Allerdings riefen viele derjenigen, die als Ordner engagiert waren, bei den Krawallen vor dem Asylbewerberheim im ehemaligen Leonardo selbst rassistische Parolen.
Schon im vergangenen Herbst waren die Verbindungen zur AfD offensichtlich. Auf der ersten Demo in Freital sprach der Heidenauer Hans-Jörg Borasch, Mitglied im AfD-Kreisverband Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. „Das Pack aus Heidenau grüßt Euch“, sagte er und stellte das Programm von Europa 2.0 vor. Auch andere AfD-Mitglieder mischten bei den Demos mit, darunter André Barth und Kreisrat Tobias Fuchs.
Die Demos endeten am Platz des Handwerks – auf der gegenüberliegenden Seite der Dresdner Straße befindet sich die Timba-Loungebar, es gab immer Würste und Bier. Das Lokal war auch die Referenzadresse des Vereins „Europa 2.0“ auf den Flyern. Zwei Jahre hat Jährling in der Bar gearbeitet, Inhaber und Betreiber sei nach Jährlings Angaben sein Schwiegervater.
In dieser Zeit wurde die Bar ein Treffpunkt der Asylkritiker und Rechtsextremen in Freital. Die wöchentlichen Organisationssitzungen für die Demonstrationen fanden dort statt. Immer donnerstags veranstaltete Jährling auch sogenannte Bürgerrunden zum Thema Asyl – viele Teilnehmer der Demonstrationen folgten der Einladung genauso wie der Freitaler NPD-Stadtrat Dirk Abraham. Auch die rechtsextreme Hip-Hop-Band A3stus – gegen deren Mitglieder wegen Volksverhetzung ermittelt wird – trat in der Timba-Bar auf.
Das Lokal gibt es allerdings nicht mehr. Anfang März verkündete Dirk Jährling in der Facebook-Gruppe, dass es in der Timba-Bar einen Betreiberwechsel geben und die Bar vorerst schließen wird. Als Inhaber der Timba-Loungebar eingetragen ist Jens N. Er wurde nach Angaben der Wirtschaftsauskunft Creditreform bereits mehrfach zur Offenlegung seiner Vermögensverhältnisse aufgefordert, verweigert sich dem aber. Dem 47-Jährigen gehört auch das Bauunternehmen „Direktbau Dresden“, für das Dirk Jährling gearbeitet hat. Auch diese Firma ist mittlerweile abgemeldet, das Büro an der Ecke Dresdner Straße/Richard-Wagner-Straße ausgeräumt. „Mein Schwiegervater kann das aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr“, sagt Dirk Jährling, der seinen Beruf auf seiner Facebook-Seite als „Inhaber/Geschäftsführer“ angibt. Er selbst habe mit der Festanstellung bei der AfD keine Zeit mehr, nachts zu arbeiten.
Und weil nur hinter der Bezahlschranke, der Artikel ist in dem Kontext auch noch wichtig:
http://www.sz-online.de/nachrichten/terror-aus-freital-3362187.html(der erwähnte Timo S. ist übrigens erst etwa Anfang 2015 zeitgleich mit Tatjana Festerling aus Hamburg nach Freital gekommen!)
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Montag, 04.04.2016
Terror aus Freital
Die Bürgerwehr FTL/360 soll mehrere Anschläge auf Asylunterkünfte und Pro-Asyl-Aktivisten verübt haben.
Von Andrea Schawe
Dieses Logo hat die Bürgerwehr im Mai 2015 auf ihrer Facebookseite veröffentlicht.
© Screenshot SZ
Freital. Die „Bürgerwehr FTL/360“ wird ein Fall für den Generalbundesanwalt. Die Gruppe, die im April 2015 mit einer Seite bei Facebook begonnen hat, steht nun unter Terrorverdacht. Fünf Männer und eine Frau im Alter von 18 bis 40 Jahren sollen unter anderem für Sprengstoffangriffe auf Asylbewerberwohnungen, das Partei-Büro der Linken in Freital und ein alternatives Wohnprojekt in Dresden verantwortlich sein. Seit Herbst ermittelt die sächsische Justiz gegen die Beschuldigten aus Freital und Umgebung, drei von ihnen sitzen seit November in Untersuchungshaft. Die Sächsische Zeitung fasst die Fakten zusammen.
