Autor Thema: VGH München, Beschluss v. 10.01.2018 – 21 CS 17.1339, Waffenrechtliche Unzuverlä  (Gelesen 1718 mal)

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Offline Reichsschlafschaf

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Ein Ex-Soldat mit insgesamt 6 Waffen aus seinen Waffenbesitzkarten ließ sich neben seiner deutschen Staatsangehörigkeit auch "Königreich Bayern" eintragen.

Zitat
In seinen Schreiben vom 20. April 2015 und 17. Juni 2015 sprach der Antragsteller dem Polizeiverwaltungsamt, Zentrale Bußgeldstelle, sämtliche Hoheitsbefugnisse ab, es „agiere lediglich als Firma ohne hoheitliche Befugnisse“. Das Ordnungswidrigkeitengesetz sei vollumfänglich außer Kraft gesetzt und dessen räumlicher Geltungsbereich sei auch nicht klar definiert, was die Nichtigkeit des Gesetzes zur Folge habe. Da keine Rechtsgrundlage für den Bußgeldbescheid bestehe, befinde sich die Sachbearbeiterin in der Privathaftung.

Aber ein strammer Soldat ist natürlich keine Reichsbürger, diese Bezeichnung ist eine Frechheit:

Zitat
Mit Schreiben vom 30. November 2016 wurde der Antragsteller zum beabsichtigten Widerruf seiner waffen- und jagdrechtlichen Erlaubnisse angehört, da wegen Zugehörigkeit zur „Reichsbürgerszene“ die waffenrechtliche Zuverlässigkeit nicht mehr gegeben sei. Dem widersprach der Antragsteller mit Schreiben vom 13. Januar 2017. Die Auferlegung der Begrifflichkeit eines sog. „Reichsbürgers“ von öffentlicher Seite sehe er als absolut herablassend an. Er halte auch nach Ablauf seiner zwölfjährigen Dienstzeit an seiner soldatischen Pflicht fest.

Und die Behörde:
Zitat
Die Antragsgegnerin widerrief mit Bescheid vom 7. Februar 2017 die dem Antragsteller ausgestellten Waffenbesitzkarten vom 21. März 2003, vom 14. August 2013 und vom 3. Juni 2014, in die insgesamt sechs Schusswaffen eingetragen sind ...

Schaansersatz und Beraterhonorar hätte man auch noch gerne gehabt, aber die Richter verstehen nichts von der Sache und drehen das Ganze ins Ggenteil um:

Zitat
Insbesondere in den an das Polizeiverwaltungsamt gerichteten Schreiben des Antragstellers samt Anlagen („Vertrag über Schadensersatz und Beratungshonorar“) treten dessen Auffassungen und Überzeugungen zu Tage, die sich inhaltlich typischerweise als solche der sog. „Reichsbürgerbewegung“ darstellen (vgl. Caspar/Neubauer LKV 2017, 1). So spricht der Antragsteller darin dieser Behörde („Firma ohne hoheitliche Befugnisse“) und anderen Amtsträgern, die in besonderem Maße zur Durchsetzung der Rechtsordnung berufen sind („Regierung, Finanzamt, Gewerbeamt, Ordnungsamt, Polizei“ etc.) die hoheitlichen Befugnisse ab. Er negiert die Existenz der Bundesrepublik Deutschland („BRD-GmbH“; „geltendes Besatzungsrecht“) und lehnt die Geltung des Ordnungswidrigkeitengesetzes sowie der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland insgesamt ab.
Spoiler
Widerruf der Waffenbesitzkarte wegen Unzuverlässigkeit
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5, § 146 Abs. 4,
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) bis c), § 45 Abs. 2 S. 1
Leitsatz:
Personen, die der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, sind waffenrechtlich unzuverlässig. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Waffenrecht, Beschwerde, Widerruf von Waffenbesitzkarten, Unzuverlässigkeit, Keine hinreichende Gewähr für jederzeit verantwortungsvollen Umgang mit Waffen, sog. „Reichsbürgerbewegung“, Schusswaffe
Vorinstanz:
VG Ansbach, Beschluss vom 19.06.2017 – AN 16 S 17.457

Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. In Abänderung der Nr. 3 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 19. Juni 2017 wird der Streitwert für beide Rechtszüge jeweils auf 4.375,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1
Der Antragsteller begehrt die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarten, die ihm als Jäger und Sportschütze erteilt wurden, sowie dazu ergangener Nebenentscheidungen.
2
Der Antragsteller ist u.a. in folgender Weise gegenüber der Antragsgegnerin in Erscheinung getreten: Im Oktober 2013 stellte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin einen „Antrag auf die deutsche Staatsangehörigkeit gem. RuStAG 1913“. Im Formular gab er als Geburtsstaat und Wohnsitzstaat: „Königreich Bayern“ an. Weiter füllte er aus: „Ich besitze/besaß neben der deutschen Staatsangehörigkeit noch folgende weitere Staatsangehörigkeiten: Königreich Bayern, seit Geburt, erworben durch Abstammung.“ Nach Aushändigung des Staatsangehörigkeitsausweises wirkte er auf Eintragung in das EStA-Register beim Bundesverwaltungsamt mit dem Zusatz „erworben durch: Geburt (Abstammung), § 4 Abs. 1 Ru(StAG) 1913, hin.
3
In seinen Schreiben vom 20. April 2015 und 17. Juni 2015 sprach der Antragsteller dem Polizeiverwaltungsamt, Zentrale Bußgeldstelle, sämtliche Hoheitsbefugnisse ab, es „agiere lediglich als Firma ohne hoheitliche Befugnisse“. Das Ordnungswidrigkeitengesetz sei vollumfänglich außer Kraft gesetzt und dessen räumlicher Geltungsbereich sei auch nicht klar definiert, was die Nichtigkeit des Gesetzes zur Folge habe. Da keine Rechtsgrundlage für den Bußgeldbescheid bestehe, befinde sich die Sachbearbeiterin in der Privathaftung. Der Antragsteller verwies auf den beigefügten „Vertrag über Schadensersatz und Beratungshonorar zwischen M* … A* … aus dem Hause der Familie W* ……und allen als Firmen handelnden Unternehmen der Verwaltung BRD, wie vorgebliche Regierung, Finanzamt, Gewerbeamt, Ordnungsamt, Bürgeramt, Bundeskasse, Zoll, Polizei etc…“. Der Vertrag legt zugrunde, dass der „Empfänger und seine Erfüllungsgehilfen sich nicht zur Ausübung hoheitlichen Handelns legitimiert hätten und eine Autorisierung durch Besatzungsrecht ebenfalls nicht nachgewiesen sei. Im beigefügten Katalog zur Höhe des Schadensersatzes sind erhebliche Summen für genau angegebene Tatbestände benannt (z.B. für die Anwendung ungültiger Gesetze 250.000,- EUR pauschal je Erfüllungsgehilfe).
4
Mit Schreiben vom 30. November 2016 wurde der Antragsteller zum beabsichtigten Widerruf seiner waffen- und jagdrechtlichen Erlaubnisse angehört, da wegen Zugehörigkeit zur „Reichsbürgerszene“ die waffenrechtliche Zuverlässigkeit nicht mehr gegeben sei. Dem widersprach der Antragsteller mit Schreiben vom 13. Januar 2017. Die Auferlegung der Begrifflichkeit eines sog. „Reichsbürgers“ von öffentlicher Seite sehe er als absolut herablassend an. Er halte auch nach Ablauf seiner zwölfjährigen Dienstzeit an seiner soldatischen Pflicht fest. Durch die permanente Änderung von Vorschriften und Gesetzeswerken habe er, um rechtliche Klarheit zu erlangen und Schaden von sich abzuwenden, einige Behörden angeschrieben und um rechtliche Richtigstellung gebeten.
5
Die Antragsgegnerin widerrief mit Bescheid vom 7. Februar 2017 die dem Antragsteller ausgestellten Waffenbesitzkarten vom 21. März 2003, vom 14. August 2013 und vom 3. Juni 2014, in die insgesamt sechs Schusswaffen eingetragen sind (Nr. I des Bescheids). Gleichzeitig wurde unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Zwangsgeldandrohung (Nrn. V und VI) verfügt, dass die benannten Schusswaffen samt evtl. vorhandener Munition bis spätestens 31. März 2017 an Berechtigte zu überlassen oder unbrauchbar zu machen seien (Nr. II), sowie die Erlaubnisdokumente zurückzugeben seien (Nr. III).
6
Der Antragsteller hat gegen den waffenrechtlichen Bescheid Klage erhoben und vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 VwGO mit Beschluss vom 19. Juni 2017 abgelehnt.
7
Dagegen richtet sich die am 7. Juli 2017 eingelegte Beschwerde
II.
8
1. Die zulässige Beschwerde (§ 146 Abs. 1 und 4, § 147 VwGO) hat keinen Erfolg.
9
Die zur Begründung der Beschwerde fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Grundsatz beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen es nicht, die angefochtene Entscheidung abzuändern oder aufzuheben.
