Autor Thema: Der Süden der Republik: Mittelbayerische  (Gelesen 2202 mal)

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Offline Das Chaos

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Der Süden der Republik: Mittelbayerische
« am: 14. März 2017, 19:13:59 »
Zwar ein wenig betagt, aber:

Sehr eingehende Recherche über die Methoden der Reichsbürger Behörden zu ärgern.


Spoiler
Zitat
Im Staat Germanien regiert das Faxgerät
Auch in der Oberpfalz sind Reichsbürger aktiv. Behörden stöhnen unter Attacken, Gerichtsvollzieher brauchen Polizeischutz.
Von Isolde Stöcker-Gietl, MZ
14. Februar 2016 10:00 Uhr

REGENSBURG.Drei Kartons, alle randvoll. In der Stadtkasse haben die Verwaltungsangestellten der Stadt Regensburg seit Mitte 2012 dokumentiert, was sich dort regelmäßig abspielt. Das Fax klingelt, blinkt und spuckt Dutzende Seiten bedrucktes Papier aus. Inzwischen sind die Mitarbeiter geübt im Lesen dieser Schreiben. Es genügt meist ein Blick um zu wissen, dass wieder ein Anhänger der sogenannten Germaniten fabuliert. Kein konkretes Anliegen, meist eine persönliche Abrechnung mit dem System Bundesrepublik Deutschland. Kartondeckel auf, Schreiben hinein. Kartondeckel zu.

Die Germaniten sind ein Teil der sogenannten Reichsbürgerbewegung, die sich seit etwa Mitte der 1980er Jahre in Deutschland ausbreitet. Wie viele Reichsideologen es gibt, kann niemand beziffern. Meist agieren sie in Kleingruppen oder alleine – vernetzt über die Sozialen Netzwerke. Sie gründen Königreiche, kommissarische Reichsregierungen, Selbstverwaltungen. Der Großteil der Anhänger sind Verschwörungstheoretiker, Esoteriker oder Verlierer des Systems. Das Bundesinnenministerium ging im Jahr 2012 davon aus, dass der Anteil von Personen aus dem rechtsextremistischen Spektrum im unteren dreistelligen Bereich liegt.

Spur führt nach Schwandorf

Der wegen Volksverhetzung vorbestrafte Ideologe Stefan Weinmann und seine Reichsbürgerbewegung „Staatenbund 1871“ hat offenbar auch Anhänger in der Oberpfalz. Ein Schwandorfer kündigte im vergangenen Jahr im holprigen Sprachduktus über Facebook an, eine Reichskanzlei Regensburg zu gründen, die Bürgern beim Ausstieg aus dem System Deutschland behilflich sein will. „Ich verhelfe ihnen beim Austritt aus der Firma Bund kündige ihre Firma Name und verhelfe ihnen zu ihrer Souveränität als Mensch zurück“, war zu lesen.

Seit Dezember ist die Anlaufstelle für Aussteiger auf Facebook präsent. Unter anderem findet sich dort ein Link zu einem vorgefertigten Formular für Strafanzeigen mit dem Aufruf „Gegen Beamte und ab an die Staatsanwaltschaften“. Bislang haben 20 Besucher die Seite mit „Gefällt mir“ markiert. Eine Anfrage unserer Zeitung nach dem Ansinnen der Seite blieb unbeantwortet.

Die Amadeu-Antonio-Stiftung in Berlin, eine Initiative gegen Rechtsextremismus, sieht in dem kruden Weltbild der Reichsbürger eine Gefahr. „Reichsbürger mögen auf den ersten Blick zum Schmunzeln einladen, erstellen sie doch eigene Ausweise und Führerscheine, gründen Fantasiekönigreiche (...) und schwadronieren in Blogs über die Nicht-Existenz der Bundesrepublik Deutschland. Hinter der Maskerade aus Verschwörungsdenken, Esoterik und Regierungsspielchen steckt jedoch im Kern eine handfeste rechtsextreme und menschenfeindliche Ideologie“, heißt es in einer Veröffentlichung aus dem Jahr 2014.


