Autor Thema: VG Gera , 2 K 525/14 Ge,| 16.09.2015, RD bekommt Waffen wieder  (Gelesen 1023 mal)

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Offline Reichsschlafschaf

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Das Urteil ist schon etwas älter.
Weil es zwar öfter hier im Forum kursorisch zitiert wurde, niemals jedoch - soweit ich das erkennen kann - vollständig. hier also der komplette Urteilstext.
Einer der seltenen Fälle, in denen ein des Reichsdeppentums Verdächtiger seine waffenrechtlichen Erlaubnisse und die Waffen wiederbekommt.
Meines Wissens nach gab es drei derartige Fälle in Gera, aber die anderen beiden wurden wohl nicht im Internet veröffentlicht, Urteil und vor allem Begründung dürften sich aber sehr ähneln.


Zitat
VG Gera, Urt. v. 16.09.2015 – 2 K 525/14 Ge – „Kein Waffenverbot für Reichsbürger“
ZVR-Online Dok. Nr. 2/2016 – online seit 01.02.2016
§ 4 WaffG, § 5 WaffG, § 6 WaffG § 45 WaffG

Leitsatz
Sympathiebekundungen in Bezug auf die Reichsbürgerbewegung rechtfertigen allein noch nicht die Prognose, dass der Inhaber einer Waffenbesitzkarte unzuverlässig im waffenrechtlichen Sinne ist, sofern nicht weitere Umstände hinzutreten, die hinsichtlich seiner Rechtstreue Zweifel aufkommen lassen.

Spoiler
V o r s p a n n

In dem Verwaltungsstreitverfahren

- Kläger -

g e g e n

Landkreis Altenburger Land [...],

- Beklagter -

w e g e n

Waffenrechts

hat die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Gera [...] aufgrund der mündlichen Verhandlung am 16. September 2015 für Recht erkannt:

T e n o r
Der Bescheid des Beklagten vom 5. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 15. Mai 2014 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten des Vertreters des öffentlichen Interesses sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.800,00 EUR vorläufig vollstreckbar.