10
1.1 Soweit der Antragsteller eine Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt, weil das Verwaltungsgericht im Tatbestand des Beschlusses „wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts auf die Gerichtsakte und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen“ hat, führt dies nicht zum Erfolg. Das Verwaltungsgericht ist seiner aus § 122 Abs. 2 Satz 2 VwGO folgenden Begründungspflicht in vollem Umfang nachgekommen. Die Begründung lässt erkennen, welche Überlegungen für die richterliche Überzeugungsbildung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht maßgeblich gewesen sind (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 122 Rn. 7). Abweichendes ist nicht dargetan. Im Übrigen sind Bezugnahmen grundsätzlich zulässig (vgl. § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO, § 122 VwGO; Kopp/ Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 122 Rn. 3).
11
1.2 Ohne Erfolg wendet der Antragsteller ein, dass das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, Nr. VI des Bescheids) – soweit wegen § 45 Abs. 5 WaffG, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, Art. 21 a VwZVG nicht bereits kraft Gesetzes die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage entfällt, vgl. Nrn. I und V des Bescheids - zu Unrecht von der Wahrung des Begründungserfordernisses nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ausgegangen sei. Der Prüfungsmaßstab des Verwaltungsgerichts ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde aus Gründen des zu entscheidenden Einzelfalles eine sofortige Vollziehung ausnahmsweise für geboten hält. Dies ist vorliegend der Fall. Die Behörde hat bezogen auf den konkreten Fall ausgeführt, dass vor dem Hintergrund der besonderen Gefahren, die mit einem unsachgemäßen Umgang mit Schusswaffen für die Allgemeinheit verbunden sind, nicht hingenommen werden kann, dass der Betroffene die mit dem Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse verbundenen Folgemaßnahmen nach § 46 WaffG nicht fristgerecht umsetzen muss und auch weiterhin die tatsächliche Gewalt über die Waffen bzw. seine Erlaubnisdokumente ausüben kann. Dem Interesse der Öffentlichkeit an einem rechtmäßigen und sicheren Umgang mit Schusswaffen sei demzufolge der Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage einzuräumen.
12
1.3 Mit dem Verwaltungsgericht ist nach der gebotenen summarischen Prüfung davon auszugehen, dass sich der Bescheid der Antragsgegnerin im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen wird. Die Voraussetzungen für den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse des Antragstellers wegen fehlender waffenrechtlicher Zuverlässigkeit liegen vor (§ 45 Abs. 2 Satz 1, § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c WaffG).
13
1.3.1 Personen, die der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, sind waffenrechtlich unzuverlässig (vgl. Beschluss des Senats vom 5. Oktober 2017- 21 CS 17.1300 – juris).
14
Der Verfassungsschutzbericht 2016 des Bundes (S. 90) definiert „Reichsbürger“ als eine organisatorisch wie ideologisch äußerst heterogene Szene, der jedoch die fundamentale Ablehnung des Staates, seiner Repräsentanten sowie der gesamten Rechtsordnung gemein ist. Nach dem Verfassungsschutzbericht Bayern 2016 (S. 180 ff.) sind „Reichsbürger“ Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven mit unterschiedlichen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen. Den Vertretern des Staates sprechen sie die Legitimation ab oder definieren sich gar in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Sie berufen sich in unterschiedlichster Form auf den Fortbestand des Deutschen Reiches. Reichsbürger behaupten, Deutschland habe keine gültige Verfassung und sei damit als Staat nicht existent, oder das Grundgesetz habe mit der Wiedervereinigung seine Gültigkeit verloren. Daher fühlen sich Reichsbürger auch nicht verpflichtet, den in der Bundesrepublik geltenden Gesetzen Folge zu leisten. Die Reichsbürgerbewegung wird als sicherheitsgefährdende Bestrebung eingestuft. Die Reichsbürgerideologie insgesamt ist geeignet, Personen in ein geschlossenes verschwörungstheoretisches Weltbild zu verstricken, in dem aus Staatsverdrossenheit Staatshass werden kann. Dies kann Grundlage für Radikalisierungsprozesse sein (Verfassungsschutzbericht Bayern 2016, S. 185).