Wie soll man mit Reichsbürgern umgehen? Die Bundesrepublik Deutschland existiert für sie nicht. Die Schreiber behaupten, aus dem System dieser „Firma“ ausgetreten zu sein und wollen keine Steuern, Strafzettel oder kommunale Abgaben bezahlen. Sie beantragen Personalausweise und Pässe, um sie postwendend mit dem Vermerk „ungültig“ an die Kommunen zurückzuschicken und verlangen amtliche Unterschriftenbeglaubigungen für Fantasie-Dokumente. Das alles hat sich so schon im Einwohnermeldeamt und der Stadtkasse der Stadt Regensburg zugetragen. „Die Verwaltung wird durch unverständliche Vorträge und Ansinnen dieser Personen belastet“, sagt Pressesprecherin Juliane von Roenne-Styra. Es sei ein Problem, das immer wieder auftrete. Bislang sei es jedoch immer gelungen, die Angelegenheiten zu einem Abschluss zu bringen – auf Grundlage der Vorschriften, die in der Bundesrepublik Deutschland gelten.

Beim Landratsamt lief das Fax heiß

Der Bürgermeister der kleinen Gemeinde Wenzenbach, Sebastian Koch, berichtete kürzlich in einem Interview vom Ansinnen eines Bürgers, der keine Grundsteuer mehr entrichten, sondern lieber in einen Fonds einzahlen wolle, der ausgeschüttet wird, sobald das Dritte Reich wieder aufersteht.

Beim Landratsamt Regensburg lief bis vor etwa zwei Jahren täglich ein Faxgerät heiß. Von einer Nummer in Baden-Württemberg aus wurden „Berge Papier verschickt mit irgendwelchen Vorgängen und Personen, die mit Behörden irgendwo in Deutschland Probleme hatten“, berichtet Claudine Pairst von der Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit unserer Zeitung. Auch hier waren die Germaniten fleißig. Das Landratsamt schaute dem Treiben nicht lange zu, sondern ließ die Nummer des Faxgerätes blockieren.
Bei der Stadt Schwandorf lässt man sich auf keine Diskussionen mit Reichsbürgern ein, sagt Pressesprecher Lothar Mulzer. Gelegentlich komme es vor, dass ein Reichsbürger wegen Falschparkens verwarnt wird. Als Reaktion erhalte das Ordnungsamt ein mehrseitiges Schreiben, dass die BRD nicht existiere und man „an einem Vertrag mit der Stadt Schwandorf nicht interessiert“ sei. „Solche Fälle werden ohne weiteren Schriftverkehr an die Zentrale Bußgeldstelle mit der Bitte um Erlass eines Bußgeldbescheides abgegeben.“
Neben den Kommunen sehen sich auch die Justizbehörden und Finanzämter durch die Reichsbürger zunehmend belastet. Peter Küspert, Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes sowie des Oberlandesgerichts München, sagte im vergangenen November im Regensburger Presseclub, dass die Zahl der Querulanten aus der Reichsbürgerszene deutlich zugenommen hat. „Sie überziehen die Gerichte mit unsinnigen Anträgen.“ Die Justiz müsse hier ihr Gewaltmonopol umsetzen, betonte der Verfassungsgerichtspräsident. „Wir schalten die Polizei ein, das Verhalten wird angezeigt und wir lassen uns nicht auf Diskussionen ein.“ Auch im Zuständigkeitsbereich der Oberpfälzer Gerichtsvollzieher kam es schon mehrfach zu brenzligen Situationen. Landgerichtssprecher Thomas Polnik berichtet von Vorfällen in denen Gerichtsvollzieher polizeilichen Schutz anforderten, um Forderungen bei Reichsbürgern einzutreiben. „Unter Reichsbürgern kommt es auch vergleichsweise häufig zu Verhaftungen, weil sie die Vermögensauskunft verweigern oder erschweren“, sagt Polnik.