Was bedeutet die Entscheidung des Generalbundesanwalts, die Ermittlungen zu übernehmen?
Formal habe die Bundesanwaltschaft das Verfahren noch nicht an sich gezogen, sagte eine Sprecherin in Karlsruhe. Zu zwei bislang von der Generalstaatsanwaltschaft Dresden geführten Verfahren seien Akten „zum Zwecke der Übernahme“ angefordert worden. Der Generalbundesanwalt kann die Verfolgung einzelner Verfahren übernehmen, wenn die Tat geeignet ist, die innere Sicherheit der Bundesrepublik zu beeinträchtigen und dem Fall somit eine besondere Bedeutung zukommt. Bei rechtsextremistischen Taten wird insbesondere das Vorliegen möglicher terroristischer Strukturen geprüft.
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden habe die Verfahren in Karlsruhe wegen des Anfangsverdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung zur Prüfung vorgelegt, sagte Sprecher Oliver Möller. Erst vor wenigen Wochen hatte sie die Beschuldigten vor dem Jugendschöffengericht am Amtsgericht Dresden angeklagt. Das Verfahren sollte in diesen Tagen eröffnet werden. Damit der Bundesanwalt ermitteln kann, musste die sächsische Justiz ihre Anklage in beiden Verfahren wieder zurückziehen – niemand kann in der gleichen Sache zweimal verurteilt werden.
Was ist eine terroristische Vereinigung?
Für die Bildung einer terroristischen Vereinigung werden Gründer, Mitglieder, Werber und Helfer bestraft. Paragraf 129a des Strafgesetzbuchs sieht dafür Freiheitsstrafen von einem Jahr bis zu zehn Jahren vor. Zu den Straftaten können Verbrechen wie Mord, Totschlag, Geiselnahme oder sogar Völkermord zählen. Außerdem können unter anderem Brandstiftung, gefährliche Eingriffe in den Verkehr oder Sprengstoffverbrechen Terrormaßnahmen sein. Sie werden gemeinschaftlich oder von einem Anführer oder Führungskader geplant.
Was wird den Mitgliedern der Bürgerwehr vorgeworfen?
Die Männer sollen in der Nacht vom 18. auf den 19. Oktober 2015 an einem Sprengstoff- und Buttersäureanschlag auf ein alternatives Wohnprojekt in der Dresdner Overbeckstraße beteiligt gewesen sein. Nach Angaben der Hausbewohner hatten vermummte Täter mit Steinen und Böllern Fensterscheiben zerstört. „Übigau wir werden weiterhin euch unterstützen, und fachmännische Hilfe leisten. So sieht Widerstand aus und bleib am Ball“, hieß es auf der Facebook-Seite der Bürgerwehr zu den Anwohnern, die tagelang eine Turnhalle blockierten, in die Asylbewerber einziehen sollten.
Die Staatsanwaltschaft beschuldigt sie außerdem, am 1. November zusammen mit dem vermeintlichen Kopf der Bande, dem 26-jährigen Freitaler Timo S., den Sprengstoffanschlag auf eine Asylbewerberwohnung in der Wilsdruffer Straße verübt zu haben. Dabei wurde ein Syrer verletzt. An diesem Anschlag soll auch die 27-jährige Frau beteiligt gewesen sein.
Gibt es noch weitere Ermittlungen gegen die Bürgerwehr?
Ja. Es geht um Böller-Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte in Freital und auf das Partei-Büro der Linken auf der Dresdner Straße sowie um den Sprengstoffanschlag auf den VW Golf des Freitaler Linken-Stadtrats Michael Richter. Erst Mitte März durchsuchten Beamte deswegen acht Wohnungen in Freital, unter anderem auch die des Freitaler NPD-Stadtrats Dirk Abraham. In den Wohnungen wurden nicht zugelassene Pyrotechnik, Vermummungsgegenstände sowie Computertechnik und Speichermedien beschlagnahmt.