T a t b e s t a n d
[1]
    Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf zweier waffenrechtlicher Erwerbs- und Besitzerlaubnisse, die ihm vom Beklagten am 23. Februar 2006 erteilt worden waren.
[2]
    Der Kläger wandte sich am 07. und 10. Juni 2011 an den Beklagten und bat um die Bekanntmachung einer Veranstaltung des Vereins „Selbstverwaltung [...] [G...] nach UNResolution 56/83 und natürliche Person § 1 BGB“ im Amtsblatt des Beklagten. In der Folge trat der Beklagte in eine waffenrechtliche Zuverlässigkeitsprüfung ein und erhielt auf ein entsprechendes Ersuchen seitens der Polizei die Mitteilung vom 20. Juli 2011, dass gegen den Kläger keine Strafverfahren anhängig seien. Mit Schreiben vom 19. Dezember 2011 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass bekannt geworden sei, dass er sich unter dem betreffenden Vereinsnamen bezeichne. Nach dem Kenntnisstand des Beklagten erkennten Angehörige dieser Personengruppe die geltenden Gesetze der Bundesrepublik Deutschland sowie die im Rahmen dieser Gesetze handelnden staatlichen Organe mangels Legitimation nicht an. Es sei der programmatische Grundgedanke festzustellen, dass das „Deutsche Reich“ als völkerrechtliches Subjekt nie aufgehört habe zu bestehen und die heutige Bundesrepublik Deutschland völker- und verfassungsrechtlich illegal und somit nicht existent sei. Mit Schreiben vom 5. Januar 2012 erwiderte daraufhin der Kläger, dass er das Schreiben nicht beantworten könne und er auch keinen Bezug zum Waffengesetz sehe. Nach dem Grundgesetz stehe es jedem frei zu glauben und zu sagen, was er für begründet und richtig halte. Er weise daher die Vermutungen in dem Schreiben des Beklagten strikt und energisch zurück. Er bewege sich auf der Grundlage des Grundgesetzes und der verfassungsmäßigen Ordnung.
[3]
    Im Rahmen einer Ermittlung gegen den Kläger wegen einer straßenverkehrsrechtlichen Straftat stellte er einen Strafantrag gegen den Anzeigenerstatter, wobei der Briefkopf des Schreibens lautete: [...] [...] [G...], Staatliche Selbstverwaltung nach UN-Resolution 56/83 und § 1 BGB“. Daneben wies der Briefkopf ein Emblem sowie die Adresse und weitere Verbindungsdaten des Klägers auf. Mit Urteil des Amtsgerichts Warstein vom 1. März 2012 wurde der Kläger in der Folge wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 60,00 € verurteilt. Die Fahrerlaubnis wurde entzogen. Der Führerschein wurde eingezogen. Die Straßenverkehrsbehörde wurde angewiesen, vor Ablauf von 12 Monaten keine neue Fahrerlaubnis auszustellen. Das Landgericht Arnsberg verwarf mit Urteil vom 19. Juli 2012 die Berufung des Klägers mit der Maßgabe, dass er wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 40,00 € verurteilt bleibe und dass die Sperrfrist unter Aufrechterhaltung der Maßregel im Übrigen auf noch 3 Monate zurückgeführt werde. Bei der Strafzumessung wurde zugunsten des Klägers berücksichtigt, dass er sich bei dem Zeugen, dem er im Rahmen eines Spurwechsels auf einem Autobahnabschnitt vor das Fahrzeug gefahren war, entschuldigt habe und dieser die Entschuldigung angenommen und erklärt habe, dass es soweit nicht habe kommen müssen, wenn sich der Kläger bereits am Tatort entsprechend entschuldigt hätte. Ferner wurde berücksichtigt, dass der Kläger nicht vorbestraft sei. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
[4]
    Mit Schreiben vom 25. April 2013 teilte das Landesamt für Verfassungsschutz dem Beklagten auf dessen Nachfrage mit, dass der Kläger dem Amt bekannt sei und er zum Personenkreis der so genannten „staatlichen Selbstverwaltung“ gehöre und im Mai 2011 diesbezüglich eine Klage vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag unterzeichnet habe. Die genannten Personen sähen sich selbst als natürliche Personen in Selbstverwaltung an und seien der so genannten „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnen. Ihr Ziel sei es, „das bestehende Deutsche Reich zu reorganisieren“ und den „Kampf gegen die Fremdbestimmung in Deutschland“ zu unterstützen. Staatliche Behörden würden nicht anerkannt und staatliche Forderungen jedweder Art würden angefochten bzw. abgelehnt. In einigen Fällen richteten sich die Anliegen auch an Internationale Gerichte. Darüber hinaus sei zum Kläger bekannt, dass er für den 5. August 2011 eine „Infoveranstaltung über allgemeine Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit unter Selbstverantwortung und der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR)“ in Altenburg geplant und eine Veröffentlichung im Amtsblatt des Beklagten angestrebt habe.
[5]
    Der Kläger sei weiterhin als Sportschütze bekannt.
[6]