15
Wer der Ideologie der Reichsbürgerbewegung folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkennt, gibt Anlass zu der Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen wird. Dies gilt für den Umgang mit Waffen ebenso wie für die Pflicht zur sicheren Waffenaufbewahrung, die Pflicht zur getrennten Aufbewahrung von Waffen und Munition, die Pflicht zu gewährleisten, dass andere Personen keinen Zugriff haben können, sowie die strikten Vorgaben zum Schießen mit Waffen im Besonderen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c WaffG). Ausgehend von dem Grundsatz, dass nur derjenige im Besitz von Waffen sein soll, der nach seinem Verhalten das Vertrauen darin verdient, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird (vgl. BVerwG, B.v. 26.3.1997 – 1 B 9/97 – juris), muss einer der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnenden Person anknüpfend an die Tatsache, dass sie die waffenrechtlichen Normen gerade nicht als für sich verbindlich ansieht, die nach § 5 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit abgesprochen werden (vgl. zum Ganzen: NdsOVG, B.v. 18.7.2017 – 11 ME 181/17; VG Minden, U.v. 29.11.2016 – 8 K 1965/16; VG Cottbus, U.v. 20.9.2016 – VG 3 K 305/16; VG München, B.v. 8.6.2017 – M 7 S. 17.933; einschränkend VG Gera, U.v. 16.9.2015 – 2 K 525/14 Ge – jeweils juris).
16
1.3.2 Der Senat teilt nach summarischer Prüfung die Auffassung des Verwaltungsgerichts und der Antragsgegnerin, dass die Verhaltensweisen und Einlassungen des Antragstellers, die sich typischerweise als solche der sog. „Reichsbürgerbewegung“ darstellen, die auf Tatsachen gestützte Prognose seiner waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen. Dies ergibt sich aus der ausführlichen und überzeugend dargelegten Begründung im angefochtenen Widerrufsbescheid, worauf das Verwaltungsgericht (BA S. 7) ausdrücklich Bezug genommen hat und der auch der Senat folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO analog).
17
Insbesondere in den an das Polizeiverwaltungsamt gerichteten Schreiben des Antragstellers samt Anlagen („Vertrag über Schadensersatz und Beratungshonorar“) treten dessen Auffassungen und Überzeugungen zu Tage, die sich inhaltlich typischerweise als solche der sog. „Reichsbürgerbewegung“ darstellen (vgl. Caspar/Neubauer LKV 2017, 1). So spricht der Antragsteller darin dieser Behörde („Firma ohne hoheitliche Befugnisse“) und anderen Amtsträgern, die in besonderem Maße zur Durchsetzung der Rechtsordnung berufen sind („Regierung, Finanzamt, Gewerbeamt, Ordnungsamt, Polizei“ etc.) die hoheitlichen Befugnisse ab. Er negiert die Existenz der Bundesrepublik Deutschland („BRD-GmbH“; „geltendes Besatzungsrecht“) und lehnt die Geltung des Ordnungswidrigkeitengesetzes sowie der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland insgesamt ab. Eine im Rahmen der Bußgeldvollstreckung tätige Behördensachbearbeiterin hat der Antragsteller unter Verweis auf seinen vorgelegten „Vertrag über Schadensersatz“ auf Privathaftung wegen Anwendung ungültiger Rechtsnormen verwiesen. Durch die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises unter Berufung auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStAG) in der Fassung von 1913 mit behaupteter Staatsangehörigkeit „Königreich Bayern“ sowie Vervollständigung des EStA-Registerauszugs (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StAG) mit dem nachdrücklich verfolgten Ziel, die Auskunft „Erworben durch: Geburt (Abstammung), § 4 Abs. 1 (Ru) StAG 1913“, zu erhalten, hat der Antragsteller eindeutig nach außen gegenüber einer Behörde zu erkennen gegeben, dass es ihm nicht nur um den Erwerb eines Staatsangehörigkeitsausweises geht, sondern dass er ideologische für Reichsbürger typische Ziele verfolgt. Reichsbürger sind davon überzeugt, dass sie aus der Bundesrepublik Deutschland austreten können. Als ersten Schritt zu ihrem vermeintlichen Austritt betrachten sie häufig die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises unter Berufung auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 (Verfassungsschutzbericht Bayern 2016, S. 184). Vom Staatsangehörigkeitsausweis erhofft sich dieser Personenkreis – rechtlich völlig unzutreffend – u.a. den „Ausstieg aus der Firma BRD“ oder die Sicherung vermeintlicher Rechte beim „Untergang des Systems“. Die Angabe „Königreich Bayern“ als weitere Staatsangehörigkeit des Antragstellers legt ebenfalls „reichsbürgertypisch“ nahe, dass sich der Antragsteller nicht als zur Bundesrepublik Deutschland zugehörig ansieht.