Gegen die Bürgerwehr ermittelt eine im Herbst gegründete Spezialeinheit auch wegen der Planung weiterer Anschläge. Bei der Razzia im November in neun Wohnungen in Freital und Dresden wurden neben einer Hakenkreuzflagge auch Sprengkörper, Kugelbomben und Schwarzpulver gefunden. Schon Anfang Oktober wurden in den Autos von Timo S. und Philipp W. bei einer Verkehrskontrolle mehrere illegale Feuerwerkskörper gefunden.
Warum hat sich die Bürgerwehr gegründet?
Angefangen hat alles im April 2015. Zwei Marokkaner hatten in der Buslinie 360 von Altenberg nach Dippoldiswalde Schüler belästigt und geschlagen. Daraufhin gründete sich die Facebookseite „Bürgerwehr FTL/360“. Bis November klickten mehr als 2 600 Leute „gefällt mir“. Das Ziel der Truppe: Regelmäßig in Bussen patrouillieren, um „für Ordnung und Sicherheit zu sorgen“. Besonders am Wochenende von 19 bis 2 Uhr sollen die Anhänger der Bürgerwehr in den Bussen der Linie A unterwegs gewesen sein. Timo S. ist hauptberuflich Busfahrer beim Regionalverkehr Dresden, genauso wie sein Kumpel Philipp W. Beide engagierten sich auch im Umfeld der Bürgerinitiative Freital, die früher „Freital wehrt sich“ hieß, genau wie weitere Mitglieder der Bürgerwehr. Philipp W. meldete vor einem Jahr die erste Demonstration in Freital gegen das Asylheim im ehemaligen Leonardo-Hotel an.
Bei Patrouillen in Bussen blieb es nicht. Erst rief die Bürgerwehr dazu auf, die Demonstration der Organisation für Weltoffenheit und Toleranz zu blockieren. Im Sommer mischten sie bei den Spontandemos vor dem ehemaligen Leonardo-Hotel mit. Danach war die Bürgerwehr auf allen Demos in der näheren Umgebung präsent: Sie waren in der Bremer Straße in Dresden, als dort das Zeltlager für Flüchtlinge errichtet wurde und Baustellenbaken auf Gegendemonstranten flogen. Auf den Krawallvideos der Ausschreitungen in Heidenau Ende August ist Timo S. zu identifizieren.
Gibt es noch andere Anklagen gegen Mitglieder der Bürgerwehr?
Timo S. ist außerdem noch in einem anderen Verfahren wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung angeklagt. Das wird unabhängig von den anderen beiden Verfahren geführt. S. und zwei weitere Männer sollen Ende Juni 2015 nach einer Demonstration vor dem ehemaligen Leonardo-Hotel Pro-Asyl-Aktivisten bedroht und verletzt haben. Sie sollen mit zwei Autos einen VW-Transporter auf der Fahrt von Freital nach Dresden abgedrängt haben. Nachdem dieser an einer Tankstelle auf der Tharandter Straße gehalten hatte, wurde die VW-Besatzung, darunter der Sohn von Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD), mit einem Baseballschläger angegriffen. Die Windschutzscheibe des VWs ging zu Bruch, Johann Dulig, der im Pkw saß, wurde dabei verletzt. Der Prozess begann im Januar, wurde aber wegen eines Befangenheitsantrags gegen den Richter unterbrochen. Er soll Ende April fortgesetzt werden.
Bleiben die Verdächtigen in Untersuchungshaft?
Drei der Beschuldigten sitzen seit November im Gefängnis. Die Untersuchungshaft darf in der Regel höchstens sechs Monate dauern – sie kann aber verlängert werden, wenn die Ermittlungen besonders schwierig oder umfangreich sind. Über eine Verlängerung der U-Haft wird nun womöglich ein Ermittlungsrichter in Karlsruhe entscheiden. Sollte es zu einer Anklage wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung kommen, wird der Prozess vor einem Staatsschutzsenat des Oberlandesgericht Dresden stattfinden. (mit lex, dpa)
noch link zur Reportage:
http://www.spiegel.de/video/buergerwehr-freital-timos-hass-auf-die-fluechtlinge-video-1646417.htmlUnd hier das Ende einer schon lange vorher auf dem freitaler Facebook angekündigten "Spontandemo" in Meißen:
https://www.facebook.com/Ini.Heimatschutz/videos/1683415438564880/https://www.facebook.com/Ini.Heimatschutz/videos/1683379661901791/