    Auf Anfrage des Thüringer Landesverwaltungsamtes teilte der Beklagte mit Schreiben vom 24. Juni 2013 mit, dass der Kläger zur Sache angehört worden sei. Ein Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis sei nicht vorgesehen, da nach Prüfung des Beklagten kein Widerrufstatbestand vorliege. Daraufhin wies das Thüringer Landesverwaltungsamt den Beklagten mit Schreiben vom 9. Juli 2013 gemäß §§ 120 Abs. 2, 119 ThürKO an, dem Kläger die waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen und die hierzu erforderlichen Nebenfolgen anzuordnen. Der Widerruf sei gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG dringend geboten. Der Kläger besitze danach nicht die erforderliche Zuverlässigkeit. Die in diesem Zusammenhang vorzunehmende Prognoseentscheidung rechtfertige sich daraus, dass der Kläger sich offen dazu bekenne, die Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtsordnung als „nicht existent“ zu bezeichnen. Mit dieser Einstellung akzeptiere er für sich auch nicht die Geltung der waffenrechtlichen Vorschriften.
[7]
    Im Rahmen seiner daraufhin erfolgten Anhörung äußerte sich der Kläger dahingehend, dass er sich weder allein noch in einer Vereinigung gegen die verfassungsmäßige Ordnung aktiv betätigt habe. Stattdessen würden ihm angebliche politische Ansichten vorgehalten, die eine ungünstige Prognose im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung rechtfertigen sollten. Solche Sachverhalte seien bereits im Rahmen von Fahrerlaubnisstreitigkeiten von der Rechtsprechung als nicht ausreichend für die Annahme einer Ungeeignetheit angesehen worden.
[8]
    Mit Bescheid vom 5. September 2013 widerrief der Beklagte die dem Kläger erteilten Waffenbesitzkarten Nr. 000016/06-01 und Nr. 000017/06-02 vom 23. Februar 2006 einschließlich der damit verbundenen Munitionserwerbsberechtigungen (Ziffer 1). Ferner wurde angeordnet, dass der Kläger die in seinem Besitz befindlichen Waffen und Munition an einen Berechtigten zu überlassen oder diese dauerhaft unbrauchbar zu machen habe. Ein Nachweis über die von ihm durchgeführten Maßnahmen sei bis zum 20. September 2013 zu erbringen. Hierfür wurde die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet. Gleichzeitig seien die Erlaubnisurkunden (Waffenbesitzkarten) an den Beklagten bis zum 20. September 2013 zurückzugeben (Ziffer 2). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass eine waffenrechtliche Erlaubnis nach § 45 Abs. 2 WaffG zu widerrufen sei, wenn nachträglich Tatsachen einträten, die zur Versagung hätten führen müssen. Ein solcher Fall liege unter anderem vor, wenn Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht bzw. nicht mehr besäßen (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 5 WaffG). Die Unzuverlässigkeitskriterien des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG knüpften nicht an ein bestimmtes, strafwürdiges und abgeurteiltes Verhalten an, sondern an ein zukünftiges Verhalten. Das Waffengesetz verlange, dass der Inhaber einer Schusswaffe damit verantwortungsbewusst und unter Berücksichtigung von Leben und Gesundheit seiner Mitmenschen umgehe und die Waffen nur besitze, wenn die Rechtsordnung dies gestatte. Ob eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür vorliege, dass der Waffenbesitzer die Schusswaffe missbräuchlich verwende, sei aufgrund einer prognostizierenden Bewertung von Tatsachen festzustellen. Die hier getroffene negative Prognoseentscheidung sei aufgrund der Tatsache gerechtfertigt, dass der Kläger sich offen dazu bekenne, die Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtsordnung als nicht existent zu bezeichnen. Mit dieser Einstellung akzeptiere er für sich auch nicht die Geltung der waffenrechtlichen Vorschriften der Bundesrepublik Deutschland. Er verdiene deshalb nicht das Vertrauen, das in jeden Waffenbesitzer gesetzt werde, dass dieser insbesondere jederzeit sorgfältig mit seinen Waffen und der Munition umgehe, diese Gegenstände sorgfältig verwahre, sie nicht missbräuchlich oder leichtfertig verwende und keinem Unberechtigten überlasse. Im konkreten Fall lägen ausreichende Tatsachen vor. Insbesondere sei festzuhalten, dass der Kläger in den genannten Verfahren mit szenetypischen Argumentationen und entsprechender Außenwirkung reagiert habe und sich offen zur Nichtexistenz der Bundesrepublik Deutschland bekenne. Das Vorbringen des Klägers im Rahmen seiner Anhörung vermöge nicht zu seiner Entlastung beizutragen. Es erfolge gerade keine deutliche Distanzierung zu den von dem Kläger getätigten Handlungen und zu den in dem genannten Verfahren eingereichten Schriftstücken. Die zitierten Entscheidungen aus dem Fahrerlaubnisrecht führten nicht weiter, da es sich um zwei unterschiedliche Rechtsbereiche handele. Die Anordnung, die im Besitz des Klägers befindlichen Schusswaffen und Munition dauerhaft unbrauchbar zu machen bzw. diese an einen Berechtigten zu überlassen und den Nachweis darüber gegenüber dem Beklagten zu führen, beruhe auf § 46 Abs. 2 WaffG.
[9]
