Als Zeuge erscheint man rechtzeitig, d. h. ca. 30 Minuten vor Prozessbeginn und man wartet vor der Tür des Gerichtssaals. An der Saaltür hängt, wer der Vorsitzende Richter ist und wer die Parteien und die Parteivertreter sind. Gespräche mit anderen Wartenden führt man nicht. Man sollte rechtzeitig da sein, da es Taschenkontrolle gibt. Einen Perso muss und die Ladung sollte man dabei haben, das gute Schweizer Messer besser nicht. Wenn man die Ladung erhält und z.B. zu dieser Zeit im Urlaub ist, muss man das umgehend dem Gericht mitteilen und auch nachweisen. In ultrawichtigen Prozessen kann es sogar sein, dass man aus dem Urlaub anreisen muss. Da werden die Kosten aber durch das Gericht übernommen.
Es kann einem durchaus passieren, dass man überhaupt nicht aufgerufen wird. Falls man aufgerufen wird, bittet einen der Vorsitzende Richter nach vorne, wo ein Einzeltisch für den Zeugen steht. Dann werden die Personalien aufgenommen. Alter, Beruf und Wohnort, aber (meist) keine Adresse. Wenn man die Adresse nicht bekanntgeben möchte, darf man sich auf den Akteninhalt beziehen, dort steht die Adresse im polizeilichen Einvernahmeprotokoll. Zusätzlich wird man belehrt, dass auch eine uneidliche Falschaussage strafbar ist. Vereidigt wird man nur auf Antrag und wenn die Aussage im Widerspruch zu anderen Aussagen steht und besonders relevant ist.
Danach fragt der Vorsitzende Richter zur Sache. Es gibt immer nur einen Vorsitzenden Richter, auch wenn mehrere Richter oder Schöffen vorne sitzen. Theoretisch dürfen die alle etwas fragen, aber meistens führt der Vorsitzende durchs Programm, aber es gibt den "Berichterstatter", der die Akten am besten kennt und das Urteil schreiben muss. Es gibt immer eine bestimmte Fragereihenfolge: erst der Vorsitzende, dann der Beisitzer, dann die Schöffen, der Staatsanwalt und dann die Verteidigung.
Am Amtsgericht wird gewöhnlich ein Wortprotokoll geführt. Hier ist es Aufgabe des Urkundsbeamten, den exakten Inhalt der Aussagen aufzuschreiben. Es wird nicht vorgelesen, was protokolliert wurde, aber, was im Protokoll steht, gilt jedoch als verbindlich. Daher ist dies eine wichtige Urkunde.
Am Landgericht wird durch den Urkundsbeamten nur der Verfahrensablauf protokolliert, deshalb schreiben hier alle Richter und besonders der Berichterstatter, wie die Teufel mit.
Alle Richter sowie Staatsanwalt und Verteidiger (diese beiden auf Antrag) können bestimmte Aussagen wörtlich protokollieren lassen. Der Angeklagte/Zeuge sagt dann aus und der Vorsitzende formuliert die Aussage mit seinen Worten in das Protokoll, das der Urkundsbeamte nun exakt genauso mitschreiben muss. Danach wird gefragt, ob das so richtig diktiert wurde. Meist nickt man einfach beim Diktieren mit, wenn es passt, ansonsten hebt man z. B die Hand. Der Vorsitzende fragt dann was nicht gepasst hat, spult zurück (nur im Zivilprozess) und ändert es. Am Ende des Diktats fragt der Vorsitzende noch mal, ob er alles richtig diktiert hat und ob er es noch mal vorspielen (Zivilprozess) oder der Urkundsbeamte es vorlesen soll. Das ist die letzte Chance etwas richtig zu stellen und man sollte das auch nutzen.
Wird kein Antrag auf ein Wortprotokoll gestellt, schreibt der Urkundsbeamte nur zum Ablauf des Verfahrens mit, z. B., Zeuge xy macht Angaben zur Sache. Die Richter sind am Landgericht dafür verantwortlich selbst mitzuschreiben.
Vor Gericht wird "aus dem Inhalt der Hauptverhandlung geschöpft", d. h. jeder Blödsinn aus den Akten, auch Angaben der Zeugen vor der Polizei, werden verlesen (manchmal als Vorhalt, wenn man sich nicht erinnern möchte) oder wiederholt.
Der Staatsanwalt sitzt meist auf der Fensterseite des Saales, der Angeklagte mit seinen Verteidigern auf der anderen Seite. Manchmal ist noch ein Sachverständiger im Raum, der etwas zur Macke des Angeklagten ermitteln soll.
Man antwortet nur auf Fragen und wenn man sich nicht erinnern kann, sagt man das auch. Man erfindet nichts dazu und lässt nichts weg. Wenn man sich z. B. Notizen in einen Kalender gemacht hat, kann man den mitbringen und fragen, ob man ihn an den Vorsitzenden aushändigen soll.
Nachdem die Richter und Schöffen (falls vorhanden) durch sind, können auch der Staatsanwalt und die Anwälte oder auch der Angeklagte etwas fragen. Die dürfen aber nur fragen und nicht eigene Vorstellungen äußern. Wenn man die Frage nicht verstanden hat, bittet man um Präzisierung.
Oft wird man von den Verteidigern oder dem Angeklagten angepampt. Die wollen einen provozieren, damit man etwas Unüberlegtes sagt. Ruhig bleiben ist da die beste Strategie. Normaler Weise greift der Vorsitzende Richter dann auch ein und bittet um Mäßigung.
Anreden kann man den Richter mit "Herr Richter", den Vorsitzenden auch mit "Herr Vorsitzender". Das mag nicht so ganz korrekt sein, wird einem aber nachgesehen, da man ja meist das erste Mal aussagt.
Nach dem Ende der Zeugenaussage kann man sich auf die Zuhörerbänke im Saal setzen oder nach Hause gehen. Auf die Auslagenerstattung kann man i.d.R. verzichten, das sind nur ein par Dankmark. Die nachgewiesenen Fahrtkosten kann man sich natürlich erstatten lassen. Eine Mitteilung, wie der Prozess ausgegangen ist, bekommt man nicht.