Richter im Amts- und Landgerichtsbezirk sehen sich einem zunehmendem psychischen Druck durch diese Personengruppe ausgesetzt. „Bei einer Umfrage im Haus wurde von renitentem Auftreten berichtet“, sagt Polnik. Eine normale Gesprächssituation sei in solchen Situationen kaum möglich. Betroffen seien verschiedene Abteilungen vom Strafgericht über das Familiengericht bis zum Vollstreckungsgericht. Ob sich die Situation in den vergangenen Jahren verschärft habe, kann man bei der Justiz in Regensburg nur schwer einschätzen. „Gefühlt ja, aber wir führen keine Statistik darüber, wie oft wir uns mit Reichsbürgern auseinandersetzen.“ Auch am Verwaltungsgericht Regensburg sieht man sich einem regelrechten Faxterror ausgeliefert. Pressesprecher Bernhard Pfister spricht von „amtsbekannten Leuten“ der Germanitenbewegung. Ein beliebtes Streitthema seien die Rundfunkgebühren. Reichsbürger wollen diese Abgabe mit Verweis auf ihren Austritt aus der Bundesrepublik nicht zahlen. „Gleichzeitig verlangen sie dann Prozesskostenhilfen von einem System, zu dem sie ja nicht gehören“, fügt Pfister an. Der Verwaltungsgerichtssprecher sieht in dem Verhalten „eine Staatsverdrossenheit“. Die Arbeit am Gericht werde dadurch deutlich behindert.
Trotz der wachsenden Belastung und dem dadurch entstehenden Druck rät Tobias Lehnerer von der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) Behörden und Kommunen zur Gelassenheit und zur Vorsicht. „Man weiß nie, mit welchem Spektrum man es zu tun. Ist es ein Querulant, jemand der irgendwelche Zahlungen vermeiden will, ist es jemand aus dem rechtsextremistischen Spektrum oder vielleicht ein Mensch mit psychischen Problemen?“ Im Gespräch sollte man sich nicht auf die kruden Theorien der Reichsbürger einlassen, sondern auf den Gegenstand des Anliegens pochen, sagt Lehnerer. Auf der Internetseite www.bayern-gegen-rechtsextremismus.bayern.de gibt die BIGE Handlungsempfehlungen im Umgang mit Reichsbürgern.

Der SPD-Abgeordnete Florian Ritter, der bereits im August 2014 eine Anfrage zu den „Reichsbürgern“ an den Landtag richtete, glaubt, dass sich Bayern künftig noch viel stärker mit dieser Szene auseinandersetzen muss. Ritter liest dies unter anderem aus den Aktivitäten in den Sozialen Netzwerken ab. „Es ist dieser Unmut, wie man ihn auch von Pegida-Anhängern kennt, der sich zunehmend ausbreitet“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Für Bürger, die mit dem System unzufrieden sind, sei die Reichsbürgerbewegung eine Option. Dass die Szene bislang kaum in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde, führt der Landtagsabgeordnete auf fehlende Strukturen zurück. „Rechte Parteien, Vereine oder Kameradschaften sind gut organisiert und für die Behörden damit überschaubar. In der zersplitterten Reichsbürgerbewegung ist es viel schwierig herauszufinden, wo und wie die Leute aktiv sind.“

Ritter: Die Szene wächst

Reichsbürger sind nicht nur penetrant, streitlustig und unbelehrbar. Experten sehen auch die Gefahr, dass sich hinter der braunen Esoterik eine Gefährdung für die innere Sicherheit verbirgt. Hans-Werner Carlhoff, Leiter der Interministeriellen Arbeitsgruppe für Fragen so genannter Sekten und Psychogruppen in Baden-Württemberg, hält es sogar für möglich, dass sich unter den Reichsbürgern radikalisierte Einzeltäter finden. Einen Anschlag wie ihn der Rechtsextremist Anders Behring Breivik 2011 in Oslo und auf der Insel Utøya verübte, schließt Carlhoff nicht aus.

Zwei Kleingruppen der Reichsbürger in Bayern werden bereits vom Verfassungsschutz überwacht. Nicht alles ist so harmlos wie es die Briefe in den Kartons der Regensburger Stadtverwaltung scheinen lassen.
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http://www.mittelbayerische.de/region/regensburg-stadt-nachrichten/im-staat-germanien-regiert-das-faxgeraet-21179-art1341450.html
In orientalischen und westlichen Schöpfungsmythen ist der Drache ein Sinnbild des Chaos, ein gott- und menschenfeindliches Ungeheuer

Und es erschien ein anderes Zeichen im Himmel, und siehe, ein großer, roter Drache, der hatte sieben Häupter und zehn Hörner Offenb. 12,3