    Hiergegen erhob der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 10. September 2013 Widerspruch, der nicht weiter begründet wurde. Ferner gab der Kläger am 13. September 2013 dem Beklagten seine Waffenbesitzkarten zurück. Des Weiteren gab der Kläger ausweislich von Übernahmeprotokollen seine dort näher bezeichneten Schusswaffen an den Beklagten bzw. sonstige Berechtigte zurück.
[10]
    Mit Widerspruchsbescheid des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 15. Mai 2014 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Der Widerruf finde seine Rechtsgrundlage in § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Der Kläger verfüge nicht mehr über die erforderliche Zuverlässigkeit gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c WaffG. Tatsache sei, dass der Kläger dem Personenkreis der „staatlichen Selbstverwaltung“ zugerechnet werde. Diese sei Teil der sogenannten „Reichsbürgerbewegung“. Ziel dieser Bewegung sei es, das bestehende Deutsche Reich zu reorganisieren und den Kampf gegen die Fremdbestimmung in Deutschland zu unterstützen. Die Anhänger gingen davon aus, dass das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 weiter existiere. Demnach sei die Bundesrepublik Deutschland mit dem Deutschen Reich nur teilidentisch und somit völkerrechtlich illegal und juristisch nicht existent. Die Reichsbürger sähen im Grundgesetz eine „Fortsetzung des Krieges gegen das Reich“ und die Bundesregierung als von „westlichen Siegermächten aufgezwungenes Statut der Fremdherrschaft über das deutsche Volk“ an. Die „Reichsbürgerbewegung“ setze sich aus Verschwörungstheoretikern und Esoterikern zusammen. Es bestehe auch Verbindung in die rechtsextreme fremdenfeindliche Szene. Hierzu werde aktuell auf die „Europäische Aktion“ sowie die „Neue Ordnung“ hingewiesen. Beide Organisationen seien der rechtsextremistischen Szene zuzurechnen und forderten die Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit des Deutschen Reichs. Der Kläger lehne folglich die Bundesrepublik Deutschland und somit auch deren Gesetze ab. Hierzu gehöre auch das Waffengesetz. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass der Kläger die Regelungen des Waffengesetzes missachte. Ferner könne nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden, dass der Widerspruchsführer seine Waffen im „Kampf für das Deutsche Reich“ missbräuchlich einsetze. Im Rahmen der auf dieser Grundlage zu treffenden Prognoseentscheidung werde keine umfassende Zukunftsprognose verlangt. Vielmehr genüge für eine ordnungsgemäße Prognoseentscheidung ein rationaler Schluss von einer bestimmten Verhaltensweise des Klägers als zu würdigende Tatsache auf das in Zukunft zu erwartende Verhalten des Betroffenen, wobei im Bereich des Waffenrechts kein Restrisiko hingenommen werden müsse. Eine negative Prognoseentscheidung sei daher aufgrund der Tatsache gerechtfertigt, dass der Kläger offen zur „Reichsbürgerszene“ sich bekenne und die Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtsordnung als ungültig bezeichne. Eine deutliche Distanzierung des Klägers von der „Reichsbürgerszene“ sei nicht erfolgt. Art. 5 GG bleibe unberührt, da es dem Kläger frei stehe zu behaupten, dass das Deutsche Reich weiterhin existent sei. Der Bescheid wurde ihm am 20. Mai 2014 zugestellt.
[11]
    Der Kläger hat am 18. Juni 2014 Klage erhoben. Er habe nie behauptet, Reichsbürger oder Anhänger einer wie auch immer gearteten Bewegung zu sein. Der Kläger habe sich aktiv an den damaligen Montagsdemonstrationen in der DDR beteiligt. Wie eine ständig wachsende Anzahl unzufriedener Bürger habe er jedoch feststellen müssen, dass er keinesfalls im „gelobten Land der BRD“ angekommen sei. Stattdessen machten die hiesigen Parteien sich den Staat zur Beute und verschenkten tagtäglich die Souveränität und demokratische Hoheitsrechte stückweise an außerdeutsche Institutionen. Es sei zu beobachten, dass beispielsweise Prozesse geführt würden, in dem sich der betreffende Personenkreis auf ein Widerstandsrecht nach Art. 20 Abs. 4 GG berufe, da sie miterleben müssten, wie daran gearbeitet werde, das Grundgesetz sukzessive abzuschaffen und anderweitige Abhilfe nicht in Sicht sei. Nach Bildung einer großen Koalition werde das demokratische System vollends ad absurdum geführt. Der demokratische Diskurs im Parlament sei gegenstandslos geworden. Man müsse mit ansehen, wie in ständig steigendem Maße Steuergelder verschwendet würden. Die finanziellen Verpflichtungen in der EU als Transferunion mit grenzenloser Bankenrettung tue ihr Übriges. Der Beklagte begehe den Fehler, dem Kläger vorbehaltlos das zu unterstellen, was andere Personen propagierten und im Internet veröffentlichten. Es gehe nicht an, dem Kläger beliebig ausgewählte Thesen von „Reichsbürgern“ zu unterstellen, die in dem merkwürdig anmutenden Ergebnis gipfelten, dass die Bundesrepublik nicht bestehe und deren Rechtsordnung keine Verbindlichkeit habe. Die hierzu aufgeworfenen Fragen stellten sich für den Kläger vielmehr als „akademische, historische und staatsrechtliche Recherche“ dar. Der Beklagte habe