18
Der Antragsteller hat damit klar, eindeutig und nachhaltig unter Verwendung einer Reihe typischer Argumentationsstrukturen der „Reichsbürgerbewegung“ die Staatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland sowie die Geltung des deutschen Rechts und damit auch die Regelungen des Waffengesetzes in Abrede gestellt. Die Erklärungen des Antragstellers, er habe sich wegen rechtlicher Unsicherheiten nur umfassend informieren wollen und deshalb Nachweise gefordert, um Schaden zu vermeiden, haben das Verwaltungsgericht und die Antragsgegnerin zu Recht als Schutzbehauptungen eingestuft.
19
1.3.3 Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung. Der Antragsteller begründet seine Beschwerde im Wesentlichen damit, dass das Verwaltungsgericht die fehlende Glaubhaftmachung seiner Sachverhaltsdarstellung bemängelt habe und seine Einlassungen in der Sachverhaltsdarstellung als Schutzbehauptungen gewertet habe. Das Verwaltungsgericht verwende – im Gegensatz zur Behörde im Widerrufsbescheid – den Begriff des „Reichsbürgers“ nicht mehr, sondern leite bereits aus den Verhaltensweisen des Antragstellers dessen waffenrechtliche Unzuverlässigkeit ab, weil er die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht mit der hinreichenden Sicherheit anerkennen und beachten werde. Dem widerspreche bereits, dass der Antragsteller den Rechtsweg beschreite.
20
Nach der Überzeugung des Senats besteht kein Zweifel daran, dass das in den aktenkundigen Schreiben des Antragstellers geäußerte Gedankengut der sog. „Reichsbürger“ auch seine innere Einstellung widerspiegelt. Davon ging auch das Verwaltungsgericht als selbständig tragende Begründung aus, da es auf die Begründung des Widerrufsbescheids ausdrücklich Bezug genommen hat. Soweit das Verwaltungsgericht weiter ausgeführt hat, dass nicht entscheidend sei, ob man den Antragsteller den „Reichsbürgern“ zurechnet oder nicht, denn jedenfalls zeigten seine Vorgehensweisen und ausführlichen Begründungen, dass er die staatliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland und damit einhergehend deren Rechtsordnung nicht mit der hinreichenden Sicherheit anerkennt und beachten wird, handelt es sich mithin um eine weitere zusätzlich tragende Begründung. Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar dargelegt, weshalb es die Sachverhaltsdarstellungen des Antragstellers als nicht glaubhaft bewertet hat. Entgegen der Auffassung des Antragstellers treffen die verwaltungsgerichtlichen Ausführungen zu, dass sein zwölfjähriger Dienst als Berufssoldat für sich genommen nicht die Gewähr begründet, dass er auch gegenwärtig über die hinreichende Zuverlässigkeit für den Besitz und Umgang mit Waffen verfügt. Den Antragsteller entlastet auch nicht, dass er den Rechtsweg beschreitet oder nicht durch ein von Gesetzesverstößen geprägtes Verhalten seine Ablehnung der Rechtsordnung zum Ausdruck gebracht hat. Entscheidend für die Begründung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers ist, dass die den „Reichsbürgern“ entlehnte innere Überzeugung des Antragstellers aus den bei den Akten befindlichen Schreiben klar, eindeutig und unmissverständlich zum Ausdruck kommt.
21
2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 2 VwGO.
22
3. Die Streitwertänderung und – festsetzung folgt aus § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Nrn. 50.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Danach sind – unabhängig von der Anzahl der im Streit befindlichen Waffenbesitzkarten – für eine Waffenbesitzkarte einschließlich einer Waffe ein Betrag von 5.000.- EUR zzgl. 750.- EUR je weiterer Waffe anzusetzen. Daraus errechnet sich für das Hauptsacheverfahren ein Gesamtstreitwert von 8.750.- EUR, der im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes halbiert wird.
23
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 GKG).
[close]


