Wenn sich jemand einem bayerischen Polizisten gegenüber mit einer "Identitätskarte des Königreichs Deutschland" auszuweisen versucht, kann man sicher sagen, dass da nicht wenig Irrsinn im Spiel ist. Ob in dem Fall, über den das Bayerische Oberste Landesgericht (Beschluss vom 17.3.2025 - 201 StRR 4/25) zu entscheiden hatte, auch ein Irrtum, genauer gesagt ein Verbotsirrtum, im Spiel war, konnte das Gericht schließlich offenlassen. Dem königlichen Deutschen hatte sein Verhalten zunächst vor dem Amtsgericht eine Verurteilung wegen Urkundenfälschung (85 Tagessätze zu 15 Euro) eingebracht, das Landgericht hat seine Berufung verworfen, und so legte er eben Revision beim BayObLG ein. Das stellte erst einmal fest, dass die Identitätskarte tatsächlich eine unechte Urkunde ist, denn sie täusche "darüber, dass der verantwortliche Aussteller eine zur Erstellung amtlicher Ausweise befugte Behörde ist" und könne nach den Feststellungen der Vorinstanz "jedenfalls bei oberflächlichem Hinsehen, bei Betrachtung ohne ausreichenden Bildungs- und Informationshintergrund oder bei einem Grenzbeamten im Ausland durchaus für ein gültiges behördliches Dokument gehalten werden". Darauf, dass der Täter von der Urkunde auch Gebrauch gemacht hatte und eben auch das Vorliegen eines amtlichen Ausweises vortäuschen wollte, geht das Gericht nur kurz ein.
Nun blieb noch die Verteidigung des Angeklagten, "er habe Gerichtsurteile gelesen, wonach das Gebrauchmachen von seinem 'Ausweis' keine Urkundenfälschung sei". Das Gericht bezweifelte schon, ob das für einen Verbotsirrtum ausreichen würde oder der Angeklagte "ein Verboten-Sein seines Tuns zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm". Dies könne jedoch dahinstehen, denn jedenfalls handle es sich allenfalls um einen vermeidbaren Verbotsirrtum und die Möglichkeit einer Strafmilderung nach § 49 StGB sei eben nur eine Möglichkeit, von der in diesem Fall kein Gebrauch zu machen sei:
"Zum einen verdient derjenige keine rechtliche Nachsicht, der aus ideologischer Verblendung meint, die geltende Rechtsordnung sei für ihn nicht verbindlich. Für eine Person, die die Grenzen der rechtlichen Strafbarkeit eines Verhaltens austesten möchte, kann nichts anderes gelten.
Zum anderen mindert es angesichts des Fehlens obergerichtlicher Rechtsprechung speziell zu „Identitätskarten“ des „Königreichs Deutschland“ einerseits, sowie des Vorhandenseins einschlägiger Kommentarliteratur und obergerichtlicher Rechtsprechung zu vergleichbaren Sachverhalten andererseits, in welchen eine Strafbarkeit durchwegs bejaht bzw. für möglich gehalten wurde (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 19.10.2007 a.a.O. zu „Personalausweis Deutsches Reich“; OLG Nürnberg, Urt. v. 09.12.2008 – 2 St OLG Ss 24/08 zu „Führerschein Deutsches Reich“; OLG Bamberg, Urt. v. 14.05.2014 a.a.O. zu Ausweis „Freie Stadt Danzig“; OLG München, Urt. v. 19.09.2018 – 4 OLG 14 Ss 542/17 zu Ausweis „Republik Freies Deutschland“), den Grad der Vorwerfbarkeit nicht, wenn der Angeklagte seinen Glauben an die Nichtstrafbarkeit seines Verhaltens auf einzelne Urteile von Untergerichten gestützt haben sollte."
Den kompletten Text gibt es z.B. unter
https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2025-N-14360?hl=true