auch nicht festgestellt, dass der Kläger gegen Rechtsvorschriften verstoße oder sich erkennbar und nachweisbar in Opposition zum Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland befinde. Dass der Kläger in seinen Briefköpfen auf „Selbstverwaltung“ hinweise, sei seine Art des Protestes, den er auch nach außen trage und sich gegen die genannten politischen Umstände richte. Dies sei von der Meinungsfreiheit gedeckt. Was verfassungsrechtlich erlaubt sei, dürfe nicht durch einfache gesetzliche Sanktionen wieder ausgehebelt werden. Es mute grotesk an, wenn dem Kläger trotz erlaubter politischer Meinungsäußerung die waffenrechtliche Zuverlässigkeit abgesprochen und ihm damit wieder dieses Recht im Ergebnis genommen werde. Insgesamt sei festzustellen, dass der Kläger kein Mitglied einer Vereinigung oder Einzelkämpfer sei, der sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung wende. Die Anwendung von Gewalt sei nirgendwo feststellbar. Es sei daher unzulässig, dem Kläger zu unterstellen, dass er seine Sportwaffen militant einsetze und bei irgendeinem politischen Kampf verwende.
[12]
    Der Kläger beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 5. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 15. Mai 2014 aufzuheben.
[13]
    Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
[14]
    Er bezieht sich auf die Begründung des angefochtenen Bescheides.
[15]
    Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat sich weder schriftlich in der Sache geäußert noch einen Antrag gestellt.
[16]
    Hinsichtlich der übrigen Sach- und Rechtslage wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Behördenvorgangs (1 Hefter) Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
[17]
    Die Klage ist begründet.
[18]
    Der Bescheid des Beklagten vom 5. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 15. Mai 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
[19]
    Der in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides durch den Beklagten auf Anweisung des Thüringer Landesverwaltungsamtes erfolgte Widerruf von waffenrechtlichen Erlaubnissen des Klägers in Form der dort näher bezeichneten Waffenbesitzkarten erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Waffengesetz - WaffG -. Danach ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Ein solcher Fall liegt dann vor, wenn Personen die erforderliche Zuverlässigkeit gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 5 WaffG nicht bzw. nicht mehr besitzen. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden (Buchst. a)); mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren (Buchst. b)) oder Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Buchst. c)). Diese von dem Beklagten herangezogenen Unzuverlässigkeitskriterien gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG knüpfen nicht an ein bestimmtes, strafwürdiges und abgeurteiltes Verhalten an, sondern an ein zukünftiges Verhalten. Das Waffengesetz verlangt, dass der Inhaber einer Schusswaffe damit verantwortungsbewusst und unter Berücksichtigung von Leben und Gesundheit seiner Mitmenschen umgeht. Ob eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür vorliegt, dass der Waffenbesitzer die Schusswaffe missbräuchlich verwendet, ist aufgrund einer prognostizierenden Bewertung von Tatsachen festzustellen. Der Schluss von den als Anknüpfungstatsachen für die getroffene Entscheidung herangezogenen Tatsachen auf das in Zukunft zu erwartende Verhalten des Antragstellers ist nicht mehr als eine rationaler Schluss, insoweit reicht die zu prognostizierende hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Fehlverhaltens in Bezug auf Waffen oder Munition aus (vgl. etwa Gade/Stoppa, WaffG, 1. Auflage 2011, § 5 Rdnr. 18 ff.). Dies zugrunde legend rechtfertigen die von dem Beklagten ermittelten Tatsachen die getroffene Prognoseentscheidung über den Kläger und dessen zukünftiges Verhalten im Umgang mit Waffen und Munition nicht.
[20]
    Weder aus der vom Beklagten eingeholten Stellungnahme des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz vom 25. April 2013 noch aus den von der Polizei bzw. der Staatsanwaltschaft dem Beklagten mitgeteilten und nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellten Ermittlungsverfahren ergeben sich Tatsachen, die die vom Beklagten getroffene Prognose rechtfertigen. Insbesondere bestehen keine belastbaren Anhaltspunkte für einen missbräuchlichen oder leichtfertigen Umgang mit Waffen oder Munition. Zwar können für eine brauchbare Prognose auch Wesensmerkmale des Klägers herangezogen werden, wie etwa das unangemessene reagieren in Stresssituationen, leichte Reizbarkeit oder aggressives oder affektartiges Verhalten unter Alkohol- oder Drogeneinfluss (vgl. etwa Gade/Stoppa, WaffG, 1. Auflage 2011, § 5 Rdnr. 11). Solche Persönlichkeitsmerkmale hat der Beklagte aber nicht festgestellt. Stattdessen lässt der Kläger