http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2018-N-00201?hl=true


Merke: Es genügt natürlich nicht, dämlich zu sein. Es soll schon auch jeder davon wissen!

„Nur weil es Fakt ist, muß es noch lange nicht stimmen!“ (Nadine, unerkannte Philosophin)
 
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Offline GeneralKapitalo

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Zitat
Er halte auch nach Ablauf seiner zwölfjährigen Dienstzeit an seiner soldatischen Pflicht fest.

Zitat
Er negiert die Existenz der Bundesrepublik Deutschland („BRD-GmbH“; „geltendes Besatzungsrecht“) und lehnt die Geltung des Ordnungswidrigkeitengesetzes sowie der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland insgesamt ab.

Ja ja, ein Ex-Söldner im Dienst der BRD-GmbH beruft sich also auf seine "soldatische Pflicht".  ::)
« Letzte Änderung: 19. Februar 2018, 14:18:03 von GeneralKapitalo »
"Consider how stupid the average person is. Now consider that half the population is even more stupid than that!"
 

Offline Grenzstein

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Hm, ich kenne mich da nicht so aus, aber ist in diesen Fällen eine unehrenhafte Entlassung möglich? Nicht dass der weiterhin als Dingens der Reserve herumläuft.
 

Offline Altenkrankenpfleger

Hm, ich kenne mich da nicht so aus, aber ist in diesen Fällen eine unehrenhafte Entlassung möglich? Nicht dass der weiterhin als Dingens der Reserve herumläuft.

Theoretisch, ja.
Praktisch wird es schwierig. Das müsste über das Truppendienstgericht laufen, da es sich bei der Aberkennung des Dienstgrades um eine gerichtliche Disziplinarmaßnahme handelt. Und ein Wehrdisziplinaranwalt müsste es dort beantragen. Die haben aber Besseres zu tun, solange es sich nicht um einen halbprominenten NPD-Politiker handelt. Und dann müsste das Truppendienstgericht auch noch der Auffassung sein, dass es sich bei dem gezeigten Reichsbürgertum um einen Verstoß gegen soldatische Pflichten handelt, die eine Aberkennung rechtfertigen.
Also ganz viele Fragezeichen.
Sollte der Reichi aber in die Öffentlichkeit gehen und mit seinem Reservistendienstgrad auch noch herumwedeln, könnte der grüne Verein aktiv werden. Wegen Ansehen der Truppe und so.
« Letzte Änderung: 19. Februar 2018, 16:19:48 von Altenkrankenpfleger »
 
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dtx

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Hm, ich kenne mich da nicht so aus, aber ist in diesen Fällen eine unehrenhafte Entlassung möglich? Nicht dass der weiterhin als Dingens der Reserve herumläuft.

Daraus wird nichts. Nach lediglich zwölf Jahren aktivem Dienst und ganz am Anfang einer Reichsbürgerkarriere wird er dem Oberstleutnant Schröpfer doch in keiner Beziehung das Wasser reichen können. Und dem passierte diesbezüglich auch nichts weiter, als daß man ihn seit längerer Zeit bei den Wehrübungen zu übergehen pflegt.
 
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Offline Grenzstein

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Merci für die Antworten, auch wenn ich das jetzt nicht soo befriedigend finde.

Irgendwann haben doch beide mal den folgenden Spruch (ggf. ohne den letzten Teil) aufgesagt:
„Ich schwöre, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, so wahr mir Gott helfe.“
 

dtx

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Und dann ist Gottes Hilfe leider ausgeblieben ...
 
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Offline Grenzstein

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Ah, dann ist der Schuld und an den Rest der Eidesformel ist dann auch niemand gebunden. Praktisch.
Gut dass ich bei meiner Vereidigung auch das lange Ende gewählt habe. So einen Notausgang kann man immer brauchen  ;)
 

Offline Ceilo

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Hm, ich kenne mich da nicht so aus, aber ist in diesen Fällen eine unehrenhafte Entlassung möglich? Nicht dass der weiterhin als Dingens der Reserve herumläuft.

Für den Entzug der Waffenbesitzkarten reichen Zweifel daran, dass er mit den Waffen ordentlich umgehen wird. Für eine unehrenhafte Entlassung muss man ihm nachweisen, dass er wirklich schuldhaft was ausgefressen hat. Wenn also der arme Reservist leider, leider verrückt geworden ist, kann man ihm wohl die Waffen wegnehmen, aber ihn nicht unehrenhaft entlassen.
 
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Offline Grenzstein

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Dann kann ich nur hoffen dass man auf den Kameraden ein gründliches Auge hat, sollte er die Absicht hegen einen auf Wehrübung oder Wiedereinsteller zu machen. Örx ...