durch die Verwendung von Briefköpfen und das beabsichtigte Abhalten einer Informationsveranstaltung erkennen, dass er möglicherweise der sogenannten Reichsbürgerbewegung zumindest nahe steht, die vom Fortbestand des sog. Deutschen Reichs ausgeht bzw. diesen anstrebt und in der Folge die Bundesrepublik Deutschland als völkerrechtliches Subjekt nicht anerkennt und die im Rahmen der bundesdeutschen Gesetzgebung erlassenen Vorschriften und deren Anwendung durch die Exekutive und Judikative ablehnt. Der Kläger ist bislang aber nur durch entsprechende Meinungskundgaben aufgefallen, die ihn in die Nähe dieser als rechtsextrem geltenden Bewegung rücken. Das Äußern abstruser politischer Auffassungen bzw. Sympathiebekundungen für solche Auffassungen rechtfertigt für sich genommen jedoch noch nicht den Schluss, dass der Kläger insbesondere die Vorschriften des Waffengesetzes ignorieren oder eigenwillig auslegen könnte und damit als unzuverlässig zu gelten hätte. Der Kläger beschränkte sich vielmehr auf die Kundgabe seiner diesbezüglichen Meinung ohne irgendwelche Aktivitäten zu entfalten, die Rechtsverstöße gegen das Waffengesetz oder gar einen missbräuchlichen Einsatz von Waffen zur Durchsetzung entsprechender politischer Ziele befürchten lassen. Der Kläger hat zudem den angefochtenen und hinsichtlich dessen Ziffer 2 für sofort vollziehbar erklärten Bescheid befolgt und gab unverzüglich seine Waffenbesitzkarten und die von ihm besessenen Waffen an waffenrechtlich Berechtigte ab. Andere waffenrechtlich relevante Rechtsverstöße des Klägers wurden von dem Beklagten weder festgestellt noch in seine Prognoseentscheidung eingestellt. Dem Gericht ist es versagt, eine eigene Prognoseentscheidung anstelle der Behörde vorzunehmen. Deshalb kann hier dahinstehen, ob die Berücksichtigung der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung gemäß § 315 c StGB die getroffene Prognoseentscheidung gerechtfertigt hätte, was im Hinblick auf die durch das Landgericht Arnsberg in der Berufungsinstanz erfolgte Feststellung einer fahrlässigen Begehung der Tat, an die der Beklagte gebunden ist, zweifelhaft erscheint (LG Arnsberg, Urteil vom 19. Juli 2012 - 342 JS 650/11 1 Ds 401/11 -). Folglich bestehen im Hinblick auf die vom Beklagten herangezogenen Umstände und der damit maßgeblich in Frage gestellten Rechtstreue des Klägers keine belastbaren Anhaltspunkte, die die getroffene Prognose rechtfertigen. Das Äußern der hier in Rede stehenden abstrusen Auffassungen oder Sympathiebekundungen bezüglich solcher politischen Auffassungen werden ohne das Hinzutreten weiterer Umstände grundsätzlich noch nicht einmal Tatsachen im Sinne von § 6 Abs. 2 WaffG begründen, bei deren Bekanntwerden die Waffenbehörde den Erlaubnisinhaber aufzufordern hat, ein amts- oder fachärztliches bzw. fachpsychologisches Gutachten über seine Person vorzulegen (Für die entsprechende Anforderung eines MPU-Gutachtens im Fahrerlaubnisrecht: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Juni 2012 - OVG 1 S 71.12 -).
[21]
    Mit der Aufhebung der angefochtenen Widerrufsverfügung ist ferner die Anordnung, die im Besitz des Klägers befindlichen Schusswaffen und Munition dauerhaft unbrauchbar zu machen bzw. diese an einen Berechtigten zu überlassen und den Nachweis darüber gegenüber dem Beklagten zu führen, rechtswidrig, da die nach § 46 Abs. 2 WaffG hierfür erforderliche Voraussetzung in Form eines Widerrufs der Erlaubnis nach alledem nicht vorliegt.
[22]
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der Beklagte als Unterlegener die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Die außergerichtlichen Kosten des Vertreters des öffentlichen Interesses sind nicht erstattungsfähig, da er das Verfahren nicht als Wiederaufnahmekläger oder Rechtsmittelführer betrieben hat (Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll; VwGO, 5. Auflage, § 162 Rdnr. 4).
[23]
    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Urteil kann innerhalb e i n e s M o n a t s nach Zustellung des Urteils die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Gera, Postfach 15 61, 07505 Gera, Rudolf-Diener-Straße 1, 07545 Gera zu stellen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Antrag ist binnen zwei Monaten nach Zustellung des vorliegenden Urteils zu begründen. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Thüringer Oberverwaltungsgericht, Kaufstraße 2 – 4, 99423 Weimar einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen oder die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist oder die Rechtssache grundsätzlich Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Oberverwaltungsgericht besteht Vertretungszwang durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule mit Befähigung zum Richteramt oder einen Vertretungsberechtigten nach Maßgabe des § 67 VwGO; dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung und die Begründung.

B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 20.500,00 € festgesetzt (§ 52 GKG).

Die nach § 52 Abs. 1 GKG für den Kläger maßgebliche Bedeutung der Sache für die Bemessung des Streitwerts ist im Waffenrecht nach dem Streitwertkatalog mit dem Auffangstreitwert in Höhe von 5.000,00 EUR je Waffenbesitzkarte sowie der ersten eingetragenen Waffe und mit 750,00 EUR je weiterer eingetragener Waffe zu beziffern. Die Munitionserwerbsberechtigung ist mit 1.500,00 EUR zu berücksichtigen (Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage, Anh § 164 Ziff. 50 ff. des Streitwertkatalogs). Daraus folgt ein Streitwert von 20.500,00 EUR (zwei WBK plus jeweils eine Waffe plus weitere zehn dort eingetragene Waffen plus zwei Munitionserwerbsberechtigungen).
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Hinsichtlich der Entscheidung über den Streitwert steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Thüringer Oberverwaltungsgericht, Kaufstraße 2-4, 99423 Weimar, zu, für die kein Vertretungszwang besteht (§ 68 Abs. 1 GKG).

Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Gera, Postfach 15 61, 07505 Gera, Rudolf-Diener-Straße 1, 07545 Gera schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen.

Die Streitwertbeschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 € nicht übersteigt (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG).

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https://www.zvr-online.com/index.php?id=354

https://www.lexdejur.de/rechtsprechung/entscheidungen/vg-gera-2-k-525-14-ge-16-09-2015
Merke: Es genügt natürlich nicht, dämlich zu sein. Es soll schon auch jeder davon wissen!

„Nur weil es Fakt ist, muß es noch lange nicht stimmen!“ (Nadine, unerkannte Philosophin)
 
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